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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031111017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903111101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903111101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
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Anzeigen »Preis die ssgespaitme Petitzetle 85 Reklamen unter dem Redaktzon-strich t-grspaUen) 7» vor de» FamUüuaach» richten (S gespalten) KO Tabellarischer and Lissernsatz entsprechend höher. — Gebühren Mr Nachweisungen and Offerteuanaahmr 8ü L, (exct. Porto). Ertra-Beilage« (gesalzt), ,,, mit der Morgen-Ausgab«, ohne Posibesördrrung SO.—, »tt Postbesordernng 70.—> Ilnnalimeschluß für Anzeigen: «b,,t>.Ausgabe: vormittag« 1V lllw. Murg«».Ausgab«: StachmUtag« s UhQ Anzeige» stad stets an dta Expedition zu richte«. Die Tradition ist wochentags «nunterbroche» -eöffuet von früh S bis abends 7 Uhr. Druck m»d Verlag von L. Pol- t» Leipzig. 97. Jahrgang. Zur Lrlfis im sran)öfischen Ministerium. Pariß, 8. November. Seit der „Figaro" am vergangenen Sonntag die poli tische Welt hier von dem bevorstehenden Rücktritt beS Ministerpräsidenten Com- Sei in Kenntnis setzen zu müssen glaubte, hört man in den Wandelgängen des PakriS Bour- Son von nichts anderem mehr sprechen, als von her an geblichen Krise, in der sich das Kabinett befindet. DaS AllerweltSblatt „Figaro" mar ja an sich nicht gerade als maßgebende Nachrichtenquelle anzu-sehen. 'Abgesehen da von, -aß das alte Monarchisterrblatt neuerdings wieder ganz besonders nach rechts hinüberschillert und daher Herrn EombeS und seinen Leuten gern Unangenehmes sagt, klang auch di« Form, in die jene erste Mit teilung gekleidet war, etwas befremdlich. Die ganze Alarmbotschast war aus der Tatsache destil liert, Laß Herr EombeS junior -um Staatsrat ernannt war und demgemäß vermutlich aus seiner Stellung als Mtnisterialsekretär im Ministerium des Innern ausscheiden würde. Da nun aber seinerzeit Herr Eom-be- Vater, um seinen Sohn gegen di« häßlichen Ver- Sächtigungen wegen angeblicher Bestechlichkeit zu schützen, erklärt hatte, er würde nur gleichzeitig mit seinem hoff- «ung-vollen Sohne Edgar au- dem Ministerium aus- scheiden, so, schließt der „Figaro", wird jetzt der Vater dem Sohn« folgen. Die Meldung des ,-Figaro" gewann aber ein anderes Gesicht, als der republikanische Osftztosus sie einfach in den „Temps" übernahm und sie mit einigen dunklen Redensarten verzierte, die nur dieeine Deutung -uließen, daß der Ministerpräsident wirklich amtsmüde sei. Man hielt in den Vorzimmern des Sitzungssaales der Kaumier schon eifrig Ausschau nach einem Nachfolger für den so viel befehdeten Herrn Eombes und vertiefte sich in da- Problem der Bildung einer neuen Kammermehrheit. Die letzten Sitzungstagc haben indes die erwarteten Ueberraschungen nicht gebracht. Der Ministerpräsident bleibt, wi« es scheint, wenigstens vorläufig, und Herr Pelletan, das vukunt terribls dieses seltamen Kabinetts, hat einem neugierigen AuSfrager mit Hellem Triumph ver sichert, daß er gar nicht ans Gehen denke. Denn wer sollte wohl nach ihm Ordnung im Marincministerium schaffen? Ein Wort, dessen Zweideutigkeit von den zahllosen -Geg nern des bekanntlich etwas wetnfrohen Herrn Ministers mit Behagen au-gebeutet wird. Also war das ganze Ge schrei wegen des bevorstehenden Rücktritts des Ministe rium- eine bloße Boulevardente? Wir glauben bas doch nicht, sind vielmehr der Ansicht, daß in -der Tat hinter den Kulissen ganz mächtig am Sturz des Kabinetts Eombes gc- arbeitet wird und daß in Wahrheit nicht nur eine latente Krise -wischen Parlament und Ministerium, sondern auch An Ministerium selbst besteht, die vielleicht bei der nächsten besten Gelegenheit zum, Ausbruch kommt, die sich