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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031022019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-22
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BezuqS. Preis i» de, HmiptexpidM»» vd«r d«m» I»Sß«b»> still»» «bg,h«lt! vi«rt«Ij-hritch , b»i ,w«im»Na^ tSstltch», Zu st« ll» na in« Hau» S.7K. Durch »i< P,st bezog,» für Deut ch land ». vefterretch vterteljävrltch 4.K0, für di« übrige» Länder laut Z«Uung-pr«t-üste. Redaktion und Lroeditiovr T,h,»ni»gaff, 8. tzerufprecher iv» and «L Fflt«ia»PaVtttM,m», Alfred Hah», P»chhondlz„ NutvrrsitäMr,^ it. ttdsch«, Katharinenstr. «. Kdutgspl. 7, Hanpt.Filiale Vreadear Martiaftraß» »4. Kerusprrchrr Amt 1 Nr. 1718. -anvt-Ftlialk Serlin: Carl Dimcker, Heezgl Bayr-Hafbuchhandlg^ Lützowstrobt 1V. »erujpncher «Ml VI Nr. 4-0» Morgen-Ausgabe. Anzeiger. ÄmtsAatt des Königlichen Land- «nd des Köttigkichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aates und des Volizeiaurtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die «gespaltene Petitzeile IS Reklamen unter d«m Redakttensstttch gespalten) 75 vor den FamUlennach- richten (-gespalten) KV Labellarischer und Zifiernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen a»d Offertenannahin» -ö (excl. Porto). Erlra Belage« (gefalzt), nur mit der Morgen'Ausgabe, ohne Bostbes-rberung ^ll Sv.—, mit Postdrsördrrung ^l 70.—» Amrahmeschlaß für ^nzri-e«'. Abend'Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Mvrgrn-Ausgabe: Stachmütag- 4 Uhr. Anzeige» sind stets an die Expedition zu richten. Pie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von Mh - bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pot» MLetpzi». Nr. 538. »U ». .III — Der Zusammentritt des sranMschen Parlaments. Parts, 18. Oktober. Der Ministerpräsident hat schon in Clermont-Ferrand den Arbeitsplan für hie Wintertagung der beiden franzö sischen Kammern bekannt gegeben — so wie sich die Regie rung ihn ausgebacht hat. Heute wird von allen Setten, besonders von den maßgebenden Pressestellen des Bloe der Regterungöpartei, bestätigt, baß die Mehrheit der Kammer mit den Wünschen des Herrn Konseilpräsibenten in diesem Punkte wenig sten- Idberetnsttmmt. Um dem groben Unfuge der Verschleppung der Budgetberatungen vorzubeugen, soll streng daran festgehalten werden, baß bi- zum Jahres schlüsse der Staatsetat vor allen Stürmen in Sicher heit gebracht und der lahme Notbehelf der provisorischen Zwölftel diesmal ganz bestimmt unnötig wird. Den guten Willen hierzu hat man auch in früheren Jahren schon ge zeigt, ohne ihn aber durchführen zu können. Möglich, daß in diesem Winter gelingt, was bisher unerreichbar schien; die ganze Ordnung der französischen StaatSgeschäftc könnte dadurch nur gewinnen, was doch eigentlich im Interesse aller Parteien liegen müßte. Bekanntlich liegen hier aber die Dinge so, baß die Opposition nicht die ge ringste Lust hat, der Regierungspartei die Verwaltung der republikanischen Maschinerie zu erleichtern, sondern im Gegenteil bestrebt ist, ihr bas Leben so schwer wie möglich und die gesetzgeberische Arbeit so gut wie unmöglich zu machen. Aber Herr Combes hat diesmal Vorsichtsmaßregeln getroffen, um den Ruhestörern das Handwerk zu legen. Die Sintflut von Interpellationen, mit der die Gegner des Kabinetts Herrn