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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-190606234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19060623
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19060623
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-06
- Tag1906-06-23
- Monat1906-06
- Jahr1906
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 23.06.1906
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100 dem Augenblicke, wo er sich an dem anvertrauten Gelbe vergriff. Tarauf stand Gefängnis- wenn Jürgen es so wvllte. Und wenn er esLelbst um des gemeinsamen Namens willen vergaß, was hals ihm das nach all diesem? Nichts! Er war schon so lange ein Schuft gewesen, daß er nach dem Augenblicke lechKte, in dem es" ihm jemand ins Gesicht schrie. Und wieder ging ihm der Satz, den Tante Berta zweimal geschrieben hatte, durch den Kopf. „Nach diesem —." Tann schlug er sich plötzlich vor die Stirn. Sie vonnte ja noch gar nicht geahnt haben, daß er aus der Reihe der Anständigen gestrichen war. Lediglich sein böses Gewissen hatte ihren Worten einen Sinn unter geschoben, der nickst in ihnen zu suchen war. Wie dem auch sei, das, was er irrtümlich verstanden hatte, mußte für ihn die einzige Deutung bleiben, wenn er noch einen Rest von Schjam im Leibe hatte. Tas alte Fräulein meinte, daß er Marianne sreigeben sollte. Na türlich. Auf welchje Weise, das War seine Sache. Warum zögert er damit? Tie Pistole heraus^ und dann? Tann — gibt's in Bornhagen Hochzeit, und er hat ihnen die Wege geebnet. Einst hat er sich geschrämt, Nächte durch- jubelt, um sie nicht durchweinen zu müssen. Jetzt ist das vorbei! Er schämt sich nicht mehr. Ihm tut auch der Bruder nicht mehr leid. Ter ist glücklich — trotz dem. Stumpf und teilnahmslos sitzt er da. Ein Bild steigt vor ihm auf in stiolzer, junger Schön heit, die ein anderer küssen wird, einer, den "sie lieb hat. Mariannes Bild! Glühender Haß gegen den Bru der lodert in seinen Augen. Mochte er elend sein, der stolze Besitzer von Bornhagen, mochte er betteln, um so besser. Ein teuflischer Gedanke durchzuckte ihn. Ob er wohl bis Bettler nach Mariannes^Hand greifen würde? Rein, dazu war er vieflzu stolz. Ich werde dir dein Hvchzeitsmahl vergällen! Und plötz lich glitt er von her Chaiselongue hernieder und schlug lang aus den weichen Teppich hin. Marianne, Marianne! Er biß in den leuchenden Mohn und das^ krasse Grün des Kostbaren Gewebes hinein, bis seine Lippen bluteten. „Marianne, Marianne, ich kann dich nicht lassen, hättest du mich lieb gehabt, ess' wäre alles anders ge kommen; er soll dich nicht besitzen, er nicht." Er richtet sich schwersällig auf und legt die Hände auf den glühenden Kopf. Fünf Uhr nachmittags. In einer halben Stunde wird der Wucherer kommen und sich den Prolongationswechsel abholen, der seit sechs^Tagen in seinem Besitze ist. Sv lange Zeit hat er ihm großmütig gewährt, damit er sich einen Bürgen beschaffen vonnte. Tenn ohne Bür gen wvllte er sich nicht zu der Verlängerung verstehen. ES mußte jemand für ihn gut sagen, dec Haus und Hof und einen ehrlichen Pamen sein nennt. Hans Heinrich, hatte gehofft, unter seinen Korpsbrü- dern diesen jemand zu finden. Tasf ist ihm nicht ge- gelungen. Wohl hat der einzige Bürgerliche im Korps, der Sohn eines mehrfachen Millionärs, sich zur Hergabe von zwei tausend Mark verstanden. Mit dieser undsder durch den Berkaus des Kupferstichs gewonnenen Summe hofft er bei dem Geldmanne für den Rest die Prolongation auch ohne Bürgen durchtzusetzen. Jetzt hat er das nicht mehr nötig. Er wird das Geld nicht aus den Fingern geben und dennoch eine beliebige Verlängerung erzielen. Tenn er fand in der letzten Stunde einen Mrgen, der Häusl und Hof und einen guten, ehrlichen Namen hat. Er kramt in wilder Hast das Wechselformular aus dem Portefeuille unter der Menge unbezahlter Rechnungen heraus, die nahezu viertausend Mark betragen. Mitten auf dem Schreibtische breitet er ihn! aus. Sein Ge sicht ist starr wie eine Maske. Um seinen Mund liegt ein Zug von tierischer Grausamkeit. Mit steifen, eckigen Buchstaben malt er eine Unterschrift unter die seine. „Jürgen, Graf von Gertingen. Schloß Bornhagen, den 1. August 19 . Bald darauf nimmt der Geldwann den Wechsel in Empfang. Er hat gegen diesen Bürgen ebensowenig ein zuwenden, wie gegen dass Glas! Sekt, das ihm Hans Hein rich mit flackernden Augen eingießt Er sagt nur später auf - dem Flur in beinahe weinerlichem Tone zu dem kleinen Groom: „Er ist voll. Sorgen Sie, daß er sich legt." Aber etz müßte doch wohl nicht so schlimm sein. Als den Groom nach einer Viertelstunde ein Klingelzeichen her- Leirief, Vonnte er mit" Heller, scharfer Stimme seine Be fehle geben. „Tie große Reisetasche packen mit reichlich Wäsche! IN die Seitenklappe den kleinen Kupferstich hinein, den da vorn, den Sklavenvopf! Ganz recht, der ist es. Aber beeile Tich." „Zu Befehl/ Herr Graf." „Tu mußt in vierzig Minuten auf dem Südbahnhofe sein. Nimm Dir eine Droschke, ich vom'nck zur Zeit eben falls." Ter geschmeidige Burschje flog mit dem/Bilde zur Tür hinaus. Eine Sekunde lang erschien es, als wolle Hans Hein richs ihn zurückreißen. Ten Kupferstjich, um Gottes" willen^ den nicht. Tas" war ja Tiebstiahl. Dann besann er sich. Wenn schon! Ein Schuft ists er auch ohne dies, und vier tausend Mark wird ihm daslTing sicherlich dort unten einbringen. ,-Es handelt "'sich um eine kurze Reise," hatte er dem Groom gesagt. ,An fünf Tagen bin ich! zurück." Was! ging es die Bedientenseele an, ob sie endlos lang sein würde oder nicht. — Genau fünfundvierzig Minuten später sitzt Hans Heinrich von Gertingen in dem Südexpreßzug, der über Metz nach Paris geht. Jürgens Telegramm hat ihn noch kurz vor der Fahrt , auf dem Bahnhofe erreicht. (Fmchsetzflmgf folgb) Denk- und Siuusprüche. Es ists Geduld ein rauher Strauch. Boll Dornen aller Enden, Und wer ihm naht, der merkt es auch An Füßen und an Händen. Und dennoch sag' ich: laß die Müh' Tich nimmermehr verdrießen, Sei's auch mit Tränen, spät und früh, Ihn treulich zu begießen. Urplötzlich wird er über Nacht Dein Mühen dir belohnen. Wenn über all' den Dornen lacht Ein Strauß von Rosenkrvnen. W. Wackernagel. Druck und Vertag von Langer L Winterlich, Mesa. — Für die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt,„Mesa. Grßhler an der Elbe. velletr. «ratisveilage r»« „Messer rage«««". »r. SS. S». Ium ZoharmisMe. Die Sonne strahlt — der Kimmel vkant Kent am Johannisfeste — And ringsum auf dem Ariedhof schaut Wan tausend kieve Gäste! Ein Kräuzlein spendet Meich und Arm; Aast jede Kand streut Akuten, Denn wem das Kerz schlägt lievemarm, Denkt derer, die geschieden! Des Hatten Gruft schmückt hier die Ara« Im schweren Grauerkleide — Der Kaiserbluyre herrlich Ala« War stets ja seine Areude. — Aechts drüben, wo der Kugel steht Die Kinderruhestätte! — Wit Aelken hat man übersät Des Lieblings kleines Aette. — Dort kommt gebückt ein müder Greis Wit Mosen in den Känden. Sein Ang ist trüb — sei« Kaar ist weih, Auch er will Liebe spende«. — Kr legt die Akuten auf das Grab, Drinn schläft nach Arend und Leiden Sei» treues Weib, das Gott ihm gab Dereinst vor ferne» Zeiten. — And da! Seht nur den Aube« an! Kr führt fürsorglich leise Sein Schwesterchen, der kleine Wan«, In rührend zarter Weise! Das holde Kind im weihe« Kleid, Der blondgelockte Knabe — Sie «ahn in stiller Traurigkeit Dem frischen Hlterugrabe. — Ks streuen Alnmen viel und schön Darauf die Kinderhände; Vergißmeinnicht und Fausendschön Sind ihre Lievesspeude. — So denkt in Liebe Groß und Klei« Der Genre«, die geschieden — And über alle« Gräberreihn Liegt sanfter Kirchhofsfrieden. — Die Sonne strahlt — der Kimmel blaut, Keut am Johannisfeste! Allüberall, wohin man schant, Da wandeln liebe Gäste! Nachdruck verboten. Martha Grundmann. Leute vom Pommernlaud. Roman von Käte LubowSki. Fortsetzung. Und wenn auch nicht! Konnte sie das vielleicht Mr Umkehr ihres Wollens bringen? Alles muß zum ersten Male getan werden. Wenn sie esunterließ, würde Jür gen elend bleiben und das Märiannichm eine grvße Heuch lerin vder resignierte Kreuzträgerin werden. Konnte sie das vor sich verantworten? Mach sie damit nicht dem toten Grafen Kleist ihren Schwur? Ja, dats> tat sie. Tine Wechte Hüterin, die das ihrer Obhut unterstellte Kind in den Abgrund taumeln läßt. Wenn der einzige, der den dunklen Anfang des Verhältnisses zuM klaren Ende führen konnte, weder Stolz noch Ehre genug besaß, es zu lösen, obwohl er ams. besten wissen mußte, welche Qualen es seiner Braut brachte, nun gut, dann wird sie ihm eben diesen Stolz suggerieren. An diesem Sinne wird sie Hans Heinrich der bis zuM 5. August in Heidel berg weilt, schtreiben, damit die Angelegenheit zwischen ihm und Marianne geklärt sei, noch ehe er zu den Ferien nach Bornhagen vaM. Sie entnahm' der Schub lade, aus der mit dem! Dufte vertrockneter Blumen die Erinnerung stieg, einen Logen, und begann ihn mit ihren klaren, zierlichen Schriftzeichen zu füllen. Lieber Hanss Heinrich! Wir sind uns in den letzten Jahren fremd geworden. So fremd, daß ich eine ganze lange Nacht dazu brauchte, uM gewiß zu sein, ob ich Tir sagen durste, was kom men wird. Wer schließlich habe ich geMerft, daß ich eS nichst nur tun darf, sondern sogar Muß, wenn ich Wa ich zwei Toten versprach weiter halten will. Tu ver- stehsts mich doch Ich habe bei deM traurigen Spiel Eurer Verlobung als. stuminler Schfttz mitgewirkt. In dem ich schwieg, gab ich der Lüge das Recht zu immer erneuten Versuchen. Heute aber habe ich die Kraft, aus Eurer großen Lüge die Wahrheit zu fordern. Han» Heinrich, ich habe so ost vor eineMund einem halben Jahrzehnt an Teinem ^kinderbettchen gestanden und für Tich gebetet. Du warst ein sehr zartes' empfind liches Kind. Und jedesMal habe ich am nächsten Tage zu Teinem Bruder gesagt: „Paß mir gut quf den Hans Heinrich auf, Jürgen, daß ihm! nichts geschieht, und geh 'fein nachsichtig und behutsam mit ihm um. Ta- Hat er sich nur zu gut geMerkt. Er ist auch behutsarp, aus Angst Tir wehzutun, nfit'Teinem Herzen umgt- gangen, als Tu ein Mädchpn an Tich gerissen hast, dessen Empfindungen ihm allein, ohne daß er es'ichm, gehören. Ja, Hans Heinrichs das ist die Wahrheit. Deinen Bruder liebt sie, ihn ganz allein. Sie lügt, wenn sie Teine Küsse erwidern sollte, vder sie denkt, dich es Jür gen ist, den sie im Arme hält. Hier an dieser Stelle, wv ich! Tir schreibe, hat sie gesessen und geweint. Weißt Tu, uM was? Darum, dich sie vicht zu -Deinem Bruder gehen durste und sagen: „hier bin ich niachr mich hin". Und da willst Tu wiederkommen uns sie küssen? Es gibt eine Sünde am"Heikigsten, Han» Hein rich. Tie ist in Dir. Nach diesem wirs- Du wissen, wie Tu sie aus Teinem! ^Herzen schaffst. Schreibe auch ich Jürgen Teinen EntschMß. Er bedarf einer Aufrichtung. Ein furchtbarer Hagelschaden hat nämjlich die Ernte dst-
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