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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031107023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903110702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903110702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-07
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Gegen diese Forderung macht da- offiziöse Organ das Folgende geltend: „ES wird übersehen, daß das Militär- und da- Zivilpensions- wesen au- dem Grunde nicht gleichmäßig behandelt werden lau», weil die Pensionierung in Heer und Marine unter wesentlich anderen Voraussetzungen stattfindet al- im Zivildienst. Insbesondere müssen im Interesse des Heeresdienstes bekanntlich zahlreiche Offiziere in jüngeren und mittleren Jahren, bevor sie «in höhere- Dienstalter erreicht haben, in den Ruhestand versetzt W«deu. ES hieße daher, völlig Ungleichartiges nach dem gleichen Maßstabe messen, wollte man die Gesetzgebung über daS Militär- -eusiou-wesen in untrennbaren Zusammenhang bringen mit derjenige» über die Zivtlpensionen. Dies gilt insbesondere auch von der Frage der rückwirkenden Kraft des Penfiou-gesetzeS Während bei den verschiedenen Aenderungen der Pensionsgesetze für den Zivildienst stets an dem Grund sätze festgehalten wurde, daß die Aufbesserungen der Ruhe- gehälter keine rückwirkende Kraft erhielten, wird bet dem künftigen MilttärpeusionSgesetz eiue abweichende Behandlung unerläßlich. Die auf Grund der jetzt geltenden Bestimmungen bewilligten Militär- Pensionen sind für viele pensionierte Offiziere und sonstige Personen deS GoldatenstandeS und der Flotte so niedrig, daß sie auch nicht annähernd zum standesgemäßen Unterhalt ausreich« und daß vielfach die Pensionierten und ihre Familien sich in Notlage befinden. Not- stände dieser Art, die dringend derAbhülfe bedürfen, sind es ja gerade, die dazu führen, daß trotz der ungünstige» Finanzlage des Reiches jetzt ohne v«pig mit der Neuregelung der MilitärpeufiouSgesetzgebung vor- gegaugen werken soll. Und es würde demzufolge der Zweck der gesetzgeberischen Maßnahme nur halb erfüllt werden, wollte »au »ach der bisherigen, übrigens inbetreff der Krieg-, iuvaltd« bereits durchbrochenen Uebung, dem MilitärpensionS- gesetz die rückwirkende Kraft ganz versagen. Wenn also in dem vorzulegeuden Gesetzentwürfe über daS Militärpenstons- wesen au diesem Grundsätze nicht mehr festgehalten wird, so wird doch aus Rücksichten der Zweckmäßigkeit und insbesondere, um dem Reiche nicht unerschwingliche Lasten aufzuerlegen, die rückwirkende Kraft nicht unbedingt, sondern nur in gewissen Grenzen und für solche Fälle, in denen die bisherigen Bestimmungen zu be sonderen Härten führten, in Aussicht genommen werden. Eine solch« Einschränkung der rückwirkenden Kraft des Pensionsgese-es auf daS wirkliche Bedürfnis, wie beispielsweise auf die KriegS- teiluehmer und die FrtedenSinvaliden, würde sich auf der mittleren Linie bewegen zwischen den entgegengesetzten Interessen der Wtlttärpeusionäre uud der diese mit vertretenden Heeresverwal tung auf der einen und den Interessen der Steuerzahler und der ReichSfiuauzverwaltung auf der anderen Seite; sie dürfte daher den richtigen Ausgleich zwischen den vorhandenen Jnteresiengegen- sätzen bieten." Diese Motivierung ist höchst seltsam. Gerade wenn der Gesetzentwurf über das Militärpe-sionSwesen den Grundsatz der Rückwirkung nicht unbedingt zur Durchführung bringt, sondern nur auf besondere Notfälle beschränkt, so liegt, außer