Combes und die Seinen zu ersticken drohen, soll aus einem tobenden Meer in ein schmales, stilles Bächlein geleitet werden. Und die Re gierung hat sich das s o gedacht: Nach dem offiziellen An ange der außerordentlichen Tagung am 20. Oktober sollen die ersten zwei ober drei Sitzungen der Besprechung der dringendsten Interpellationen eiw.geräumt werben. Um den Stier bet den Hörnern zu packen, sollen vor allem die sämtlichen Interpellationen, die sich auf die K ongrega nisten beziehen, in einer einzigen Generalberatung mit einem Hiebe er ledigt werden; damit hofft Herr Combes, sich dann den Weg vor allen Ueberraschungen — bis Neujahr wenigstens — freigelegt zu haben. Alle übrigen Interpellationen sollen an einem bestimmten Tage in jeder Woche und in einer Reihenfolge, die noch festzusetzen ist, durchberaten werden. Im übrigen soll streng daran fest gehalten werden, daß das ganze Budget ohne Störung hinter einander durchberaten wird. Bekanntlich soll dann endlich das Gesetz über die zweijährige Militär- dienstzeit an die Kammer komnren, das den Senat schon längst beschäftigt und das ganze Land schon seit drei Jahren aufgeregt hat. Bekannt ist auch, daß der Senat inzwischen einige sozialpolitische Gesetze, so das über die Unterstützung der Greise usw., vornehmen soll. Soweit klingt alles sehr schön und so sachlich geschäfts mäßig, daß man das französische Parlament kaum wieder erkennt. Wir fürchten, das Palais Bourbon wird aber diesem klugen Plane nicht ganz treu bleibe^ und -war scheint es fast so, als ob die drohendsten Gewitterwolken ,'ür daS Ministerium gar nicht einmal von recht-, sondern von links aufziehen würden. Wir haben schon früher an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß bei dem radikalen Winde, der heute in Frankreich weht und der sein Schiff lein imer weiter nach link- treibt, die Gegner -e- Ministe rium- darauf hinarbeitsn müßten, die äußerste Anke vom Bloe abzusprengen und so die Regierung -wischen zwei Feuer zu bringen. Unter Wal deck-Rousseau hat man da- schon mehrfach versucht und die stärksten Erschütterungen, denen da- frühere Kabinett ausgesetzt war, traten an solchen kritischen Tagen ein. Herrn Walbeck- Geheimnis bet seinen Erfolgen war die Klugheit, mit der er die äußerst« Linke lahm legte, b. h. an seinen Dagen kettete, wodurch er e- erreichte, baß er nicht, wie seine Vorgänger, einen Krieg mit zwei Fronten zu führen brauchte, sondern in einer geschlossenen Phalanx mit dem Ruf« „republi kanische Verteidigung- -egen alle Gegner von recht- auf- marschieren tonnte. Herr Eomde -, der die Aeußerlichkeiten de- ehemattaen Advokatin Waldeck nachahmt«, ohne sein staatsmännische- Talent zu haben, übernahm die Btaat-geschäste in dem Augenblick«, als selbst Herrn Valdeck bang, zu werden degann, ob sein System nicht doch ein Loch habe, ob nicht der Präsident, der sich ganz aus den äußersten Radikalismus stützt«, allmählich notgedrungen au- einem Schiebenden ein Geschobener werben würde. Ihm wurde bange vor den Geistern, die er gerufen, und 87. Jahrgang. Donnerstag den 22. Oktober 1903. er überließ die undankbare Aufgabe, sie wieder los zu werden, -em Crabbs Herrn Combes. Diesen plagten weder Skrupel, noch Aweifel und er ist auf -er schiefen Ebene nach -er äußersten Linken erst langsam un- dann schneller und immer schneller htnabgeglitten. Jetzt