Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031123020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-23
- Monat1903-11
- Jahr1903
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bez«gS-Pvei- Ai dir HanptrxpidMon oder der«, AaSgabe- stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« ^l L.7K. Durch die Post bezogen für Deutsch- laud ». Oesterreich vierteljährlich ^il 4.30, für di« iibrige« Länder laut Zettung-prei-ltst«. Le-aktio» ««- Expedition: JohanniSgaffe 8. Fernsprecher 153 und SSL Filialerprditisne«: Alfred Hahn, Buchhandlg., Uuiversität-str.3, ll. Lisch«, Lathariuenstr. Ich u. LüutgSpl. 7. Haupt-Filiale vre-deu: Marieastraße 84. Fernsprecher Amt l Nr. 171S. Haupt-Filiale Serlin: Carl Duncker, Herzgl. Bayr. Hosbllchhandlgv Äi-owstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4MS- Abend-Ausgabe. WpMer.TagMM Anzeiger. NmlsUatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Volizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigeu-PreiA die 6 gespaltene Petitzeile LS Reklamen unter demRedaktion«strich («gespalten) 7L vor den Familieunach» richte» («gespalten) SV H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme US (rxcl. Porto). Lrtnr-Betlagen (gesalzt), nur mit der Morgeu-Au-gabe, ohne Postbesördrruug 80.—, mit Poftdesörderung 70.—. Junahmeschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgeu-Au-gab«: Nachmittag« 4 Uhr Anzeigen find stet« au di« Expeditio» zu richte». Die Expedition ist Wochentag« uuuuterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 585. Montag dm 23. November 1903b 97. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. November. Die Hauptwahlen zum preußischen Abgeordnetenhause find für die Konservativen und das Zentrum noch etwas günstiger ausgefallen, al« nach dem Ausfälle der Wahlmännerwahlen erwartet werden mußte. Die Konser vativen haben zu den Mandaten, die sie in der abgelaufenen Legislaturperiode inne hatten, noch mehrere — genau läßt sich die Sahl nicht feststellen, weil über die Parteizugehörig keit einiger der neugewählten die Angaben abweichen — hinrugewonnen, das Zentrum hat nur rwej Mandate ein- aebüßt, so daß die konservativ-klerikale Mehrheit des neuen HauseS noch etwas stärker ist als die des alten. Die „Kreuzztg." ist denn auch mit dem Ergebnisse sehr zu frieden, um so zufriedener, je größer nach ihrer Behauvtung die Besorgnis in konservativen Kreisen vor einer Erschütterung der alten Vormachtstellung gewesen ist. „Sie hielten eS nicht sür ausgeschlossen, daß sie in das neue Abgeordnetenhaus nicht mehr in der alten Stärke einziehen würden. Die liberale Presse tat mittlerweile daS Ihrige, um auch in den weiten Kreisen der Wählerschaft die Stimmung zu erzeugen, daß eS mit der maßgebenden Stellung der Konservativen im Abgeordnetenhause ein Ende habe. Bei der gewaltigen Verbreitung dieser Presse, bei der großen Zahl ihrer Vertreter und im Hinblick auf ihr einheit liches Vorgehen im Gegensätze zu ihrer Spaltung bei den Reichs- tagswahlen mußte sich selbst Männern, die nicht zur Aengstlichkeit neigen, die Ueberzeugung aufdrängen, daß diese Stimmungsmache auf das Wahlergebnis doch nicht ganz ohne Einfluß bleiben werde.'' Auch die „Germania" jubelt: „Wir sind sehr zufrieden damit, daß es so gekommen ist. Die bisherige „konservativ-klerikale" Majorität des Abgeordneten hanses, gegen die der liberale Ansturm bei den Landtagswahlen gerichtet war, hat durch den Ausfall der Wahl ein unzweifel haftes Vertrauensvotum erhalten, und ihre Politik hat in den Landtagswahlen eine unzweifelhafte Billigung gefunden. Daraus können aber nicht nur die Parteien lernen, sondern auch die Regierung kann daraus die naheliegenden Nutzanwen dungen zleben " Ganz abgesehen aber davon, daß das Drei? lasst uwabl- recht die Stimmung des Laude« mcht zum klaren Ausdrucke ge langen läßt, hat d»e neue konservativ-klerikale Mehrheit gerade diesmal besonderen Anlaß, ihren „Sieg" nicht allzu sehr aus- zuposaunen und bei ferner Ausnutzung sehr vorsichtig zu fein. Sie verdankt diesmal einige «itze den Sozial demokraten, die in mehreren Wahlkreisen „reaktio nären" Kandidaten zum Siege über nationalliberale und freisinnige verhalfen haben. Diese Stellung nahme der «Sozialdemokratie ist uun ganz zweifellos nur zum kleinsten Teile auf den Zorn der „Genoffen" gegen die liberalen Gegner eines WahlkompromifleS mit der Sozialdemokratie zurückzuführen. Bebel ist ja ein Gemütsmensch, der seinen persönlichen Regungen Einfluß auf seine politischen Entschließungen einräumt. Aber so hitz köpfig ist er doch nicht, seiner Partei aus Zorn eine Haltung vorzuschreiben, die ibm selbst und seinen An hängern gefährlich werden müßte. Ganz sicherlich hat er sich in den Fällen, in. denen er die sozialdemokratischen Wahlmänner auf die Seite der „reaktionären" Partneu kommandierte oder zur Wahlenthaltung zum Nachteile der Liberalen veranlaßte, hauptsächlich von der Erwägung leiten o mehr sollten die Und auch die Re- die „naheliegende der „Germania" nach Kräften auSzubeuten. Um lassen, daß dieBetätigung eine« starken konservativ klerikalen Hochgefühls der Sozialdemokratie viel nützlicher sein werde, als ein durch eine Niederlage herbeigeführtes vor sichtiges Verhalten der konservativ-klerikalen Koalition. In derTatkönnte man der Sozialdemokratie durch nichts so viel neue Mitläufer zuführen, als wenn die Majorität des neuen preußischen Abgeordnetenhauses ihren Wahlsieg nach Herzenslust ausbeutete und die Regierung zur Gefüg- samkeit gegen reaktionäre Forderungen zwänge. Fünf Jahre preußisches Regiment nach dem Willen der „Kreuz zeitung" und ihrer klerikalen Freunde würde in weiten Volkskreisen einen solchen Sturm des Unwillens Hervorrufen, daß die nächsten Wahlen nicht nux die Sozial demokratie trotz de- Dreiklassenwahlsystems in das Abgeord netenhaus führen, sondern auch den Linksliberalen eine ganz beträchtliche Anzahl neuer Mandate bringen würden. Von den extremen preußischen Konservativen istjanun leider nicht zu erwarten, daß sie solchen Erwägungen zugänglich sein und werfe Mäßigung sich auferlegen wurden. Auch ein Blick in die preußischen Zentrumsblätter lehrt, daß die klerikalen Herren darauf brennen, die im Abgeordnetenhause entstandene Situation nach Kräften auSzubeuten. Um o mehr sollten die gemäßigten preußischen Konservativen darauf bedacht fein, den Bogen nicht zu Überspannen und dem Radikalismus der Linken in die Hande zu arbeiten. " aierung sollte aus dem Wahlaussalle Nutzanwendung" ziehen, aber nicht die naheliegende, sondern die, welche sich einer Regierung auf drängt, die über die kurze Spanne Zeit von fünf Fahren hinaussieht. Abgeordneter Heckenroth. Die Vermutung, der in Neuwied-Altenkirchen in das preußische Abgeordnetenhaus gewählte evangelische Prediger Heckenroth werde aus Dankbarkeit dafür, daß ultramontane Wähler ihm zu einem Mandat verholfen haben, dem Zentrum als Hospitant beitretea wird, scheint sich nicht zu bestätigen. Dagegen wird Aba. Heckenroth von der „Kreuz-Ztg." als einer der Ihrigen reklamiert. Das Blatt schreibt mit einem gewissen Stolz: „Nicht minder erfreulich ist der Besitz eines Sitzes für die Konservativen im Wahlkreise Neuwied Altenkirchen. Auch diesen Sieg vcr danken diese einer in letzter Stunde zu stände gekommenen Verständigung mit dem Zentrum". Die „Kreuz-Ztg." hat Recht: sie gehört zu Heckenroth und Heckenroth gehört zu ihr. Ganz anders aber wird eS bald genug mit dem Wahl kreise des neuen Abgeordneten bestellt sein. Das der „Kreuz-Ztg." so erfreuliche Verhalten dieses Herrn hat schon jetzt in den evangelischen Kreisen des Wahlkreises eine so tiefgehende Mißstimmung erzeugt, daß bei der nächsten Wahl der Sieg eines Mannes von der „Richtung" Heckenroth« völlig ausgeschloffen erscheint. Agrarische Beweg««« i« Serbien. Man schreibt uns aus Belgrad: Der in letzter Zeit entstandenen Bewegung zur Gründung einer agra rischen Partei wohnt eine größere Bedeutung inne, als dies in hiesigen politischen Kreisen zugegeben wird. Obgleich die Bewegung sich erst im Anfangsstadium be findet und durch den Mißerfolg gelegentlich der Gründung einer Bauernpartei einen argen Schlag erlitten hat, scheint es doch nicht ausgeschloffen, daß die Idee in breiten Schichten der bäuerlichen Bevölkerung mehr und mehr Anklang finden wird. Die Bewegung selbst ging von der agrarisch gebildeten Fugend aus. Es gibt in Serbien etwa sechshundert absolvierte Frequentanten der volkswirt schaftlichen Schule in Kraljevo und der 'Weinbauschule in Bukovo bei Negotin. Diese jungen Leute entstammen meist wohlhabenden bäuerlichen 'Familien, da infolge mangels jedweder Stipendien nur diese ihren Sühnen das kost spielige Studium an den obenerwähnten Schulen ermög lichen können. Da alle politischen Parteien, die liberale, die fortschrittliche, sowie auch die radikale, den volkswirt schaftlichen Interessen des Landes stets nur leere Ver sprechungen entgegenbrachten, beschloß die intelligente agrarische Jugend, zur Wahrung der Interessen ihres Standes ein« eigene Partei zu gründen. Diesem Zwecke soll vor allem das Blatt „Oekonom" dienen, das bereits an IM) Abonnenten besitzt, für den Anfang ein immerhin gutes Vorzeichen. Der beim Versuche der Schaffung einer Bauernpartei erlittene Mißerfolg ist auf Fehler der Gründer zurückzuführen, welche infolge ihrer politischen Unerfahrenheit zu wenig taktisch vorgingen. Es gelang dadurch den politischen Parteien, die Bauern von diesem Unternehmen abzuhalten, der Angelegenheit überhaupt keine Beachtung zu widmen. Der Umstand, daß die Or gane fast aller Parteien das diesmalig« Mißlingen der Sache mit lebhafter Genugtuung aufnahmen, beweist, welch großen Wert dieselben auf die Eindämmung dieser Bewegung legen, da sie alle die den Interessen der Par teien Lurch dieselbe drohende Gefahr erkennen. Durch die diesmalige Niederlage hat di« Bewegung zwar einen um so schwereren Schlag erhalten, als er sie gleich an der Wurzel traf; es bleibt aber abzuwarten, ob die jungen Agrarier, die aus dieser Erfahrung Nutzen ziehen und «in klügeres Vorgehen befolgen dürften, nicht doch im Bauernstände kräftige Unterstützung finden werden. Polnische Bischöfe in de« vereinigte« Staate«. Der Kongregation der Propaganda liegt gegenwärtig eine interessante Angelegenheit zur Entscheidung vor, die Frage der Bestellung polnischer Bischöfe in den Ber einigten Staaten. Die Zahl der nach den Bereinigten Staaten eingewandcrten Polen beläuft sich auf etwa z w e i M i l l i o n e n. In der Diözese Buffalo bilden sie beinahe die Hälfte -er katholischen Bevölkerung und in 0b-:ago rund 250000 Seelen. Schon vor sechs Jahren haben sie eine Bittschrift an den Vatikan gerichtet, e3 mögen in den Diözesen, wo sie sich in so großer Zahl be finden, Bischöfe ihrer Nationalität eingesetzt werden. Da seither über dieses Ansuchen keine Entscheidung getroffen wurde, sind zwei polnische Abgesandte, P. KraSka und daS Mitglied des nordamerikanischen Kongresses Rowland Mahany, der ein Freund des Präsidenten Roosevelt ist, nach Rom gekommen. Letzterer ist beauftragt, im Vatikan und vor der Propaganda die Erklärung abzugeben, daß die Regierung gegen die Gewährung des von den Polen verlangten Zugeständnisses keine Einwendung erhebe. Seine Mitwirkung an der Angelegenheit erklärt sich durch den Umstand, daß die Mehrzahl -er Wähler von Rowland Mahany aus eingewandcrten Polen besteht. Bezüglich der Forderung -er Polen haben jedoch, wie hervorgehoben werden muß, mehr als drei Viertel -er amerika nischen Bischöfe Einspruch erhoben und nur etwa fünfzehn Mitglieder deS amerikanischen Episkopat-, imter ihnen der Kardinal-Erzbischof, Monsignore Gibbons, haben sich zu ihren Grinsten ausgesprochen. Die Kongregation der Propaganda wird nun demnächst über diese Angelegenheit ihre Entscheidung fällen. Es gilt als wahrscheinlich, daß der Vatikan einen Vermittlungs weg einschlagen, und zwar keinen polnischen Bischof er. n«nnen, aber in Len Diözesen, wo sich das polnische Element in großer Zahl befindet, Len Bischöfen General vikare polnischer Nationalität beigeben werde. Die Polen würden sich mit diesem Zugeständnisse begnügen, falls diesen Generalvikaren als Bischöfen iv partibus bischöf liche Rechte zugestanden würden. Zur Unterstützung deS Ansuchens der Polen wird darauf hingewiesen, daß die Deutschen in den Bereinigten Staaten, deren Zahl sich auf etwa drei Millionen beläuft, zwei Erzbischöfe und dreizehn Beschöfe ihrer Nationalität haben, und daß man die Polen zum Schisma drängen würde, wenn man ihren Forderungen nicht nachgeben wollte. Ls habe sich in den lettzen Jahren in den Vereinigten Staaten eine pol nisch.katholische, von Rom unabhängige Kirch« gebildet, die bereits mehr als SO 000 Anhänger hat. Die Zahl der polnischen Schismatiker würbe an wachsen, wenn die polnischen Emigranten zur Ueber zeugung kämen, daß der Vatikan ihren Forderungen nicht Gehör schenken wolle. Deutsches Reich. Berlin, 22. November. (Die nationalliberale Partei im preußischen Abgeordnetenhause.) Die vorgestern gewählten 79 Abgeordneten der »attonalliberalen Partei verteilen sich auf die einzelnen Provinzen wie folgt (die mit einem * bezeichneten Abgeordneten bedeuten die neu in das Abgeordnetenhaus Ciutretenden): Provinz Ostpreußen: Glatzel, vr. Krause. - Westpreußen: -Graßmann(fürOsiauder),Exzellenz Hobrecht, Sieg. - Brandenburg. -Matbi-, v. Reimuitz. - Posen: -vr. LusenSky (für Seer). - Schlesien: -Exzellenz Fritsch, -Junahann, Nisch- witz, -von Schenckendorff, Seydel, -Boltz, -Witz mann. - Sachs.cn: Dippe, -Keil (für vr. Friedberg), Knob ¬ loch, vr. Paasche, Rimpau, -Schisser (für Reichardt), WierSdorff, Zuckschwerdt. - Schleswig-Holstein: Bachmann, -vr. Goerck jfür Kahlcke), Jürgensen, vr. Martens, -Menck, Metgrr. - Hannöver: *vr. von Campe (für Hoyermauu), -vr. Brandt (für Schelm), Eckels, -Fürbriuger, HauSmann, Heye, Hesse, Hische, Holtermanu, Horn, -vr. Jaenecke (für Hagelberg), Fora-, Kerkhof, -Koelle, Meyer, Puttfarken, vr. Sattler, Schweckendieck, Thie«, «Ulrichs (für Reiner«), -Voß (für Lichtenberg), Wallbrecht, Wamhoff. „ Westfalen: -vr. Berndt, Herber«, - Hilbck (für Noelle), Macco, Schmieding, vr. Schultz, Wester mann, „ Hessen-Nassau: Gleim, Äunahenn, Schroeder (für Endemann), -Bartling, -von Bülow (für vr. Göschen), Hofmann, vr. Lotichiu«, Schaffner, Wolff. „ RheinProvinz: vr. Beumer, vr. Böttinger, Engelsmann, von Eynern, Ihr. Friedbera (für Beckmann), v. Hackenberg, Hirsch, von Knapp, Krawinkel, Prietze, -vr. Röchling (für Dank). Von den früheren Abgeordneten hatten «ne Wiederwahl nicht angenommen die Herren Beckmann, Daub, vr. Ende- Ferrttletsn. Ebbe uud Flut. 4j Eine Strandnovelle von A. Schoebel. <-»<t verb-km. ^Und mit dieser Liebe zu einem andern im Herzen willst du wirklich Herrn van Damms Weib werden?" rief Hanna noch einmal, dringender. „Ellen, besinne dich, fürchtest du dich nickt vor der Sünde?" „Ach waS, Sünde!" erwiderte Ellen leichtfertig. „Das wird sich -er alte Nlann wodl denken können, daß ich ihn nur seines Geldes wegen nehme: ich gebe ihm dafür meine Jugend und meine Schönheit: was in meinem Innern vorgeht, geht ihn gar nichts an: das wenigstens werde ich doch wohl für mich behalten dürfen. Im Herzen bleibe ich Lharlie treu!" — „Und das nennst Lu Liebe?" rief Hanna empört. „Eine icköne Liebe, die kein Opfer bringen will! Wenn du ihn wirklich liebtest, würdest du wohl auf den Reichtum verzichten können!" Ellen sah sie einen Moment groß an, dann senkte sie ihre Augen verwirrt, doch konnte sie nichts mehr ant worten, sie waren der Gesellschaft schon zu nahe, und sie wurden mit verwunderten Fragen bestürmt, wo sie ge wesen wären. „Sir haben Sie schon lange vermißt", sagte die klein« kokette Belgierin spitz: „Sie lieben doch sonst keine ein samen Promenaden!" „Ich hatte Kopfweh und war mit meiner Schwester spazieren", antwortete Ellen kurz abweisend. Mademoiselle Godard lächelte boshaft, als sie in unschuldigem Tone fragte: „Der arme Mr. Ehatman hat gewiß auch Kopf- schmerzen: sind sie ihm nicht vielleicht begegnet?" Ellen zuckte zusammen unter dem Hohn und wollte eine heftige Antwort geben, doch Hanna kam ihr zuvor, ihr leise und warnen- di« Hand drückend: „Ich habe Mr. Ehatman nir- gend» gesehen", sagte sie kalt: „er wird sich wohl wieder einfindenl" Mademoiselle Gödard schwieg, wenn auch nicht ganz überzeugt, aber wenn die häßliche Schwester mit »nr, dann durfte man schließlich nicht» weiter sagen. Mit einem hastigen: „Gute Nackt, sch kann nicht mehr hinein!" eilte Ellen sofort -die Treppe hinauf in ihr Zim-. »er. Aber der Schlaf kam nicht. Da» Her- war ihr so schwär, dar Kops so wirr, und Hanna» Wort«: „Eine schöne Liebe, die kein Opfer bringen will!" lagen ihr immerfort im Sinn. Bis jetzt war noch niemand mit dieser Forde rung an sie herangetreten. Ihr war von der sie ver- Pötternden Mutter bisher alles aus dem Wege geräumt worden, was ihr irgend ein Opfer hätte sein können. War e» wirklich möglich, daß zwei, die sich liebten, auch glücklich sein konnten, mit Aufgabe all dessen, was das Leben schmückt und heiter und angenehm macht? Sie hatte sich ihre Zukunft nie anders vorgestellt, als in Glanz und Reichtum: würde sie um der Liebe willen darauf ver zichten können? Sie konnte die Antwort nicht gleich fin den und fchämte sich dessen, und wußte nicht, daß die Liebe schon ihr läuterndes Werk an ihr begonnen hatte. Hanna fand die Mutter im Salon, wo sie den heimlich ersehnten Schwiegersohn krampfhaft unterhielt. „Wo wart Ihr denn?" empfing diese sie gereizt, ,Herr van Damm war zweimal vergeblich draußen, um Ellen zu suchen!" „Wir waren in -en Dünen: Ellen hatte Kopfschmerzen; sic ist deshalb auch gleich schlafen gegangen!" „Kett: Wunder", sagte Herr van Damm ironisch, „bas kommt davon, wenn man bei Tisch so übermütig ist und so viel lacht und spricht, das greift an!" In Wahrheit fiel ihm ein Stein vom Herzen, mit dieser cknms ck'konnour war der Spaziergang ungefährlich, aber diese Aufregungen mußten nun bald ein Ende nehmen, sie fielen ihm auf die Nerven. AlS die Damen hinaufgimgen, lag da» junge Mädchen anscheinend schon in tiefem Schlafe und rührte sich auch nicht, als die besorgte Mutter sich zärtlich über sie beugte. Inzwischen wanderte Mr. Ehatman aufgeregt in den Dünen umher. Er war wütend gewesen über die unzeitige Störung. „Vanutvck girll" knirschte er -wischen den Zähnen, al» Hanna mit Ellen davon gegangen war. End lich hatte er da» süße, reizende Mädel einmal allein und nngestört für sich gehabt, da mußte diese unl-ivgenehme Schwester, unter deren klaren, ernsten Augen ihm so wie so immer unbehaglich wurde, al» höchst überflüssiger Störenfried erscheinen. Wer weiß, ob solche Gelegenheit noch einmal wieberkebrt«! Hier auf diesem langweiligen, flachen Strande wurde man ja von allen Seiten gesehen und beobachtet. Aber er mußte Ellen noch einmal fin Arm hatten, koste e», wa» e» wolle. — Der Nachtwind kühlte seine erhitzte Stirn,- feine Auf regung legte sich allmählich, aber ein« ihn beklemmend«, unruhige Sehnsucht blieb. Wa» -edeutete die»? Ging eS doch tiefer, als er wollte und dpchte? Hatte er sich endlich gefangen? Einen amüsanten Flirt hatte er ge plant, wie er schon so viele im Leben hinter sich hatte, und nun ließ ihn der Gedanke an -aS schöne Mädchen nicht los und nahm alle seine Sinne ein. Wie weich waren ihre Lippen gewesen, wie hatte sie sich zärtlich an ihn geschmiegt und wie traurig wurde ihr reizende» Gesicht, als er ihr erklärte, daß er leider nicht reich genug sei, um ihr ein ihrer würdiges Lo» zu bieten. Jetzt, zum ersten Male, überlegte er,- ging es wirklich nicht? Wohl war e» wahr, daß er, wenn auch au» vornehmer Familie, so doch al» »wettgeborener Sohn nur bescheidene Einkünfte hatte, da die Kamtliengüter und mit ihnen das Hauptkapital auf den ältesten Sohn übergingen,- aber er hatte vor kurzem von einem in Afrika gefallenen Vetter ein kleine» Land- gut geerbt, da» ihm wohl, bei nicht allzu hoch geschraubten Ansprüchen, ein behagliche» Leben ermöglichte. Bi» jetzt hatte er nie daran gedacht, sein müßige» Umherstreifen in der Welt so früh schon aufzuaeben, nun auf einmal bekam der Gedanke, als einfacher Landedelmann mit Ellen auf seinem Gute zu Hausen, einen eignen Reiz für ihn. Für die» schöne Geschöpf zu sorgen, ja, selbst zu arbeiten, schien ihm gar nicht mehr so schwer; unmöglich konnte er sie diesem widerwärtigen, alten Gecken überlassen, der offen bar ganz ernste Absichten hatte. Aber Ellen? Sie war verwöhnt, konnte sich augenscheinlich ein Leben ohne Reich- tum gar nicht vorstellenl Sie liebte ihn, da» batte er heute wohl bemerkt, aber war ihre Liebe nicht bloß ein flüchtiger Augenblicksrausch, wie zuerst auch bei ihm? — Er stand still und starrte irr den Monbenschein hinaus, dann atmete er tief auf und fuhr sich mit der Hand über die Stirn: „Kalt Blut, olck bop, nur kein« Dummheiten! Der Mondschein macht mich sentimental! Wollen sehen, wie ich am Hellen Tage darüber denke!" — Am nächsten Morgen kam Hanna erst spät an den Strand hinunter. Sie hatte nicht eher aufstehen dürfen, um Ellen nicht zu stören, und als sie dann zusammen am Frühstückstisch saßen, war «» keine erquickliche Stunde. Ellen war un gewöhnlich blaß und in sich gekehrt, und wehrte der Mutter ängstliche Fragen kurz ab: „Laß doch, -u weißt, ich lieb« es nicht, wenn du mich so beobachtest; wenn ich mich krank fühle, werde ich es dir schon sagen!" Hanna wußte wohl, wa» in ihr »orgina; sie hätte ihr so gern geholfen, aber die Mutter laß dabet, und blieb auch draußen au Ellen» Seite, wie um sie «u verhindern, der nahenden Entschei dung zu entschlüpfen, von der sie in ihrer egoistisch«-, Kurzsichtigkeit ihrer beider LeSenSglück erhofft«. Hanna war aufatmend davongeeilt und wurde von ihren kleinen Freundinnen mit Freudenrufen begrüßt. Sie faßen beide hintereinander auf einem Esel, der von Mathieu, dem Kabinemvärter, ihrem ganz besonderen Freunde, auf dem glatten, festen Sande herumgeführt wurde. Die braunen Händchen zogen und zerrten an der struppigen, kurzen Mähne, die kleinen Beine mit den schmalen, nackten Füßchen klammerten sich fest um den runden Leib de» Tieres oder zappelten auch wohl mal ungeduldig, wenn der Ritt ihnen nicht schnell genug ging; daS Grautierchen ließ sich alle» ruhig gefallen. Mit großer Wichtigkeit erzählten sie Hanna, -atz sie nachher, wenn der Esel die Badekabinen näher an» Wasser zog, sitzen bleiben dürften, und ihre Augen strahlten schon jetzt vor Vergnügen. „Halt! Stillgestanden!" erscholl plötzlich «ine wohl bekannte, kräftige Stimme hinter ihnen, und al» Hanna sich hastig umdrehte, sah sie Lehnin unweit von ihnen mit dem Skizzenbuche stehen uud eifrig stricheln. „Neulich bin ich um mein Bildchen gekommen, heute entwischen Sie mir nicht!" rief er fröhlich. Zutraulich plauderten die Kinder mit ihm, bi» er sein Buch nach einigen Augenblicken zuklappte und in die Tasche schob. ,-Fertig!^ sagte er vergnügt, „da» wird meinem Altchen Spatz machen!" Die Kinder setzten fröhlich ihren Ritt sott und Georg blieb an Hanna» Seite. „Sind Ihr« Kopfschmerzen wieder besser?" fragte er besorgt. „Danke, mir geht e» wieder ganz gut!" vetzsicherte sie freundlich. Er sah sie prüfend an. „Ich wollte, wir hätten Sie bei un« iu Ostpreußen! Hei, wie Ihre Backen La bald rund uud ryfig werden sollten!" Uud er erzählte ihr von dem Leben auf dem Lande, von seinem Gute, seinem ganzen kleinen Reiche, und sie ging gern und mit großem Interesse darauf ein. Wie aan» selbstverständlich kam er dabei wieder auf seine alte Mutter zu sprechen, und man koünt« au» all seinen Worten, au» dem warmen Tone seiner Siimme wohl -erauShörcn, wie er sie liebte un- verehrte. „Wie gut würden Sie mit Ihrem ganzen Wesen zu ihr passen, auch mit Ihrer Musikliebe. Mutter spielte früher viel und gut, jetzt sind die Kinger steif und die Augen schwach goworden, aber manchmal mutz ich doch noch mit der Geige heran und sie begleiten; viel kann ich zwar nicht, aber sie hat«» nun einmal gern!"
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite