01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031110015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903111001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903111001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-10
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September zu erwarten war, enthä t di« Schrift keine fachliche Darlegung der gewichtigen Gründe, die ihn zur Fälschung der Aeußerung Bis» marcks vom S. Mai 1884 bestimmt haben, sondern nur ein Sammelsurium gemeiner Beschimpfungen meiner Person. Er nennt mich einen „ganz schlecht erzogenen Menschen", „einen superklugen, aufgeblasenen Professor" und spricht von „frechen persönlichen Injurien", „pöbelhaften Gasscn- bubcnmanteren" und „Gassenbubenhcldentum", sowie von dem „rohen Ton", der schon zu Luther- Zeit auf Seiten meiner, -. h. der protestantischen Partei, gewesen sei. ES muß -och recht übel mit seiner Sache stehen, wenn er zu so starken Mitteln greift, um seinen Leuten zu imponieren: denn die Wahrheit kann sich eine maßvolle Sprache er» lanben, während die Lüge den Knüppel gebraucht. Ge wiß, ich habe beim Angriff das scharfe Wort von der be - wußten, absichtlichen Lüge gesprochen, im übrigen mich aber darauf beschränkt, sachlich nachzuweisen, warum Bismarck die ihm untergeschobene Aeußerung über Luther und die Reformation, sowie über die pro- testantischc Geschichtschreibung gar nicht getan haben konnte: ich werde auch heute sachlich bleiben und ohne Rücksicht auf die wüsten Schimpfereien beS „beleidigten" Priesters nur seine Schrift mit einigen kritischen Be merkungen begleiten. Aber aus welchem tiefen sittlichen Niveau muß dieser Priester der römischen Kirche stehen, wenn er mich fragt, ob ich vielleicht von irgend jemand bezahlt werd«, um ihn zu provozieren. Wir Pro- testanten lasten uns nicht durch Geld bestimmen, für die Ehre Luthers und der Reformation, BtSmarckS und dc- Deutschen Reiches mit der Feder einzutreten, wenn sie von römischer Seite verunglimpft wird: uns treibt zum Kampfe nicht die Aussicht auf Gewinn, sondern einzig und allein das Gewißen, aus besten Stimme zu hören unS Luther gelehrt hat. Ich will zur Ehre Berlichingen- an nehmen, daß ihn in seinem Kampfe gegen den Protest«» titmuS nur die Ueberzcngung und di« Begeisterung für die Papstktrche leitet, sonst wäre er die Tinte nicht wert, die ich um seinetwillen vergieße. Persönlich ist er mir so gleichgültig wie möglich; ich kenne ihn nicht und trage kein Verlangen, ihn kennen zu lernen. Der rohe Ton seiner Entgegnung, -er an die Unflätigkeiten einer Silvester PriertaS erinnert, würbe mich vollauf zu einer BeleidtgungSklage berechtigen, aber eS widerstrebt mir, in einer Frage des guten Geschmackes und des literarischen Anstandes an das Urteil des Richters zu appellieren und dem priesterlichen Freiherrn zu einem billigen Martyrium zu verhelfen, das ihn nur in seinem blinden Hasse gegen den Protestantismus bestärken würde. Ich laste also Gnade für Recht ergehen und will ihn, daß donokioium hochgradiger Erregung über den ihm versetzten „literarischen Faust schlag" gern gewähren. Er hat ihn, wie er selbst sagt, wie einen „moralischen Fußtritt" empfunden: ich kann dagegen nichts ein wenden und werde mich freuen, wenn das starke Mittel ihn für die Zukunft vorsichtiger macht und ihm -aS historische