ist er in Wahrheit, was er allerdings bestreitet, «in Gefan gener der Sozialdemokratie. Lr ist ein Werk zeug in der Hand des Herrn IaurdS, des Heimlichen Kaiser- im Parlament. Bor wenigen Monaten wider strebte er noch den radikalsten Vorschlägen der ungestüm andrängenden Jakobiner. Heute kann er's nicht mehr Er muß Ordre parieren ober er „fliegt hinaus", b. h. au» dem Prästbentensessel. Die Wünsche der roten Ultra- werben immer maßloser, und es fragt sich, ob nicht der Punkt er reicht werben wird, wo selbst Herr Combes «S nicht mehr mit seiner staatsmännischen Verantwortung für vereinbar hält, um den Preis -er Präsidentschaft die Republik der zügellosesten Demokratie auszuliefern. Hier kann die Opposition einsetzen, denn aui dem radikalsoztalistischen Parteitage und in der Presse Les Bloe sind Gesetzesvor schläge befürwortet, danen Herr Combes und sein Mi nisterium unter keinen Umständen zustinnnen kann Den Herren in Marseille ist Herr Combes viel zu -ahm. Nicht nur die Freiheit des Unterrichts in der Elementarschule soll vernichtet und der Unterricht monopolisiert werden, sondern überhaupt jeder Unterricht, auch der gelehrte, soll Staat-uniform erkalten. So will es Herr Lin- tilhac, und Herr Ltntilkac ist für die waschechten Radi kalen schon längst wett mehr, al- Herr Combes, der seine Schuldigkeit getan hat und durch eine noch schneidigere Kraft zu ersetzen ist. Böse Stunden stehen auch der Regierung im Senat bevor, wo Herr Beran- endlich seine Interpellation wegen der „Brüder von der christlichen Doktrin" anbringen will. Bekanntlich hat die Regierung diese Kongre gation als einzige von allen bestehen lassen, und das will Herrn Börand nicht in den Sinn. Herr Börcuid ist In der Tat konsequenter; denn es ist kein Grund abzu sehen, diese Gesellschaft, die 1800 000 Schüler unterrichtet, zu schonen, während alle anderen unterdrückt wurden. Man könnte ja sagen, die Negierung habe sich zu diesem Opportunismus verstanden, weil ihr die Mittel fehlten, die Verweltlichung deS Unterrichts auf einmal durchzu führen, und weil sie diese Lehrkräfte, die sich ihr gratis anboten, noch brauchte. Aber das wäre doch ein Armuts zeugnis für die stolze Republik, das sie sich selbst unter keinen Umständen ausstellen darf. Auch Herr Börand will die Monopolisierung deS ganzen Unterrichts und va wird es wohl im Senate beiße Köpfe geben. Es ist eine merkwürdige Erscheinung bei diesem ganzen gegenwärtigen Kulturkämpfe, daß die bürgerlichen Radi kalen viel hitziger gegen die kirchlichen Einrichtungen vor gehen als die Sozialisten. So wird sich Herr Combes vor allem gegen Angriffe aus seinem eigonen Lager zu wehren haben. Die „Siecle" scheint mehr und mehr das Sammel becken zu werden, in dem ehemalige Minister oder solche, die eS werden wollen, ihre Vorschläge niederlegen. Jetzt taucht darin Herr de Lanessau. der ehemalige Marine minister, der doch sonst gar kein Intransigenter war, mit bitteren Vorwürfen gegen Combes auf, der sich leiten ließe »statt selbst zu führen. Die Gesandtschaft beim Vati kan soll abgcschafst, das Kultusbudget gestrichen, das Kon kordat aufgehoben und die Kirche vom Staate getrennt werden — und zwar: da- alles auf einmal und so gleich, und nicht „zu seiner Zeit", wie eS Herr Combes will. Das ist nun aber selbst den entschiedenen Republi kanern zu bunt, und sie