den Interessen der Reichsfinanzverwaltung kein Grund vor, die Reform der Zivilpensionsgesetze weit ab von der des Militärpensionswesens zu rücken. DaS wäre nur nötig, wenn bei der letzteren Reform das Prinzip der Rückwirkung un bedingt zur Durchführung gelangte. Wird aber die rück wirkende Kraft auf besondere Notfälle beschränkt, so ist nicht einzusehen, warum nicht auch für besonders bedrängte Per sonen des Zivildienstes Ausnahmen von der Regel gemacht werden sollen. UebrigenS hat unseres Wissens nie mand verlangt, daß die Gesetzgebung über das Militär- pensionSwesen in „untrennbaren Zusammenhang" mit der über die Zivilpensionen gebracht werden. Es ist einfach gesagt worden, wenn das Eine geschehe, dürfe das Andere nicht unterbleiben. Man hat also nur einen zeitlichen, nicht einen inneren Zusammenhang geforvert. Und diese Forderung wird wohl auch die Mehrheit deS Reichstags er heben, schon um zu verhüten, daß die mit Recht in den Kreisen der Militärpensionäre herrschende Mißstimmung aus die Kreise der Zivilpensionäre übergreife. Sozialdemokratische Misserfolge. Die badische LandtagSwahl hat bekanntlich der Sozialdemokratie den Verlust des Pforzheimer Mandats ein getragen und auch sonst insofern einen die Genossen wenig zufriedenstellenden Verlauf genommen, als daS erwartete Vordringen durchaus nicht eingetreten, vielmehr die sozial demokratische Stimmenzahl in zahlreichen Wahlkreisen pro zentual zurückgegangen ist. Dieses unliebsame Ergebnis gerade vor den preußischen Landtagswahlen zu bemänteln, gibt sich die sozialdemokratische Presse die größte Mühe. Mit hervorragender Ungeschicklichkeit verfährt dabei die „Sächsische Arbeiterzeitung", die ihren Lesern ein zureden sucht, der ungünstige Wahlausfall sei durch den „Tric" der badischen Regierung, die Wahl auf einen Frei tag, da- heißt «inen Lohnzahlnngstag, anzusetzen, wcsintüch beeinflußt worden, da viele Arbeiter ihr Wahlrecht nicht hätten ausüben können. Zur Kritik einer so haltlosen Behauptung darf der „Vorwärts" herangezogen werden. Auch er erwähnt, daß die sozialdemokratische Wahl beteiligung viel zu wünschen übrig gelassen habe, aber von dem angeblichen Tric der badischen Regierung sagt er kein Wort, betont dagegen sehr stark, daß die Mit läufer durch die endlosen Zänkereien zur Stimmen enthaltung bewogen worden seien. DaS letztere allerdings ist sehr wahrscheinlich! Wenn das sozialdemokratische Zentral organ seine Betrachtung über die badischen Wahlen mit dem fettgedruckten Hinweise schließt, daß die Partei durch die Dresdner Debatten und ihre Nachklänge auf eine schwere Belastungs probe gestellt werde und daß es höchste Zeit sei, die Partei wieder rur Rübe kommen zu lassen, so darf diese Chamade wohl als ein Vorzeichen für die sozialdemokratischen Wahl erfolge bei den preußischen Landtagswahlen gedeutet wer den. Aber trotzdem wäre es ein schwerer Fehler, wenn die Wähler sich durch Aussichten solcher Art in Sicherheit wiegen lasten und zu Hause bleiben wollten. Bei der bisher üb lichen Wahlmüdiakeit der bürgerlichen Wähler könnte es stellenweise zu recht unliebsamen. Ueberraschungen kommen. Neuerlicher Uebertritt eines Orden-geistlicher». Man schreibt uns aus Böhmen: Wieder ist der Ueber tritt eines Mönches zu melden. Nachdem vor kurzem der Jesuitenpater Sepp in Prag und der Benediktinermönch Krause in Braunau (Ostbobmen) ihre Orden und die römisch-katholische Kirche verlassen haben, ist am 26. Oktober dieses Jahres in Tachau bei Plan im Egerland der Pater Honorat (mit seinem weltlichen Namen Franz Bi sek) aus dem dortigen Franziskanerkloster aus getreten und bat der politischen Behörde und dem zuständigen evangelischen Pfarramt seinen Austritt aus der römisch- katholischen Kirche, sowie seinen Eintritt in die evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses angemeldet. Der ehe malige Franziskanermönch hat sich nach dem Deutschen Reiche begeben. Er trug sich schon seit zwei Jahren mit dem Vorsatz, das Kloster zu verlassen. Die sich mehrenden Uebertritte römischer Priester sind weit mehr als Anzeichen der in jenen Kreisen herrschenden inneren Unzufriedenheit und des Suchens nach Wahrheit, denn als vereinzelte „Fälle" aufzufassen. Man weiß, daß in vielen Fällen nur die Frage der Gründung einer neuen Lebensexistenz die ihrer Kirche längst ent fremdeten römischen Priester vom Uebertritt zurückhält, be sonders dann, wenn es sich um ein gänzliches Verlassen der geistlichen Laufbahn und Erlangung bürgerlicher Berufs stellungen handelt. Die Panama-Revolution. Die „Machthaber" von Columbien werden sich mit der LoStrennung des JsthmusgebietS abfinden und sich die Rolle der betrübten Lohgerber gefallen lassen müssen, denn das weltgeschichtliche Schicksal hat in Gestalt des Herrn Roosevelt, des allmächtigen Monroe-„Protektors" beider Amerika, ge sprochen und die Rebellen-Regierung anerkannt. Man weiß, warum. Hierüber wird uns noch gemeldet: * Washington, 6. November. Das Staatsdepartement telegraphierte an den amerikanischen Gesandten in Bogota, Beauprs, daß das Volk in Panama die politische Zusammen, gehörigkeit mit Columbien anscheinend einmütig aufgrgeben, seine Unabhängigkeit wieder hergrstellt und die neue republikanische Regierung angenommen habe, mit der Bereinigten Staaten in Beziehungen getreten seien. — Präsi. deut Roosevelt empfehle mit Rücksicht auf die Bande der Freund schaft, die seit langer Zett zwischen den beiden Nationen bestehen, den Regierungen von Columbien und Panama aufs dringendste, eine friedliche Lösung der Fragen zu finden, die noch zwischen ihnen zu er ledigen seien. Präsident Roosevelt glaube, daß die Bereinigten Staaten nicht allein vertragsmäßig, sondern auch mit Rücksicht ans die Inter essen der Civilisation verpflichtet seien, darüber zu wachen, daß der friedliche Handel auf dem Isthmus für die Welt nicht länger durch eine ununterbrochene Folge von unnötig«, verheerenden Bürgerkriegen gestört sei. Nach einer Depesche aus Panama haben die meisten Städte deS Isthmus ihren Anschluß an die neue Republik erklärt. — In Washingtoner amtlichen Kreisen wird an genommen, daß die Lostrennung Panamas von Columbien für alle in Betracht kommenden praktischen Zwecke als vollendete und wahrscheinlich dauernde Tatsache an zusehen sei. Von dortiger maßgebender Seite wird versichert, die jetzige Anerkennung der Regierung von Panama sei geschäftlichen Charakters, sie bestehe lediglich darin, daß die Konsuln der Vereinigten Staaten ermächtigt werden, mit der neuen Regierung m Geschäft- verkehr zu treten. Die volle politische Anerkennung werde folgen, wenn die Regierung von Panama eine geordnete Form werde angenommen haben. Später würben von den Vereinigcen Staaten Unterhandlungen, betreffend den Bau des Panamakanals, eröffnet werden. Es wird als sicher erklärt, daß die bestehenden Konzessionen nicht ge schädigt werden. Deutsches Reich. * Berlin, 6. November. (Die Zahl der Invaliden- und der Altersrenten.) Nach der im Reichs-Versiche- rungSamte gefertigten Zusammenstellung, welche auf den Mitteilungen der Borstände der Versicherungsanstalten und der zugelassenen Kasteneinrichtungen beruht, betrug die Zahl der seit dem 1. Januar 189l bis einschließlich 30. September 1903 von den 31 Versicherungsanstalten und den 9 vorhan denen Kasteneinrichtungen bewilligten Invalidenrenten (tztz 9, Absatz 2, und 10 des Jnvaliditäts- und AlterS- versicherungsgesetzeS und 15, Absatz 2, des Jnvalidenversicke- rungsgesetzes) 994 774 Davon sind infolge Todes oder Auswanderung des Berechtigten, Wiedererlangung der Erwerbs fähigkeit, Bezuges von Unfallrenten oder aus an deren Gründen weggefallen 350 161 so daß am 1. Oktober 1903 liefen 644 613 gegen .... 622404 am 1. Juli 1903. Die Zahl der während desselben Zeitraums bewilligten Altersrenten (ZZ 9, Absatz 4, des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetzeü und 15, Absatz 3, des Jnvalidenverstcherrngsgesetzes) betrug 412 096 Davon sind infolge Todes ober Auswanderung deS Berechtigten oder aus anderen Gründen weg- . gefallen .... 253 455 so daß am 1. Oktober 1903 liefen 158641 gegen .... 161 379 am 1. Juli 1903. Invalidenrenten gemäß H 16 deS Jnvaliden- versicherungSgesetzes (Krankenrenten) wurden seit dem 1. Januar 1900 bewilligt . ... 29651 Davon sind infolge Todes, Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit oder aus anderen Gründen weggefallen 15 999 sodaß am 1. Oktober 1903 liefen 13 652 gegen .... 13262 am I. Juli 1903. Beitragserstattungen sind bis zum 30. September 1903 bewilligt: a. an weibliche Versicherte, die in die Ehe getreten sind . . . . . . 1 007 009 gegen .... 973631 d. an versicherte Personen, die durch einen Unfall dauernd erwerbsun fähig im Sinne deS Jnvaliden- verflcherungsgesetzes geworden sind 1 747 gegen .... 1 535 e. an die Hinterbliebenen von Ver sicherten 222 013 gegen .... 214095 zusammen . 1 230 769 gegen. . . . 1 189 261 bi- zum 30. Juni 1903. Feuilleton. Liu interessanter Manu. 3) Roman von Arthur Zapp. Nachdruck verbalen. „Sagen Sie Grunert", beschiel) Frau Baleska daS Mädchen, „ich hätte heute nichts für ihn. Die Köchin soll ihm etwa- -u essen «eben und -ter —" sie griff in ihre Kleidertasche, zog «in zierliches Portemonnaie hervor und nahm ein Dreimarkstück heraus — „geben Sie ihm das! Und fragen Sie Ihn auch, ob er noch immer keine feste Arbeit habe." DaS Mädchen ging. Nach «in paar Minuten kam sie zurück; e- zuckte von verhaltener lustiger Ironie in ihren Mienen. „Nun?" Die Frau Regiermvgsrat sah neugierig auf, ihren kleinen Sohn auf dem Schob. Grunert N«ße der jungen Frau bestens danken, be richtete daS HauSmädchen. Und er babe nun auch ein« Be schäftigung, wenn auch der Lohn nicht auSretche für seinen Unterhalt. Aber es sei doch etwas Festes und Sicheres und immer ein Anfang. "War ist es denn?" fragte die tun«« Frau mit wirk licher Anteilnahme. „Er hat eine Stellung bei einem einzelnen Herrn als Diener- Er muß zweimal am Lage dem Herrn, der eine Iunggesellenwohnung in der Hauptstraße bewohnt, auf- «arten, des Morgens und des Nachmittags. Tr muß seine Zimmer in Ordnung bringen und seine Kleider rein machen und Gänge für thn besorgen. Es ist ein Aus länder, ich glaube, Grunert sagte ein Rumäne!" Frau BaleSka machte eine Bewegung des Schreckens und de- Staunens, und mit einer unwillkürlichen Ge bärd« reichte sie ihren zappelnden Kleinen der rasch zu* -reifenden Amme hinüber. ^Ein Rumäne?" fragte sie mit unruhig flirrenden Augen. „Ja, ein rumänischer Baron — Mino — 'Milo —kl „Minolesku?" ,Lla wohl, gnädige Frau, so war der Name." „Schön!" Die Frau RegierungSrat winkte dem Mädchen, zu gshen. Auch die Amme »og sich leise zurück, -ÜS st« bemerkte, daß die gnädige Krau grübelnd vor sich hinsah und von ihr und dem kleinen Hans keine Notiz mehr nahm, sondern augenscheinlich angestrengt über etwas nachdackte. Eine halbe Stunde später hörte Frau Valeska die elektrische Flurklingel und gleich darauf kam das Haus- Mädchen mit einer Visitenkarte in das Zimmer. In den Mienen des Mädchens verriet sich deutlich ein Ausdruck der Verwunderung, während sie das kleine elegante Kärtchen aus weihöm Glanzpapier ihrer Herrin reichte. Das Gesicht der Frau Regierungsrat verfinsterte sich plötzlich und ihre Lippen zuckten, während ihre Augen lasen: ,-Baron Carlos Minolesku". Der erste Gedanke der Lesenden war, den Besuch ab- weisen zu lasten. Aber fast ebenso rasch kamen ihr allerlei Bedenken. Das Mädchen würde sich wundern. Auch war ein dunkles Gefühl von Furcht und ängstlicher Neugier in ihr. ,Hch laste bitten!" Der Rumäne machte an der Schwelle eine tiefe, ehr erbietige Verbeugung und näherte sich dann mit ge- schmeidtgen, elastischen Bewegungen und einer un befangenen, zutraulichen Miene, als wären sie gestern in bestem Einvernehmen auseinander gegangen. ,Ich wollte mir gestatten, gnädigste Frau, mich nach Ihrem Befinden zu erkundigen", sagte er. „Zu meinem Bedauern sah ich Sie gestern so frühzeitig Len Ball ver lassen. Darf ich hoffen, daß Sie sich heute wieder ganz wohl fühlen?" ,Ich danke", erwiderte sie kühl, mit frostiger Miene, seinen Blick vermeidend. Der Rumäne tat, als bemerkte er den kalten Empfang nicht. Ohne ihre Einladung abzuwarten, zog er einen Fauteuil zu sich heran und nahm ihr gegenüber Platz. Immer den heuchlerischen Ausdruck von zurückhaltender Ehrerbietung in seinem gelblichen Gesicht festhaltend, fuhr er fort: „Zu meinem Bedauern habe ich bemerkt, daß Sie mein unerwartetes Erscheinen auf dem gestrigen Balle nicht gerade angenehm überraschte." ,-Allerdings", entgegnete sie herb, mit bitter zuckenden Lippen, „ich kann nicht leugnen, dab es mir angenehmer gewesen wäre, diese Begegnung wäre mir erspart ge- blieben." „Aber, gnädigste Frau!" rief Baron MinoleSku, und in dem Tone seiner einschmeichelnden Stimme lag der Aus- druck gekränkter Unschuld. „Sie sind sehr ungnädig, Die find hart. Ich begreife nicht." „Sie begreifen nicht?" Ein schneidendes, hartes Lachen erklang aus dem Munde der jungen Frau. „Sie be greifen nicht, daß mich Ihr Anblick an einen unüberlegten, beschämenden Jugendstreich erinnert, den ich hundertmal in Gedanken verwünscht habe und der mich vor mir selbst erniedrigt, so ost ick daran denke?" Er bewegte mit einer ungläubigen Miene, als könne er ihre schmerzliche Erregung noch immer nicht fasten, das Harrot. „Gnädige Frau, Sie kränken mich; denn gerade jene Zeit, auf die Sie anspielen, gehört zu den schönsten Er- inwerungcn meiwcs Le—" Er unkerbrach sich, als sie eine heftig auffahrende Bewegung machte. „Ich hätte nicht davon gesprochen, wenn Sie selbst nicht davon an gefangen hätten. Es liegt mir fern, Dinge in Ihnen wachzurütteln, deren Erinnerung Ihnen, wie ich zu meinem Schmerze sehe, peinlich ist. Ich begreife wirk- lich nicht, daß etwas so Quälendes für Sie darin liegt.... Sollten Sie vielleicht di« verleumderische Notiz gelesen haben, die, wie ich später erfuhr, die Zeitungen damals über mich gebracht haben?" Er warf einen lauernden Blick zu ihr hinüber. AIS sie nicht antwortete, sondern mit finsterem, blassem Gesicht zu Boden starrte, fuhr er lebhaft fort: „Natürlich alles Verleumdung. Mein Gott, ja, ich hatte Spieloerluste ge habt, die mich zwangen, plötzlich Lausanne zu verlassen. Aber das Spiel, meine Gnädige, ist doch nichts Unehren haftes. Welcher Kavalier sucht nickt einmal im Glücks spiel Zerstreuung? Selbstverständlich habe ich von der Heimat aus meine Verbindlichkeiten beglichen. Und was die Zeitungsnotiz sonst enthielt — Erfindung, Lüge! Ich schwör« Ihnen, daß mein Herz damals nur von einem Bilde ausgefüllt wurde — -dem Ihrigen!" Krau Valeska erhob sich mit jähem Rucke. Sie bebte am ganzen Körper; ihr« Auaen flammten vor Empörung ulvd ihre Stimme zitterte, während sic — mit einer Bc- wegung nach der Tür hin — sagte: „Wenn Sie in dieser Weise fortsahren, mit mir zu reden, so zwingen Sie mich, das Zimmer zu verlassen!" Erschrocken sprang auch der Rumäne von seinem Sitz« aus. „Aber gnädige Frau", entgegnete er rasch mit süßlichem Lächeln. ,-Sie «rvegen sich unnütz. Ich sagte Ihnen schon, es ist wahrhaftig nickt der Zweck meines Kommens, an vergangenes anzuknüpsen. Also lasten wir da-l Die Vergangenheit sei tot und nie davon zwischen uns die Rede!" Und mit dumvkem Tone und mit elegischer Miene fuhr er fort: „Es hat nicht sollen sein. Sie haben anders gewählt. Ich hab« diese Enttäuschung überwunden. Ich respektiere Ihren Willen und füge mich den Tatsachen. Aber wenn ein wärmeres Gefühl zwischen uns nicht mehr bestehen kann und darf, kann nicht Freundschaft -wischen uns sein, gnädige Frau?" Sie sah thn erstaunt an, während unwillkürlich eine widrige Empfindung sie beschlich bei dem Biedermanns tone, den er anicklua. „Ich biete Ihnen ehrliche Freundschaft an, gnädige Frau", sprach er mit geläufiger Suada weiter, „ja, noch mehr, ich will Ihnen den Beweis geben, daß ich frühere Wünsche wirklich für immer in mir erstickt Habel" Ihre Verwunderung stieg, zugleich regte sich ein Ge- fühl von Unsicherheit und Unruhe in ihr. Sie ahnte nicht, wo er hinaus wollte und sie wußte nicht, wie sie sich seinem Freundschaftsanevbieten gegenüber verhalten sollte. Baron Minolesku schien plötzlich aus ein anderes Gesprächs thema übergehen zu wollen, indem er im leichten Plauder, ton bemerkte: „Es war ein köstlicher Abend oder vielmehr eine köstliche Nacht, ich habe mich stark am Tanz beteiligt. Den Kontre tanzte ich mit der jungen Dame, deren Be- kanntschäst ich Ihnen verdanke. Fräulein Sarnow, glaube ich." Sie nickte. „Die Dame ist mit Ihnen verwandt, gnädige Frau?7 „Sie ist die Cousine meines Mannes." „Eine sehr interessante junge Dame! Schönheit und Anmut vereinigen sich mit einem lebhaften, höchst sym pathischen Temperament und einer glänzenden Gabe der Konversation. Ja, lachen Sie mich nur aus, gnädige Frau! Ich bin in der Tat entzückt von der jungen Dame." Frau ValeSka zeigte ein nichts weniger als lächelndes Gesicht. Im Gegenteil, ihr Befremden und ihre stille Un ruhe wuchsen. „Ich kann wohl sagen", plauderte der Rumäne weiter, während seine stechenden dunklen Augen mit einem schwärmerischen Ausdruck in« Leere starrten, „ich kann wohl sagen, daß Fräulein Sarnow einen faszinierenden Eindruck auf mich gemacht hat . . . Ich habe von ihr ge träumt und den ganzen Vormittag über habe ich ihre lachenden braunen Augen vor mir gesehen." Er blickte wie verzückt zur Decke empor. Sine kleine Pause entstand. Plötzlich hob der Baron Minolesku sein
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