Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.10.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031024021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903102402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903102402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-10
- Tag1903-10-24
- Monat1903-10
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs »Preis der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe stelle« abgeholt: vierteljährlich .Sl 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- ^l 8.7k. Durch die Post bezogen für Deutjch- laud u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, stir di« übrigen Länder laut ZeitungSpreiSliste. Nr-aktiou und Expedition: JohanniSgaffe 8. Fernsprecher IK3 und 322. FMaievpedtti-xei,: TlfredPtch», Buchhandlg., UuiversitätSstr.3, L- Lösche, Kathariuenstr. 14, u. KönigSvl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 84. Fernsprecher Amt I Nr. 1718. Haupt-Filiale Lerlin: E«l Vuncker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 480S. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Imtsvsott des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiarntes der Ltadt Leipzig. Anzeigen» Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redakttonsstrich (4geipatten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Zisfernsay enttprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .^l 60.—, mit Postbeförderung ./6 70.—. Ännahmeschlnß für Änzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh ü bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 543 Sonnabend den 24. Oktober 1903. 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. Oktober. Partei-TerroriSmus. Der „Hannov. Kour.", der es vor dem nationalliberalen Delegiertentage in Hannover den nationalliberalen Wahl männern zum preußischen Abgeordnetenhause freigestellt wissen wollte, auch mit sozialdemokratischen Wahlmännern zu paktieren, muß jetzt aus Hildesheim einen Vorfall melden, der ein grelles Licht auf den sozialdemokratischen Terrorismus wirft, der natürlich noch gesteigert werden würde, wenn von nationalliberaler Seite als Dank für erwiesene sozialdemokra tische Liebesdienste den Terroristen Zugeständnisse gemacht und zu einem Machtzuwackse verhelfen würde. In Hildesheim ist nämlich in einer öffentlichen sozialdemokratischen Versamm lung beschlossen worben, Geschäftsleute, bei denen viele Arbeiter kaufen, aufzufordern, sich nicht der Wahl zum Land tage zu enthalten, sondern für die sozialdemokratischen Wahl- manner zu stimmen. Alle Geschäftsleute, die sich dieser Forderung nicht fügen, sollen eventuell boykottiert werben. Die „Freis. Ztg." bemerkt zu diesem Beschlüsse: „Eine frechere Bedrohung der Wahlfreiheit, als hier geschehen, kann nicht gedacht werden. Sie ist auch zugleich außer ordentlich dumm. Denn wenn die bürgerlichen Parteien Gleiches mit Gleichem vergelten gegenüber Urwählern, welche sozialdemokratisch stimmen, und gegenüber sozialdemokratischen Wahlmännern oder auch nur gegenüber den Geschäftsleuten, die sich durch solche Drohungen beeinflussen lassen, so ist es die Sozialdemokratie, die dabei entschieden den kürzeren zieht. Was würden die Sozialdemokraten sagen, wenn Kaufleute, Handwerks meister oder Fabrikanten in ähnlicher Weise die von ihnen abhängigen Personen bedrohten für den Fall sozialdemokratischer Stimmabgabe! In