warnen Herrn Combes davor, den bösen Rat dieser Leute zu befolgen und die Republik zu einem Versuchskaninchen für die verrücktesten Experimente staatsmännischer Quacksalberei zu machen. Ja, was soll Herr Combes nun tun? Folgt er dem Rat der Gemäßigten, so fällt er al- Opfer -er Ultra», und gibt er diesen nach, so verliert er die Gefolgschaft der Opportunisten. Falls die Radikalen auf ihren extremen Vor schlägen bestehen, wa- allerdings abzuwarten ist, könnte die beginnende Tagung der Kammer vielleicht doch nicht so glatt für Herrn Combes verlaufen, al- er anzunehmen scheint. k. W. Deutsche- Reich. Berit», 21. Oktover. (Sozialdemokratische Verhetzungen und Unwahrheiten.) Daß di« Finanzmintsterkonferenz, die jetzt hier statt- findet, schon längst hätte stattfinbrn sollen, wird von keiner Seite bestritten wardcn können. Umsomehr ist eS zu begrüßen, daß sie endlich tagt. Das Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschland- schreibt aber heute: „Die Steuerkviiserenz der deutschen Finanzminister ist am Montag in Berlin zusammengetret«« ... Es gilt, neue Mittel zu sind««, um di, Besitzlosen zu schröpfen". Die Tendenz der Verhetzung kann kaum schamloser zu Tage treten; e- ist schwer, ja unmöglich, mit so wenig Worten mehr Wahrheit-widriges zu behaupten. In welchem Verhältnis diejenigen Ausgaben des Reiches, die svzialpolttisck>en Zwecken dienen, schon heute zu den Gesamtauswendungen stehen, ist notorisch. Die sozial- demokratische Presse verschweigt es ihren Lesern beharr- lich. Bei ihren in das Gewand der Wissenschaftlichkeit sich kleidenden statistischen Untersuchungen über die Belastung der besitzlosen Klassen läßt sie ebenso geflissentlich außer Betracht, was in deutschen Landen durch Erleichterung der Steuerlast nach der Seite der schwächeren Schultern von der Staats- und Gesellschaftsordnung geleistet wird, die Herr Bebel in Grund und Boden ruinieren möchte. Boll, ständig verschwiegen wirb von derselben Seite, wie der Unterricht in den Volksschulen für die „Besitzlosen" so gut wie frei ist. Wohlweislich unterschlagen auch die in der sozialdemokratischen Presse ausgemachten Rechnungen die Belastung, deren Drucke die angeblich besitzlosen Klassen dadurch ausgesetzt werden, daß die sozialdemokratische Partei eine fortlaufende Steuer zur Bestreitung ihrer Wahl- und sonstigen Propaganda erhebt, die ungleich höher ist, als dieTumme derBeträge, durch welcheArbeiter- familien zu den von der sozialdemokratischen Wahlvor- kehung auf den Index gesetzten indirekten Abgaben für Reich und Staat hcrangczogen werden. Tie in erster Linie zu Buche schlagende« Ausgaben für die Unter haltung des Heeres, des Volkes in Waffen, werde.» von der sozialdemokratischen Presse geflissentlich als kulturellen Zwecken nicht dienende stigmatisiert. Dabei ist unbestreit bar, -aß die Ausgaben für Heer und Flotte, welche seit der Wiedcraufrichtung des Deutschen Reiches gemacht worden sind, wesentlich mit dazu gedient haben, den Frieden zu erhalten und damit die Möglichkeit zu bieten, zahlreichen Arbeiterhänden die Beschäftigung zu geben, die nur -er Friede gewährt — Bei -en augenblicklichen Beratungen der Finanzminister wird die Rücksichtnahme auf die Leistin'gsfähigkeit der minder tragfähigen Schultern eine sehr große Rolle svielen. Bon einer ebensolchen Fürsorge der sozialdemokratischen Wahlvorschung ist noch nie etwa» bekannt geworden. Daraus folgt, daß die Zugehörigen der sozialdemokratischen Partei, die sozialdemokratischen Parteisteuerzahler, nicht zu den Besitzlos«» gehören, oder baß die sozialdemokratische Partei mit dem Terrorismus, den sie in anderer Beziehung immer anfs neue betätigt, auch da zu Werke geht, wo cs sich um die Befriedigung Ihrer eigenen Parteibedttrfnisse bandelt. --- Berlin, 21. Oktober. (AlkoholtsmuS und Sozialdemokratie.) Das Organ desDeutschen Arbeiter-Abstinentenbundes, -er ,-Abstinente Arbeiter", spricht die Hoffnung aus, daß die Zeit nicht mehr fern sei, wo der sozialdemokratische Partei tag gezwungen wäre, „der Masse Rechnung zu tragen und zu -er für -aS um sein« Freiheit ringende Proletariat so überaus wichtigen Frage eine uns befriedigende Stel lung zu nehmen." — Bon einer politischen Partei die Förderung der Abstinenzbewegung zu erioarten, findet der Korrespondent für Deutschlands Buchdrucker" „naiv"; eine solche Erwartung wäre nur dann berechtigt, wenn die sozialdemokratische Partei die Mitgliedschaft von der Ab stinenz abhängig machen könnte. Diese Auffassung des Buchdruckerblattcs ist eine völlig verkehrte. Ebensogut wie die sozialdemokratische Partei im Namen der Arbeiter und ihrer Interessen die weitestgehenden Forderungen an Staat und Unternehmertum stellt, ebenso wär« sie theore tisch und praktisch in der Lage, die Wahrnehmung eines vitalen Arbeiterinteresscs von der Arbeiterschaft selbst zu fordern. Warum die sozialdemokratische Partei sich hier zu nicht versteht, erwähnt das Buchdruckerblatt selbst, indem es hervorhebt, daß ..der materiell Inter essierten zu viele sind, die gegen die Abstinenz bewegung Sturm laufen." — Unter diese materiell Interessierten zählt naturgemäß in erster Reihe die ge waltige Menge von Gastwirten. Bier- und Branntwein händlern jeder Art; in zweiter Linie kommen sodann die sozialdemokratischen Gewerkschaften mit ihren Depcn- denzen in Betracht. Das Buchdruckerblatt schreibt in dieser Hinsicht u. a. sehr zutreffend: „Viele Gewerkschafts häuser, Zentralherbergen usw. können sich nur dadurchhalten, baß sie «inen möglichst großen Bierumsatz erzielen und diesen künstlich stei gern. Das ganze Restdurationswesen, die qualmigen Gaststuben und Versammlungslokale fordern ja förmlich den Bicrgcnuß heraus. Will man daher praktisch an- Werk gehen, dann muß in den Restaurationslokalitäten der Gewerkschaftshäuser der Trinkzwang aufgehoben werden und das Endziel die Beseitigung alkoholischer Ge tränke aus diesen Häusern überhaupt sein." — Auch vom ..Endziele" der letzteren Art sind wir noch weit entfernt. Wie dringend nötig aber für die Gewerkschaften eine ener gische Aufklärung ihrer Mitglieder über di« Alkoholfrage ist, lehren zwei vom „Abstinenten Arbeiter" mitgeteilte Fälle brutalen Verhalten» gegenüber abstinenten Arbeitern. Der «ine Fall betrifft Mitglieder des Holzarbeiterverban-eS. die einen organi sierten abstinenten Kollegen zur Essenszeit überfielen, ihn an Händen und Füßen festhielten und ibm -en Inhalt einer Flasche Bier in den Mund schütteten. Der andere Fall bezieht sich auf einen abstinenten Arbeiter, der nur durch das Dazwischentreten eine» besonnenen Mannes vor der Vevprügelung durch seine alkoholsrrundNchen Arbeits genossen bewahrt blieb. Aebnliche Vorkommnisse gehören durchaus nicht zu den Seltenheiten und müßten sowohl der sogenannten Arbeiterpartei al» solcher, wie den „praktisch" wirkenden Gewerkschaften -en Kamps gegen den Alko- holiSmu» zur Pslicktt machen. Aber die materiell inter essierten „Genossen" und die Befürchtung, daß di« Be kämpfung de» AlkoholismuS durch die sozialdemokratische Partei dieser selbst manchen Anhänger abspenstig machen könnte, lassen e» zu dem so segensreichen Kampf« nicht kommen. D Perlt«, 21. Oktober. (Telegramm.) Bei dem Katscrpaare waren zur gestrigen Frllbstückstafel im Neuen Palais bei Potsdam geladen der Ck«s des AdmiraütabeS, der Edes de» MarinekabinettS, Generaladjutant v. Pleffcn, der Staatssekretär des Auswärtig«« Amt» und der Vize Ober-Zeremonienmeister Baron von dem Knesebeck. Die beiden letzteren Herren waren bei her Audienz des neuernannten badischen Gesandten Grafen v. Berckheim zugegen gewesen. Nach Tische unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen Spaziergang und nahmen den Ter bei der Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein in Bornstedt. Zur Abend tasel waren geladen Oberstallmeister Graf Wedel und Gräfin FryS. Heute morgen unternahmen der Kaiser und die Kaiserin einen Spaziergang. Spater hörte der Kaiser die Borträge des Oberstkämmerers Grafen SolmS-Baruth, des Chefs des Zivilkabinetts vr. v. LucauuS und des Ministers Freiherrn v. Hammerstein. O Berlin, 21. Oktober. (Telegramm.) Zum Direktor im Reichsjustizamte an Stelle de- zum Präsidenten de» Reichsgericht- ernannten Wirklichen Geheimen NatS vr. Gutbrod rst der „Köln. Ztg." zufolge der bis herige vortragende Rat im Reichsjustizamte, Wirkt. Geheimer OberregierungSrat vr. Hoffmann ernannt worden. — Der Relchstagsabgeordnete Professor vr. Hitze hat sich, nach der „Germania, von seiner schweren Nervenerkrankung, an welcher er seit etwa einem Jahr« gelitten, nun soweit erholt, daß er im beginnenden Wintersemester Vie Vorlesungen an der Hochschule in Münster wieder ausnehmen wird. D Potsdam, 21. Oktober. (Telegramm.) Heute mittag wurde das von der Stadt vor dem Brandenburger Tor errichtete Standbild Kaiser Friedrichs feierlich enthüllt in Gegenwart des Kaisers und derKaiserin, des Kronprinzen, sämtlicher in Berlin weilender Prinzen und Prinzessinnen, der Zivil- und der Militärbehörden und der Stadtverwaltung. Auf dem Festplatze waren Schulen, Vereine, die Generalität, das Offizierkorps der Garbe du Corps und des ersten Garde-Regiment-, die Leibeskadrou des Garde du Corps und die Lcibkompagnie des ersten Garde-RegimentS ausgestellt. Bei der letzten waren die fünf jüngeren Prinzen eingetreten. Der Kaiser und die Kaiserin wurden vom Publikum mit Hochrufen begrüßt und nahmen, nachdem der Kaiser die Front der Ehrenkempagnie abgeschritten hatte, unter einem prunkvollen Baldachin Aufstellung. Der Potsdamer Männer gesangverein eröffnete die Feier mit dem Gesänge einer Hymne. Bürgermeister Vorkastner hielt eine An sprache; er feierte Kaiser Friedrich, der jahrzehnte lang unter den Potsdamern gelebt habe, als ein Vorbild der Tapferkeit, Mannhaftigkeit, Standhaftigkeit, Gottergebenheit und Geduld, als einen Förderer deS Kunst gewerbes, der Volksbildung, Jugenderziehung und Mithelfer an der Errichtung des Reiche-. Durch dies Brandenburger Tor sei 1871 der Kronprinz nach dem Siege mit den Garden eingezogen. Hier