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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031104029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903110402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903110402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-04
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Vez«g-,PreiS A»«oder denn Ausgabe ß«« ab, e holt: vierttljährltch g^—' b«i täglicher Z ustellung tu« Hau« > ,^k Poft bezogen für Deutsch. l^d^-Oeftrrretch vierteljährlich «.so, sür o* «rtg« Länder laut Zeitung-preiSliste. Rr-aktto« «»d Lrve-itio«: JvhmmtSgasse 8. Aerusprecher ISS und WL. FUtalavprdM»»«,: Alfred H«h», Buchhaudlg., Universttät«str.S, L. Lösch«, Kathariueustr. 14, «. «sotgSpl. 7. Haupt.Filiale Drer-e«: Matteu strafte 34. S«msprecher Amt I Rr. 171». Haupt-Filiale Serliu: Carl vmuker, Herzgl. Vahr. Hofbuchhaudlg, Lützowstraß« 10. Krrusprecher «ml VI Rr. 430«. Abend-Ausgabe. KipMcr TWMM Anzeiger. Nnttsökatl des Königlichen Land- und des Königlichen Ämtsgerichles Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petttzeüe 25 Reklame» unter dem Rebaklionsstnch (4gespaUen) 73 L>, vor den Famüiennach- richten («gejpalteu) 50 H. Tabellarischer und Ziffernjatz entsprechend höher. — Gebühren sür Nachweisungen und Ossrrteuauuahme 25 H (excl. Porto). Ertra - Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschlub für Anzeigen: Abeud-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrocheu geöffnet von srüh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pelz iu Leipzig. Nr. 561. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. November. Zvei politische Urteile. In -en letzten Tagen sind zwei Gerichtsurteile er gangen, von denen das eine mn seiner selbst willen, das andere wegen der Art der Begründung einige Verwunde rung erregen muß. In dem einen Falle handelt es sich um eine Majestätsbeleidigung. Ein Zeitungs. befitzer, der den Bürgermeister seines Ortes höhnisch „Majestät" zu benennen pflegte, wurde wegen Majestäts- Seletdtgung denunziert, als er wieder einmal höhnisch von der „Majestät" gesprochen hatte. Obwohl sämtliche Zeugen aussagten, daß -aS Wort sich nicht auf den Kaiser habe be ziehen können, wurde der Angeklagte zu zwei Monaten Festungshaft verurteilt. Dieses Urteil ist uns unerklär lich. Durch den 8 SS R. Gt.-G.-B. soll die Person des Kaiser« vor Beleidigungen geschützt werden, nicht das Wort „Majestät". Es heißt da ausdrücklich: „Wer den Kaiser, seinen LandeShcrrn usw. beleidigt, wird usw. be straft" Die Richtigkeit unserer Auffassung geht aus einem gleichzeitigen RetchSgerichtsurteile hervor. Danach wurde der Revision eines Bergmannes, der die Redensart gebraucht hatte „vom Polizisten bis zum KönjFe sind alle . . ." und der deswegen verurteilt worden war, stattgegeben, weil auS der Feststellung des erstinstanzlichen, Urteils nicht zu ersehen sei, ob cs sich nicht etwa mn eine allgemeine Redewendung gehandelt habe. Nach dieser Feststellung des Reichsgerichts also soll nur die Person des Königs gegen Beleidi gungen geschützt werden, nicht das Wort „König" oder „Majestät". Wir können auch vor einer anderen Aus legung nicht -ringend genug warnen. Man weiß, daß eine starke Strömung besteht, den MajestätsbeleidigungS- paragrapheu zu Kalle zu bringen? deshalb müssen gerade diejenigen Kreise, die im Interesse der monarchischen In stitutton die Aufrechterhaltung dieses Paragraphen wün schen, darauf achten, daß nicht Urteile gefällt werden, die dem oommon sonso durchaus zuwidcrlaufen. — Der andere Fall betrifft -en bekannten elsässischen Publizisten und früheren ReichStagSabgeordneten H a u ß. Dieser hatte einem Arzte, der für HaußenS Gegner Blumenthal bei -er ReichStagSwahl «gittert hatte, denBruchdesEhren- Wortes vorgeworfen, und -war, wie die Verhandlung ergab, widerbefseres Wissen. Hauß wurde des halb wegen verleumderischer Beleidigung zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Dagegen wäre an sich nichts zu sagen, denn eine schwere verleinnderische Ehrenkränkung verdient auch eine entsprechende Strafe. Um so mehr müssen wir uns gegen die Motivierung für da» Strafmaß wenden — vorausgesetzt, daß die Dar stellung im „Elsässischen VolkSboten", dem Organe beS Herrn Hauß, zutrifft. Danach hat nämlich der Richter in der Urteilsbegründung gesagt: die Beleidigung sei eine umso schwerere, da sie einen Ossi- zier und ehemaligen Korps st udenten treffe. Hat der Richter das Urteil wirklich so motiviert, so gebührt ihm eine scharfe Zurückweisung seitens der Presse und eine Zurechtweisung seitens der vorgesetzten Behörden. Wir protestieren auf das entschiedenste gegen die Herstellung von zwei Klassen bürger lichen Ehrgefühls. Für jeden anständigen Menschen ist das Ehrenwort, daS er gibt, «ine heilige Sache und deshalb ist für ihn der Vorwurf, daß er sein Ehrenwort gebrochen habe, die infamste Beleibt- Mittwoch den gung. Nach der (angeblichen) Urteilsmotivierung seitens des Gerichts aber muß man annehmen, daß, wenn der be leidigte Arzt zufälliger Weise nicht Reserveoffizier oder Korpsstudent gewesen wäre, Herr Hauß billiger davonge- konnnen sein würde. Nichts ist — auch vom Standpunkte desKampfes gegen die Sozialdemokratie aus -- bedenk licher und verkehrter, als eine derartige Scheidung des Bürgertums in zwei „Eh renk lassen". Bon diesem Gesichts punkte aus freut es uns auch, daß Herr Hauß Berufung eingelegt hat, denn wir hoffen zuversichtlich, daß die zweite Instanz Urteil und Strafmaß anders motivieren werde. Die badischen Wahlmännerwahlen, nach deren Ergebnissen anzunehmen ist, -aß die zweite badische Kammer aus 25 Nationalli-eralen, 23 Zentrums mitgliedern, 6 Demokraten, 2 Freisinnigen, S Sozialdemo kraten, I Konservativen und 1 Antisemiten zusammengesetzt sein werde, sind besonders charakteristisch durch den star ken Rückgang der sozialdemokratischen Stimmen, der auch zum Verluste eines sozialdcmokratisäien Mandats führte. Wenn -ie „Genossen" diesmal wieder in Mannheim siegten, so lag dies einerseits an der dortigen überaus schlechten Wahlbeteiligung — fast die Hälfte der Wähler übte ihr Wahlrecht nicht aus — und anderseits an -er sozialdemvkrattsch-demokratisch» ultramontanen Koalition, die auch in Konstanz die Niederlage der Nationalliberalen verursachte. Der im letztgenannten Kreise gewählte Kandidat, Rechtsanwalt Venedey, prahlt -war, seine Wahl sei das Ergebnis des am Bodensee erwachten freiheitlichen Geistes: in Wirklichkeit ist dieser „freiheit liche" Demokrat aber nur «in Höriger des Zentrums ge worden. Die Zcntrumspreffc macht ihm dies auch ziemlich deutlich bemerklich. Der „Badische Beobachter" geht aber noch um einige Schritte weiter, indem er schreibt: Die Konstanzer Wahl möchten sich auch diejenigen ack notam nehmen, die nicht in Konstanz wohnen. — Die Spitze dieser Bemerkung richtet sich gegen den Grobherzog wegen seiner Stellung -u der Frag« der Zulassung der Männerklöster. Für Errichtung ein«s derselben hatte das Zentrum bereits die Insel Reichenau in der Naä)harschast der Stadt Konstanz ins Auge gefaßt. — Die Wahl der Abgeordneten kann übrigens noch immer eine Ueberraschung bringen, da im Wahlkreise Eberbach-Buchen -en S3 liberalen Wahlmännern 55 des Zentrums. 5 des Bundes der Land wirt«, 2 Sozialdemokraten, 1 Freisinniger und 2 unsichere Kantonisten gegenüberstehen. Nach alten Erfahrungen versucht eS das Zentrum bei solchen zweifelhaften Stimmenverhältnissen, die Autorität der holden Weiblich keit sür die „gute Sache" anz-irrüfen, um den liberalen Sausvater nicht Gefahren für sein Seelenheil auszusetzen. Der badische Schwarzwald weiß ein Liedlein von solch geist lichen Interventionen bei den Wahlen zu singen. — Was die Wahlergebnisse in Freiburg betrifft, so ist der „Bad. Beobachter", das führende Zentrumsorgan des Großherzogtums Baden, begeistert über den ultra montanen „Erfolg". Das Blatt spricht von einem glän zenden und besonders bedeutluiasvollen" Wahlsiege -es Zentrums in Freiburg und einer empfindlichen Nieder lage der Nattonallrberalen. Der „glänzende" Sieg und die „empfindliche" Niederlage bestehen darin, daß 187 Zentrumswahlmänner geaen 120 nationalliberale gewählt worden sind. Das ist ein an sich gewiß nicht geringer Mehrunterschicd, der aber nach dem konfessionellen Bovölkerungsverhältniffe viel größer hätte sein müssen. In Freiburg machen die Katholiken «drei Viertel der Be völkerung aus, die Evangelischen nur ein Viertel: nach diesem Verhältnisse hätten also von den 307 Wahlmännern 4. November 1903. 225—230 dem Zentrum angehören müssen und nur etwa 75—78 den Nationalliberalen. Das Zentrum hat also um ungefähr 40 Wahlmänner weniger, die natronalliberale Partei 40 mehr erhalten, als dem konfessionellen Verhält nisse entsprechen-. Wenn das Zentrum in ganz Deutsch land solche „glänzenden" Siege erfechten wollte, hätten wir nichts dagegen. TiSzas Programm. Der neue ungarische Ministerpräsident Graf TiSza wurde gestern bei seinem Erscheinen im liberalen Klub in Pest mit großen Ovationen begrüßt. In seiner Programmrede vor der Partei führte Graf Tisza aus, das Programm enthalte bezüglich der Armeefrage solche Errungenschaften, wie man sie vor wenigen Monaten nicht zu erhoffen gewagt hätte. Man dürfe daher annehmen, daß auch die oppositionellen Parteien dies aner kennen, und daß infolge eines Appells an deren patriotische Einsicht normale Verhältnisse im Parlamente wieder hergcftellt werden könnten. Graf Tisza erklärte, seine Leitsterne würden der Liberalismus und die Befolgung einer nationalen Politik sein. Er werde darauf bedacht sein, die traditionelle Eintracht und brüderliche Liebe zwischen den Staatsbürgern der verschie denen Nationalitäten aufrecht zu erhalten. Dieses Band könne jedoch nur gefestigt werden, wenn die Agitatoren, die die fremdsprachigen Nationalitäten gegen das Ungartum aufreizen, die Macht des Staates zu fühlen bekommen, und wenn diese Agitatoren auch von den patriotischen Staatsbürgern dieser Nationalitäten zu rückgewiesen werden. Redner erklärte, man spreche so viel von seiner „Politik der starken Hand", doch würde der Mann, der Stärke anwende, wo sie nicht unbedingt notwendig sei, eine närrische Hand verraten. Nachdem Graf TiSza noch die Politik der Sparsamkeit ivärnistens empfohlen hatte, schlag er nut oem erneuten Ersuchen um die Unterstützung seiner Politik durch die Mitglieder der liberalen Partei. Die Rede wurde mit begeistertem Beifall auf genommen. — Daß der Ministerpräsident einen Hymnus auf die kaum erhofften „Errungenschaften", welche selbst -ic Opposition zufriedcnsteüen könnten, anstimmt, läßt erkennen, was man dem alten Kaiser-König Fran- Ivsef abgetrotzt hat. Die Ver- einbarung über die Majestätsrechte bezüglich der Armecfprach« usw., das einzige, was einem Erfolg der Krone ähnlich sieht, will man im Parlament nicht zur Sprache bringen, weil die Opposition darin ein Präjudiz «rblicken könnte. Welch zarte Rücksichtnahme auf den magyarischen Chauvinismus! Um ihw zu besänftigen und dem Ausgleich mit der Krone geneigt zu machen, hat man ihn offenbar davon zu überzeugen gewußt, daß die Reservation bezüglich der Majestätsrechtc leere Formsache fei, und um nun an diesem Glauben keinen Zweifel auf kommen zu lassen, übergeht man die Klausel vor -em Plenum -er Volksvertretung ganz mit Stillschweigen, um aus ihr nicht mehr zu machen, als was sie wert ist, näm lich fast nichts. Reformen in Algerien. Seit sich Frankreich im Besitze von Algerien befindet, hat es sozusagen keine ruhige Stunde gehabt. Au Wider stand der einheimischen Bevölkerung gegen die Maß nahmen der Verwaltung und an offenen Aüfständen, die blutig unterdrückt werden mußten, hat es fast in keinem Jahre gefehlt. Dabei hat die französische Regierung durch 97. Jahrgang. den Bau von Eisenbahnen, Verbesserung der Ver kehrswege, durch zahlreiche und leistungsfähige Schisf- fahrtsverbin düngen dafür gesorgt, daß der Er- schließung des Landes und der Entwickelung der Wirt schaftsverhältnisse günstige Vorbedingungen gegeben wur den. Diese Bemühungen, die immer noch widerstrebende Bevölkerung für -ie Pläne der Verwaltung zu gewinnen und an den produktiven und kommerziellen Arrfgaben der Kolonie zu beteiligen, sollen mit größerer Energie und in erweitertem Umfange fortgesührt werden. In diesem Sinne hat sich dieser Tage der neue Gcneralgouverneur von Algerien, Mr. Ionnart, ausgesprochen, der in der „Röunion d'Etudes algoriennes" sein Verwaltungspro- graunn entwickelte. Es wird sich im wesentlichen darum handeln, das Unterrichtswesen auszubauen und der einheimischen Bevölkerung die Segnungen und Er rungenschaften der europäischen Kultur praktisch näher zu bringen. Demgemäß sollen 300 Schulen neu begründet, eine größere Anzahl von Krankenhäusern, Erholungs heimen gebaut und, was angesichts der Tatsache, daß 60 Prozent der Bevölkerung von schweren Augenkrank heiten heimgesucht werden, besonders wertvoll erscheint, regelmäßige Rundreisen von staatlich be- soldeteni Aerzten durch die betrogenen Bezirke unternommen werden. Allgemeine Krankenhäuser gibt es bisher nur in einigen größeren Plätzen, -och werden sie, weil in ihnen europäische Sitte und Lebensweise herrscht, von der einheimischen Bevölkerung höchst ungern ausge sucht. Geichafsen werden sollen nun, was erforderlich ist, einfacheHospitäler,in denen nach arabtfcher Sitte gegessen und gelebt werden kann und wo ein arabisches Wärterpersonal den Kranken zur Verfügung steht. Eine kleinere Anzahl solcher Anstalten ist bereits errichtet wor den und hat Kranke in großer Menge angezogen. Wird auf diese Weise die Wirkung der verheerenden Krankheiten, di« unter.der . lg>»-isck»en Bevölkerung wüten, erheblich eU.^L.^Hränll nr!d cl« Entwickelung der Bevölkerung auf eine ganz neue Basis gestellt werden, so dürfte anderseits auch das angestrebte Endziel, die Anbahnung einer höheren Bildungsstufe für das Gros der arabischen Bevölkerung und ihre Annäherung an die kulturellen und politischen Interessen des Mutterlandes, der Verwirklichung nm ein gutes Stück näher gebracht werden. Deutsches Reich. * Berlin, 3. November. ZurReform LerMä - - chenschulen, zunächst der höheren, Keren Neuordnung demnächst in Prerrßen erwartet wird, hat -er Deutsche Fröstel-Verband (Bors. Professor v. vr. Zimmer) dieser Tage eine Eingabe an das Unterrichts- Ministerium gerichtet, worin es heißt: „Da der allgemeine Frauenberuf, in den die überwiegende Zahl der jungen Mädchen später einmal eintritt und auf den jedes einzelne sich rüsten muß, der der Gattin, Hausfrau und Mutter ist. muß jedes junge! Mädchen hierfür vorbereitet werden. Die heutige höhere Mädchenschule gibt zwar dem gebildeten Manne eine gebildete Gattin, aber dafür. Laß die selbe auch ihre Hausfrauen- und Mutterpflichten erfüllen kann, sorgt die Schule noch sehr wenig; sie überläßt das dem Hanse. . . . Nach unserer Ueberzeugung und nach vielen Einzel erfahrungen ist es möglich, in einem letzten, auf die neunte Klasse der höheren Mädchenschule folgenden Schuljahre nicht bloß die abschließende und vertiefende wissenschaftliche Ausbildung zu geben, sondern damit die theo« Feuilleton. Das neue Modell. Sv) Roman von Paul Oskar Höcker. Nachdruck verboten. „Ich bin leider in dtesenWirrwarr heikler Geschäfte mit htneingezogen worden", sagte Mtttwald bedrückt. „Hevesy war kürzlich in Chateau - Lanncy. Es war nie» wand tm stände, mit ihm zu verhandeln — so mutzte ich -en unglücklich«!, Damen das traurige Amt denn abnehmen. Er bat mir die ganze trübe Geschäftslage rücksichtslos enthüllt. Capitant war allerdings durchaus skrupellos in der Wahl seiner Dpekulationsmittel, ja, er hat sich mit diesem letzten geradezu vor den Lauf der Pistole gestellt. Aber was ist jetzt noch darüber zu sagen? Er hat seine Schuld mit dem Leben bezahlt. Leidet seine Witwe nicht schon schwer genug?" In eindringlicher Rede schilderte er die Notlage von Krau Lapttant. Aus dem Zusammenbruche der Hrbrik war für sie var-eld nicht mehr -u retten, denn Capitant hatte alles flüssig gemacht gehabt, um die alten Verbindlichkeiten zu lös«,. VaS nun übrig blieb, war nicht viel mehr als die Ktrma, »a» mit Hypotheken belastete Fabrikgebäude und eine Partie unfertiger Maschine«. Natürlich hatt« H«»esy mit unnachsichtiger Strenge vorgehen, mit den Erben auch um den letzten RechtStitel kämpfen »ollen. Aber Mitt- waldS Bitten und Vorstellungen WN» rS gelungen, doch noch eine mildere Stimmung in HMeftzS Brust zu wecken. Das Resultat der Unterredung mit dem Brüsseler »ar dieses: Hevesy wollte der Witwe seine» ehemaligen Geschäfts- freunde» die Wetterführung -er Firma ermöglichen, um fle nicht subflstenzlo» zu machen. G» sprach da vielleicht auch eine gewisse nachträglich« Dankbarkeit gegen ihren Vater mit, der so lange Jahre in treuer Selbstaufopferung seinem Haufe gedient hatte, «er selbstverständlich ver- langt« Hevesy — wenn er noch einmal Kapital »»schießen sollte, um die Fabrik zu hatte« — eine genügende Sicherheit. ,Morin soll die bestehen?" fragte Donat ziemlich ver wundert. „Capitants Name ist diskreditiert — den Sieg seiner Maschine hat ein tragischer Zufall verhindert — womit soll Frau Marion Herrn Hevesy da plötzlich eine Sicherheit schaffen?" „Er verlangt nichts anderes, Herr Donat, als daß Sie, sobald Sie genesen sind, nach Paris zurückkehren, um Frau Capitant in der Leitung der Fabrik zu unter stützen — oder auch zu beaussichtigen." Mit großen Augen sah Donat ihn an. „Ich?!" „Ja, Herr Donat, Hevesy hat das zur Bedingung ge macht. Denn an Sie glaubt er — Ihnen vertraut er.^ Es entstand eine lange Pause. Donat war -um Fenster zurückgelangt. Er hielt die Stirn in den Händen und sah in den stillen, heißen Sommertag hinaus. „Haben Sie — in Chatcau-Lanncy — ausgerichtet, was für eine Forderung Hevesy gestellt hat?" fragte er endlich. „Ja." „Und was sagte Frau Capitant?" „Sie bat mich, zu Ihnen zu gehen, eS Ihnen vorzu tragen." — Er atmete tief auf. „Und da bin ich." ES tanzte und flimmerte Donat vor den Augen. Vielleicht war es nur die heiße Luft, die schwelende Sonnenglut, die über dem Garten des Krankenhauses zitterte. Vielleicht aber auch war es eine Reminiszenz an den tollen Rausch flüchtiger Leidenschaft, der sein Blut, seine Nerven früher einmal erhitzt hatte, damals in Pari», und dann wieder an jenem schwülen Uebungstage in Cbateau-Lanney, wo sie zum zweiten Male in sein Schicksal eingegrtffen hatte — aus Koketterie, aus Sen sationslust — aber ihm zum Verhängnis! „Nein, nein, nein", entfuhr eS ihm in plötzlicher Hast, „mich kann und darf nichts mehr mit Frau Capitant ver binden. Ich Haffe sie — ja, mehr als das, ich verachte sie." „Sind Sie denn so unversöhnlich, so unchristlich un versöhnlich? Stellen Sie sich doch vor, Herr Donat: wenn Sie ihr nicht in diesem Augenblicke bctstehen, so bricht alle» über ihr zusammen. Es wäre ihr Ruin. Und eS würden auch andere — Unschuldige — darunter zu leiden haben: ihr Kind und ihre Mutter. — Und ihre Schwester." Ein tiefer, schwerer Seufzer rang sich au» Donat» Brust. „Liselotte —l" flüsterte er vor sich hin. Mittwald hatte LaS Gesicht abgewandt. Ein weh mütiges Lächeln stand darin. „Ja — die arme Liselotte!" sagte er. „Wir hatten uns ihre Zukunft so ganz anders gedacht. Wir hatten geglaubt, die Kunst würde ihr Leben innerlich verklären — und den äußeren Frieden würde sie in einer stillen, traulichen Ehe finden. Aber das waren beides bloß Hoffnungen — Entwürfe. Die mißlichen Verhältnisse zwingen Liselotte, ihre Studienpläne aufzu geben. Sie verzichtet, um Marion die Möglichkeit zu lassen, ihrem Sohne eine tüchtige Erziehung zu geben." Donat erwiderte nichts hierauf. Lange, fast feierlich sah er dem Fremden ins Auge. Er ahnte, welchen Kampf es ihn gekostet haben mochte, mit diesen letzten paar Worten an sein Herz zu appellieren. ... Sie hatten einander verstanden. Aber eS kam zu einem Abschiede ohne entscheidendes Wort. Donat hatte nur versprochen: sobald man ihn aus dem Krankenhause entlassen habe, von sich hören zu lassen. Schon eine Woche später traf er in Chateau- Lanney ein. Liselotte weilte mit Raoul im Garten, al- er sich am Gitter zeigte. Sonst war niemand daheim. Frau DauS hatte die alte Frau Baumeister zu sich geholt, Marion war auf ihrem einsamen Spaziergange zum Friedhöfe be griffen. Lehrerin und Schüler standen musizierend in der kleinen Laube nebeneinander. Als auf dem Gartenkics die Schritte knirschten, ließ Liselotte den Bogen und die Geige sinken. In stummer Ergriffenheit begrüßte Donat da» junge Mädchen. Sie gaben einander die Hand. Donat hielt lange ihre Rechte fest. Scheu sah Raoul -en Fremden mit seinen großen, ernsten Augen an. Er erkannte ihn nicht wieder. „Ja — ich glaube wohl, daß ich mich sehr verändert habe", sagte Donat mit einem trüben Lächeln. „Sie haben zu leiden gehabt?" fragte Liselotte, der ein seltsamer Druck auf der Kehle daS Sprechen erschwerte. „Die paar Wochen Krankenhaus hätten mich nicht so verändert." „Aber Sie sind noch bleich und matt. Setzen Tie sich, Herr Donat." Er nahm Platz. Liselotte schickte den Knaben nach einer Erfrischung. ,Hch habe so lange untätig liegen müssen und habe da über mich und mein Leben nachgedacht", nahm der Be such dann wieder auf. „Das hat mich so ernst gemacht." Darauf berichteten sie einander, wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen, lieber die letzte Begegnung — die am Renntage — gingen sie beide still hinweg. Sie sah ihm nicht ins Auge, als sie ihn dann fragte: „Haben Sie schon Pläne für die Zukunft?" Er bejahte. „Mittwald war neulich bei mir. Er hat mir einen Vorschlag von Hevesy ausgerichtet." „Ich weiß", sagte sie, kaum hörbar. Darauf blieb eS eine Zeit lang still zwischen ihnen. Die sonnige Luft, der Friede, der in der Mittagsstimmumg lag, mochte sie beide an eine ähnliche Stunde erinnern, in der sie sich vor vielen, vielen bewegten Tagen an anderer Stätte, in fremdem Lande befunden hatten. „Und werden Sie — auf Hcvesys Vorschlag eingehen?" fragte sie endlich zögernd weiter. „Gewiß, Fräulein Liselotte." „O — das wird'fttr Marion eine wahre Erlösung sein", kam eS noch ebenso tonlos von ihren Lippen. „Vielleicht nicht so, wie sie sich's gedacht hat Denn wenn ich mich mit Hevesy einigen soll, so muß sie sich einer Bedingung fügen. Sie mnß sich verpflichten, so lange hier in Chateau-Lmnney auSzuharren, bis ich die Fabrik in Paris wett genug vorwärts gebracht habe, nm über deren Zukunft obne Sorge sein zu können. So lange dürfte Ihre Schwester Paris mit keinem Fuß betreten." „Die Fabrikgeschäfte — wollten Sie ganz allein führen?" „Ja, ganz allein — oder gar nicht Ich denke, daß Hevesy über ein, zwei Jahre vielleicht die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft Vorschlägen wird. Down mag Frau Capitant tun, was ihr zusagt. Ich bin dann übcrftüsiig dort und kehre nach Dentschlamd zurück, nehme irgendwo eine Stelle im Maschincnfach an, wage vielleicht selbst eine kleine Gründung — und eS soll mich herzlich freuen, wenn mein Einspringen den materiellen und sozialen Verhält nissen Ihrer Schwester dawn dauernd aufgeholfen bat." Immer erstaunter musterte ihn Liselotte. „Sie ver. richten eine Wohltat mit der einen Hand — mit der ander«
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