01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031124014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-24
- Monat1903-11
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Extra-Beilage» (gefalzt n«r mit der Moraru-Au-gabe, ohne Postbefürderuug SV.—, mit PostbefSrderuag 70^> A«zetge»'PretO die S gespaltene PetUzeile ÜÜ Rekle«,» nut« de» Nadaktiousstrich l» gespalten) 78 vor den FamUtennach- richte» tS gefpalte») SV Tabellarischer und Zifferusatz entsprechend höher. — Lebübrr» für Nuchweis»ugen imd Offertenamtago» SS (exrl. Porto). Jinuahmeschluß fiir Anzeigen: >b«»d-Au»gaber Borultttag« io Uhr. Mvrgeu-Aas-abe: Nach»ttt»g» 4 Uh» Anzeige» sind stet» an die Expedition z» richte». Di« Expedition ist wochentags mnoNerbrvche» geüsfuet vo» früh S bi» ab«d» 7 Uhr. Druck und Verlag vo» E. Pol» in Leipzig. Nr. 586. Dienötag den 24. November 1903. 87. Jahrgang. Der Rückgang der Wehrkraft in Frankreich. V. Iss. Zwei militärische Dinge sind «s, die gegen wärtig da- Interesse fast -er gesamten französischen Republik in hohem Maße beschäftigen, und die bet der Bedeutung, die sie für das Heerwesen unserer westlichen Nachbarn haben, auch bei uns volle Beachtung gefunden haben. Zunächst ist die Tatsache zu verzeichnen, daß Frankreich infolge der ja schon seit Jahren festgcstellten Abnahme seiner Bevölkerung gezwungen ist, bet dem Rekruten kontingent für bas Jahr 1904 abermals eine Verminde rung etntreten zu lassen und dasselbe auf nur 190 000 Mann anzunehmen, was gegenüber den 298 000 Mann, die das diesjährige Rekrutenkontingent bilden, einen Minderbetrag von 3700 Mann bedeutet. Wenn es ja auch richtig fein mag, daß ein Teil dieses auffälligen Rück ganges in Len Ersatzziffern auf die jüngst erlassenen kriegsministeriellen Verfügungen zurückzusühren ist, die Len AuShebungSkommtssionen, ans grnnd der überaus un günstigen militärischen KrankheitSbertchte der beiden letzten Jahre, eine strenger« Auswahl nnter den Ge stellungspflichtigen vorschreiben, so ändert diese Begrün dung weder etwas an den eingangs bezeichneten Tat- fachen, noch kann sie darüber Hinwegtäuschen, daß der er neut« Ausfall an dienstfähiger Mannschaft die schwer wiegende Maßnahme der Auflösung wichtiger Heeresbe- standtetle zur Folge gehabt hat. Als Frankreich, dem Beispiele Deutschlands folgend, dazu überging, bei der Infanterie vierte Bataillone zur Verstärkung seiner FrtedenSctnhetten anfzustellen, war es im Jahre 1900 bei einem Rekrutenkontingent von 806 64« Mann dahin gelangt, bei 98 von insgesamt vor- handenen 145 Infanterie-Regimentern vierte Bataillone zu je 4 Kompagnien zu formieren; 11 Regimenter hatten vierte Bataillon« nur zu 3 Kompagnien, 22 Regimenter solche zu 2 Kompagnien, 16 Regimenter von nur 1 Kom pagnie und bei 3Regimentern hatten noch gar keine vierten Bataillone gebildet werden können. Bei der Wichtigkeit der Aufgaben, die im Mobilmachungsfalle den vierten Bataillonen zufallen sollten, und die, wie es hieß, in der Hauptsache in wichtigen Sonderaufträgen an der Ost grenze, vorgesehen waren, mit denen man nur aktive Formationen betrauen wollte, konnte es nicht überraschen, daß die französisch« Heeresleitung nicht nur auf den Erhalt der bereits neu geschaffenen Einheiteck, sondern auch auf ihren weiteren Ausbau ernstlich bedacht war. Der lmgünstige Stand der Geburt-ztffern und die damit im Zusammenhangs stehende allmählich« Abnahme des diensttauglichen Ersätze« haben jedoch durch alle Wünsche und Kombinationen des KriegSministertumS und deS Gcncralstabes einen dicken Strich gemacht, und, wie «S heute den Anschein hat, alle ans die Durchführung der Formierung vierter Bataillone für die gesamt« Jnfan- terie gerichteten Hoffnungen für unabsehbare Zeit zu- Nichte gemacht. Faurllatsn. Ein „berühmter" Räuber. Auch eine Säk»lareri«»er»«g >md zugleich kulturgeschichtliche Skizze. verdoUn., Ob Kneißls „Ruhm" nach hundert Jahren noch so lebendig sein wird, wie zur Zett seiner Taten, seines Prozesses und seiner Verurteilung, steht noch in Frage. Der „bayerische Hicsl" Nr. II, wie man ihn auch genannt hat, wird im Bayernlande allerdings noch lange Zeit als ein „würdiger" Nachfolger seines Namensvetters, der nachträglich Nr. I geworden ist, gelten; zu allgemeiner, Jahrhunderte langer „C«lebrität" aber, wie st« der vor 200 Jahren Hingerichtete sächsische Räuberhauptmann Nickel List*) und dessen am 21. November 1803, also vor hundert Jahren, gleichfalls von Henkershand gestorbene „Kollege" SchinderhanneS alias Johann Bückler Sohn erlangt haben, wird er es kaum bringen. Wann und wo immer in deutschen Landen von großen Räubertaten die Rede ist, hört man namentlich den Namen SchinderhanneS nennen, -er auch im Konver. sattonSlextkon Unterschlupf gefunden hat. Sogar in Versen hat man ihn verherrlicht, und in der deutschen Literatur lebt er L. B. weiter durch Heinrich Heine- Strophe im «rsten Lobgesang auf Ludwig I. von Bayern: „Walhallagenossen", ein Meisterwerk, Worin er jedweden Manne- Verdienste, Tharakter und Taten gerühmt Bon Teut bis SchinderhanneS. Dieser Räuberhauptmann war, als man ihn am «ben- genannten Tage vor dem Wetsenauer Tore in Mainz mit 19 seiner über SO zählenden Spießgesellen hinrichtete, erst *) Man vergleiche den Artikel „Nickel List, ein sächsischer vor 200 Jahren" im „Leip». TageLl." vom I. April Augenscheinlich hat 'sich die französische Presse entweder gescheut, mit dieser Tatsache unvermittelt vor vtc Oeffcnt- ltchkeit zu treten, oder man hat sie absichtlich, so lange es nur irgend möglich war, im Dunkeln gelassen, um unlieb samen Erörterungen aus dem Wege zu gehen. Jedenfalls muß es auffallen, wie viele Unrichtigkeiten über diesen Gegenstand selbst in ernsten politischen Zeitungen und in Fachblättern des Nachbarlandes verbreitet morden sind, die auch ihren Weg zu uns genommen haben und hier mit Zusätzen und Auslegungen aller Art versehen worden sind. Um nun ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen des Bild zu geben und die Hauptsache aus nebensächlichen Dingen anszuscheibcn, erscheint cs geboten, in den Vorder grund zu stellen, daß die französische Heeresleitung sich hat entschließen müssen,außer bei den 18 Regimentern «145 bis 108), nur noch solche vierte Bataillone beizubehaltcn, die entweder bei Regimentern an der Ostgrcnze aufgestellt waren, oder für deren Unterbringung feste Abmachungen mit den betreffenden Stadtverwaltungen Vorlagen, und die sämtlich zu 4 Kompagnien formiert bleiben. Die Gesamtzahl dieser von jetzt ab noch vor handenen vierten Linien-Jnfanterie- bataillone beläuft sich nach zuverlässigen Angaben nur noch auf 65, die sich, wie zur Rich tigstellung anders lautender Angaben angeführt werden mag, nicht auf alle Armeekorps verteilen, da das 13. und 19. Korps kein viertes Bataillon haben. Der Haupt anteil (16) der verbleibenden vierten Bataillone entfällt auf sämtlich« an der Grenze gegen Deutschland dis lozierten Infanterie-Regimenter des 6., 7. und 20. Armee korps, denen sich die Regimenter des 14. und 15. Armee korps, die die Alpcnarmee bilden, mit insgesamt 15 vierten Bataillonen anschließen; mit nnr je 1 vierten Bataillon sind zu verzeichnen das 1„ 8., 9., 11. und 16. Armeekorps, während über je 2 bis 6 vierte Bataillone die übrigen, noch nicht hier aufgcführten 8 Armeekorps zu verfügen haben. Bei dieser Aufzählung mag noch eines nicht unwesent lichen Irrtums gedacht werden, der aus französischer Quelle in deutsche Berichterstattung übertragen worden ist und die Behauptung zum Gegenstände hatte, daß, da beim 6. und beim 20. Armeekorps nur je 4 Regimenter mit vierten Bataillonen aufgeführt seien, während das 7. Korps 8 Regimenter zu je vier Bataillonen stark sei, jene beiden GrcnzkorpS nicht ihre gesamte Infanterie zn 4 Bataillonen formiert haben könnten. Demgegenüber sei daran erinnert, daß das 20. Armeekorps seinerzeit durch Teilung des sehr umfangreichen 6. Armeekorps, bczirks formiert worden ist, demzufolge jedem dieser beiden Korps nnr 4 Subdivtstonal-Jrrfanterie-Regtmenter über- wiesen wurden. ES ist somit durchaus zu- treffend und keine irrig« Angabe, Laß die gesamte französisch« Infanterie an der O st grenze auch in Zukunft vollzählig ihre vierten Bataillone beibehalten wird. Eine weite Verbreitung hat auch bei un» die noch nicht verbesserte Nachricht gefunden, daß da- 10. und das 11. Armeekorps die meisten vierten Bataillone beibehalten werden, weil diese beiden Korps die Besatzungen von Brest und Cherbourg ftir die von hier nach Südfrankreich zu verlegenden Kolonialtruppen stellen müßten. In Wirk lichkeit behalten jedoch beim 10. Armeekorps nur 2 Regi menter und beim 11. Armeekorps, wie oben bereits an- gegeben, sogar nur 1 Regiment ihre vierten Bataillone. Fanatische Anhänger des Revanche-Gedankens und solche Leute, die ihre Hoffnungen auf einen baldigen Krieg mit Deutschland setzen, sind mit diesen, durch die Verhältnisse notwendig gewordenen organisatorischen Maßnahmen keineswegs einverstanden und suchen ihrem Unmute Luft zu machen in heftigen Ausbrüchen gegen den Kriegsministcr, General Andre, dem sie die Auflösung der vierten Bataillone, ahne Befragen des Parlamentes, als ein verfassungswidriges und deshalb unerlaubtes Ver fahren vorwerfen. Die lauten Schreier haben jedoch das Recht nicht auf ihrer Seite, denn nach dem Gesetze vom 4. März 1897, das die Aufstellung vierter Bataillone für die SubdivisionS-Jnfanterie-Negimenter beschloß, wurde es völlig in die Hand des jeweiligen KriegSminisiers gelegt, die vierten Bataillone, je nach dem vorhandenen Mannschaftsbestande, zu organisieren ober aufzulöscn. Nur in Bezug auf die Negionalregimenter hatte das Gesetz vom 20. Juli 1891 bestimmt, daß die bei diesen Regimentern ausgestellten vierten Bataillone unter allen Umständen beizubehalten seien. Gegen diese gesetzliche Be stimmung hat General Andrö nicht verstoßen, denn nach wie vor werden die an der der Ostgrenze verteilten 18 Regionalregimentcr ihren vollen Etat von vier Bataillonen zu je 4 Kompagnien behalten. Bei diesem Stande der Dinge wird es notwendig sein, der Beratung über militärische Dinge in Frankreich während der nächsten Monate mit besonderer Aufmerk samkeit zn folgen. Noch ist ja das Gesetz über die Ein führung der zweijährigen Dienstzeit nicht endgültig an- genommen, und wer weiß, ob dasselbe nicht noch in letzter Stunde durch die neuaufgctretenen Schwierigkeiten im Ersatzgeschäft zu Fall gebracht wird. Die polonifiernngsverlulhe in Berlin und das Zentrum. /S. Die Berliner Polen haben bekanntlich zur Vo Ionisierung des katholischen Gottes dienstes in der Reichs Hauptstadt einen Vor stoß unternommen, von dem voraussichtlich noch lange zu sprechen sein wird. Die verlangen nicht weniger, als daß in allen katholischen Kirchen Berlins bet Taufen, Trauungen, Begräbnissen, Beichtunterrtcht und Beichte auf Wunsch die polnische Sprache angewandt werbe und daß in fünf Berliner Kirchen, sowie in Weißensee, Rix» -orf, Schöneberg und Eharlvttenburg jeden Sonn tag polnische Predigt mit polnischem Gesänge stattfinden soll! Diese Forderung wird vom leitenden Z e n tr n m S o rg a n mit „flammender" Begeisterung unterstützt. Die „Köln. BolkSztg." kann allerdings nicht ableugnen, daß die Polen Berlins „leicht" das Deutsche lernen. Aber das rheinische Zentrumsorgan entschädigt sich für dieses Eingeständnis durch die Behauptung: zum Verständnis einer deutschen Predigt reiche die Sprach kenntnis der Berliner Polen ebenso wenig aus, wie die Sprachkenntnisse «inen Deutschen in den Stand setzten, eine französische Predigt zu verstehen, selbst wenn jener deutsche Reisende sich mit Kellner» un- Eisenbahn schaffnern verständigen könne. Die völlige Unzulässigkeit eines derartigen Vergleiche» springt in die Augen; es ist etwas ganz anderes, ob ein Deutscher mit französischer DprachkenntniS eine Reise nach Frankreich macht, oder ob in Berlin ansässige Polen, die jede Stunde ihre deutschen Kenntnisse verwerten müssen, deutschen Predigten anwohnen. Die „Köln. BolkSztg." wirft sodann die grundsätzliche Frage auf, daß innerhalb der Kirche die Staatssprache nicht maß gebend sein dürfe. Um eine grundsätzliche Frage im eigentlichen Sinne handelt es sich jedoch gar nicht. Viel mehr handelt es sich um die konkreten Berliner Verhält nisse, denen eine grundsätzliche Bedeutung nur insofern zukommt, als von einer Erfüllung der polnischen For derungen in Berlin weittragende Konsequenzen für Rheinland-Westfalen, vielleicht auch für Sachsen und andere Gegenden, abgeleitet werden könnten. Der Widerstand, der im deutschen Westen von bischöflicher Seite den nationalpolnischen Forderungen bi- zu einem gewissen Grade entgegengestellt worden ist, würde mehr oder weniger rasch dahinschwinben, sobald da» Polen- tum in Berlin seine nattonalpolntschen Forderungen brrrchgesetzt hätte. In welchem Grade diese Forderungen von dem Be dürfnis nach deutschfeindlicher Agitation ein gegeben sind, geht klärlich aus -en weiteren For derungen hervor, die im unmittelbaren Zusammenhänge mit ihnen der Berliner katholischen Kirchenbehörbe vor getragen worden sind. Da wird von der Geistlichkeit ver langt, daß sie sich nicht „in die inneren politischen und nationalen Angelegenheiten der Berliner Polen menge" und daß ,^»uif die polnischen Arbeiter feiten» gewisser Geistlicher kein Druck mehr au-geübt werde, daß sie polnischen katholischen Arbeitervereinen nicht bettreten sollen". — Man kann nicht unbefangener, al» eS hier ge schieht, einesteils die Kirche um die unmittelbare För derung des nationalen Polentums «rngehen, andernteil» sich auch die leiseste Hemmung natiorralpolnischer Be strebungen durch die Kirche verbitten. Der Berliner Dekan Frank als Vertreter des erzbischöflichen Dele- gaten soll versprochen haben, alles zu tun, wa» in seiner Macht stehe, um die Wünsche -er polnischen Diözesanen zu erfüllen. Ist diese Mitteilung richtig, so ist die Ber- wunderung darüber am Platze, warum der Herr Dekan die polnischen Wünsche nicht einfach »<i reksrenckum ge nommen hat. Denn der erzbischöfliche Delegat ist unseres Wissens vom Kardinal-Fürstbischof Kopp dele giert, und dieser dürfte die Forderungen der Berliner Polen mit anderen Augen ansehen al» Herr Dekan Frank. Das hat offenbar auch die ,Fvln. BolkSztg." ver gessen, als sie einfach aussprach: ,^fn Berkin gibt e» wohl eine ausreichende Anzahl von Geistlichen, die polnisch sprechen, wäre es aber nicht der Fall, so müßte eben die Zahl ber Geistlichen, die des Politischen kundig sind, per- mehrt werden." Indem das Polenblatt am Rhein solchermaßen be dingungslos mit dem Berliner Polentum gemeinsam« Sache machte, lieferte cs unabsichtlich einen eigentümlichen Beitrag zur Kritik der Tatsach«, daß die offizielle Kirchen sprache der katholischen Kirche da» Lateinische ist. Die katholische Kirche führt gewöhnlich zu Gunsten ihrer lateinischen Kirchensprache an, e» fühle sich jeder Katholik, wo immer auf dem Erdenrund er seine katholisch« Kirche 24 Jahre alt, denn er war 1779 in Mühlen bei Nastädten geboren. Ein dem Schreiber dieses „Säkularfeier» artikels" vorliegende», schon arg vergilbtes „fliegendes Blatt", das neben einem Konterfei BücklerS den Titel führt: „End-Urtheil welches von dem Spezial-Gericht zu Mainz den 20. November 1803. gegen Johann Buckler, Sohn, genannt SchinderhanneS und ein und sechzig seiner Mitschuldigen ausgesprochen wurde. Nebst der wahren Abbrldung des SchinderhanneS, wie er in dem SihungSsaale des Gerichts von einem Künstler gezeich net worden ist." zählt ihn unter den „Namen derer 20 Personen, welche den 21. November durch die Guillotine hingerichtet morden sind", an «rster Stelle auf und bemerkt über seine Räubertätigkeit: „Er hat sich 53 Verbrechen schuldig ge macht, die theilS in Straßenraub, Pferd- und Schaaf- Diebstählen, Einbrüchen und der Thetlnahm« an drcy Mordthaten bestanden haben." Aus seinem Leben teilt Rauchhaupt in seiner 1896 zu Kreuznach zum zweiten Male aufgelegten „akten mäßigen Geschichte über daS Leben und Treiben de- SchinderhanneS" unter anderem mit, daß Bückler früh zeitig in den Dienst bet einem Scharfrichter getreten sei, woher auch sein Spitz- oder Räubernome „Schinder- Hannes" stammt. Wegen Diebereien kam er mehrfach in Untersuchungshaft, entsprang aber mehrere Male und gesellte sich sodann zu einer DtebeS- und Räuberbande, die unter der Führung eine» gewissen Fink, mit dem Beinamen der Rotbart, stand. Wieder «rgriff man ihn mehrmals, doch entkam Bückler abermals und bildete dann selbst ein« Bande, die bald der höchst« Schrecken am Mittelrhein ward. Das Räuberunwefen stand um jene Zeit nach den Feldzügen gegen die erste französisch« Republik in den Rheinland«» überhaupt in größtem Flor; man kennt an ein Dutzend mehr oder minder gefürchtete und berüchtigte Banden, von denen neben der Bücklerschen noch die Fetzers, Picards, Müllers, Damian», Heckmanns und de» „Studenten" Hessel di« größten und frechsten waren. Um ber Landplage zu steuer«, seht« man besonder« Gerichte und PoltzeUommisstone« «in, der«« »ufgadr «»«.«. «ar. hier un- da unter falschen Namen gefangene Räuber zu identifizieren. So fand man schließlich, nachdem man lange Zeit vergeblich auf sie gefahndet hatt, in Bergen den cbengcnannten Fetzer und bald daraus in Frank furt a. M. auch Bückler. Beide waren dort gering fügiger Vergehen halber in Haft geraten, ohne daß man sie erkannt hatte. Die Erkennung und Ucberfüchrung ge lang dem in der zweiten Hälfte des Jahres 1802 zwecks Festnahme un- Feststellung von derartigen Banden führern auf einer Rundreise begriffenen französischen Staatsprokuratenr Keil. Als man beide Räuberhauptleute von Frankfurt nach Mainz brachte, meinte Fetzer zu SchinderhanneS, als «in Rad -es Karrens, auf -em sie in Fesseln saßen, ins Schleifen geriet: „Sieh, Kamerad, so ist es auch mit unse rem Lcbensrade. Mich dünkt, es ist gleichfalls ins Stocken geraten". SchinderhanneS aber meinte: ,Mit sechs bis acht Jahren Galeere denke ich durchzukommen", indes Fetzer erwiderte: „Ich nicht . . ." und sich dabei mit -em Kinger um den Hals fuhr. Er behielt recht für beide, denn die Zuversicht BücklerS ging nicht in Erfüllung. Im Februar 1803 enthauptete man Fetzer in Köln, am 21. No vember, wie schon angeführt, den SchinderhanneS in Mainz. Vorher hatte er himmelhoch gebeten, ihn nicht von den Franzosen justifizieren zu lassen, denn diese verfuhren sehr streng gegen die Räuber und gebrauchten die von diesen Uber alles gehaßte Guillotine, die Pariser Neuheit der letzten anderthalb Jahrzehnte, klebrigen» hatte er gleich anderen Räubcrführern die französischen Gebietsteile fast stet» gemieden und sich lieber im Preußischen, Hessischen und in den Kleinstaaten am Rhein aufgehalten, wo die Be hörden saumseliger in der Verfolgung der Räuber und Mordbrenner verfuhren und ihnen womöglich gegen Zahlung von Schutzgeid Unterschlupf und falsche Pässe ge währten, was SchinderhanneS selbst betreffs eines Amt- manne» in Eckederoth im Verhör angab. Ueber seine letzten Stunden und sein Ende berichtet das obenerwähnt« Flugblatt noch verschiedenerlei. Zu- nächst gedenkt es der mit ihm Hingerichteten 19 Spietz- gesellen durch kurze biographische Notizen, zählt ferner IS z« „Kettrnstrafe^ -wische« S «ad 24 Jahve« — darunter den 44jährigen Vater des SchinderhanneS, Johann Bück ler, Ackcrsmann au- Kirschweiler im Kanton Herrstein, der nur 20 Jahre älter war als sein Sohn — und 4 zu Ge fängnis von 5 Monaten bis zu zwei Jahren verurteilte Helfershelfer, sowie 20 frcigcsprochene Personen auf. Als „zur Gefängnisstrafe auf 2 Jahre verdammt" fin- den wir da auch die Geliebte des SchinderhanneS, Julie BläsiuS aus Badenweiersbach, «ine „Musikantin", die in der Untersuchungshaft mit einem Kinde von ihm nieder kam, „welches auf Kosten der Nation erzogen wird". Weit«r lesen wir da von Bückler Sohn u. a.: „Sein Urtheil vernahm er mit vieler Standhaftigkeit. . . Alle Straßen, durch welche der Zug gierig, alle Fenster waren mit Menschen besetzt. Die Wälle und benachbarten An höhen wimmelten von Neugierigen ... Zu Wasser und zu Land, zu Pferd und zu Fuß, in Wägen und auf Karren strömte seit 2 Tagen die Menge aus einem Umkreise von 12 Stunden nach Mainz zu ... Aufmerksam, -och ohne im Geringsten sein Gesicht zu verändern, betrachtete «r iBückler) all« Theil« der Mordmaschine, bestieg sie dann und sprach zu dem Volke: Ich sterbe gerecht, aber 10 von meinen Kameraden verlieren das Leben unschuldig. Das ist mein letztes Wort. Mit ruhiger Fassung gab er sich dann dem Tode hin. Die letzte Bemerkung von Schinder bannes gründete sich auf sein« ost geäußerte Meynung: Niemand könne am Leben gestraft werden, der nicht ein Leben genommen." Nach einigen Angaben über -ie „erstaunen-würdige" Ruhe und Fassung BücklerS, sowie einer Betrachtung dar- über, was Treffliches au» ihm hätte werden können, «nt- hält ha» Blatt noch zwei rührsam« Strophen, deren letzte lautet: So wand« ich dann stille Zur Guillotine hin; Mein einz'ger Wunsch und Millch Mein ganzer Herzens-Sinn, Set, an die liebe Jugend, Mit diesen Worten hier: „Befleißigt euch der Tugend, Go sterbt ihr nicht, wie wir!" L. ch.
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