habe ihm die Vaterstadt Potsdam den letzten Scheidegruß auf dem Wege zur Gruft gebracht. Nach der Rede fiel auf einen Wink deS Kaisers die Hülle des Denkmals, während die Truppen präsentierten. Der Bürgermeister brachte ein Hoch auf den Kaiser aus, die Fest versammlung sang die Nationalhymne. Der Chor trug so dann das niederländische Dankgebet vor, während Abord nungen Kränze am Denkmal mederlegten. Die Majestäten besichtigten da» Denkmal und zogen den Schöpfer Bormel und den Bürgermeister u. a. ins Gesvräch. Ein Vorbeimarsch der beiden Truppenabteilungen beschloß die Feier. * In Mecklenburg darf ein gläubiger Christ daS Abend- mabl nur in seiner Gemeinde genießen; wer au- der Hand eines anderen als des Gemeindegeistlichen daS Abend mahl nimmt, „erschleicht" eS und macht sich straffällig. Ucber einen solchen Fall wird der „Volks-Zeitung" berichtet: Der Lehrer Rehm in Pampow bei Schwerin lebte mit seinem «schulinspektor, dem Pastor Hübner, in Streit, und war aus diesen, Grunde mit feiner Familie zum Abendmahl nach der St. Nikolaikirche in Schwerin gegangen. Der Pastor batte hiervon Anzeige erstattet. DaS großherzogtiche Kon sistorium verurteilte darauf den Sünder zur Strafver setzung und Tragung der Kosten des Verfahrens; aus die Berufung des Verurteilten erkannte jetzt das Obere Kirchengericht auf 30 Strafe und Tragung der Hälfte der Kosten. L AuS -er Provin- Hannover. Gelegentlich der Grundsteinlegung zur BiSmarckfäule in Hannover finden wir in zwei aufeinanderfolgenden Nummern des wölfischen Hauptorgans folgend« anmutigen Sätze und Ausdrücke: »FnechtSseelen, die den Kuß küssen, der sie getreten." . . . „diese- Denkmal, das wett schmack voller, al- wie «tnst die Stange mit dem Gcßler- hute, Zeugnis von -er servilen Selbsterniedri gung ablegt" . . . „daß eine kleine Minderheit durch jene- uns aufoktroyierte Denkmal unsere niedersächsische Erde schnöde entweiht" . . . „der jetzt nach heid nischem Götzenkult verehrte preußische Staats mann,, . . . „BiSmarckrummel" ...„Klimbim aller Art" . . . „politisches Mellintschauspiel" (das Mellinitheater ist das Bari-tstheater von Hannover. Anm. d. Red.). Wir sparen uns jeden Kommentar, denn wir glauben, daß die Rüpelhaftigkeit dieser Polemik sich selbst richte. * An» her Ostmark. Blättermeldungen nehmen Ver merk von einem unlängst ergangenen gemeinschaftlichen Erlaß der preußischen Minister des Innern, der Iusti- und der Finanzen. Diesen zufolge haben Ermittelungen ergeben, -atz ein« groß« Anzahl von Beamten, sowie Lehrer der einzelnen Ressorts Mitglieder polnischer BolkSbanken sind. Da die Stellung dieser Ge nossenschaften als eine- der gefährlichsten Werkzeuge der grobpolnischen Propaganda die Zugehörigkeit preußischer Beamten -u ihnen als mit ihren Pflichten völlig unverein bar erscheinen läßt, so sind die in Frage kommenden Be hörden ersucht worben, dafür Sorge zu tragen, daß die ihnen unterstellten Beamten (Lehrer) ihre Beziehungen zu den volksbanken lösen und neue Beitritte von Beamten nicht erfolgen. Beamten, -ie ihrer finanziellen Vage nach nicht im stand« sind, sofort au- ihnen au-zuttetrn, soll ein angemessener Zeitraum dazu zu lasten sein. Im Be reiche der Ostmarkenzulage würküe sich in dieser vielfach die Hülfe zur Lösung der Beziehungen finden lasten.
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