und literarische Gewißen schärft. Nun zur Sache. Berltchingen nennt mich unanständig, weil ich den Vorwurf bewußter und absichtlicher Lüge wider ihn erhoben habe, ohne ihm erst durch vorgängige Belehrung Zeit zur Zurücknahme seiner falschen Be hauptung gelaßen zu haben. Er vergißt, daß der Nachweis der Fälschung ihm bereit» vor mehralSkinemhalbenFahreer-rachtwar. Als er zzierst im mündlichen Vortrage sich auf diesen Satz Bismarck» bezog, um die von ihm behauptete tendenziöse Entstellung der Geschichte Luther- und der Reformation in der protestantischen Geschichtschreibung durch ein an gebliches Zeugnis Bismarcks zu stützen, da -at mich ein Würzburger Protestant um Auskunft, ob BiSmarck jemals eine solche, die protestantische Geschichtschreibung ver urteilende Aeußerung getan habe. Ich konnte noch in der selben Stunde di« Antwort nach Würzburg senden, und Vr-rer V«Yhl sorgte dafür, daß die Richtigstellung de» gefälschten EitatS, wie st« auf Grund unsere» Briefwechsel» in seinen „Ultramontan«« Geschichtöiügen" erfolgte, auch unter bi« Augen Berltchingen» aelangte. Wenn Berit, chingen also da» äiaoa wonitu» nicht beachtet«, sondern da» grfälschte Eitat auch in die gedruckten Vorträge auf, nahm, so war ich berechtigt, ihn der bewußt«« und absichtlichen Lüge zu zeih,«, und wenn ertrotz «einer Erklärung vom lö. September die «u» dem ge fälschten Eitat erschloss«»« Unwahrheit auch in den »eiteren vorträgrn o-n« jeden versuch einer Recht- »srgl. ,L«I»^ ragebl.» M». 47», 4W, «L fertigung aufrecht erhielt, so bleibt der Vorwurf auf ihm sitzen und an seiner sittlichen Persönlichkeit hängen, er mag sich noch so sehr drehen und winden. Wie aber rechtfertigt er in feiner „Abwehr" die Fälschung des LitatK? Er gibt an, es in Hohosfs berüchtigtem Pamphlet: „Die Revolution seit dem 16. Jahrhunderte im Lichte der neuesten Forschung" gefunden zu haben. DortstehtdaSCitat im genauen Wortlaute LeS stenographi schen Bericht» — Bcrlichingen kann also nicht ein mal für sich gelten- machen, daß ein falsches Eitat in einem ihm als Quelle dienenden Werke ihn zum Jrrtume verleitet habe. Aber es ist für seine Geschichtschreibung überaus charakteristisch, wie er die Abänderung erklärt: kaum jemals dürfte sich ein von seiner Partei al- großer Gelehrter und geschulter Historiker gepriesener Mann eine so arge Blöße gegeben haben. Die Stelle lautet: „Hohoff ist für uns Katholiken wenigsten- eine Autorität ersten Ranges. Da er die Urteile der Protestanten W. Menzels, K. A. Menzels, Körtings, K. Henkes, R. Köpkes, Leos und anderer über die lügenhafte und gefälschte Geschichtschreibung der Pro testanten neben das Wort Bismarck setzt, so war ich -er Ansicht, BiSmarck habe nur das bestätigen wollen, waS die anderen behaupteten. Die Reichs» tagsverhanülungen und BiSmarcks Neben besitze ich nicht und konnte also das Citat nicht kontrollieren. Wir ckii wiuoros können doch nicht immer auf die Quellen zurückgehen, sondern haben das Recht, unS auf Autoritäten zu verlassen und zu berufen. Das habe ich getan. Aber ich habe das Wort pro testantisch zu den Worten „Historikern des Liberalismus" hinzugesetzt, und nur insofern habe ich Bismarcks Worte geändert. Aber das schien mir so selbst verständlich, daß ich an eine absichtliche Fäl schung gar nicht dachte. Denn katholische Geschicht schreiber des Liberalismus gibt es nicht." Und solch einMann will einHistoriker sein und dasVolk lehren, eine der größten Geistestaten der Weltgeschichte in ihrem historischen Zusammenhänge zu verstehen! Armes katholisches Volk, dem solche Gcistesnahrung vorgesetzt wirb, und arme katholische Wissenschaft, die in Bcrlichingen eine ihrer Zierden zu besitzen meint oder doch nicht den Mut findet, ihn entschlossen von sich abzuschütteln, während er sie doch vor aller Welt blamiert. Bcrlichingen will mich glauben machen, daß di« falsch« Wiedergabe des Citats bona kicke geschehen sei, da er die Worte in freier Rede aus dem Gedächtnis citierte. Ich will ihm die bona kicke« für den freien Vortrag zugestehen, für die gedruckt vor liegenden Borträge kann sie ihm nicht zugestanden werden,- denn jedem gewissenhaften Autor erwächst die Pflicht, kein Citat ungeprüft in eine Druckschrift aufzunehmen, ihm aber erwuchs sie doppelt, nachdem die Richtigkeit seines Sitats in der Würzburger Presse angegriffen und die Fäl- schung ihm durch die Bcyhlsche Schrift nachgewiesen war. Und was noch schlimmer ist: auch in der neuen Schrift arbeitet Bcrlichingen mit einem gefälschten Citat aus Bismarcks Reden. Da las ich zu meinem Erstaunen auf S. 16: „Der Professor Horst Kohl wird sich als BiSmarck- Biograph wohl erinnern, daß der famose Mann (BiSmarck!) auch einmal in öffentlicher Rede, aber nicht auf dem Marktplätze zu Jena, ungefähr so ge sagt hat: „Ich werde es noch erleben, daß daSNarrenschisf derWeltam Felsen Petri oder«, Seife» d«r Kirch« schettern wird." Mit dem Felsen der Kirche konnte er doch nur die katholische Kirche meinen; denn die protestantische Kirche hat und braucht ja keinen sichtbaren Felsen in dem wogenden Weltmeere, da ist jeder einzelne sich selber Fels und unfehlbare «Autorität. Wen oder was meinte nun Bismarck unter dem Narrenschiff der Welt? Das kann doch nur ein Schiff außerhalb der katholi schen Kirche fein; also all«», was gegen dir katholische Kirch« protestiert, auch der Protestantismus." Man könnte den Beweis al» gelungen ansvhen, wenn das Litat nicht gefälscht wär«. Ich weiß nicht, auS welcher seiner „Autoritäten" Berltchingen da- Citat übernommen ober ob er e- selbst wieder do»» kick« in die veränderte Form gegoßen hat. S» wird ihm als einem Mann«, dem „die Wahrheit üb«r alle»" geht, Freude machen, sich von sachkundiger Seit« eine» besseren be lehren zu lasten. BiSmarck sagte am Id. November 184g mit Bezug auf den übertriebenen Kultus, den demo kratische Schwärmer mit dem „Märtyrer" Robert Blum triebent „Ich hoffe «S noch zu erleb««, daß da» Narren, schiff d«r Zeit an dem K«ls«» d«r christliche« Kirche scheitert, denn noch steht der Glaube an daß geoffenbarte Wort Gottes fester, als der Glaube an die scligmachcnde Kraft irgend eines Artikel- der Versüßung." Wo steht da etwa- vom Felsen Petri? Ist der Fel» der christlichen Kirche der apostolisch« Stuhl zu Nom? Für Berlichingen und die ultramontanen Katholiken mag er es sein, für Bismarck und uns Pro testanten ist er es nicht. Gewiß, wir Protestanten be- dürfen keines sichtbaren Felsen; aber wir haben einen um so festeren unsichtbaren in Christus und in dem Evangelium von Christo: mir sind uns auch nicht jeder einzelne Autorität, sondern wir nehmen den gött lichen Inhalt der Lehre Christi zum Fundamente unseres Glaubens. Berlichingen schließt weiter aus dem Citat, daß Bismarck mit dem Narrenschisf der Zeit den Pro- testantiSmus gemeint habe. Vielleicht wird er uns dem nächst noch beweisen, daß Bismarck ein Katholik und Jünger Loyolas gewesen sei; ein solcher Beweis stände ganz auf der Höhe seiner bisherigen wißenschastlicheu Leistungen. Glücklicherweise hat Bismarck selbst durch eine authentische Auslegung dafür gesorgt, daß man seine Aeußerung vom „Felsen der christlichen Kirche" nicht miß verstehen kann; dem Frciherrn von Berlichingen ist dies natürlich entgangen. Als der Assistierte des Zentrums Ludwig v. Gerlach BiSmarck im preußischen Landtage am 17. Dezember 1878 an diesen Ausspruch erinnerte, da ant wortete ihm Bismarck: „Wenn ich als evange lischer Christ von der Kirche sprach, so kann ich doch im Jahre 1849 unmöglich die katholische Kirche als den Fels betrachtet haben, den ich dort alö unter allen Stürmen feststehend bezeichnete. Jedenfalls wird man annehmen müßen, da ich meine evangelische Ueberzeugung immer fest, durchsichtig und oiffen ausgesprochen habe, daß ich damals nur an die evangelische Kirche habe denken können, keineswegs an die römisch-katholische, noch weniger an die vatikanische, wie sie sich heute gestaltet hat. — Außerdem habe ich mich gar nicht darüber erklärt wnd entlmlte mich auch henke aus Höflichkeit iveiterer Neuße- rung darüber, wer in dem Narrenschiff ... heutzutage sitzt und an dem Felsen der evange lischen Kirche scheitern kann." Wie nun? S tzt wirklich im Narrenschifst der Protestantismus oder nicht vielmehr der Vatikanismus und Ultramontanismus? Aber nicht zufrieden mit dieser Fälschung, die den Fürsten BiSmarck zu einem Bekcmner der Papstreligivn macht, führt Berlichingen in seiner Schrift auch aus, daß Bismarck innerlich dem protestantischen Glauben abge storben, daß die protestantische Religion ihm „Wurscht" ge wesen sei und er als Diplomat und Staatsmann den Protestantismus nur als Mittel zur Erreichung politischer Zwecke benutzt habe. Was soll man zu solchem Gefasel sagen? Hat Berlichingen niemals die tief religiösen Briefe Bismarcks an die Mitglieder seiner Familie gelesen, hat er nie davon gehört, baß Bismarck die Arbeit jedes Tages mit Gebet begann und nie sich zur Ruhe legte, ohne Zwie sprache mit Gott gehalten zu haben? Tat er das auch auS Diplomatie, d. h. nach Bcrlichingens Definition: mit der Lüge aus den Lippen oder gar im Herzen? Der Priester hüte sich doch, das Andenken eines Verstorbenen zu ver unglimpfen und einen wahrhast frommen Mann zum ge wissenlosen Heuchler ober religionslosen Hohlkopf zu machen. Ich muß.über vielerlei andere «Angriffe — auf -en „diplomatischen, d. h. verlogenen" Ranke, die „verbohrten und bornierten" deutschen Protestanten, den „säubern" Evangelischen Bund — und über die ganz ungeheuer- lichen Ausführungen über den ProtestantiSnms als Quelle des modernen politischen Anarchismus an dieser Stelle Hinweggehenr aber aus den Schluß der „Abwehr" muß ich noch Hinweisen: „Der Professor Horst Kohl — schreibt Berlichingen — der ohne Zweifel preußischer Reserveoffizier ist, möge zum Ehrenrate seines Regiments gehen und fragen, welches Prädikat der Offizier verdient, der einen Priester ohne Beweise der Schuld tödlich be leidigt, weil (!) er weiß, daß der Priester keine Satis- faktion mit den Waffen fordern kann. Was ihm der Ehrenrat dann sagt, -a» ist auch meine Ansicht von ihm" Leiber bin ich nicht Reserveoffizier, k»nn also diesem Rate nicht folgen. Aber ich kenne einen viel gewichtigeren Ehrenrat, und dem trage ich die Sache vor: er setzt sich zusammen auS den Gebildeten beider christlichen Bekennt, niste. Bor ihm habe ich den Beweis der Schuld erbracht, und sein Urteil wird ander- lauten, als -der fanatische Priester erwartet. Will er sich diesem Urteil ««schließen, so soll er mir als reuiger christlicher Bruder willkommen lein. L «ipzig, am Vortag« non Luthers 420. Geburtstag. Prqf. Or. H o r st Kohl. Deutsches Reich. d) Berlin, 9. November. (Telegramm.) Wie jetzt bekannt wird, ist das Vorhandensein eines Polypen im Kehlkopfe deS Kaisers schon vor einigen Wochen von Geheim rat Schmidt, der als Vertrauensmann der kaiserlichen Familie aus der Zeit der Krankheit Kaiser Friedrichs bekannt ist, festgestellt worden; gleichzeitig sprach Schmidt die feste Ueberzeugung aus, daß eS sich um ein gutartiges Gebilde handle, das leicht entfernt werden könne. Der Kaiser soll nicht einen Augen blick seine Zuversicht auf baldige völlige Genesung verloren haben; ernster Besorgnis dagegen habe die Kaiserin sich hingegeben, bis^die mikroskopische Untersuchung Orths die Richtigkeit der Schmidlschen Beobachtung ergab. Prof. Orth Kat übrigens sein Gutachten mit Unterschrift veröffentlicht; eS lautet: „Der Polyp besteht aus einem sehr weichen, nur wenige Zell n enthaltenden Bindegewebe, welches von einem regelmäßig geschichteten und überall scharf gegen das Bindegewebe abgcgrenzten Platte n epithel überzogen ist. Ein Teil der Bindegcwcbszellen entbält feine braune Piginentkörnchen, offenbar von früher statt gehabten kleinen Blutungen herrührend. Der Polyp enthält eine größere Anzahl dünnwandiger Blutgefäße. Es haühelt sich also um einen durchaus gutartigen bindegewebigen Polypen. Bersin, 7. November 1903. (gez.) Professor I. Orty.^ Dieses Gutachten wirkt wie auf die Kaiserin, so auf die ganze Bevölkerung der Reichshauptstadt, die von den - ersten Gerüchten über die Operation in schwer zu beschreibende Erregung versetzt wurde, sehr beruhigend. Der „Nat.-Ztg." > wird überdies von kompetenter Seite versichert, daß sowohl > nach dem ganzen Aussehen des Polypen, wie nach der mikro skopischen Untersuchung kein Grund vorliege, nach der glücklich vollzogenen Operation sür die Gcsuudbelt des Kaisers Be sorgnisse zu hegen. Das Blatt meldet, der operative Eingriff selbst habe nicht viel mehr als eine Minute gedauert, und fügt hinzu, es komme fast nie vor, daß solche gutartigen Polypen, wenn sie vollständig operiert sind, recidiviercn. Ebenso sei ein Uebcrgang in bösartige Formen ausgeschlossen. Der Ausdruck „Stimmlippe" sei gleichbedeutend mit dem früher gebräuch lichen „Slimmband" und jetzt von der Wissenschaft allgemein angenommen. — Wie „Wolffs Telegrapben-Bureau" von zuverlässiger Seite erfährt, ist das Befinden des Kaisers auch weiter durchaus zufriedenstellend. Der Kaiser arbeitete heute längere Zeit mit dem diensttuenden General ä In 8uito v. Löwenseldt und richtete an den König von England anläßlich seines heutigen Geburtstages ein längeres Glückwunschtelegramm. Zu morgen vormittag sind zu Borträgen bestellt der Chef des Mililärkabinetls, Graf HUlsen-Häseler, der Chef des Admiralstabes, Vizeadmiral Biicksel, und der Chef des Marinelabinetts, Frhr. v. Senden- Biebran. Berlin, 9. November. (Zur Reichsfinanzpolitik des Zentrums.) Das leitende rheinische ZentrumS- organ ist ganz unk gar nicht damit einverstanden, daß die „Freisinnige Ltg." die ZvUeinnahmen von der Ueber- weisung an die Einzelstaaten zu dem Zwecke.ausschließen will, die Einzelstaaken von dem Risiko, welches die Schwankungen der Zollerträge mit sich bringen, zu be freien. Die „Köln. Bolksztg." tritt vielmehr für die völlige Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes ein und begründet dies mit dem angeblichen Vorteile, den die Einzelstaaten in Zeiten aujsteigender Konjunknir von den Mehrerträgen der Zölle haben. Gegen daS Risiko in schlechten Jahren aber sollen sich die Einzcistaatcn selbst schützen, indem sie den Mehrcrtrag der Zölle nicht ebne weiteres in ihren Landesetat aufgehen lassen, sondern bis zu einem bestimmten Betrage „thesaurieren", um in schlechten Jahren etwaigen Matrikularanforderungen des Reiches genügen zu lönnen. Die „Köln. Bolksztg." erinnert endlich daran, daß sie die Anlage solcher Reservefonds in den Einzelstaaken schon vorgeschlagen habe, als die Miguelscke Reichsfinanz- resorm einen derartigen Reservefonds im Reiche aulegen wollte. „Von einer Ausführung dieses Gedankens in den Einzelstaaten", so schreibt die „Köln. BolkSztg.", „bat man inzwischen nichts gehört." — Die vorstehende Bcbauptung des leitenden ZenkrumsblatteS widerspricht den Tatsachen. Wenn nicht schon früher, so hätte doch die „Köln. VolkSztg." wenigstens anläßlich de» Erscheinens der Schrift „Der Staatshaushalt des Königreiches Sacksen" von vr. O. Georgi, davon „hören" können, daß in Sacksen seit der Periode 1896,97 ein AuSgleichssondS gebildet wurde. Diese grundsätzlich unrichtige Sclbstvcrsicherung eines Einzel staates gegenüber dem Reiche bat sich auch praktisch als un wirksam erwiesen. Nach dem Etat für 1902 3 sollen nämlich dem angesammelten Fonk» von 4 3o7 937 jährlich l,5 Mill. Mark, im ganzen also 3 Mill. Mark entnommen werden, die aber nach den Abschlüssen deS Reiches nickt genügen werden. Der Wert deS klerikalen Vorschlages für di« Einzel» staaten ist hiernach zu bemessen. * Berlin, 9. November. (Der wirtschaftliche Kampf der Deutschen mit den Polen um die Provinz Posen.) Unter diesem Titel bat der frühere Posener Ge- sckäjtssührer deS Deutschen OstmarkenvereinS, I»r. Leo Wegener, eine Schrift erscheinen lassen, die eine wertvolle Unterlage für die Beurteilung des nationalen Ringens in den Ostmarken bietet. Sehr beachtenswert sind die Feststellungen de» Verfassers über die Abnahme der deutschen Bevölkerung in den Gutsbezirken der Provinz Posen. Obwobl die Zabl der in deutsche Hand übergehenden Grundbesitze sich vermehrt, ob wohl also die deutschen Gutsbesitzer selbst an Zahl zu nehmen, vermindert sich doch fortgesetzt die Zahl der Deutschen auf den Gutsbezirken. Hieraus ergibt sich, daß e» die deutschen Arbeiter sein müßen, die sich ständig ver mindern und dadurch die Reihen der Deutschen erheblich schwächen. In der Tat weist Dr. Wegener nach, daß der Groß grundbesitz in Posen in den dreißiger bis zu den sünsziger Jahre« dtz» Itz. Jahrhundert« deutsch« Arbeit« hevorzugl» ua» i»
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