aber viel, leicht auch noch längere Zeit schleichend fortschleppt. Daß sie dann unbedingt zum Sturze des Ministeriums führen müßte, ist natürlich keineswegs so sicher, wi« die Oppo sition eS glauben machen möchte. Die Ereignisse der letzten Woche geben« ein Bild der etwa- verworrenen Lage. Die Erfolge der beiden letzten Ministerien beruhen daraus, daß es Herrn Waldeck- Rousseau gelang, der Negierung -en Kampf nach einer Front zu ermöglichen, während sich die Kabinette biß dahin in Reibereien nach rechts und links immer sehr schnell verzehrten. Herr Waldeck machte die Sozial demokratie hoffähig und spannte sie damit vor seinen Wagen. Die- Experiment, da- noch für den früheren Präsidenten einen bitteren Entschluß bedeutete, machte auch Herr CombeS mit demselben Gllick, aber schon mit lachendem Munde und ohne jeden Skrupel. Er gab -war seinem Kabinett keinen sozialdemokratischen Ge- nassen, wohl aber gab er der äußersten Linken den größten wücklichen Einfluß auf die StaatSgeschäste und ließ den Vizepräsidenten Herrn Jean JaurdS den mächtigsten Mann und den «tgentlichen Beherrscher der Kammer werden. Dieser Bund der schönen Seelen hat durch die Etraßenkämpfe bei der A r b e i ter b ö r se eine« Riß erhalten, der zwar von den Parteihäuptlingen der Linken wieder -u-uletmen versucht wird, der aber immerhin genügt, klar zu machen, was wir hier schon immer -ervorgehoben, baß die Gefahr für Herrn CombeS von links kommt, und nicht von den Nationalisten, die sich anscheinend für bessere Zetten aufsparen wollen, und die gegenwärtig auch keinen geeigneten Führer haben. Die Eozialisten hatten erwartet, baß Herr CombeS den Poli-eipräfekten Lspinc, -em man alle Schuld an den unglücklichen Kämpfen auf der Place de la Rrpubliqu« -»schiebt, fallen lassen würde. Dies tat er jedoch nicht, sondern verteidigt« ihn in einer ungemein schwächlichen »ad zweideutigen Rebe. Di« Linke raste. Man behauptet« ssgs», daß Ldptas »UR den g«n,ssww» vesehle» seines Cheks bei dem Angriffe auf die Arbetterbörse gefolgt wäre. Die Sozialisten sagten daher zum großen Teil die HeereS- folge für die Negierung auf, und das Kabinett wurde nur durch das Einspringen der geschlossenen Parteien der Mitte gerettet. Diese Fahnenflucht soll Herrn Comb«s nun aufs tiefste verstimmt und ihm den Gedanken an Rücktritt nahegelegt haben. Gleich darauf kam dieSou S prSfektenfrage vor die Kammer. Die Rechte ver langte Abschaffung dieser Beamten, die nur Handlager der Negierungen für die Wahlen seien, Herr Eombes ver teidigte seine Beamten nur sehr matt. Der Erfolg war, daß die Regierung zum ersten Male mit 8 Stiimnen in der Minderheit blieb. Herr Eombes stellte aber nicht die Vertrauensfrage, wie dies Goblet im Jahre 1886 in gleicher Angelegenheit getan hatte. Diese angebliche Zähigkeit zieht dem Präsidenten natürlich wütende An griff« von der Rechten zu. Jedenfalls widerspricht aber diese Zähigkeit den Anschauungen derer, die meinen, daß Herr Eombes unter allen Umständen sterben wolle. I Möglich freilich, daß Herr Eombes nur bei einer heroischeren Gelegenheit fallen will, als sie die winzige Svuspräfekteufrage bot. Aus der Linken glaubt man, daß die Rücktritts- gerüchte nur ein Schreckschuß sein sollen, der die meuternden Scharen der Linken wieder zur Raison und zum Gehorsam bringt. Die Alarmnachricht stellt sich danach als Manöver dcS Herrn Eombes dar. Nicht un möglich. Die Abstimmung über die Arbeiterbvrsenfrage hat mit schrecklicher Klarheit gezeigt, daß eine antisozia listische Mehrheit in der Kammer möglich ist, wenn man auch in den sozialdemokratischen Blättern über das ver mutliche Aussehen dieser neuen Regierungsmehrheit spottet. Diese Erkenntnis hat den Zorn gegen Herrn Eombes entwaffnet, der sür die äußerste Linke noch immer der einzige mögliche Ministerpräsident