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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031109013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903110901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903110901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-09
- Monat1903-11
- Jahr1903
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Polj la Leipzig. -kirn-Beilage« (gesalzt), »ar «tt der Morgen.Au-gab«, vhae Poslbesörderaaß 60.—, mit Pvstbesdrdrruag ^ll 70.—> Anzeigen Preis die 6gespaltene Petitzeile LS Neklime» »ater dem Redaktioasstrtch (4gespaUrn) 75 L» vor den Famillenaach' richten (-gespalten) 50 H. kabellarischer nad Kisserniatz ratsprechead höher. — Gebühr»» für Nachweisunge« >utd Vstertrnanvahm» -5 H (exci. Porto). Fnnahmeschluß für Hryeigem Abead-Au-gabei VormNtag« 10 Uhr. M^rgen-Au-gab«: Nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expeditio» za richten. Die Expedition ist wochentags uannterhroche» geöffnet von früh 8 bi« abead« 7 Uhr. Montag den 9. November 1903. - > ———»»au, S7. Jahrgang. Amtlicher Teil. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Sparkassenräume bleiben die Expeditionen det Sparkasse Leipzig lt in Leipzig-Reudnitz, Ärrnzstraße Nr. 3 und t» Leipzig-Plagwitz, im Ratbau«, Alte Straße Nr. 22 Sonnabend, den 14. November IWü für den Geschäftsverkehr geschlossen. Leipzig, den 9. November 1903. Des Rats Ltnrrknffenöeputati-n. Die Sparkasse Paunsdorf expMert tststlt» VSN S—IS Uhr vor- und S-5 Uhr nach- mtttügs uud verzinst Einlagen mit 3/ZO/y. Letzte Nachvichten. * verli«, 8. November. Di« „Norddeutsch« Allg. Ztg." ist ermächtigt, folgendes z« veröffentliche,,: „Sc. Majestät derK «tser habe« sich he«te derOperatio « «i» « » -timmli»»«« o Polypen unterzog««. Di« Operation wurde vo« dem Geheimrat Professor Moritz Schmidt auSgesührt und verlies ganz glatt. 2r. Majestät ist bis zur Hciluna der Overationowuade nur Euthaltung vom Gebrauche der Stimme auscrlegt. PotS» dam, am 7. Novemb er 1VVS. vo« LeUthold, Moritz Schmidt, Jlberg." Die „Nordd. Allg. Ztg." fährt dau« fort: Das Ergebnis der vom Geheimrat Orth aus» -estthrte« «ilroslovische« Untersuchung ist folgendes: „Der Polyp besteht aus sehr weichem» aur weuig« Zelle« enthaltendem Bindegewebe» welche» »o« eine« regelmäßig geschichtete», überall scharf gegen das Bindegewebe abgegrenzte« Plat» tenepithcl überzogeu ist. Sin Teil der Binde» ge«xbzelle« enthält keine braune Pigmcntkörnche«, offenbar »»« früher stattaebabten kleinen Blutungen herrühreud. Der Polyp enthält eine große Anzahl dünn» wandiger Blutgefäße. Es handelt sich also um eine« durchaus gutartigen bindegewebigen Polypen. Berlin, 7. November 1903. sgez.j Professor I. Orth." Der heutige Hofberickt meldet: Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen gestern einen Spaziergang. Zur Mittagstafel und zur Abcndtafel waren Einladungen nicht ergangen. Zur heutigen Mittagstafel ist der Reichskanzler Graf Bülow geladen. Ueber das Befinden des Kaisers ist heut« morgen daS nachstehende Bulletin ausgegeben worden: „Seine Majestät der Kaiser und König haben den gestrigen Tag ruhig im Zimmer verbracht und die Nacht ohne Unter brechung geschlafen. Das Aussehen der kleinen Wunde ist durchaus zufriedenstellend. Schmerzen und sonstige Beschwerden im Halse sind nicht vorhanden. Temperatur morgens 30,3 Grab SelsiuS, Puls 60. sgez.j v. Leuthold. Morls) Schmidt. Jlbcrg." * Neues Palais, 8. November. Der Kaiser nahm heute mittag den Vortrag des Reichskanzlers entgegen. Graf Bülow wurde sodann von den Majestäten zur FrtthstückStasel zugezogen. * Berlin, 8. November. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die jüngsten Begegnungen Ihrer Majestäten des Kaisers Wilhelm und des Kaisers Nikolaus unter Teilnahme des Reichs kanzlers und des Ministers Grafen Lambsdorff haben einen sehr herzlichen Verlauf genommen und auf beiden Leiten höchst befriedigende Eindrücke hinterlassen. Sie boten Gelegenheit zu vertrauens- vollem Gedankenaustausch über politische Fragen. Ter Wert dieser Aussprache ist ohne Deutelei darin zu erblicken, daß sie die B ü r g s ch a f t e n f ü r d i e Erhaltung des Weltfriedens vermehrt hat. In dem Verhältnisse -mischen Deutschland und Rußland haben ferner die Tage von Wiesbaden und Darmstadt abermals bekräftigt, daß die Beziehungen von Monarch zu Monarch und von Regierung zu Regierung so un getrübt gut sind, wie es die persönliche Zuneigung der Herrscher, die ivechselsettige Wertschätzung der Staats männer und nicht zuletzt das Fehlen aller und jeder polt- tischen Streitpunkte zwischen den beiden befreundeten Nachbarreichen möglich machen. /x Berlin, 8. November. Einige Spezialetats sind dem Bundesräte bereits zugegangen. In Bundesratskretscn gibt man sich der Erwartung hin, die Durchberatung Les Voranschlages des gesamten Reichs. Haushaltsetats werde sich im Bundesrate bis Ende des Monats erledigen lassen, sodaß der Reichstag bei seinem Zusammentritte den Etat unter den ihm gemachten Vorlagen vorfinden würde. * Berlin, 8. November. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Dank der Opferwilligkeit des Reichstages ist cs möglich gewesen, der deutschen Wehrmacht zur See eine Grundlage zu geben, auf der sie sich organisch aufbaucn kann. ES ist zu hvssen, daß die Volksver tretung sich auch inZukunft in ihren Ent schließungen von den gleichen patriotischen Erwägungen wird leiten lassen, damit Deutschland die See geltung erlange, deren es bedarf, um seir»e Entwickelung vor Störungen zu bewahren. * Berlin, 8. November. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Anläßlich des TodeS MommsenS gab der italienische Untkrrichtsminister in einem an de« preußischen Kulturminister gerichteten Telegramm seiner i unv des gelehrten Italiens Teilnahme Ausdruck. Dal i italienische Telegramm lautet in der Ueberseyung: Der Tod Mommsens ist rin besonderer Verlust für Rom und Italien, , deren Geschichte er die ganze Genialität seine- Geistes, die f ganze Größe iner Arbeitskraft widmete. Niemand i beherrschte in gcvßerem Umfange als er die ganze Wissen- i schäft des Altertums in bewunderungswürdigem Zusammen- l fassen. Alle unter Uns, die, studierend unv unlerrichlcnb, l Verehrung hegen für die Höhe menschlichen Wissens, ver- rinigrn sich mit mir, um dem gelehrten Deulschlanv den r Ausdruck ihres tiefsten Beileid- zu übermitteln. — Der l Kultusminister antwortete ebenfalls italienisch. Mit i aufrichtigem Danke für den teilnehmenden Ausdruck des Schmerzes, den Excellenz zusammen nut dem gelehrten 1 Italien wegen des Todes MommsenS empfinden, hoffe ich lebhaft, daß das enge Band, da- durch die Arbeiten des unsterblichen Erforschers römischer Geschichte unv des Bürgers der ewigen Stadt zwischen den wissenschaftlichen Studien beider Nationen gewoben ist, für alle Zeit erhalten bleibe. * Berlin, 8. November. Der GertchtSassefsor Simon, der bekanntlich von seinen richterlichen Funktionen in Militsch suspendiert wurde, ersucht das „Bert. Lagcbl." um Abdruck folgender Zuschrift: „In der „Nat.-Ztg." sind, anscheinend von offiziöser Seite, Angriffe gegen mein Verhalten und gegen meine Ehre unternommen word«n. Ich bin vorläufig nicht in der Lage, diesen Angriffen ent- gegenzutreten, da ich zur Zeit noch aktiver Gerichtsasfessor bin. Sobald ich mein bereits eingereichtes Ent- lassungsgesuch bewilligt und meine Zulassung al» Anwalt erhalten habe, werde ich nicht verfehlen, gegen diese Angriffe mich in gehöriger Weise in einer besonderen Broschüre zu verteidigen. Breslau, 6. November 1903. Simon, Gerichtsasfessor." — Die „Nat.-Ztg." hatte behauptet, -aß Gcrichtsassefsor Simon lediglich aus Gründen, die in seiner persönlichen Führung und in seinem Verhältnis zu dem Amtsrichter in Militsch liegen, von seiner Stelle entfernt morden sei, und will aus bester Quelle die sehr wesentliche Tatsache erfahren haben, daß die Vorgänge in der Schöfsengerichtssitzung in Militsch, 1 in welcher es sich um die mehrerörterte Anklage wegen Verbreitung sozialdemokratischer Flugblätter an einem Sonntage handelte, den Vorgesetzten Simons, dem Landgerichtspräsidenten in Oels und dem Oberlandes gerichtspräsidenten in Breslau, erst nach der Ab berufung des Assessors aus Militsch Lurch den Artikel der Breslauer „Volksmacht" bekannt geworden seien. * Potsdam, 8. November. Der Kronprinz ist heute mittag 12 9, Uhr in Begleitung de- Hofmarschalls von Trotha nach Wernigerode abgereist. * Kiel, 8. November. Tine Diphtherie» epILcmte ist, dem „Berl. Tgbl." zufolge, unter den H e t z e rm a n n s ch a s te n der ersten Werftdivision, die im Fort Stosch untergebrachl sind, auögebrochen. Es sind umfassende AbspcrrungSmaßregeln angeordnet. Sech» Erkrankte wurden in das KriedrichSorter Marine lazarett übergrführt. * Posen, 8. November. Der Sonderzug mit dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland ist heule vormittag 9 « Uhr hier eingetroffen und nach kurzem Aufenthalt weitergefahren. * Wernigerode. 8. November. Der Kronprinz ist, begleitet von dem Hosmarschall v. Trotha, heute nachmittag 4H Uhr hier eingetroffen und vom Fürsten zu Stolberg empfangen worden. * Trier, 8. November. Die Besprechungen de» Ministerialdirektor- Schwarzkopfs au- Berlin und de- Provinzialschulrats Klewe au- Koblenz mit den Vertretern der hiesigen Negierung und der Stadtverwaltung wegen der Angliederung einer vierklasfigen katholischen UebungS- schule an das hiesige paritätische Lehrerinnenseminar haben sich vollständig zerschlagen. Die beiden fremden Herren sind, ohne ein Ergebnis erzielt zu haben, von hier abgereist. Wie verlautet, lenkt da» Seminar immer mehr in katholische- Fahrwasser ein, und man vermutet, daß am 4. April nächsten Jahre«, wenn die Anstalt ihr 25jährige» Jubiläum feiert, sie ganz katholisch sein wird. * Trier, 8. November. Der Verhandlungstermin der Klage HoenSbroech argen DaSbach ist auf den 1. Dezember angesetzt. * Essen lRuhrj, 