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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190606021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19060602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19060602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-06
- Tag1906-06-02
- Monat1906-06
- Jahr1906
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 02.06.1906
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88 ten Kronen beisammen stehen, erreicht. Sie gleitet auf den sauberen, grasbewachsenen Boden nieder und löst die Kapuze, die sie aus Furcht vor der Begegnung mit Be kannten anlegte. Tann erst reißt sie den Umschlag des erhaltenen Brieses auf und beginnt zu lesen. Korpoten, den 20. Juni.... Liebe, gute Trude! Es ist wirklich so gekommen, wie es Teine schöne Energie, zwischen Wiesengras und Nässe, an dem Morgen nach der schrecklichen Nacht ausspann. Teil acht Tagen bin ick bei Gottsched Pawlew. Tu wirst Dich wundern, daß ich ihn nichst „Herr" nenne. Das kann ich aber nicht. Mir gegenüber ist er wie ein guter Vater. Zwar un erbittlich auf Pflichterfüllung haltend- aber nach der ge tanen Arbeit auch anerkennend und lohnend, vielleicht über Gebühr und Verdienst hinaus. Auch das Menschsen- feindliche und Bittere, über dos' die anderen klagen, empfand ich noch 'sucht. Ich tue ihm wohl zu leid zu einer harten Behandlung. Was auch der Grund seines Wohlwollens jein möge, ich fühle mich am Platze. Tas bleibt bestehen. Und das/berdankc ich in erster Linie den Zeilen Teiner Mutzer, die ihn über das Weh meines Lebens unterrichtet haben. — Er besitzt bei Anordnung der schwierigsten Arbeiten eine wunderbare Selbstver ständlichkeit. Man würde sich deshalb schämen, wenn man das eine oder das andere nicht zur bestimmten Zeit schaffte. Morgens um vier Uhr stehe ich auf. Nach dem Rundgang durch die Ställe und dseMLlbwägen der Futter rationen für das Vieh mache ich für ihn und mich den Morgenkaffee. Nicht lachen, Trude! Es ist eine todernste Geschichte. Die alte Trutscha, die das sonst vollbrachte, hat nämlich die Gicht, und wir wollen uns keinen Er satz in das Haus nehmen. Pawlew kann sonst nämlich alles Neue schlecht ertragen. Danach hole ich mir mein Gespann. Tas mutet er mir zu. Wie ein Knecht muß ich arbeiten. Und doch bin ich stolz darauf. Ich bin so dankbar und zufrieden hier. Ja, ich beginne mich lang sam wieder als Mensch! Zu fühlen. Solange kam ich mir wie ein Hund vor! Auch T ir gegenüber, Trude. Ich war so niedergeduckt, zerWagen und klein, daß ich gierig nach dem schnappte, was mir Teine treue Hand entgegen hielt. Nicht mal zu küssen habe ich Tich gewagt. Tu wirst das damals schon richtig verstanden haben Siehst Tu, Trude, und nun kann ich doch nicht anders als Tir das zu sägen, wozu ich eigentlicy noch nicht würdig genug bin. Tu bist's, die Mir Kraft und Willen gegeben. Tu ganz allein. Wenn es Feierabend ist und ich zur Ruhe gehen darf, dann koMmt der Lohn für mein Tagewerk. Ich nehme Tein kleines verblaßtes Kinderbild, das ich zehn Jahre mit mir Herumtrug, aus dem Köfferchen und küsse in Tankbarkeit das blasse Kinderbildchen, wie ich es schon seit Jahren geküßt habe, nur daß aus dem zweifelnden, erregten Gefühl der goldene Zukunftsbaum gewachsen ist. Ich träume von der Zeit, Trude, wo Tu mein Weib sein wirst. Schilt nicht, daß ich schon da rüber sprech^. Gehe zu meiner Mutter und erzähle ihr von meinem Ergehen. Mein Schireiben wäre zwecklos. Ter Vater würde den Brief fortwerfen und ihre Sehn sucht und Angst um mich härter werden. Sag ihr, was Tu für gut und richtig hältst. Und wenn es kein Opfer für Tich ist, dann küsse sie in Meinem Namen. Nur Tein Vater, mein Trudel, um den tut's mir furchtbar leid, daß ich kein Graf oder wenigstens"ein Reicher bin. Für Tich nicht. Tu gehörst zu mir und teilst meinen bescheidenen, arbeitsreichen Weg gern. Aber er wird es nicht haben wollen. Paß aus! Nicht ertragen, daß sein einziges Kind deml Manne zu eigen gehört, der über seine Sphäre hinaus steigen konnte und doch unten ge blieben ist, weil das Bauernblut, von der Mutter her, zu stark in ihm war. Aber das liegt ja noch Weik in der Zukunft. Schreibe mir bald, mein Lieb. Tein treuer, dankbarer Fritz. Vom Pfingstbaum. )ft( Tie auch bei uns gebräuchliche Sitte, am lieb lichen Pfingstfestle Häuser und Wohnungen mit den grünen Birkenbäuinchchl auszuschmücken, ist uralt. Schon -im 13. Jahrhundert erwähnen sie alte Urkunden. Zu erst auf dem Lande im Gebrauchs, ists sie allmählich auch i» die Städte eingedrungen. Tie lichstgrünen Zweige und Bäumchen werden jetzt auf denk Markt' der Städte ebenso verkauft wie die Tannenbäume zur Weihnachtszeit. In Thüringen schmückt man auch die Straßen und Kirchen niit Maiengrün, am vldenburgisch^cn Meeresgestade so gar die Schiffe und Baugerüste; hin und wieder sieht man wohl jetzt auch mit Pfingstmaien geschmückte Loko motiven und Touristenwagen am Pfingstfest durchs Land ziehen. Die jungen Birkenzweige und -Bäumchen führen allgemein den Namen „Maien". Im Mittelalter holte man aus dem Walde den „Mai" in Gestalt eines Birkenbaumtzs. Man pflanzte ihn vor die Türen, auf das Tach des Hauses und vor den Viehstall, und zwar für jedes Stück Vieh ein besonderes Bäumchen. Zuweilen werden die Birken auch heute noch von Hauch zu Haus getragen, und die Kinder singen djas Liedchen: Guten Tag, guten Tag ins'Haus! Hier bringen wir den Mai ins Haris- Wir haben heute Maie, Ter gibt uns'nnsere Weihe. Bei den volkstümlichsen Pfingstspiclen stiehl der Maien- bauM vielfach im Mittelpunkte. Man sucht einen Bur schen, den „Pfingst- oder Maienkönig"- im Walde, wo er sich in dichtem Gebüsch' versteckt hält. Ist er gefunden, so wird er von seinen Gefährten so mit Maienzweigen bedeckt, daß ihn niemand erkennen tlauU. In diesem Aufzuge führt man ihn von Haus zu Haus und läßt die Besitzer erraten, wer der Pfingstkönig sei. Gelingt es, so wird der Burschse seiner Hülle entkleidet und diese an alle Festteilnehmer verteilt. Tie Ortseingesessenen stecken die Zweige an ihre Fenster. An vielen Orten Mitteldeutschslands befindet sich in der Nähe des Torfes ein Quell, welcher dieses mit Was ser versorgt. Gewöhnlich wird er dann vor dem Pfingst fest gereinigt und am Pfingstsvorabend mit Maien- büschsen ringsum am Rande besteckt. Tie einzelnen Zweige werden durch Blumengewinde verbunden. Tie Ursachje, warum die Birke am Psingstfeste sich einer svlchjen Beliebtheit und hervorragenden Verwen dung erfreut, hat Man in der Annahme zu finden ge meint, daß die Birke im altdeutschsen Heidentume dem Frühlingsgvtte Donar heilig gewesen sei. Einfacher und naheliegender ist die Erklärung, daß, wenn iM Früh ling der Wald sich belaubt, die Birke mit ihren licht grünen Blättern, „die Frau mit denk grünen Schleier", wie der Tickister sie nennt, uns zuerst ins Ange fällt. Sie ist das erste Zeichjen der Herrschaft hes lieblichen Mai, „des Königs der Monate"^ und wird nach ihm „Maie" genannt. Sv liegt es denn nahe, am' hohen Feste der Pfingsten das Haus mit den Zweigen des lieb lichen lichtgrünen Birkenbaumes zu schmücken. Druck und Verlag von Langer L Winterlich, Riesa. — Für di« Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt,,Riesa. ErMIcr an Ser Elbe. velletr. Gratisbeilage za« „Riesaer Lagevlatt". Rr. 22. Mesa, de« 2. Juni 1S06. 2S. Jckhr,. Pfingsten! Ter Psingstensonne goldner Schiein Webt flutend über Flur und Feld. Es blaut der Himmel tief und rein; Im Hvffnungskleide prangt die Welt — Und Vogelsang und Jubelhiall Und trauter Friede überall! PfingströsckM nicken von dem Strauch Und Fliederdvlden weiß und blau. Es weht wie sanfter Gvtteshauch Im würz'gen Wald — auf blum'ger Au. Soweit der blaue Aether Wvim'Mt Ist froh und rein die Welt gestimmt. Von Turm zu Türm harmonisch schön Pfingstfeiertagslgeläute schnallt — Auf tausend Wunder auszusehn Eilt Alt und Jung in Flur und Wald, Wo hochbeseligt und beglückt Tas Herz zur Andacht sich entzückt. O maiengrüne Pfingstenzeit, Wie bist du blütenreich und schön! Tu machst die Seele frei und weit Und jeder Künkmer muß vergehn — Und aus so manchem Auge bricht Ter Wiederschein von deinem" Licht! Soweit den Blick man schicken kann Zeigt sich der Gottheit Majestät — Es falten in der Allmacht Bann Sich stumm die Hände zum Gebet. Ter Pfingstgeist weht allüberall Aus luft'gster Höh' — im tiefstjen Tal! Martha Grundmann. Leute vom Pommernland. Roman von Käte Lubowski. Fortsetzung. Solange er in ihrer Nähe weilen durfte, mied er den Schmutz, um ihn nachher um so hastiger aufzusuchen. Tas würde anders sein, sobald sie seine Braut geworden. Tann blieb ihr Wille und ihre Reinheit dauernd über ihm. Darum mußte er es!" ins Reine bringen. Wie eine rote FlaMme lohte es vor seinen Augen hin und her. Er stürzte vorwärts und haschte nach ihren Händen. „Marianne, sieh mich ein einziges Mal an", und noch einmal derselbe Laut. Seltsam heiser und rauh, als wenn er an innerlichen Qualen ersticken müßte. Ta fühlt sic, daß sie barmherzig sein und reden muß, noch bevor er ihr sein Heiligstes enthüllt. „Hans Heinrich," sagt sie und will ihm leise ihre Hände entziehen. Skber ess gelingt ihr nicht. Er hält sie ganz fest, so daß seine Finger beinahe blutleer er scheinen. Da gibt sie den Versuch der Befreiung auf. Es geht wie ein Erbarmen durch ihre Seele. Erst wer uM seiner Liebe willen das eigene Herz an das Kreuz schlagen ließ, ist milde genug, die zerfleischenden Nägel bei andern zu lösen. Ihre junge Stimme klingt weich und tröstend: „Hans Heinrich, ich weiß alles, Was Tu sagen willst. Auch, daß ich Dir gegenüber eine Schuld begangen habe. — Tein Bruder hat mich, vielleicht in Deinem Auftrage, gefragt, ob ich Tein Gefühl erwidern könnte, und ich habe — allerdings ohne ej,ne Zusage in Worten zu geben, dem Glauben, daß es so sei, nicht entgegengearbeitet. Ich mag damals selbst gehofft haben, daß ich es täte. Mein zermartertes" und geängstigtes Empfinden war des klaren Wissens in dem' Augenblicke nicht fähig, denn ein Paar Schritte weiter lag mein Vater im Sterben. Ich war so hülflos und vereinsamt. Ich fürchtete mich vielleicht vor der Oede des künftigen Lebens. Tarum vergib Mir, Hans Heinrichs". „Ich verstehe — Tich — nicht, Marianne." „Lieber, guter Hans'' Heinrich/ ich möchte so gern zu Tir sprechen, wie früher, als wir uns noch verstanden, ohne daß wir Angst vor diesem! Verstehen zu haben brauch ten. — Ich — kann Teine Frau nicht werden." „Tu kannst nicht? — Was kannst Du nicht? — Mir ist so wirr. Ich verstehe Dich imMer noch nicht. Ich — habe — so lange — nicht — schlafln können." „Ich auch nicht, Hans Heinrich Tas komiüt wohl wieder. Tu wirst doch selbst nicht wollen, daß ich mit einer großen, endlosen Lüge Dein Glück, das'' Tir viel leicht heute nur als' unentbehrlich erscheint, aufbaue?" „Tu — kannst — nicht." „Sei gut, Hans.Heinrich. Es soll ja alles zwischen uns bleiben, wie sonst. Ich will Dir eine treue Schwester sein. Sorgsamer und antei'tnehmender, als ich es ge wesen bin." Er hört sie gar nicht. Nur der eine Satz klingt in ihm und schlägt ihm dass Herz wund. Er schreit es heraus, er ist wie ein Ertrinkender. „Tu — kannst — nicht. Und warum kannst Tu nicht? Wer hält Dich von mir zurück?" Marianne versteht seine Worte kaum Tas Schreien ist zu einem stammelnden, undeutlichen Röcheln geworden, — sie möchte um ihn weinen. Aber sie will ihm nicht noch weher tun. „Ich habe gar nicht gewußt, daß es 'so tief bei Tir ginge, Hans Heinrich" „Wer hält Tich zurück? — will ich wissen." „Laß Meine Hände los/ Hans Heinrich. Tu tust mir weh!" „Haha — ich tu Tir weh, wio Tu mich streichelst! Solch Barbar bin ich. Soll ich Tich einmäl lehren, wie Schmerzen
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