ist — so lange die Zetten für Herrn Jaurös noch nicht reif sind. Die Ausschußsitzung der Blocparteicn am 4. November führte denn auch zu einer großen BertrauenSkundgebung der Mehrheit für Herrn EombeS, der in der Kammer noch verschiedene andere folgten. Nun fragt sich nur, ob Herr Eombes nicht doch gehen will. Hierin sehen wir -en eigentlichen Kern der ganzen Krise. In Herrn Eombes dämmert der Gedanke, daß sein A und O, die Politik gegen die Kongregationen, zu einem großen Fiasko zu werden droht. Bis jetzt sind seine Erfolge in Wahr heit gleich null, denn bei dem Schulanfang im Oktober haben die weltlichen Schulen lange nicht den erwarteten Zulauf gehabt — sie hätten ihn auch gar nicht bewältigen können —, und die sogenannten „freien" Schulen sind zum größten- Teile mit dem alten Personal in un- kvngrcgationistischem Gewände wieder aufgemacht. Herr Eombes müßte nun jeden anderen als den StaatS- unterricht einfach verbieten: das aber wird er und kann er jetzt nvch nicht. Der Karren seiner Schulpolitik ist gründlich fcstgcfahrcn und deshalb möchte er die Bürde und Würde des verantwortlichen Ministerpräsidenten vielleicht los sein. Die Krise im Ministerium selbst, die Aufsässigkeit dcS Unterrichtsministers Chaumi 6 und die mißvergnügte Mielrc des Finanzministers Rouvier zeigen ihm, daß nach dem lachenden Frühling für sein Mlnisteriirm der stürmische Herbst gekommen ist. Eine Krise liegt also tatsächlich vor, augenblicklich gibt eS aber noch zu viel Leute, die «in Interesse haben, sie zu ver decken. I'. Deutsches Reich. -7- Berlin, 10. November. (Giftmischer-Politik.) Die „Kreuzztg." ist unausgesetzt an der Arbeit, die Libe ralen, und zwar auch die Nationalliberalen, der Hin neigung zur Sozialdemokratie an höherer Stelle zu denunzieren. Ja, sie glaubt dies Ziel schon erreicht zu haben und deutet die Rede des Ministers Freiherr» von Hammerstrtn in Hannover so, daß in ihr ein „deutlicher Fingerzeig" läge, daß die Regierung den National liberalen die Auslassungen in „jung liberalen" Versamm lungen nicht vergessen habe und nicht vergessen werde. Wir können beim besten Willen m der Rede de- Ministers keinen Verdacht gegen die Nationalliberalen finden, und die Aeußerung eines solchen in der Provinz, in der den Nationalliberalen die Führung deS Kampfes gegen daS von dem Minister so heilig angegriffene Welfentum obliegt, wäre auch eine politische Unklugbeit gewesen, welche die „Kreuzztg." dem ihr ,m übrigen in seinen Anschauungen wohl ziemlich nabestebenden Minister nicht »utrauen sollte. Um den Zusammenhang zwischen dem Liberalismus und den Sozial demokraten zu beweisen, scheut die „Kreuzztg." auch nicht vor der tollsten Umkehrung der Tatsachen zurück. So be hauptet st«, daß die furchtbaren Ausbrüche deS Dresdner Schlammvulkans „unsere liberalen Freunde" „nicht nur völlig kühl gelassen, sondern ihre Neigung zum Zusammen gehen mit den Genossen gegen die Reaktion sogar noch gesteigert" hätten. Wir wüßten, von der nationalliberalin Presse schon ganz abgesehen, auch kein bedeutendere- frei sinnige» Organ zu nennen, da» nicht seinem Widerwillen über di« Dresdner Vorkommnisse nachdrücklich Ausdruck verliehen hätte. Ebenso nichtsnutzig ist die Unterstellung der „Kreuzztg.", daß die gesamte liberal« Presse nur deshalb über da brutale Verhalt«» der G»zialdrmokrat«n b«i ri»«r liberal«» V«,ss»«lua- iu SSat-Ib««- tzLru» zischln-«» hab«, »sil man sich dadurch erst über da» feindselige Verhalten der Sozialdemokratie bei den Landtagswahlen klar geworden sei; diese liberale Erregung sei um so „bezeichnender", als früher schon öfter Aehnliche« vorgekoininen sei, ohne daß man sich sich darüber ausgeregt habe. Lüge oder Unwissenheit, daS ist hier die Frage Bekanntlich hat die liberale Presse, von den rechtsstehenden nationalliberalen Blättern angesanaen, bis zur „FreisinnigenZeilung", schon im Frühjahr dieses Jahres ihrer Empörung wiederholt in den schärfsten Formen Ausdruck gegeben, als die Sozialdemokraten nationalliberale und freisinnige Versammlungen in ähnlicher Weise wie jetzt in Königsberg störten; damals handelte es sich um die Reichs tagSwahlen und kein Mensch dachte daran, diese Vorkommnisse mit der Möglichkeit oder Unmöglichleit eines Bündnisses für die preußischen Landtagswahlen in Verbindung zu bringen. Endlich unterstellt die „Kreuzztg.", daß der „üble Geruch", in den die Sozialdemokratie „plötzlich" bei den Liberalen ge kommen sei, sich in himmlischen Duft verwandeln würde, wenn die Sozialdemokratie sich m der Stunde ver Entscheidung doch noch auf die Seile der Liberalen stellten. Erstens ist die Sozialdemokratie nicht plötzlich und nicht durch den Königs berger Vorfall in üblen Geruch bei den liberalen Parteien gekommen, sondern sie wird von den Nationalliberalen seit »eher bekämpft, aber auch die Fehde zwischen der freisinnigen Volkspartei und der Sozialdemokratie währt ununterbrochen und in größter Heftigkeit seit fast genau einem Jahre. Zum zweiten haben die Reichstagswahlen den handgreiflichen Beweis geliefert, daß die liberalen Parteien ihre Auffassung über den „Geruch" der Sozialdemokratie nicht von sozial demokratischer Wahlhilfe oder Nichthilfe abhängig machen. Die Sozialdemokratie hat in einer ganzen Reihe von Wahl kreisen zu Gunsten liberaler Parteien in der Stichwahl ent schieden, beispielsweise allein in fünf niederschlesischen Wahl kreisen zu Gunsten der Freisinnigen, ohne daß dadurch der Kampf zwischen Liberalismus und Sozialdemokratie irgendwie an Heftigkeit eingebüßt hätte. Wir zweifeln nicht daran, daß das Verhalten der Parteien zu einander von der preußiicken Negierung so sorgfältig beobachtet wird, daß die Gift milchereien der „Kreuzztg." die beabsichtigte Wirkung voll ständig verfehlen werben. H- Berlin, 10. November. (Neue Verkehrs einrichtung.) Die Fortschritte der Technik auf dem Gebiete des Verkehrswesens haben neuerdings zur An wendung einer Berkehrscinrichtung geführt, die, wie cs scheint, für die Befriedigung solcher Verkehrsbedllrfnisse Bedeutung gewinnen wird, die andernfalls unbefriedigt bleiben müßten, weil die Kosten der Herstellung und des Betriebes einer Kleinbahn selbst einfachster Art in den Ein nahmen keine Deckung finden würden. Es sind dies schienenlose Kraftwagen, welche aus den ge - wöhnlichen Kunst st raßen unter Benutzung einer elektrischen Oberleitung betrieben werden. Solche schienenlose Bahnen sind bereits an versch ebenen Orten, namentlich auch in den Westprovinzen, im Gange. Es lenkt sich die Aufmerksamkeit ans diese neue Verkehrs einrichtung besonders für solche Gegenden, kn denen sich Schwierigkeiten deS Geländes mit einem verhältnismäßig nicht sehr erheblichen Verkehr verbinden, um der Anlage von Schienenwegen kaum zu überwindende Schwierig keiten entgegenzusetzen, wie z. B. in dem preußischen Eichsfelde und den benachbarten Kreisen. Die Anwendung dieses neuesten und modernsten Verkehrsmittels wirkt eine Reihe von Fragen rechtlicher Natur auf. Zunächst natür- lich die Frage, ob diese schienenlosen, mit mechanischer Kraft betriebenen Verkehrsmittel dem Kleinbahn- gesetz unterliegen. Diese Frage wird zu verneinen sein; denn nicht nur ist in der Begründung deS betreffen den Gesetzentwurfs ausdrücklich die Schiene als das charakteristische Merkmal der hier in Frage kommenden Bahnen bezeichnet worden, sondern die Zulässigkeit der landesgesetzlichcn Regelung des Gegenstandes beruht auch auf der Voraussetzung, daß die Kleinbahnen als Eisen- vahnunternehmungen im Sinne beS 8 6 der Gewerbe- ordnunq anzusehen sind. Findet aber daS Kleinbahngefetz aus die schienenlosen BerkehrSnnternehmungen vieler Art keine Anwendung, so greisen auch nicht die Sonbervor- schrtften dieses Gesetzes, sondern die allgemeinen Bestimmungen über Genehmigung und Aufsicht bei diesen Unternehmungen Platz, und ebenso finden die Sonder, bestimmnngen der 88 6 und 7 des Klcinbahngesrtzes cnb* die Beziehungen -wischen Strasieneigentümcr und Ver- kehrSunternehmer ans sie nicht Anwendung. Die weitere Frage ist die, ob Unternehmen der hier in Rede stehenden Art aus dem sogenannten Kleinbahn fonds von StaatSwegen finanziell unter- st ü tzt werden können. Auch diele Frage wird vorerst zu verneinen sein; denn die Zweckbestimmung teneS Fonds laniet ausdrücklich auf die Förderung des Baues von Kleinbahnen. ES würde daher mit dieser Zweckbe- stimmnng nicht vereinbar sein, wollt« man daraus Mittel zur Förderung solcher VerkehrSuinternehmungen heran ziehen, d'e nickt Kleinbahnen im Sinne des Kleinbahn- aesetzeS sind. In diesem Punkte würbe sich indessen leicht durch eine nicht sebr erheblich« Erweiterung der Zweckbe stimmung dieses Fonds AVHiilke sch-ä'fen lassen so bad sowohl die noch vorhandenen nicht unerheblichen Bestände de« Kleinbahn'ond« als etwaige neue »ur Nnksiiklima det>- selben bestimmte Kredite auch für schienenlose VerkchrS- unternebmnngen nutzbar gemacht werden könnten. *- Berti«, 10. November. (Revisionistische Ketzereien.) Ein Arbeiter hat es gewagt, eine Broschüre gegen den Hüter d«S marxistischen Dogmas, gegen KautSky, zu schreiben. Sr betitelte sie „KautSky und die soziale Revolution" und erdreistete sich, in die Höhle de» Löwen, die „BorwäriS"-Buchhandlung. zu gehen, um sie dort verlegen zu lassen. Natürlich er hielt er sie als „unverwendbar^ zurück und seine Be schwerde an die Kontrollkommission blieb erfolglos. Die Abweisung wurde damit begründet, daß ein „befähigter" Genösse dicBroschüre nicht sür bruckfähig erklärt hätte. Nun hat sie der Verfasser im Lcibüverlage erscheinen lassen, um si« dem Urteile b«r Genossen -« unterbreiten. Dissen H«rganz erstztzrt «an jetzt «u» S«r MK»ch«u«r Post", die sich in einer Besprechung der Broschüre ihres Verfassers, des Arbeiters SteininganS, warm an- »linint, natürlich in der Hauptsache, um dem „Vorwärts", und den endzielbewiißten Berlinern eins zu versetzen. Namentlich folgende Stellen aus der Besprechung der „Münchener Post" sind bezeichnend: „Wahrscheinlich ist eS aber nicht die Form, sondern der Inhalt, der daS non imprimatur in Berlin zeitigte. Auf jeden Fall beweist Gen. SteininganS die Hohlheit des in gewissen P a r t e i k r e i s e n in die Mode gekom menen Geredes von dem Schwinden deS theo retischen Sinnes — richtiger des schwindenden Glau bens an die alleinseligmachende Heilslehre der Parteiortho doxie. . . . Gegenüber den Deduktionen der Kantskyschen Broschüren: „Die soziale Revolution" und „Am Tage nach der sozialen Revolution" wendet SteininganS mit großem Geschick die induktive Methode an, indem er cm der Hand der Tatsachen auS der Vergangenheit wie der Gegenwart die Unhaltbar- keitderKautskyschenTheoriefür Praxis und schöpfe rische Parteitätigkeit nachweist. Wohlgemerkt,nicht derTheorie an sich, sondern der Theorie der Marxisten, die ja wieder etwas andere» ist als die Theorie von Marx und EngelS . . . Doch bestrebt sich der Verfasser in seiner Polemik stets, auch seinem Gegner gerecht zu werden. Nie verfällt er in die jetzt so beliebte literarische Manier der persönlichen Verdächtigung, de» Verrufs un dec Achterklärung. Dieser Arbeiterschrifrstell'er will belehren, überzeugen, und versöhnen. Mancher „Be fähigte" in Berlin kann viel von ihm lernen." (-) Berlin, 10. November. (Telegramm.) Der Kaiser hörte beute im Neuen Palais bei Potsdam die Borträge deS Chefs deS MstitärkabinettS, deS Chefs deS AdmiralstabeS der Marine und deS Chef» des Mariue- kabinettS. — Der preußische Kultusminister hat durch Runderlaß an die Universitätskuratoren angeordnet, daß künftig in den Abgangszeugnissen der Studierenden neben den von akademischen Behörden ausgesprochenen Disziplinar strafen auch die von den Gerichten wegen Verbrechen oder Vergehen erkannten Strafen zu vermerken sind. T Königsberg t. Pr., 10. November. (Telegramm.) Zu dem Ermittelungsvcrfabren wegen Geyeimbünvelei gegen mehrere hiesige Sozialdemokraten meldet die „Königsb. Hart. Ztg.": Gestern und heute wurden auf Re quisition der hiesigen Staatsanwaltschaft, bezw. der Krimi nalpolizei, in Memel der dortige sozialdemokratische Ver trauensmann Treptau und die ÄrbeiterKtein und Kugel verhaftet. Die Verhaftungen erfolgten auf Grund des § l 28 des NeichsstrafgesetzbucheS (Teilnahme an geheimen Verbindungen). Die Meldung von der auf Grund derselben Beschuldigung er folgten Verhaftung des hiesigen sozialdemokratischen Kassen- lührerS Braun und des Arbeiters Nowagrotzky bestätigt sich. Der „Königsb. Volksztg." zufolge ist über Braun die Briefsperre verhängt worden, sodaß alle an ibn gerich teten Briefe zuerst der Staatsanwaltschaft zugestellt werden müssen. * Ans der Ostmark. Abermals ein Streiflicht auf die Schulz» st ände im Osten wirft «ine Gerichtsver handlung, die kürzlich in Kaukehmen, Kreis Niederung, Ostpreußen, stattfand. Am 13. Juli nahmen mehrere Eltern in Skör en ihre Kinder aus der Schule, weil das Unterrichtszimmer in einem Zeitraum von etwa 10 Tagen nicht gereinigt worden war; auch stand den Schulkindern wäh rend dieser Zeit kein Trinkwasser zur Verfügung. Die Väter wurden daraufhin wegen Schnlversäumnis ihrer Kinder mit Geldstrafen belegt. Sie wurden dagegen beim zuständigen Schulinspektor vorstellig, aber ohne Erfolg. Nun trugen sie auf richterliche Entscheidung an. Im Verhandlungstermin vor dem Schöffengericht führten sie zu ihrer Rechtfertigung an: nur der Unsauberkeit wegen hätten sie ihre Kinder der Schule ferngehalten; dies hätten sie auch dem Lehrer zu Proto koll gegeben, der eS der Regierung einschickte. Die Beklagten hatten auch, wie durch die Beweisaufnahme festgestellt wurde, die Regierung von ihrem Vorhaben und dessen Ursache tele graphisch in Kenntnis gesetzt; eine Antwort ist darauf nichr erfolgt. DaS Urteil lautete auf Freisprechung; die Kosten wurden der Staatskasse auferlegt. * Posen, 9. November. Der polnische Stadtverordnete vr. EhlapowS kt nennt jetzt in feinem Streite mit Geheimrat Witting wegen dessen angeblicher Aeußerung über den Standort de- Posener BtSmarckdenkmai- zwei polnische Zeugen, denen er die Aeußerung s. Zt. mitgetctlt haben will, was die Betreffenden jederzeit bezeugen wollten. * TniSbUrg, S. November. Tin polnischer Verein soll, nach der „Rhein. Wests. Ztg.", auch tu unserer Stadt demnächst gegründet werde«. * M-Gkatzhach, v. November. Lier wurde ein Verein der nationattiberatrn Jugend gebildet, dem sich gleich am ersten Abend über KO Mitglieder anschtogen. H Weinrar, ft. November. Der Bericht der grvßherzogl. sächsischen Landessynode ti-ber da- kirchliche Leben führt -bittere Klage über den immer stärker zu Tage tretenden Rückgang desselben. Mehr und mehr werd« da- Interesse am Kirchenbesuch« geringer, und auch in sonst gut kirchlichen Kreisen bereite sich ein Niedergang vor. Die sozialdemokratische Agi tation, di« auch schon in die ländlichen Kreise dringe, er zeuge bei der Mehrheit der Industriearbeiter Gleichgültig keit gegen Kirche und Religion. Die Popularisa tion der materialistischen Wissenschaft trage in den unteren Schichten ihre Früchte, aber e» sickere nur da» durch, wa» indenoberen Schichten schon vorhanden s«i. DaS kirchliche Leben der Gtud»ut«nrr»ts«i »u» d«ea ffch Svch dl» -SchsU
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