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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190601064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19060106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19060106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-01
- Tag1906-01-06
- Monat1906-01
- Jahr1906
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1906
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„WGYakb Elisabeth Christine enttäuscht aussieht?" wiederholte Sophie Tvrothea die Frage ihres" Sohnes, „vielleicht, weil sie Ihren Bruder, den König erwartet hat, der mir jedoch in letzter Stünde absagen ließ. In einem Bittet teilte er Mr mit, daß er für Mein heutiges Fest keine Minute Zeit' übrig hätte. Ich vermut«, daß auS Wien oder Dresden wichtige Depeschen eingeMifen sind. Sind Sie nicht einigermaßen darüber orientiert, mein Sohn?" Prinz! August WilheLnt Wckhe die WMn. „Mich dürfen Sie nicht fragen, Majestät", erwiderte er. „Mein königlicher Bruder wählt mich nicht zürn Ver trauten in seinen Angelegenheiten. Wenn Sie sich vielleicht an Herrn von der Trenck 4 seinen anerkannten Günstling wenden wollen —" „Sind Sie etwa eifersüchtig aus diesen, mein Sohn?" fragte die Königin. Ter Printz lachte. „Eifersüchtig? Tieu me garde! Wenn mich mein Auge nicht täuscht/ er ist heute abend' als Schmetterling erschienen. Wer wird auf etwas" so Kurzlebiges eifer süchtig sein! Ich habe jetzt' besseres zu tun. Dive la jvie!" ' ' ' > ' ' ' ' ' Damit wandte er sich,' und seine bewundernden Blicke blieben verlangend auf der graziösen Gestalt einer jungen Dame ruhen, in der er die Hofdsame seiner Mutter, Fräulein Sophie von Pannewitz, erkannt hatte. Tie Königin folgte der Richtung seiner Augen. Sie räusperte sich Ter Prinz sah rasch auf. „Die wünschen?" „Vergessen Sie nicht, daß Fräulein von Pannewitz meine Hofdame und keine Prinzessin ist. . -" „Und ich möchte vergessen, daß in meinen Adern fürst liches Blut rollt. NuN/ ich will's vergessen — für einige Stunden wenigstens!"^ stieß der. Prinz leidenschaftlich her vor. Und er, der vorhin „Vive la joie!" gerufen hatte, trat zu Fräulein von Pannewitz, sich für den Rest des Abends ihr allein widmend, Tie Königin betrachtete ihn nicht länger. Es war ja Bal masquö, und Maslenfreiheit herrschte im Saale; Mochte er sie genießen! Unter den Masken siel' ein Türke in einem grünen, goldgestickten SaMMetkleide auf. Der breite Gürtel war reich mit Gold und edlen Perlen gestickt, der krumme Säbelnden er an der Seite trug, wahrhaft mit Diamanten übersäet. Mit einem atterliebsten Blumenmädchen, das seine Zärtlichkeiten förmlich herausHufordern schien, fla nierte er in den Sälen auf und ab. , Eine Juno in Wespentaille und Stöckelschuhen ver folgte das Paar mit großer Aufmerksamkeit. Da flog ihr der Schmetterling in den Weg. Sie legte ihre Hand auf seinen ArM und zog ihn beiseite. „Einen Moment, Mein Herr." Ter Schmetterling" verbeugte sich galant. /,'A votre setvice, Madame." Als Juno späterhin den Türken und das Blumen mädchen von neuem bemerkte, trat sie resolut auf das Paar zu. „Je vous oonnais," sagte sie zü deM Pascha, und dann dessen Begleiterin mit' einem hochmütigen Blicke streifend, fügte sie hinzu: TesvlSe, Ihr Pläsier zu stören." i ' Das BluncknMädchen erwiderte schnippisch: „Wessen Vergnügen, MadpMe?" und' der Türke sah unsicher von einer zu andern. „Ich habe nicht die Ehre, Sie Ku kennen," sagte er enjdlich, /Me wünschen?" BeVe DnuROU Woben an einem Treppenabsatze steh«. Da wurden sie plötzlich von einem Kavalier überholt, der artig grüßte. ES war eine prächtigesjugendliche Ge- statt^ in einem enganliegenden; KoldschiMmernden Gewände miß glitzernden SchmetterlingSflügekr. Diese Schmetter- lingSftügel Waren an -en Schultern* so geschickt und eigenartig befestigt/ Laß es fast schien, als seien sie an deut geschmeidigen Körper angewachsen. DasKostüm war ebenso schön und prächkgf als phantastisch, seine Wirkung eigenartig. Es schien, -ls müsse dies' Kleid mit dem Tha- ratter seines Trägers in Einklang stehen. „Hast Dv iWr erkannt?"^ fragte der Domino seinen Be gleiter, alS Vie eben beschriebene Maske außer Hörweite war. ,Maube wohl," Meinte der Gefragte und nickte be deutungsvoll. „Das War der Gardebornett Freiherr von der Trenck. Er geht als Schmetterling, le beau favori! Nehm' er sich»nur in acht/ daß er sich nicht' die Flügel verbrenne." „Bei wem?" Bei der Vergöre? Warten wir's ab, mancher." Tie Kavaliere standen jetzt vor den Festräumen — die Diener öffnehen die Türen. Sie traten ein. Durch die prächtigen, glänzend erhellten Säle drängte sich eine auserlesene Gesellschaft^"Herren und Damen vom Hofe in mehr oder minder phantastischen Gewändern. Man sah Araber und Türken, Schäfer und Schäferinnen; auch der gaNSe Olymp schien entvölkert'zu sein/da sich seine Götter und 'Göttinnen heiter scherzend in den Räumen des Schlosses zu Monbijou bewegten. Pring Karneval fchwang lustig seine Narrenkappe. Le rvi s'anrlkse/ man Holge seinem" Beispiele. Auf einer erhöhten Estradie wn dec Schmalseite dies" großen Tanzsaales saß auf einem mit rotem Plüsch bezogenen Sessel, dessen geschwungene Barocklehnen reich mit Gold verwert waren, die fürstliche Gastgeberin, Königin Sophie Tvrothea, umgeben von den Fürstlichkeiten und den Tamen ihres Hofstaates. Sie war in «ine rote kostbare Tamastrobe gekleidet und hatte einen Domino überge nommen. Eine Maske trug sie nicht, während ihre Um gebung maskiert war, gleich den übrigen Teilnehmern des Festes. König Friedrich war nicht erschiene«, allein die jünge ren Söhne -er Königin/ die Prinzen August Wilhelm und Heinrich waren der Einladung gefolgt und hatten sich unter die Gesellschaft gemischt. lpcinz August Wilhelm/'der seine schlanke, elegante Gestalt in den bostbaren OrdenÄnantel eines Malteser- Ritters gehüllt hatte/ kam jetzt auf die Estrade zurück und stellte sich neben den Stuhl seiner Mutter. „T-ie Königin Elisabeth Christine, ma bette soeur, sieht recht enttäuscht aus!/' begann er die Unterhaltung, „finden Sie nicht auch meine Mutter? Was ist das?" Sophie Dorothea warf einen raschen Mick auf die zarte Gestalt und das blasse Gesicht ihrer Schwieger tochter, die, durch einige Stühle von ihr getrennt/ glei- fallS auf der Estrade saß. Sie seufzte ein wenig. .Tie Heirckt ihres ältesten Sohnes mit der Braunschweigischen Prinzeß Elisabeth Christine war einst gegen ihren Willen vollzogen worden, — sie hatte es geahnt, daß Friedrichs Aeuergeist von diesM/Fürstenkinde nicht gefesselt werden würde. Und die ZWe Hockten ihr recht gegeben. Seine Ehe, hie für König Friedrich einen unerträglichen Zwang bedeutete, hatte er nach seiner Thronbesteigung aus eige ner Machtvollkommenheit geschieden, indem er seiner Gattin als Wohnsitz das Schloß Schönhausen bei Berlin aitwieS. Fortan lebten die beiden fürstlichen Gatten räum lich gepennt voneinander. Da zeichnete Juno ein. großes Tuns ein I in.die Hand deS Türken. „Alexander, Sie nvachen sich lächerlich!" „Ventre de terre," fluchte der Türke. „Erkannt! C'est boprmage, — aber —" „Ter Dritte Ist iMmer überflüssig,"-kicherte das Blumenmädchen und entschwand Ter Pascha schien sehr verstimmt zu sein. Er machte seiner Gattin, alias Juno Vorwürfe, daß sie ihn in so kecker Art und' Weise vor dem Blumenmädchen blamiert hatte. „Wissen Sie, mä chtzre, daß die Tome die Frau des sächsischen Residenten von Bossart'war?" fragte er. /Es komMt alles darauf an/ daß man sich gut' steht mit einer so wichtigen Persönlichkeit, wie der Gatte dieser Tame ist." Juno zuckte geringschätzig die Achseln. „Wollen Sie mich glauben Machen, Mein Freund/ daß Sie heute abend hohe Politik treiben/ statt sich Ihren eigenen Vergnügungen hinzu geben?" „Pah, ma chöre, beides ist eng-miteinander verknüpft," versicherte der Türke. ,/Madame de Bossart ist sehr komplaisant, wenn man ihr kleine Gefälligkeiten erweist. Außerdem unterhält sie ausgezeichnete Beziehungen zum sächsischen Hose." „Wenn sie gute Beziehungen unterhält, wird' es Herr de Bossart wohl auch tun; warum wenden Sie sich nicht direkt an ihn?" „Taß die Damen doch die kleinen Eifersüchteleien nicht überwinden können,^ sagte der Pascha, die Frage seiner Gattin umgehend. „Uebrigens, wie kam es, daß Sie mich erkannten? Ich war tout ä fait konsterniert, daß Sie, ma belle, mich so schnell aus der Gesellschaft heraus fanden, da Sie doch keine Ahnung von dem Kostüm hatten, in dem ich erscheinen würde." Es war, als ob Jun» hinter ihrer Maske lächelte. „Man hat so seine Zeichen." „Haben Sie mich wirklich erkannt, Ulrike?" fragte Herr von Jaschinsky. „Um offen zu sein, nicht so ganz; ich war mir wenigstens nicht klar, ob ich mich in meiner Vermutung nicht täuschte. Erst jemand anders hat meine rvernruiung bestätigt/.' „Und dieser andere —?" „War der Schmetterling; haben Sie die Maske be merkt?" „Ter Schmetterling!" rief Jaschinsky, wütend mit dem Fuß stampfend. „Er und immer wieder er! Gestern muß ich, der Garde-Kapitän, der Sr. Majestät Rapport zu erstatten hatte, eine halbe Stunde antichambrieren, weil der König mit seinem Liebling philosophierte. Heute stört er mir mein Vergnügen. Warte, mein Freund! Tu sollst noch an mich denken!" — IM Tanzsaale ließ die aus einer Empore plazierte Musik lockende Weisen ertönen,, die Paare traten zu einer Menuette L lä reine an. Ter Schmetterling tanzte mit, der Bergöre/deren vosen- gerafftes Kleid und deren mit Blumen umwundener Hirtenstab mit glitzernden Brillantstcrnen überstreut war. An einer der Flügeltüren lehnte/noch immer verstimmt wegen des gestörten Pläsiers, der Pascha neben seiner eifersüchtigen Juno. Hinter dem Paare standen zwei Dominos, in rot und blau gekleidet. Es waren die beiden Kavaliere, die der Schmetterling beim Aufgange zu den Festräurtien so artig gegrüßt'hatte. „Voyez-vvus?" flüsterte der rote Domino dem blauen zu, „er tanzt mit der Prinzeß. Man sollte esdem Könige melden, daß sich seine jüngste Schwester mit Vorliebe als Partner den ostpreußischen Freiherrn wählt." „WaS? Was soll man ihm Melden? Taß die PrttHeß mit Trenck tanzt!" Parbleu, daß ist immerhin noch kein Verbrechen." „Aber daß er ihr — und nichts so gftnz unauffällig — den Hof macht, ist eine Fülle, und er hat deren so mehrere begangen. Er ist unvorsichtig,, der schöne Günstling. Meinen Kopf laß ich zum Pfände/ daß ihm die Affäre Mit dem österreichischen Vetter geschadet hat." „Wie meinst Du, mvn ami?" „Nun, Tu wirst wissen, daß Trenck einen Letter be sitzt, der bei unseren Erbfeinden, den Oesterreichern dient; er ist Oberst in einem Kroatrnregiment. Im vergangenen Feldzüge wollte es der Zufall, dtzß gerade dies Regiment' preußische» Garde-Offizieren ein Dutzend der besten Pkerde wegfing. Zu diesen Offiziere» gehörte auch Trenck, der dadurch zwei Gäule einbüßie. Als der König von den» Verluste erfuhr, sorgte er für Ersatz aus dem eigenen Marstalle. Ta aber schickte der Kroatenoberst TrcnckS Pferde zurück und ließ ihm sagen: „Er, der Freiherr Franz, führe nicht Krieg mit dem preußischen Vetter." Slls der König späterhin von dem'Borfalle erfuhr, soll er über die Tatsache ein wenig verstimmt gewesen sein. Mir erscheint es fast, als habe sich in seine Seele ein gewisser Argwohn gesenkt und ich glaube, daß der Günstling nicht mehr ganz so fest im Sattel sitzt, als daß man ihn nicht eines schönen Tages herabwcrfen könnte!" „Hast Tu die Intention, dies zü versuchen?" „Warum nicht? Sein hochmütiges Betragen ennuyiert mich/ obgleich er sich mir gegenüber noch nichts heraus- genommen hat." Tem Türken entging kein Wort dieser Unterhaltung. Er merkte sich einige kleine charakteristische Eigenheiten an den Kostümen der beiden Tominos und nahm sich vor/ sich ihnen nach der Demaskierung zu nähern und mit den beiden, hinter deren Masken er Offiziere der Potsdamer Garnison vermutete, ein Wort im Vertrauen zu reden. Tas Menuette wvr beendet, die Paare zerstreuten sich. Ter Schmetterling und die Vergöre eilten in ein Neben zimmer. Ter Kavalier schlug den dunkelrottn Sammet vorhang vor einer Fensternische zurück, ließ die Vergöre iy den Raum eintreten/ folgte ihr und'zog die Portiöre hinter sich zu. So waren sie unbsobaMet vor den neu gierigen Augen der Menge, und bei dem Wirrwarr, der iM Tanzsaale herrschte/ hätte ein Späher das Paar nicht verfolgen können. Mit einem Seufzer der Erleichterung nahm Prinzessin Anna Amalie, die jüngste Tochter der königlichen Gast geberin^ mit der einen Hand die schwarze SeidenmaSke von dem Gesichte und überließ die Rechte dem Kavalier, der, während er heiße Liebesworte stamMelte, sie in kürzen Pausen mit feurigen Küssen bedeckte. „Prenez-garde, Fröderic," hauchte die Prinzeß. „Haben Sie bemerkt, wie wir beim Tanze beobachtet worden sind? An der Tür, uns gerade gegenüber, lehnte ein Türke, dessen Augen mit wahrhaft diabolischem Glanze aus uns gerichtet waren. Und hinter ihm standen zwei Dominos, deren böse Micke mir förmlich wehtaten. . " „Sie sind erregt, Prinzeß," flüsterte Friedrich von der Trenck-, „und deshalb sorgen Sie sich. Aber umsonst, ma chöre. Niemand ahnt unser Geheimnis." „Glauben Sie?" meinte Prinzieß Amalie. „Ich fürchte. Sie irren sich Mir scheint eH als seien wir von allen Seiten von Spähern umgeben. Mau neidet unS unser heimliches Glück/ und. . " „Und? Warum schweigen Sie plötzlich?" fragte Friedrich von der Trenck. FortLetzungfolgt.
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