8. November. Heute nacht 12 Uhr wurde in -er Borbecker Straße der Kutscher August Berger von dem 17jährigen Dachdecker, gesellen Tbürken ermordet. Der Mörder floh aus die Dächer der in der Borbecker Straße gelegenen Häuser und mutzte von der alarmierten Feuerwehr heruntergeholt werden. Berger batte Tbürken und zwei Mitschuldige wegen eines an ihm begangenen schweren I Diebstahls angezeigt, wcSweaen einer der beiden Genossen Thürkens zu 7 Monaten Gesänanis verurteilt worden war. Di« beiden Genossen Thürkens wurden ebenfalls verhaftet. Dem Ermordeten wurde durch 16 Stiche, bei denen das Messer durä)g«zoaen wurde, die ganze Brust zerfleischt. * Mannheim, 8. November. In dem Prozeß gegen die Direktoren der Aktiengesell schaft fürChemtscheIndustrie in Rheinau Fartillotsn. Ein Papstdrama. Der Beginn der Neuen Zett ist eine der interessantesten Epochen der Weltgeschichte. Die Entdeckung Amerikas, die Ausdehnung der Schiffahrt, die Vermehrung deS Wohlstandes, die Reformation mit ihrer Aufklärung, das - straffere Zusammenfassen der politischen Gemalt in den > Händen der Fürsten, das Enurvrkommcn des Bürgertums und die Fortschritte in der Wissenschaft geben ein so buntes, vielgestaltiges Bild, lassen so viel Gegensätze erscheinen, lassen so viel Widersprüche ungelöst, daß jede Leite des Wcltgeschichtsbuchs unS eine Fülle von Gedanken und Problemen zeigt. Und wie in der Staatengeschichte, so ist cs auch mit dem Leben der Menschen zu jeuer Zeit bestellt. Selten treten die Leidenschasten so stark und scharf gezeichnet hervor, wie damals. Liebe und Haß. Rachsucht und Vergebung erscheinen uns größer, weil die Buchdruckertunst uns die Schicksal« der Menschen mehr als früher erzählt, weil die zunehmende Bildung und das zu nehmende Ringen nach geistiger Befreiung mehr Schil- drrer und Kritiker erstehen lieb, als je zuvor. Daher isr auch jene Zeit ein Quell, aus dem die Dichter mit Vorliebe ihre Motive schöpfen, und deren Gestalten sie gern wieder geben. E» liegt auf ihnen der Zauber der Romantik, noch stehen die Meissen von der Dämmerung des scheidenden Mittelalters umflossen, noch kann der Dichter in schranken loser Freiheit weltgeschichtliche Figuren uniforme» und der Kabel seines Stückes dienstbar machen. Er versenkt sich in jen« Zeit, er wühlt in den Leidenschaften der Menschen, ungezügelt heben sie sich heraus, das Ungestüme, das Wilde tritt hervor, er kann sic sich auStoben lassen, er kann die Begierden nackt zur Schau stellen, denn infolge d«r Zerfahrenheit der Rechtsverhältnisse mangelten da mals Zucht und Ordnung. Heutzutage glimmen die Leidenschaft«» nur noch unter den Aktendeckeln der Kriminalgerichte, unter der äußeren Moral. Schildert der Dichter aber jene Zeit, so kann er sich zmn höchsten Schwung erheben, kann er seinen Empfindungen in »«tischen Worten Ausdruck verleiben, kann er in phan- mfirvollen Bildern >u un« reden. Ganz besonder» gilt die» von jener Zett in der Gr- schicht« Italien». Die Zeit de» Glanze» der einzelnen Kürstenhvfe verblich, politische Eifersucht und Kamilien- Mtsttgk«Uen führten »« langen Kämpfen, vernichteten Reichtum und Bildung, entfremdeten von Kunst und Wissenschaft, setzten an die Stelle der Keinfinnigkeit Roheit, an die Stelle des starken gesetzlichen Armes die brutale Gewalt. Schmach mar das Papsttum, äußerlich nur der Glaube, und keinen höheren Richter gab es, als Gift und Dolch. Das waren die Zeiten der Borgia, da die Habsucht triumphierte, Gewalt vor Recht ging. Das Gift, das damals gesät wurde, nagte noch lange an den edlen Familien- und fraß an dem Mark Les Landes. Nur wenig lichte Gestalten heben sich von dem Hintergründe der Verworfenheit und Wildheit ad. In Rom selbst herrschte die Ungesetzlichkeit, gering war die päpstlich« Rtachi und aller Ordnung bar war das politische und ge- selljchastliche Leben. In jene Zeit führt uns ein Drama, das wir heute er wähnen, weil es eins jener dichterischen Werke ist, das einen Papst zur Hauptperson hat, und weil gelegentlich der Papstwahl in diesem Jahre von verschiedenen Leiten aus den Mangel, oder besser gesagt, auf die geringe Zahl der Papstdramen hingewiesen wurde. Neu ist die Tragödie „Vittoria Accoramboni" nicht. Sie ist schon im Jahre 1800 bei Brcitkvpf L Härtel erschienen, sie ist auch schon einige Male in Weimar ausgesührr worden. Allein, einmal, weil wir hier das Werk eines großzügigen Dichters vor uns haben, das verdient, aus dein Dunkel der Büchereien hcrvorgeholt zu werden, da unsere moderne dramatische Produktion so arm an Tragödien ist, und zum anderen, weil die Dichterin unsere Mitbürgerin Fräulein Angusta Götze (Pseud. A. Weimar) ist. Bon diesem Stück gilt das, was wir eingangs gesagt haben. Tie Handlung, die in die letzten Jahre der Regierung des Papstes Gregor XIII. fällt, siegelt alle die dramatischen Momente wieder, von denen das da malige politische Leben, und besonder» in Italien, erfüllt mar. Der wilde persönliche Kampf zwischen den Kamilien, die politischen Ursachen deS Hasses treten un nahe, alle Leidenschaften werden aufgewühlt, und zwischen dornigen Charakteren wachs«» holde Blumen der Liebe, Sanftmut nnb Hingebung empor, die un» mit der Rauheit der anderen versöhnen. Den Mittelpunkt des Stücke« bildet die Titelheldin Viktoria, eine jener Frauen, deren Schönheit bestrickt, und deren Liebreiz schon so viel Un- glück angerichtet hat. Au» dem Dunkel einer kleinen Existenz in der Provinz tritt sie in da» rausiyende, aber gefährliche Leben Rom», halb und halb ist sie -em altern den Herzog Orsini versprochen, wenigstens betreiben ihre habsüchtige Mutter und ihr verschuldeter Bruder Marcello die Heirat. Sie, wie alle Evastöchter, will nach der glän zenden HerzogSkrone greifen. Da tritt ihr der Kardinal Montalto entgegen und wirbt um sie für seinen sich in Liebe verzehrenden Neffen Felice Peretti. In einer prächtig erfundenen Scene weist sie, geschmäht von Luigi, dem Verwandten OrsiniS, die Hand des Herzogs zurück und nimmt die deS ihr gleichgültigen Peretti an. Aber so kurz auch ihre Unterredung mit Montalto war, von dem sie nicht weiß, daß er Kardinal ist, so hat -och die kurze Spanne Zeit genügt, um sie durch seine ernste, über legene, geistvolle Art gefangen zu nehmen und in ihrem Herzen den Brand heißester Liebe zu ihm zu entzünden. Auch der Kardinal faßt zu ihr eine tief gehende Leibenschait. Aher keiner weiß von des anderen Leidenschaft. Au» diesem Konflikt zwischen Herz und Pflicht und Stand erwächst das Verhängnis. Sie macht aus ihrer Gleichgültigkeit, ja auS ihrem Haß gegen ihren Gatten kein Hehl und diese Lieblosigkeit wird ihr bei der Ermordung des Peretti durch