früheren Jahren hat Abg. Bebel im Reichstag cs aufs äußerste getadelt, derart die politische Haltung bei den Wahlen mit geschäftlichen Beziehungen in irgend welche Verbindung zu bringen. Wenn jetzt die Sozialdemokratie die entgegengesetzte Takiik verfolgt und solche Versuche nicht von der Parteileitung aufs entschiedenste desavouiert werden, so zeigt das, wie sehr die sozialdemokratische Partei seitdem heruntergekommen ist und wie wenig sie der freien Ueberzeugung ihrer Genossen vertraut." Wir stimmen dieser Verurteilung der sozialdemokratischen Drohung völlig bei, müssen aber trotz der Berufung der »Freis. Ztg." auf Bebel bestreiten, daß der Hildesheimer Vorfall eine neue Taktik der Umstürzler bekunde. Die So zialdemokraten haben, wie dies ja auch der Halberstädter Roßschlächterprozeß beweist, stets von denjenigen Kleingewerbe treibenden, mit denen sie in Geschäftsverkehr stehen, eine Unterstützung ihrer politischen Parteibestrebungen verlangt. Da, wo sie sich dazu ausreichend stark fühlen, haben sie längst bei Strafe des Boykotts die Handwerker und Kleingewerbe treibenden, die auf die Kundschaft der Arbeiter angewiesen sind, sowohl zu finanzieller wie zu persönlicher Unterstützung der sozialdemokratischen Bestrebungen gezwungen. Gerade diese schwere Bedrohung der politischen Freiheit zahlreicher Bürger durch die sozialdemokratisch verhetzten Arbeiter hat in Har burg zu der Vereinigung von Männern aller politischen Richtungen zu einem wirtschaftlichen Schutzverbande gegen den sozialdemokratischen Terrorismus geführt. Aber auch aus zahlreichen anderen Orten liegen, sowohl von der letzten Feuilleton. Das neue Modell. 21j Roman von Paul Oskar Höcker. nerbolen Eine Zeitlang stagnierte das Unternehmen; man fürchtete schon, daß die Schwierigkeiten so unüberwind liche seien, daß in letzter Stunde noch die behördliche Ge nehmigung auf deutscher Seite versagt bleiben werde. Kurz vor dem Termin, der für den Beging der Touren fahrt angesetzt gewesen war, spät abends noch, traf das er lösende Telegramm des deutschen Automobilklubs ein, der sich mit den Behörden sofort wieder in Verbindung gesetzt hatte: In der Rennstrecke war schleunigst eine Aenderung verfügt worden. Man drängte sich im Klubhause zu Paris um daS Comitemitglied, das die Depesche vorlas. Auch die beiden Capitawts, die soeben erst von einer großen Uebungssahrt mit Donat zurückgekchrt waren, mischten sich unter Lic Schaar der Neugierigen. Die meisten nahmen Karten vor und studierten sie, be zeichneten sich die Route mit Bleistift oder Tinte, viele ste nographierten, was der Herr vom Comitß vorlas. Die Rennfahrer sollten nunmehr als letzten Ort in Belgien Longvilly berühren, das lurcurburgischc Gebiet bei Allerborn betreten, von dort über Asselborn und Ulfingen nach Bilverdingen fahren und die deutsche Grenze bei Malschcidt überschreiten. Aus diese Weise vermieden sie die als gefährlich bezeichnete Route und kamen über Steinmetz und Gräslingen nach St. Vith, und erst von hier aus auf die ursprünglich in Aussicht genommene Strecke, die sie am Schluß des ersten Tages nach Aachen führte, wo die Nachtruhe statttinden sollte. Ein angstvoller, fast entsetzter Blick aus Marions Augen traf den Borleser. „Also wird die Fahrt — auch durch Chateau Lanney gehen?" fragte sie ihren Nachbar. Mit angehaltenem Atem lauschte sie der Bekannt machung. Chateau-Lanney gehörte nach den neuesten Be stimmungen zu den neutralisierten Ortschaften mit Ein gangs- und Ausgangs-Kontrollstation. Es waren für die Durchfahrt zwölf Minuten gegeben. Marion hatte den Blick gesenkt. Auf ihrer Stirn ReichStagswahl, als auch aus früherer Zeit, unwiderleg liche Beweise dafür vor, daß die Sozialdemokraten, wo sie sich stark genug dazu fühlen, die von ihrer Kund schaft abhängigen Kleingewerbetreibenden durch Be drohungen ihrer wirtschaftlichen Existenz zur Unterstützung der sozialistischen Parteibestrebungen zwingen. Neuer dings scheint man ja auch noch weiter gehen zu wollen. Darauf weist die denunziatorische Bekanntmachung der Namen derjenigen Geschäftsleute, welche zu einem den Sozialdemo kraten unbequemen Gerichtsspruche mitgewirkt haben, durch das Münchener sozialdemokratische Parteiorgan hin. Man will offenbar auch einen Druck auf die im öffentlichen Dienst ehrenamtlich mitwirkenden Bürger dahin ausüben, daß sie nicht nach Pflicht und Gewissen, sondern nach den Wünschen und Forderungen der Sozialdemokratie ihres Amtes walten. In diesen sozialdemokratischen Bestrebungen liegt offenbar eine schwere Gefahr für unser Gemeinwesen, und eS wird, wenn die bürgerlichen Parteien sich wirklich zu einer ernsten Abwehr gegen die sozialdemokratischen Bestrebungen aufraffen, eine ihrer vornehmsten Aufgaben sein müssen, nicht bloß den Arbei tern, sondern auch den jetzt unter dem sozialdemokratischen Drucke schwer leidenden Kleinhändlern und Handwerkern den nötigen Schutz gegen die sozialdemokratische Vergewaltigung zu ge währen. Und da vom jetzigen Reichstage nicht zu erwarten ist, daß er einen gesetzlichen Schutz gewähren werde, so wird man dem Harburger Beispiele folgen müssen. Freilich müssen sich dann die bürgerlichen Kreise sorgfältig davor hüten, ihrerseits Mittel in Anwendung zu bringen, die der Sozial demokratie längst geläufig sind. Leider aber macht sich auch da und dort in bürgerlichen Kreisen die Neigung bemerklich, nach sozialdemokratischem Vorbilde zn verfahren. Nicht weit von hier — wir wollen den Ort nicht nennen — haben jüngst einige sich zur Rettung des Mittelstandes berufen haltende Männer Blättern, die während einer Wahl bewegung für einen anderen, als den von diesen Männern empfohlenen Kandidaten eingetreten waren, mit einer Art von Boykott für den Fall drohen zu sollen geglaubt, daß diese Blätter sich nicht „bessern" würden. Diese Herren hahen anscheinend vergessen, daß sic dadurch nicht nur - die Gesinnungsgenossen dieser Blatter heraussorderten, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sondern auch der Sozialdemokratie förmlich das Recht erteilten, ber künftigen Reichstagswahlen nach dem Hildesheimer Muster gegen sie, die sozia listenfeindlichen Mittelstandsvertreter, zu ver fahren. Wir hoffen, daß der Hildesheimer Vorfall eine gute Lehre für derartige bürgerliche Terroristen bilden werde. Naumannsche Politik. Pfarrer Naumann klagt in der „Hilfe" darüber, daß auch der liberale Wahlverein nicht ein Wahlbündnis mit der Sozialdemokratie, wie vr. Barth es predigt, beschlossen hat. Wer aber ist nach Naumannscher Auffassung schuld daran, daß „ein beträchtlicher Teil" der liberalen Wähler für die Barthsche Taktik noch nicht „frei und reif" genug ist? Pfarrer Naumann antwortet hierauf in Uebereinstimmung mit seinem politischen Freunde v. Gerlach: „Die liberale Presse hat soviel Jahre den Sozialdemokraten schlecht gemacht (und der Sozialdemokrat hat eS ihr seinerseits erleichtert), daß es ein fast übermenschliches Verlangen sein würde, jetzt alle Vie Leser dieser Presse an der Seite der Sozialdemokratie finden zu wollen. Der Liberalismus muß die Sünden seiner kurz sichtigen Presse tragen ... Der heutige Zustand ist, daß zahlreiche liberale Wähler noch immer das Bild von Sozialdemokraten in sich tragen, das Bismarck bei Erlaß des Sozialistengesetzes dem deutschen Bürgertume eingeprägt und das Eugen Richter kleinlich und ge hässig auSgemalt hat. Dieses Bild stirbt erst mit der Generation, zu der eS gehört, und Bebel sorgt dafür, daß es von Zeit zu Zeit frisch auflackiert wird." — Die Verworrenheit, mit der Pfarrer Naumann bald die liberale Presse, bald Bismarck, bald die Sozialdemokratie selbst für das Bild verantwortlich macht, das die liberalen Wähler von der Sozialdemokratie haben, bleibe auf sich beruhen. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß Pfarrer Naumann in. den obigen Sätzen der liberalen Presse eine ausschlaggebende Rolle zuweist, die sie nur unter der Bedingung zu spielen vermag, daß die Wirklichkeit des täg lichen Lebens ihr als beweiskräftigstes Moment zur Seite steht. Wenn die Schilderung der Sozialdemokratie in der liberalen Presse wesentlich verschieden wäre von den Erfahrungen, welche die liberalen Wähler im täglichen Leben mit der Sozialdemokratie machen, würde die liberale Wähler schaft unmöglich der Sozialdemokratie gegenüber praktisch eine Stellung einnehmen, wie sie von der liberalen Presse gefordert wirb. Gerade weil die brutalen Tatsachen ber Wirklichkeit sich so ganz anders ausnehmen, als die national soziale Gestaltung der Druckerschwärze auf Papier, gerade darum ist die Naumannsche Politik so einflußlos geblieben. Norwegens neuer Ministerpräsident. Professor Hager up hat zwar keine lange, aber nichts destoweniger inhaltreiche politische Laufbahn hinter sich, die zudem teilweise in einen bewegten Abschnitt der jüngsten politischen Geschichte Norwegens fällt, so daß ihm eine reiche Erfahrung zur Seite steht. Er trat, wie die „Köln. Ztg." rekapituliert, im Jahre 1893 ins Ministerium Stang, das die Regierung übernahm, als das Steensche Kabinett kurzer Hand rurücktrat, da König Oskar nicht die Beschlüsse gutheißen wollte, die vom Sterling in der Kousulats- jache gefaßt worden waren. Als die Wahlen von 1894 abermals eine Mehrheit der Linken ergaben, reichte indessen im Januar 1895 auch das Ministerium Stang seine Entlassung ein. Erst nach achtmonatiger Krise erschien als Notbehelf das Koalitionsministerium Hagerup auf der Bildfläche. König Oskar hatte zwar den Radikalen die Bildung des Ministeriums überlassen wollen, aber die Bedingung gestellt, daß die Frage der Aufhebung der Gemeinsamkeit auf konsu larem Gebiete durch Verhandlungen mit Schweden geregelt werden solle. Das lehnten die Radikalen, die es offenbar zum Aeußersten kommen lassen wollten, ab, worauf als Aus weg nur ein Koalitionsministerium blieb. Vorher hatte die Stortingsmehrheit schon die Aufhebung der Gemeinsamkeit des Konsulatswesens beschlossen, und demgemäß wurde später der norwegische Beitrag zur Unterhaltung der gemeinsamen Konsuln verweigert, ein Beschluß, der jedoch insofern wirkungslos war, als Schweden den norwegischen Anteil aus seiner Tasche be zahlte. Der Wahlsieg von 1897, der den Radikalen im Stor- ting die erdrückende Mehrheit von 79 gegen 35 Stimmen der Konservativen und Gemäßigten brachte, nötigte indessen das Koalitionsministerium zum Rücktritte. Seitdem war Professor Hagerup der anerkannte Führer der Rechten, der bei wichtigen Erörterungen cs niemals unterließ, die Lage zu be leuchten. Es glückte ihm sogar etliche Male, den Ansichten der konservativen Minderheit Geltung zu verschaffen, so bei Beratung des Entwurfs über Fachvereine, der die Arbeitgeber den Arbeitern gegenüber in eine schwierige Lage gebracht hätte, aber infolge des Auftretens Hagerups abgelehnt wurde. Seine ausgedehnte Lehrtätigkeit an der Uuiversüät Cbristiania veranlaßte Hagerup, kurz vor Beginn der letzten Stortings- wahlen zum Leidwesen seiner Partei zu erklären, daß er keine Wiederwahl annehmen könne. Er griff aber doch in den Wahlkampf ein, und als er sah, daß seine Reden im Lande einen unerwarteten Eindruck machten, ließ er sich abermals als Kandidat aufstcllen. So erhielt er als einer ter Abge ordneten Cbristianias einen Platz im neuen Störung, und dieses wählte ibn sogleich zu seinem Präsidenten. Von hier aus hat ihn nun der Weg von neuem an die Spitze der Regierung geführt. Zur Lage im fernen Osten. DaS „Reutersche Bureau" fährt konsequent in seiner Alarmberichterstattung fort, und wenn sich seine Tataren nachrichten bewahrheiteten, müßte jeden Augenblick die Flamme des Kriegs zwischen Rußland und Japan im fernen Osten emporschlagen. Wegen der Kriegsbefürchtungen seien, so heißt es, die Prämien für Versicherungen von Schiffen, die aus England nach Ostasien gehen, von „LloydS" seit vorgestern verdoppelt worden, Rußland ver handle mit einer Dampfschiffgesellschaft in Shanghai um Dampfer zu chartern, die von dort nach Port Arthur gehen sollen, da die gegenwärtige Freiwilligenflottc nicht ausreicht, den Verkehr zu bewältigen rc. Von japanischer Seite wird die Lage dagegen fortgesetzt als nicht bedenklich bezeichnet. Man meldet uns: * Paris, 23. Oktober. Ter hiesige japanische Gesandte Motono erklärt in entschiedener Weise das durch Depeschen aus Honolulu verbreitete Gerücht von einer Kriegserklärung zwischen Rußland und Japan für unbegründet. Der Ge sandte führte einem Berichterstatter des „Temps" gegenüber aus, man könne nicht einmal von Kriegsdrohungen sprechen. Ter Gang der in Tokio zwischen dem Minister des A-»hern mid dem russischen Gesandten geführten Verhandlungen sei bisher ein normaler und befriedigender. Japan suche eine Bürgschaft für seine sehr berechtigten Interessen zu erlangen, hege aber die verso hnlichsten Gesinnungen; Rußland könne von keinem anderen Geiste beseelt sein. Man dürfe deshalb auf eine mehr oder minder rasche Lösung rechnen, durch welche zwischen den beiden Parteien ein Einvernehmen erzielt werden dürfte. Tie friedliche Gesinnung der beiden Regierungen sei den beiderseitigen Militär behörden bekannt, überdies ständen die russischen und die japanischen Streitkräfte nirgends in direkter Berührung, infolgedessen sei eine Gefahr auch nur eines lokalen Zwischenfalls nicht vorhanden. Der beste Beweis dafür, daß die von den englischen Wolkenschiebern in Shanghai zusammcngetriebenen Gewitter sich noch nicht zu entladen im Begriff sind, ist zweifellos der, daß der Zar es nicht für nötig befunden hat, seinen Aufenthalt in Darmstadt abzutürzen. Deutsches Reich. tT Berlin, 23. Oktober. (Verbesserung der Wob - nunasverhältnissc der Arbeiter.) Ter Staatssekretär deS Innern, Graf v. Posadowsky, batte jüngst in einer Ansprache im Verein zur Bekämpfung deS Alkoholmiß- brauchS u. a. darauf hingewiesen, daß eine Besserung der Wohnungsverhältnisfe die Arbeiter vom Aufenthalt in der zuckte es in nervösem Unmute, wahrend sie sich überlegte: natürlich würde das ganze Städtchen mobil sein; man würde sie sehen, sie beobachten; auch Liselotte würde viel leicht mit den Kleinen hinzukommen .... Erregt verließ sie den Saal und trat auf den Balkon hinaus. Für das Lichtermeer, das das rund um den Konkordicn- platz sich ausdehnende Paris zur Nachtzcir darstellte, hatte sie lein Auge. Düster sann sie vor sich hin. Sie mußte au Liselotte, an die Kinder denken, an ihre Mutter, die in zwischen wieder aus dem Badeorte nach Hause zurückge- kehrt war, und an das Gerede das im ganzen Städtchen entstehen würde, wenn sie so kurz nach dem Tode ihre- Vaters an diesem Sportereignis teilnahm. Die Leute hatten ja kerne Ahnung davon, was für sie vom Ausfall der Fahrt abhing. Als George Capitant, der von der Abänderung der Route gleichfalls gehört hatte, sie auf dem Balkon auf suchte, sagte sic flüchtig zu ihm: „Nun l-ast du endlich deinen Willen. Gut, so soll es denn sein Bewenden haben: ich fahre nicht mit, ich bleibe hier in Paris! Zieh: meine Anmeldung noch heute zurück!" Er sah sie höchst überrascht am. Marion wollte sich je doch in kein langes Gespräch etnlassen. Capitant schien ihren Entschluß in der Tat mit leb hafter Freude zu begrüßen. Andern Tags kam er aber in höchster Bestürzung ans der Fabrik angefahren und stürmte ins Hotelzimmer — verzweifelt und zugleich erschöpft. „Das ist unser Ruin, unser völliger Ruin", rief er. „Donat weigert sich zu fahren." „Er weigert sich? Weshalb?" „Vielleicht weil er uns fühlen laßen will, daß wir vo»r seiner Gnade, von seiner Laune abhängen", sagte er ge reizt. „Du hast dich mit ihm erzürnt? Was ist geschehen?" „Ich habe ihm nur gesagt, daß ich entschloßen bin, die Anmeldung für dich und mich zurückzuziehen." Voll Trotz preßte Marion die Lippen aufeinander. ^i ihren Augen flammte d^ Zorn auf. Sie wußte: Donat war eifersüchtig und mißtrauisch. Er tyrannisierte sie jetzt. Sie hätte ihn haßen können, gerade weil sie nun wußte, daß er ihr Schicksal in Händen hielt. Capitant maß seine Krau mit zornigen Blicken. Er ahnte längst, daß sie mit ihren Koketterien, mit denen sie sich überall zum gefeierten Mittelpunkte zu machen wußte, auch -en jungen Deutschen vor ihren Trimnphwagen ge spannt hatte. Aber der Eigensinn Donats konnte ihm nun gefähr lich werden, deshalb sollte Marion ihren letzten Entschluß wieder rückgängig machen. „Ich mag nicht", sagte Marion kurz. „Aber ich verlange es jetzt", sagte Capitant unwirsch. „Ursprünglich war es ja auch dein Wille, daß ich mich nicht -daran beteiligte." „Das hat sich inzwischen geändert." „Ich habe bei der Probefahrt den Eindruck gehabt, daß du keine allzu große Begeisterung für den Sport in der Form hast, wie iün Donat betreibt." „Das ist gleichgültig; ich ordne mich einer ernsten Sache unter." „Es ist kindisch von Donat, ja, geradezu kindisch, daß er mich zwingen will." Sie stampfte nervös mit dem Fuße auf. „Und ich will nicht, ich will nicht!" „Wir haben keine Zeit mehr, Kraftproben anzustellen; auch die Mittel nicht; die Maschine muß fahren, und da außer Donat niemand da ist, um sie zu steuern, heißt es eben, sich seinen Forderungen beugen." „DaS magst du tun, ich — laße mir von Donat nicht be fehlen." Mit allen Mitteln der Ueberrcdung suchte Capitant ihr beizukommcn. Schließlich riß ihm der Geduldsfaden — und er stellte ihr rückhaltlos seine Geschäftslage dar. „Hier bleiben könntest du jetzt unter keinen Umständen mehr, Marion", sagte er, seine Stimme dämpfend, soweit seine Erregung dies zuließ. „Denn wenn auch dieser letzte Schlag fehl geht, so — ist es mit unserer Herrlichkeit hier endgültig vorbei" Sie hatte soeben ihre prächtige neue Lommertoilcttc, die für die Sportzweckc unbedingt zn kostbar war, ein mit breiten Einsätzen von Valcnciennesspitzcn auf rosa Seide durchbrochen gearbeitetes Prinzeßkleid, übcrgewvrfen und stand vor dem Spiegel, die Gesamtwirkung abschätzcnd. Fm Glas begegnete sie den: Blick ihres Gatten, der bleich und nervös zu ihr herüber sah. ,^NaS willst du damit andeutcn?" „Wort für Wort ist überlegt. Der Sinn muß dir klar sein." ,;Du bist so seltsam. So sprich dich doch endlich deut licher aus." „Wenn unsere „Marion" Siegerin wird, so sollen uns nicht nur die großen Preise zu, sondern außerdem noch — wäre uns ein Vermögen sicher, von dessen Höhe du keine Ahnung hast." „Ein Vermögen ?" Sie hatte sich nach ihm umgewendet. Ihre Hände, die an ihren Stirnlöckchen beschäftigt waren, sanken schlaff herab. Plötzlich zuckte sie zusammen. „Tu haft etwa gewettet?" Er wehrte ihr hastig ab. „Still doch — nicht so laut." Erregt forschte ne weiter. „Es muß dir genügen, zu wissen, daß sehr viel auf dem Spiel steht. Für mich nicht allein. In den letzten Tagen sind im Klub Wetten eingetragen worden, deren Gesamt summe mehrere Millionen repräsentiert; die Wetten unter der Han-, die nur mündlich abgeschlossenen, müssen die selbe Höhe erreichen." ,^Vcr hat in der Hohe gewettet?" „Die Elite des Klubs, wenn du es durchaus wissen willst. Jedenfalls lauter Kavaliere, deren Wort so sicher ist, wie ihr Vermögen." „Aber du, George, du spekulierst nur auf den Sieg ?" „Lediglich." „Ja — aber wenn du die Wetten verlierst? Bezahlen kannst du sie doch nicht? Oder womit denn?" ,Menn die „Marion" versagt, dann ist für uns freilich hier nichts mehr zu retten. Meine Arbeit gehörte dann nur noch Hevesy; denn faktisch ist er heute der Besitzer." ,;Du würdest also für den Fall, daß die Sache unglück lich abläuft, gar nicht mehr hierher zurückkommen?" ,F^ch würde es nicht mehr können. Denn die Wetten einzulösen, dazu bin ich allerdings nicht mehr im stände — wenn es denn zwischen uns durchaus ausgesprochen werden muß." Es lag eine solch verzweifelte Starrheit und Trost losigkeit in seinem Blick, während er ihr dies Bekenntnis machte, -aß Marion trotz des Cnnismus, der in seinen Ab sichten lag, eine Art Mitleid erfaßte. Dann brach aber doch ihr ganzer Grimm darüber durch, daß die Svekulationswut ihres Mannes sie wieder in die prekärste Lage zu bringen drohte. Es fand eine lange, verzweiflungsvollc, von Marions Seite aus sehr tränenreiche Aussprache zwischen ihnen statt. Das Endergebnis war das. -an Marion mit unter drücktem Zorn zu ihrem Gatten sagte: „Gut, ich füge mich. Kehre also zu Herrn Donat zurück und melde ihm, daß ich mitkommcu werde." Sic nagte trotzig an ihren Lippen. Während ihr Gatte daS Zimmer verlieb, erleichtert ans-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite