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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-25
- Monat1903-11
- Jahr1903
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VezugS-Prei- W der HmipUzpedttto» oder deren IiSgab». stelle» «dzeholt vtetteiiährltch ^8 8.—, bet Dwetmeliqer »»glich«, jjeßeilvna w» Hau» 8.78 Dirck di» Haft bezoaeo mr Deutsch« lau» T v«ft»rrr»ch vierteljährlich 4.50, M dl» übrig« LLader lau» JeUungSpret-üst«. Ledakttov und Lrveditio«: IvbanniSgassr 8. Kerui-recher l5« ,»L AL Filtaieape»ttt»u»»r UkktrdHah». vuchhaudlg, llatverfitSt4sir.il» 8. Ldsche, LatharMeastt l< ». KöntgSpl. 7, Ha«v1-/iliale vrer-e«: Marüastraß« 84- Kerusprecher «ml 1 Nr. 1718. -avvt-Filtale Serlin: T«l Duncker, Herzgl vayr. Hofduchhaudlg^ Lützowftraße lO. Kernjprecher «ml VI Nr. 4SVL Morgen-AnsgaVe. WpMcr TageblM Anzeiger. Ämlsölatt des Llöniglichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und -es Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Sir. 598. Mittwoch den 25. November 1903. Anzeige«.Preis die -gespaltene Petitzeüe LS Ls. Rekle ««, «Nur bm, Nebatttvvsftrtch Ggespaltev) 78 vor d« FemUiemach« richte» (»gsivalt«) 80 Tabellarischer und lltsienttotz eatfprecheud höher. — Grböhr« für Nachwessoagea uub Offerteuaauahme 85 (exrl. Pmü»> Ertra« Beilage» (gefalzt »», «N der Moraev-AuSaabe, oha, Postbeförderaag 50.—, mit Postbesörderuag ^8 70«—» ^vnahmeschlnß fiir Anzeige« Adead-Av-gabe: vormittag» lv Uhr. Mvrgea-Aa-gaber Nachmittag» 4 Uhr. Altzeig« find stet» « di« Expedttto» »u richt«. Di, <krpe ditto» ist Wochentag» uuuuterbroch« geüffatt vou früh 8 bi» adead» 7 Uhr. Druck uud Verlag vva L. Pelz M Leipzig . 97. Jahrgang. Alsyphus-Arbeit. Man schreibt un»: Die „Posener Zeitung" weiß ge legentlich -e- Falles Biedermann — dieser polnische Herr hat bekanntlich einen Gefängniswärter bestochen — haar sträubende Einzelheiten zu erzählen, sür die wir ihr natür lich die Verantwortung überlassen müssen. Der Polizeipräsident von Posen bestreitet allerdings Liese sensationellen Mitteilungen -er „Posener Zeitung" auf Las entschtvdenste und hat gegen das Blatt Strafanzeige er stattet, aber die „Posener Zeitung" bleibt dabei, daß bei dem zu erwartenden neuen Prozesse gegen Biedermann unerquickliche Dinge herauSkommen würden. Wir wün schen im Interesse LeS Deutschtums gewiß dringend, -aß -aS von dem Polizeipräsidenten gegebene Dementi sich als unwiderleglich erweisen möge,- wie dem aber auch immer sei, so steht doch soviel fest, daß die unerfreulichen Sensatio nen in der Provinz Posen kein Ende nehmen. TS wird mit Recht daran erinnert, daß wir gegenwärtig neben der Biedermann-Affäre noch die Meuteret der Kle riker in Posen und die Endell-Prozesse haben, die, mögen sie selbst für Herrn Tndell günstig verlaufen, unter allen Umständen uncrbaulich sind. Dies ist Las Jahr 1S03. Er innert man sich, daß wir im Jahre 1902 mit dem Dresche- ner Gchulkrawall und dem daran anschließenden Prozeß, mit der Löhning-Affäre und mit dem Selbstmorde des LaudratS o. Wtllich beglückt wurden, so muß man sich ängst lich fragen, was un» da- Jahr 1904 schönes bescheren wird, um die versuche der Germanisierung der OstmarkzueinervolHommenenStsyphuS- Ar-eitzu machen. Denn darüber muß man sich klar sein, daß -erartige, das Deutschtum, bezw. die