Orsini als Schuld aus gelegt. Ohne Rat, ohne Halt folgt sie ihrer Mutter und ihrem schurkischen Bruder Marcello und wirft sich Orsini, dem einzigen, der sie vor der Wut des Pöbels schützen kann, in die Arme. Sie wird seine Gattin und bleibt ihm auch in seinem Kalle treu. Auch über sie ergießt sich der Zorn der Gegner Orsini» und in einer wunderbar ergreifenden Scene bittet sie Orsini» Neffen Luigi, der sie beleidigt und dessen Gattin Maria sie durch ihre mittelbare Lchuld getötet hat, um den Tod. Als sie den Todesstoß empfangen hat und in den Armen ihre» Lieb- ling-bruderS Flaminio ihren Geist aushauchen will, kommt Montalto, um sie zu retten. Klamini». E» ist zu spät! (Montalto tritr in diesem Augenblick ein, in einen dunklen Mantel gehüllt.) M-«1altv (reiht die Maske ab und stürzt vor). Wer sprach da» Wort? Wo ist sie? (Er sieht Vittoria.) Vittoria! ich kam zu spät! (Kniet bei ihr nieder. — Vittoria» schon geschlossene Augen habe» sich beim Klange seiner Stimme wieder geöffnet.) vittoria (in glücklicher Verklärung). Du kommst, Um meine« letzten Seufzer zu empfangen! Montalto. Sie darf nicht sterben, eilt, ruft Aerztc her! Sie muß gerettet werben! Bittori«. Laß — o laß! Gönn' mir den süßen Lod in deinen Armen, Birgt er Loch ungeahnte Seligkeit! Leb wohl — verzeih', Luigi — denn nur so Könnt' meine Schuld ich sühnen. — Ach — leb wohl, Schütz' meinen Liebling — meinen teuern Bruder! (Flüsternd.) Montalt — ich hab' dich grenzenlos geliebt — Und sterbe — selig — nun — an deinem Herzen! (sie stirbt, Montalto hält sic in den Armen.) Montalto. So halt' ich dich nun doch in diesem Arm, Dem du dich heute rein und groß entwunden! (Er beugt sich in tiefstem Schmerz über sie, wie in stummem Weinen, dann richtet er sich aus und legt Vittoria in Flaminio? Arme.) Doch — hab' sch nicht vermocht, dich zu erretten — Dein Tod, er werde beispiellos gerächt! Wa» in Montalt noch menschlich schwach gewesen. Die Stunde hat es ewig Und fühlt' ich heute einen Die Kraft gelähmt, nun bin sch ihrer wieder Und meiner Sendung Größe mir bewußt, Die du mir heut' mit wunderbarer Hohett Gleich deinem Testament ans Herz gelegt! Mit dieser Scene schließt daS Stück. Noch droht Montalto, ihren Tod zu rächen. Er hat die Kraft dazu und cs wird ihm gelingen, denn schon ist seine Wahl zum Papste gesichert und al» Sixtu» V. wird er Ordnung in dem verwahrlosten Rom schassen. DaS Stück ist von tiefgehendem poetischen Reiz, die Sprache blühend und doch nicht überladen, die Hand lung spannend, dramatisch bewegt und die einzelnen Per sonen prächtig bcrauSaearbeitet. Die Rolle der Vittoria ist eine d«r dankbarsten für eine Schauspielerin. Sie kann darin ihre Gaben im schönsten Lichte leuchten lassen, aber auch die Rollen der Maria, des Montalto. Peretti, Orsini, Flaminio sind schauspielerisch glänzend und ihnen «in Erfolg sicher: daS Stück aber selbst hat innerlich so viel Wert un- ist eine so schöne Bereicherung der Bühnen- literatur, daß wir e» für unsere Pflicht hielten, da e» nur in Weimar aiffgcfllhrt wurde, hier darauf hiwzuweisen. Mit dieser Tragödie, mit ihrem Demetrius und ihren zahlreichen anderen Kerken hat sich Augusta Götze einen hervorragenden Platz in der deutschen Literatur g* sichert. G v ausgetilgt, Augenblick
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