in der Pro vinz Posen ansässigen Deutschen in nicht erfreulichem Lichte zeigenden Skandal-Affären der deutschen Sache viel mehr Abbruch tun, als alle Millionen der Ansiedelungskommis sion, Museumsbauten, Akademien und dergleichen ihr nützen können. Zu dieser Mtsöre kommt noch eine andere: die Herme- tische Abschließung der oberen Beamtenkaste. Die Klagen darüber wollen nicht verstummen, und schon -aS spricht da für, daß sie berechtigt sind. In einem anscheinend sehr gut unterrichteten Artikel der „Frankfurter Oderzeitung" wird der Vorschlag gemacht, aus dem Regierungsbezirke Posen schon um deswillen zwei zu machen, damit die Zahl der Regierungsräte, Assessoren usw. bei der Regierung in Posen sich verringere und dadurch der Sache LeS Deutsch tums minderen Schaden zufüge. DaS klingt fast wie Hohn, aber die Motivierung ist vollkommen zutreffend. Es wird darauf hingewiesen, daß di« Herren von der Regie- rung — insonderheit natürlich die jüngeren — sich gegen seitig in Bezug auf ihren Verkehr überwachen und dafür Sorge tragen, daß nur ja keiner mit Aerzten oder An wälten oder sonstigen „zweitklassigen" Menschen engeren Verkehr pflege. Der Ausdruck des Blattes, daß die Herren auf das Deutschtum als ein gesellschaftlicher EiS- klumperk wirkten, ist in trauriger Weise bezeichnend für die Zustände in Posen. So lange die Grundsätze, die der gegenwärtige preußi sche Minister des Innern für die Ausivahl der Beamten im höheren Verwaltungsdienst proklamiert hat, in Preu ßen in Geltung bleiben, ist jede Besserung in dieser Hin sicht ausgeschlossen. Wenn man Männern, die zur gesell schaftlichen Exklusivität erzogen sind, sagt, si« sollten in der und der Provinz sich von dieser Exklusivität frei machen, so ist das genau dasselbe, als wenn man zu einem schwarz haarigen Menschen sagen sollte, er soll« blonde Haare haben. Das kann er ja schließlich mit Hülfe einer Perücke erreichen, aber die Perücke wird eben als solche erkannt. Wir fürchten, daß, selbst wenn die höheren Verwaltungs beamten in Posen sich die Mühe geben sollten, sich die ge sellschaftliche Gleichheitsperücke gegenüber den übrigen Deutsch«» aufzusetzen, auch diese Perücke sehr bald als solche erkannt werden würbe. ES gibt eine Art von herab- lassender Freundlichkeit, die viel verletzender wirkt, als kühle Reserviertheit. Das Gefühl der Gleichberechtigung und darum auch der gesellschaftlichen gleichartigen Behänd- lung aller ehrenwerten Deutschen mutz von innen heraus kommen; dazu aber gibt, wie wir wiederholen, die Er- ziehung nach Hammersteinschen Grundsätzen nicht die Mög- lichkeit. So lange a.so bei der Besetzung der Verwaltung». beamten-Posten in der Ostmark die bisherigen Grundsätze beibehalten werden, wird da» AnstedelungSwerk und der gleichen gar nicht- nützen, denn wenn ein Pferd vor den Wagen gespannt wird, und eins dahinter, so bleibt Las Fuhrwerk steh«n. Deutsches Reich. -st- Berlin, 24. November. (DerKwileckt-Pro- zeß und di« polnische Presse.) Die polnische Presse kann es sich in ihrer Sorge um die Erhaltung und Förderung der deutschfeindlichen Bewegung des Polen- tums nicht versagen, auch den noch schwebenden Kwilecki- Prozeß für ihre Zwecke auSzunütz«n. Das angeklagte gräfliche Ehepaar hat, wie di« in Posen erscheinende „Praca", das Organ des Verlegers und Güteragenten Biedermann, zu melden weiß, sich dem politischen Leben völlig fern gehalten und im besonderen der Sache deS Polentums keinerlei finanzielle Unterstützung gewährt. Ueber dieses Verhalten des gräflichen Paares quittiert die „Praca" in folgender Weise: „In dem Palais von Mroblewo hat die Dame von hohem Titel gewirtschaftet, den Ehemann bat sie von sich abwendig gemacht, sie hat ihn in ein liederliches Leben hineingestoßen. ... Die Frau Gräfin tummelt sich in den Hauptplätzen Europas, die sie mit dem mittels des polnischen Bauern erworbenen Geld« bereichert. . . . Wir wären geneigt, sür die Angeklagte einzutreten und sie zu entschuldigen, wenn man in den Hauptvertretern des Prozesses irgend eine Verbindung mit der Volksgesamtheit entdecken würde. Vergebens fragen wir, worin sich jemals der Graf und die Gräfin als Kinder Polens erwiesen haben? ... Haben sie wenig st ens mit etnigenBanknoten irgend eine polnische Institution unterstützt? Nichts davon...." Man steht, die allpolntsche Propaganda hat etwas vondemTerrortS- mus der Sozialdemokratie an sich: wer nicht Tribut zahlt, wird geschmäht und verdächtigt. * Berlin, 24. November. (Der Arbeitsmarkt im Oktober.) Die Laste des Arbeitsmarktes hat sich im Monat Oktober im wesentlichen auf der Höhe de- Monats Sep tember halten können, wenn auch in einigen Branchen em Rückgang der Beschäftigung eintrat und in einzelnen Ge werben sich bereit» das Nahen der winterlichen Jahreszeit geltend machte. Insbesondere wirkte da- milde Wetter ,m Oktober günstig auf die Bautätigkeit ein. Der Kohlen bergbau war ebenso wie in den Vormonaten, sehr gut beschäftigt, die Metall- und Maschinenindustrie war, abgesehen von der Noheisengewinnung, in welcher ein Nachlassen der Beschäftigung sich geltend machte, im allgemeinen genügend mit Aufträgen versehen, und die Textilindustrie hatte, von einzelnen Branchen abgesehen, durchweg zufriedenstellend zu tun. Ebenso lagen günstige Verhältnisse in der chemischen und elektrischen Industrie vor, während eine Anzahl weiterer Industrien oereits durch das beginnende Weihnachtsgeschäft eine Anregung erhielt. Eine Erfchwerung bedeutete das milde Wetter vor allem für die Konfektionsindustrie, da sich hier der Winterbedarf der Konsumenten verzögerte. Waren auch in einzelnen Berufen (Bäcker, Kellner, Bildhauer, Konfektionsarbeiter) im Oktober ungünstige Verhältnisse vorhanden, so darf doch da» Gesamt bild de« deutschen Arbeitsmarkte» im Oktober in Anbetracht der vorgerückten Jahre-zeit al» verhältnismäßig befriedigend wohl bezeichnet werden, wenn e» auch nicht mehr günstig war wie im Monat September. Die an die Berichterstattung de» Reichs-ArbeitSblatteS angeschloffenen Kassen zeigen für Oktober eine Zunahme de» Beschäftigungsgrade» um 25 954 gegen über einer Zunahme von 28 474 im September. Die Ver- mittelungSergebnisse der Arbeitsnachweise gingen im Oktober im Vergleiche zum Vormonate zurück. Im einzelnen berichtet das „ReichS-ArbeitSblatt" u. a.: In der Metallindustrie hab« die günstig« Verhältnisse, welche im September verzeichnet werd« könnt«, im Oktober weiter bestanden. Die Kletneisentndustrie (Fabrikation von Schranbeu, Muttern, Nieten, Kleineisenzeug), die Solinger Sta-lwarenindustrie, ferner auch die Kupfer- und Messiugwerke waren im allgemein« befriedigend beschäftigt. Die Beschäftigung de» allgemein« Maschinenbaues hielt sicb auf einer allenfalls zufriedenstellenden Höhr. Am schwächste» beschäftigt sind die Kessrlfabriken, da der Inlandsbedarf nur gering, jedenfalls nicht ausreichend ist. Der Dampfmaschinenbau erleidet neuerdings zum Teil auch durch die wettere Ausbreitung der Gas motoren nicht unempfindlichen Abbruch. Lvhue und Arbeitszeit« lagen fest. Die Fabrikatton landwirtschaftlicher Maschinen hatte im allgemeinen zufriedenstellend z« tun. Im Lokomotivbau war der Geschäftsgang sehr ruhig. In der Textilindustrie hat sich, soweit dir Baumwollspinnerei in Betracht kommt, im Laufe deS Monats Oktober eine eigenartig« Entwicklung vollzogen. Nach der Baumwollhaussr in den Sommer monaten waren die Baumwollprrise stark heruntergegangen. Mitte Oktober setzte nun infolge ungünstiger Nachricht« auS Amerika eine neue Preissteigerung für Baumwolle ein. Daraufhin deckten sich die Garnabnehmer mit sehr umfangreich« Abschlüssen ein, auS Be sorgnis, wiederum Zeiten wie im letzt« Sommer zu erleben. Die Wirkung ist die, daß nunmehr die Baumwollspinnereien stark, -um Teil bereit» tu» dritte Quartal de» nächst« Jahre» mit Aufträgen versehen find. Inwieweit dieselben nutzbringend find, hängt davon ab, zu welchen Preisen die Spinnereien ihr Rohmaterial noch er worben haben. Jedenfalls ist für die nächsten Monate die Beschäfti gung der Spinnereien gesichert. Dementsprechend haben auch Arbeit-Verkürzungen, wo sie noch bestanden, ausgehört, die Löhne liegen fest. Die Vermittlungstätigkeit der berichtenden Arbeitsnachweise ist im Monat Oktober gegen den Vor monat September durchgängig nicht unerheblich »uriick- gegangen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Vermitt lungstätigkeit im September ungewöhnlich stark war, sowie daß im Oktober sich bereit» die beginnende Wintersaison be merkbar zu machen pflegt. Im ganzen Reiche zusammen- Fauilletsn. Lachlrns Lagen. ^oUr-Ixu« ist eine Wissenschaft, die jetzt besonders ge pflegt wird. Sie ist gewissermaßen geistige Volkskunde, denn sie hat sich die Ergründung der Entwicklung des Intellektes der Nationen zum Ziele gesetzt. Eine Reihe größerer Publikationen gibt von dem Fleiße der Forscher Kunde, und dies« Reihe wird immer noch vermehrt und alljährlich erscheinen Bücher, bi« Altes in neuem Gewände, un- neue wissenschaftttche Feststellungen bringen. Seit einiger Zeit hat man sich um Erhaltung deS naiven Glaubens vergangener Jahrhunderte bemüht und Sagen und Geschichten gesammelt, wi« sie noch im VockSmunde leben und die auch -um Teil schon früher ausgezeichnet worden sind. Da» Interesse, das diesem Zweig« der Forschung ent gegengebracht wird, zeigt sich in Gründung vieler provin zialer Vereine für Bo.kskunde, und auch in unserem Baterlande hat sich seit längerer Zeit ein solcher herein für sächsisch« Volkskunde" gebildet. Der Verein beabsichtigte, ein groß angelegtes Werk LerauSzugeben, das alle LebenSäußcrungen des sächsischen Volke- in möglichst erschöpfender Weise historisch dar stellen sollte. Verschiedene Umstände brachten e- mit sich, daß die Leitung von diesem Plan« -urückkam und den Weg wählte, den schon andere Verein« für Volkskunde ein- geschlagen haben: im Rahmen deS Arbeitsplanes eine Reihe Veröffentlichungen erscheinen zu lassen, die einzelne Gebräuche deS sächsischen Volkslebens, mögen diese inhalt lich oder örtlich begrenzt sein, in zuverlässiger und wissen schaftlicher Weise behandeln. Der Anfang dieser Ver öffentlichungen ist das „Sagenbuch de» König- reich» Sachsen" von vr. Alfred Meiche (Ver lag G. Schönfeld- Verlagsbuchhandlung, Leipzig, 108V Seiten, schön gebunden IS Unser Land besaß vordem schon eine größere Samlung dieser Sagen in Grüße» Gagenschatz, allein da» Buch war »um Teil veraltet und völlig vergriffen. Der Verleger plante »war «ine neue Ausgabe, doch hätte dtese sehr gesichtet werden müssen, denn Grüße» Buch entstand zu einer Zett, al» man ge wissermaßen in aelehrtir Weise «»gen fälschte. Immer- Pin ist Gräße» Werk al» Grundstock der neuen Sammlung an»usehen und zu der WeiterauUkldung zu einem selb- ständigen Werk war der Bearbeiter, durch sein Sagen buch der Sächsischen Schweiz besten» bekannt, der grelg- «etst, Mann. Er hat sich eine größere Aufgäbe gestellt. Da» Buch soll einzig die Lagen de» Königreichs Sachsen umfassen und »weiten» sollen biese Sagen wissenschaftlich gesichtet sein. Unser Volk hat viel« Sagen, aber daß sie die Zahl 1288 «reich« »ü»den, da» hat wohl niemand g-wußt. Zwar sind in dieser Zahl einige inhaltlich gleichlautende Er zählungen einbegriffen, allein der Charakter der Bevöl kerung hat sie verschiedenartig ausgeschmückt. Die Vogt länder, Srzgebirger, Oberlausitzer und Obersachsen, von diesen die Meißner und Osterläwder oder Leipziger, sind verschiedener Art, ihr Denken und Fühlen bewegt sich in anderen Bahnen, und wenn auch die Gegenwart nur die gröbsten Unterschiede bemerkt, >da die Freizügigkeit alles ebnet, so wurden doch früher viel feinere Unterschiede ge macht, und diese zeigen sich in der Behandlung der Sagen. ES würde zu weit gehen, wenn wir auf die Er läuterungen des Herausgebers in dieser Hinsicht etngehcn wollten, wir müssen deshalb auf da» Buch verweisen, aber einige Beispiele, wie der Herr Verfasser sein Thema behandelt hat, mögen doch hier Platz finden, vr. Meiche hat seinen großen Stoff dem Inhalte nach in verschiedene Teile geteilt. Die eine große Hauptabteilung umfaßt die mythischen Sagen, die von der Seele mit ihren Unterab teilungen: Körper-Seele, Geelenhecr, Gespenster, Spuk usw., die von den Elben, den verschiedenen Geistern, den Dämonen, den Teufeln, Zaubern, Wundern, Schätzen, die andere große Haitpiabteilung umfaßt die geschichtlichen Sagen, aus der LandeSgcschichte und der Ortsgeschichte, darunter die vergbausagen, Sprungsag«», Steinkreuz, sagen, Handwerkerfagen ufw., au» der Familiengeschichte und schließlich romantische Sagen. Schon diese kurze In- haltsangabe zeugt von der Fülle de» Inhalt». Auch unser Leipzig stellt einen großen Teil Sagen. Viele sind ja unseren Lesern au» der Lokalgeschichte be kannt, einige jedoch weniger. Da ist 'die Riesenhand; als diese galt ehedem ein ganz nahe bei dem Kuhturme liegen der Stein, airf dem ganz deutlich der Eindruck einer sechs- fingertgen Riesen» oder Teufelshand zu sehen war. Der Stein ist jedoch seit mehreren Jahrzehnten weggekommen, man weiß nicht wohin. Im Hofe eines Hauses in der PeterSstraße zu Leipzig «ar (das Haus ist neu gebaut, e» war der Retter) in einer kleinen Nische eine steinerne Eule zu sehen, welche da» Andenken an eine traurig«, dort vorgesallene Begebenheit erhalten sollte. Einst war in jenem Haus« ein Pförtner oder Hau», mann, der so verschlafen war, daß er fast niemals auf wachte, es mochte noch so stark an die Dür gepocht werden, wa» zur Folge Latte, daß die Bewohner de» Hause», wenn sie zu spät nach Haus« kamen, nicht -eretn konnten «nd also bei allem Unwetter draußen stehen bleiben mußten». Dar über beschwerten sie sich so lange bet dem Hausbesitzer, bis dieser den Pförtner au» hem Dienste zu entlassen drohte. Darüber war nun dieser sehr betrübt und sann hin und her, wie er sich sein Brot erhalten wollte. Da trat auf ein- mal der Teufel in menschlicher Gestalt und nicht furchtbar, wie gewöhnlich, zu ihm und bot ihm an, wenn er mit »hm einen Vertrag über seine Seel« machen wolle, daß er ihn nach zehn Jahreu holen könne, wolle er in der Rächt unter der Gestalt einer Eul« für ihn wachen und ihn wecken, so jemand hereinwolle. Zwar wollte jener anfangs nicht darauf etngehen, allein die Liebe zu einem ruhigen mvd sorgenfreien Leben veranlaßte ihn endlich doch, den Ver trag mit seinem Blute zu unterzeichnen. So trat denn der Teufel als Eule seinen Dienst an, und seit dieser Zeit hatte sich niemand mehr über das Berschlasensein des Haus manns zu beschweren. Als aber die zehn Jahre um waren, fand man ihn früh tot in seinem Bette; der Teufel hatte Ihm den Hals umgedreht. In einem Kloster zu Meißen lebte ein Mönch mit Namen Bruno, den man gewöhnlich den schwarzen Bruno hieß. Mit Hülfe der schwarzen Kunst, die er in Italien gelernt hatte, hinterging und betrog er die frommen geistlichen Klosterherren und trieb nächtelang in den Frauenklöstern unter den jungen Nonnen sein Wesen. Endlich verwies ihn der Erzbischof aus dem Kloster und aus der ganzen Gegend. Er ging hierauf nach Bautzen und wurde dann zu Leipzig in einem Kloster ausgenommen. Hier führte er indes ein noch ruchloseres und wollüstigeres Leben als zuvor und wurde endlich von einem großen Zauberer in eine Kristallflasch« gebannt und diese 19 Fuß tief unter die Erde vergraben. Stach vielen Jahren, als man in der Stadt an der Stelle, wo er eingegraben worden war, ein stattliches Haus zu bauen begann, fand ein Evdgräber die Flasch«, in welcher der schwarze Klosterbruder alsbald er- kannt ward. Alle Versuche, sich dieser Flasche wieder zu ent äußern, blieben fruchtlos. So oft er sie an einen andern verschenkte oder an irgend einen abgelegenen Orte ver- barg, hat sie sich stet» wieder in seiner Tasche eingefunden und ihn Tag und Nacht geängstigt, bis er sie endlich unter die Erde in den Keller seiner Hause» vergrub und diese» verkaufte. Einst schickt« der neue Eigentümer desselben feine Toch. ter in den Keller, um Wein zu holen. Als sie dahin kommt, funkelt ihr etwas Helles entgegen, sie hebt eine fest ver- schloffene Flasch« von der Erde auf, in welcher ein leuch- tendes Golddingchen lustig auf und ab hüpft, nimmt cs mit und bittet ihren Vater, ihr da» schöne Tierchen zu schenken, da» sie in der Nacht »um Leuchten neben ihr Bett setzen wolle. Boll Entsetzen erkennen die Eltern >den bösen Kloster- geist darin, entreißen dem Mädchen da» Gefäß, knüpfen ein schweres Eisen daran und senken es in den tiefsten Grund der Pleiße. In Leipzig hat man nachher lange nicht» von dem ge bannten Bruno vernommen. Es heißt aber, er sei au» seiner Verbannung erlöst und wandle al» schwarzer Hund an -en Ufern -er Elster und Pleiße, wo man ost sein nächtttckx» Heulen höre. Zum Schlüsse möge noch die Sage vom Huseifeaan der Nikolaikirche folgen. Zur Zeit, al» da» jetzig« Leipzig nur durch einen -unk- len Hain schattiaer Linden repräsentiert wurde, wohnt« in der Nähe desselben «ns hohe« Achlvsse eia König, der aber schon hochbejahrt war, mit seiner Tochter; am Fuße deS Berges lag ein wohlhabendes Dörfchen, und alle- Land ringsherum, so weit man schauen konnte, gehörte ihm eigen. Allein so glücklich er hätte sein können, er hatte keine zufriedene Stunde. In der Nähe des Dörfchens hauste nämlich ein greulicher Lindwurm, dem man jeden Lag, um ihn bei Gutem zu erhalten, zwei Schafe vor warf. Liehq, da waren nach und nach alle Ställe geleert, und man beschloß nun, statt jener ihm täglich ein Menschen opfer zu gewähren. Jedermann mußt« losen, reich un arm, alt und jung, beide Geschlechter ohne Ausnahme. Siehe, da traf eines Tage- das Los die schöne Königs tochter, un- schon wollte man si« hinaus dem Drachen ent- gcgenführen, -da nahte auf einmal ein schöner Jüngling hoch zu Roß, in silbernem Harnisch un- kostbarem Waffen schmuck; dieser war der Ritter St. Georg. Der erbot sich, den Drachen zu fällen, und ritt ihm kühn entgegen. Der Drache kam ihm aber schon wutschnaubend in den Weg, um seine Beute zu holen, doch jener stieß ihm die Lanze in die Seite; dies geschah in der Gegen- des heutigen Tho- maSkirchHofes, wo noch jetzt I?) der Ritter im Kampfe mit dem Drachen über der Tür eines Hauses gemalt zu sehen ist. Allein, so scharf die Lanze war, das Leben hatte sie dem Ungetüm nicht geraubt; im Gegenteil, vor Schmer zen brüllend, wälzte es sich, mit seinem furchtbaren Schweife um sich schlagend, 'dem Dörfchen »u. Der Ritter sprengte immer hinter ihm Her, wn, wenn die Gelegenheit günstig fei, ihm den TodeS- streich beizabringen. Da versagte plötzlich (an der Stelle, wo sich jetzt die Ritterstraße befindet, die von dem Ritter St. Georg ihren Namen hat) sein Roß sein« weiter«» Dienste, Henn es hatte ein Hufeisen ver loren und blutete am Huste. Der Ritter aber spornte eS verzweifelt weiter, und so gelang es ihm (tn der Gegend der Mgemeinen Deutschen Kreditanstalt) dem Drachen wieder nahe -u kommen und ihm mit seinem Schwerte, nachdem er vom Rosse herabgesprungen war, den Leib aufzuschlitzen. Als nun alles vor Freude jauchzte und der König hocherfreut ihm -le Gewährung joder Bitte »»sagte, ja ihm selbst sein« Krone abtrrten wollte, da bat er um nicht», al» daß man einen Schmied kommen und feinem Pferde ein andere» Hufeisen aufnagekn lassen möge, und al» die» geschehen war, zog er von Hannen. Der König aber ließ »um tmmerwähren- den Andenken da» Hufeisen, welche» de» Ritter» Roß ver- loren hatte, an eine Linde aufhängen, und al» dies« bei Er-auung -er Stadt gefällt ward, kam e» an die Nikolai- kirche, „wo e» noch ist". Wenn auch manche» Erinnerungszeichen im Laufe der Zeit verschwunden ist, so ist e» doch mit Freuden zu be- grüßen, daß da» Buch un» wenigsten» die Kund« von ihnen gibt. Da» Buch sollte in kein« Kamil« fehlen.
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