01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031126018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-26
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Veznq-PreiS A> der haipttjp«diNo» odei deren Aa-gade» stele» «dgeholt vtertel^hrltch S—, det zweimalige, tügliche, ^»Peilung in« tzau- >.7d v»r«d dt» Pos» bezöge» ntt Deutsch- laatz ». 0e-»rr-«d oierteij-brüch 4.50, für dt« kdrtg« Laadei laut geUuag-prri-Uft«. Lediktloo «uL LrpeLitio«: T»d«nnl»gassr 8. Fernsprecher lkv oud AL. Ftlial«v»,dtti»»e«r Alfred Ha da. -»»ivhandig, Natversität-ftr.-^ A. Wsch«, Katpanaenstr l< «. «Sulgspt. 7. Harrpl-Fitiale vresdea: MoNrastraßr 3L. Fernsprecher «ml 1 Sir. 171». Hanvl /iliair Serlin: A«l Duacker, Herzgl Sayr Hosbuchhaudlg, L-yowstraß» lv Fernsprecher «uU VI Nr. 4«A < Morgen-Ansgave. MiWM Tageblatt Anzeiger. ÄmtslilalL des Lönigfichen Land- «nd des Höuigttchen Ämtsgerichles Leipzig, des Aales und des Aolizeiamtes der Lladt Leipzig. Slnzeige« Preis die -gespaltene Petttzeüe SS Reklame, unter der, RedakNonsftrtch (4gespaUen) 7K vor de» FamUteuuach- rtchteu <k gespalten) KO Tabellarischer und gssternsatz entsprechend höher. — Gebühr« für Nachrvetsuage» und Offertenaanahm« AK sezrt. Porto> Ertra-Beilage« lsesalzrx >«r «tt der M orgeu-sttusqab«, »hu» Postbesördernag 60.—, «tt Postdesördernng ^l 7V.—> 2(«nahmeschl»b str Anzeige«: >b»»d.«u«gabe: vermtttag« tv llhr. Marge,, «»«gäbe» Nachmittag- 4 Uhr. Anzeige» find stet» « die Crpedttto« z, richt«. Dir Erpeditio» ist wvcheatag« „unterbrach« grSffuet von früh S bi« abends 7 Uhr. Druck und vertag von L. Potz t» Lest^kg. Nr. 60». Donnerstag den 26. November 1903. 97. Jahrgang. Graf Stefan Tisza und die NalionaMSlen. 7. Die Programmreden -eS neuen ungarischen Ministerpräsidenten im liberalen Klub, im Magnaten» und Im Sbgeordnetenhaufe enthielten außer einer Fülle an derer Themen besonders für die Nationalitäten Ungarns einige, heute in Ungarn wieder neue und hoffnungsreich« Sätze. Auch Stefan Tisza ist erfüllt von der idealen Aufgabe aller Magyaren, in Ungarn einen magyarischen National» ftaat zu schaffen,' aber er fügt zu dieser Uebcrzeugung hinzu einige Beschränkungen, die in dem Zugeständnisse ihren Ausdruck finden, daß die Tatsache für Ungarn nicht auS der Welt zu schaffen fei, wonach dt« Hälft« der Bürger de- Lande- nicht zur magyarischen Nass«, sondern zu an deren Nationalitäten gehört. TiSza geht auch noch weiter) er weist auf die „weitgehenden, umfassenden Rechte" hin, die die Nichtmagyaren schon von den Borfahren erhalten hätten, und spricht als eine Forderung „wohlverstandener, wahrhaft umgyarischer nationaler Politik" auS, „daß diese Rechte gewahrt, geachtet und ehrlich auch in Zukunft respektiert würden". ES ist natürlich, daß die Nationalitäten und darunter auch die Siebenbürger Sachsen solche Aeußerungcn auS dem Munde des neuen Ministerpräsidenten mit großer Genugtuung vernehmen. Selbstverständlich kann bei diesen „Rechten, die die Borfahren gewährten", nicht an die alten ständischen Rechte gedacht werden, die der moderne Staat längst und für immer au- der Welt geschafft hat. Man muß also, wenn man nicht di« schlechtere Deutung annehmen will, daß für die Nationalitäten bereit- genügendes Recht -«währt werde, wenn sie als BolkSgattung -wetten Ranges hinsichtlich de- Schutzes an Leib und Leben, Hab und Gut und an politischem Rechte formell den Magyaren nicht »achständen, an die Rechte denken, die den Nationalitäten Deak lmd seine Generation tm Nationalitäten» - es« tz von 1868 gewährt hat. Ein sieb«nbürgisch-deutsch«S Blatt ist in der Lage, durch einen Brief Tisza-, den derselbe lange bevor er ahnte, daß «r Ministerpräsident werden würde, an einen landwirt schaftlich ihm nahestehenden Siebenbürger Sachsen ge richtet hat, zu erweisen, daß Tiszas Stellung zu den Natio nalitäten in diesem Deakschen Sine aufgefaßt werden nnch. TiSza schreibt am 30. März d. I. -eutsch: ,/Sehen Sie, an ungarischem Patriotismus und Nationalstolz stehe ich gewiß niemandem nach, und die unpatriotische Agitation, die leider im Kreise unserer Nationalitäten ihre Wühle, reien fortsctzt, hat keinen entschiedeneren «Feind; daneben bin ich aber fest überzeugt, daß wir unsere nichtmagyari- schen Mitbürger Inder freien Ausübung aller ihrer Rechte nicht stören und ihnen nicht verargen dürfen,wenn dieselben an ihrer Sprache und Nationalität fest halten wol len. Den pöbelhaften, gehässigen Chauvinismus, der in einem Teile unserer Presse zu Tage tritt, verurteile ich aufs entschiedenste und bin stets bereit, für die einzig richtige und wirklich patriotische Politik in die Schanze zu treten: für die Politik -er innigen Sympathie mit allen zuverlässigen patriotischen Elementen unserer nichtmagyarischen Bevölkerung. Auf diesem Boden werden wir (Graf Stefan TiSza und di« Sachsen) uns ge wiß verstehen." Das sind für die Nationalitäten heute goldene Worte. Und daß sie wahr sind und ans dem Herzen kommen, be weist ein Nationalitätenfresser Baron Desider BLnffy, der öffentlich erklärt hat, daß zu zwei anderen tiefgehenden Gegensätzen zwischen seiner und der Politik Tiszas als dritter der hinzutrete, daß die Nationalitäten. Politik Tiszas nach seiner Auffassung durchaus „ un- tt a t i o n a l" fei. Was da- heißt, ist deutlich genug; und wenn man die chauvinistischen Pester Blätter zur Hand nimmt, findet man in ihnen eine 'Flut von Widerlegungen der deaktsti. schen Nationalitätenpolitik TiSza». Ls wird vor allem hervorgehoben, daß infolge dieser Politik in Ungarn durch. auS fremde Kulturen sich hätten festsetzen können; und das Ideal 1<-eS wahren Magyaren dürfe doch nur die magyarische Kultur sein. Wie weit e» nun TiSza gegenüber solchen starken Gegenströmungen im eigenen Dolle, freilich mehr auch nur in der nicht ganz rassenreinen Presse, gelingen wird, seinen Grundsätzen während seiner RegisrungSzett Gel tung zu verschaffen, da» wird -le Zukunft lehren. Einen Brocken hat er -en Chauvin» bereit» hingeworfen. Da ist die Drohung gegenüber den sogenannten nationalen „Agitatoren", gegen die möglichenfalls die bestehenden ge setzlichen Bestimmungen noch verschärft werden sollen. W«r da weiß, wa» im Lauf« der letzten Zeit in Ungarn al- agi- tatvrisch verurteilt und bestraft worden ist, wird nicht leugnen, daß in der Anschauung Uber da» wahre Wesen der Agitation auch Graf Stefan TiSza der wohltätigen Fanillaton Vie lange Reise, von Han- Sieger t. i «»druck »Idolen. ES war beschlossen« Sache. Nicht von ihm, dem alten Förster, war e- ausgegangen, sondern vor» der Enkels»» l ^>n den vierzehn Jahren ihre- Leben» war sie kaum einmal länger al» einen Tag au» ihrer abgelegenen Wald heimat sortgekommcn, und wenn ja dieser selten« Fall cingetreten war, dann hatte di« Reis, stet- in Begleitung der Mutter oder Großmutter stattgefunden. Und nun wollte der jugendliche Springinsfeld ein lange» -alibes Jahr dem heimischen Herdfeuer den Rücken kehren, um in der Gesellschaft einer befreundeten Alters- genvsssn die volle, unbeschränkte Freiheit nach „gesetzlich erfüllter Schulpflicht", wie aus dem Zeugnis stau-, zu genießen. «in -albe» Jahr! Der Förster schüttelt« den Kopf, wenn er daran dachte, daß er so lange Zeit da» silberhelle Lachen seine» Liebling» nicht hören sollte; aber schließlich willigte er «in. Neudorf war ja nicht weit — «in rüstiger Fußgänger erreichte e» in knapp zwei Stunden —, un sicher fand sich Gelegenheit, den nestflüchtigen Wildling dann und wann zu sehen, ehe da- halbe Fahr zu Ende w-r. „Was nur -em Mädel eingefallen sein mag!" sagte der Großvater bekümmert zu seiner Frau. „Mach dir keine Sorgen, sie kommt zeitig genug wi«>«r", entgegnet« Frau Aliud« mit prophetischer Sicherheit. „Wer w«tß — na, wir müssen -offen, wie di« veraleute." Di« Neuigkeit, daß die FörsterHfrieda ein -albe» Jahr von zu Hause fort wollte, brauchte nicht lange, bi» sie da letzt« der vierzehn Häuser von Windhrim erreicht hatte. Der alt, Lhristan, der nie ein Kreund vom Reisen ge- wesen mar, legt« bi« Stirn in bedenkliche Kalten. „Ei, et", sagte er. „wo» ward do brau» waarnl" E» wollte ihm nicht in den Ginn, daß «in Windcheimer Kind «in halb«» Fahr lang freiwillig von seinem Ort fernblriven könnt,! von den Soldaten war man'» nicht ander» gewöhnt, die mußten fort; auch al» drunten der «ock-HSusel^iobert vier Monat, eingcsperrt worben war. w,A er einen Hirsch grfchossen hatte, da fand man diese» länger« verweilen unter fremdem Himmel erklärlich, aber ein junge» Mädchen von vierzehn Fahren? Da» war wider die hergebrachte Ordnung. Ja, drüben aus böhmischer S«it« de» Gebira,», ha lag »e, Wandertrieb d«n Sruten in, Bluter b-bmische Musi kanten zogen in -er ganzen V,lt umhn, selbst »v, dem großen Wasser fürchteten st» sich nicht; a»«r in Sachsen »«eu *b nur MFiO« Ga»«t»d«n, d«Nv Bewohn«» han delnd und hausierend bas Land durchzogen: die Korb- f.echter au» „der Lauter", die Bürstenlcute au» „Schtun- had", -ie Blcchmänner au- Beierfeld, und endlich die „Satziger", die mit Pferden, Gänsen, Flach-, Schuh- zwecken und vettfedern handelten, von den Wind- Heimern jedoch erwartete man, daß sie der Scholle treu blieben, und bis aus den Schönkgulus, -er in jungen Jahren, daS Waldhorn blasens, mit seinem Bruder Wil helm, mit dem Lut auS dem Ehrenzipfel, dem Schuster- Gust u»id noch einigen anderen Künstlern in die Welt ge zogen war, konnte der alte Thristan mit Befriedigung feststellen, daß kein Windhetmer lange von seiner Hetnmt sortg«wcsen war. Doch Frieda» Plan stand fest. Am Sonntag vor Himmelfahrt sollte die Reise sortgehen. — D<r groß« Tag brach an. Mit liebevoll«! Sorgfalt packte die Mutter Stück für Stück in die alte, mit Dachsschwarte beschlagene Lade, die bestimmt war, Frieda» bewegliche Habe aufzunehmen. Zu untrrft kam -a» „Geschüch": solide, lederne Pantoffel, die der alte Felber — tröst' ihn der liebe Gott! — mit kunst verständiger Hand geschaffen hatte, und ein Paar gute Zeugschuhe, weiter einige Wäsche und da» „AlletaaSzeug", an der Sette in zurechtgeformter Höhlung der Slöppelsack auf sein«m Ning, zu oberst endlich, gewissermaßen al- himmlische- Schutzmittel sür den kostbaren Inhalt, Las Gesangbnch. Bald stellt« sich auch mit einem Handwagen der Jrmisch-Hau-Vernhard ein, der die Dachslade nach Neu dorf befördern sollte. Die letzte Stunde vor dem Aufbruch« zur laugen Neis« würbe mit erbaulichen Ermahnungen euSgefüllt. Der alte Förster freilich hatte sich schon früh von seinem Lieb- llng getrennt und war dann tn den Wald gegangen. Dem bevorstehenden tränenreichen Abschied« wollte er an dern Wege gehen. Die Großmutter aber und die Mutter batten noch so manche- zu sagen. Auch die alte Karline, die sich stet» bet wichtigen Gelegenheiten im Forsthause «instellte, um überall mit Hand anzukegen, war zugegen und sprang mit klugem Worte ergänzend «in. Frieda hatte auch ihre Sorgen. Schon seit langer Zeit halte sie jeden Abend der Großmutter für einen Sechser Bier — so viel hatte der Herr Gevatter Doktor aus Golte-gab v«rordnet — au» der Schänke geholt — wer sollte da- künftig tun? Wer soll»« di« Eier au» den Hühnerncstern nehmen? Wer dem Großvater di« Filz- schuhe bringen, wenn er abend- au- dem Wald« nach Hanse kam? Da- waren Fragen, deren Beantwortung dem Mädchen ernst« Sorgen bereitet«. „vergiß nicht, seden Sonntag in die Kirche zu gehen", ermahnt« d!« Großmutter zuletzt. „Freilich, Kind. -öS mußt brr uu loß bi, allem»! von der Ida a Stretßel au- 'n Garten »»am, »oß »u net «tschtttfst Ur »er Klrch", ersäuztr -t» Karlin«. Korrektur bedarf. Indem er sie vorläufig aber noch nicht anwcndct, hat er sich ein Gebiet gesichert, aus dem er seine Grundsätze modifizieren und den scharfnattonalen Geg nern im magyarischen Lager Gelegenheit geben kann, mit ihm zufrieden zu sein. Zum Lavitel der SMenliangerei wird un» auS landwirtschaftlichen Kreisen geschrieben: Von verschiedenen Leiten wird zur Zett die sogenannte Tachscngängcrsrage erörtert, ü. h. eS werden Mittel und Wege zur Verdrängung der polnischen und der galizischen Arbeiter tn den landwirtschaftlichen Betrieben vor geschlagen und besonders eifrig der Vorschlag befür wortet, den Rat der Stadt Leipzig zu veranlassen, daß er seine Pächter zur Fcrnhaltung fremder Arbeiter aus thron Betrieben verpilichte. Abgesehen davon, daß das Mittel wie ein Tropfen auf einen heißen Ltein wirken würde, beweist die Befürwortung gerade dieses Mittels, daß die heutige Lage der Landwirtschaft sehr wenig be kannt ist. In der Zeit des HochgangeS der Industrie ist der Zuzug der Arbeiter nach den Städten so groß, daß man behaupten darf, zehn Stunden im Umkreise «iner Stadt wie Leipzig seien die jugendlichen Arbeiter tm Atter von 18 bis 25 Jahren fast ohne Ausnahme unter wegs, und gehen sie erst noch einmal vor der Stadt in Dienst, so geschieht dies nur, um im nächsten Frühjahre in die Stadt selbst mit ihren erträeunlen und wirklichen Freuden und ihrem leichteren und besseren Verdienste ein- zurücken. Soweit die Leipziger Türme zu sehen sind, weiß um diese Zeit kein Landwirt, ob er seinen jungen Arbeiter morgen noch auf seinem Hofe fleht. DaS sind die tatsächlichen Verhältnisse. Wo bleibt nun der Landwirt mit seiner Arbeit? Ist er nicht geradezu gezwungen, nach fremden Arbeitern zu greifen? Zu Hause bleiben nur die alten Leute, der Landwirt aber muß unter allen Umständen seine Arbeiten fertig stellen, wenn er nicht nur das Herabsinken de» Dodenwcrtcs und Kapitalverlust vermeiden, sondern auch seinen ZinS- Verpflichtungen gerecht werden und die auf ihm lastende schwere Steuerlast erschwingen will, obgleich seine Haupt- erzeugniffe, die vrotfrüchte, heute kaum noch die Pro duktionskosten tragen! Wir wissen, daß auch tn der Stabt nicht alles Gold ist, wa- glänzt; aber zwischen Landwirtschaft und Industrie besteht immerhin der ge- wattige Unterschied, daß der Landwirt unter den miß lichsten Verhältnissen, und wenn die Berlustjahre noch so lange anhalten, weiter arbeiten muß, bez. seinen Be trieb nicht einschränken kann, während der Fabrikant, wenn die Industrie im Niedergänge begriffen ist, heute 300 und nach acht Tagen wieder 500 Leute entlassen kann, die dann sehen müssen, wie und wo sie anderweit unter kommen. Auf solche Fälle aber kann doch die Landwirt- i schäft nicht warten, der von Jahreszeit, Sonnenschein und Regen gebieterisch die Arbeit vorgeschrieben wird. Ob I und wie dem Wechsel im Gedeihen der Industrie und seinen Folgen abzuhelfen sei, kann dahingestellt bleiben; jedenfalls kommt eS bei der un- jetzt beschäftigenden Frage nur darauf an, ein Mittel zu finden, da- die Kon kurrenz der fremden Arbeit gegenüber der deutschen herabmindert, ohne zugleich die Landwirtschaft tn noch schlimmere Lage zu versetzen. Unsere- Erachten» gibt S ein solches Mittel; es besteht darin, den Aufenthalt aller Sachsengänger im Jnlande gesetzlich zu kürzen. Alle Sachsengänger kommen gewöhnlich in der Zeit vom 5. bis zum 12. März hier an und gehen wieder An fang Dezember. Sie bleiben also rund neun Monate. ES wüde aber «inen wesrrrtlichen Umschwung herbei führen, wenn gesetzlich bestimmt würde, daß fremde Landarbeiter vor dem 1. April hier nicht in Dienst ge nommen werden dürften und diesen am 81. Oktober wieder zu verlassen hätten. Diese stebenmonatige Arbeitsperiode müßte bei den Ausländern gleich in den Pässe vermerkt sein. Sie würde genügen, die Landwirt schaft vor unerträglichem Arbcilermangel in der schwersten Zeit zu schützen und würde gleichwohl die Folge haben, daß mancher Sachsengänger zu Hause bliebe oder sich nach Oesterreich wendete. Do viele Arbeiter, wie er zur Winterszeit braucht, würbe der Landwirt allenfalls auch unter den heimischen Kräften finden. Besonderen Wert aber legen wir darauf, daß bet An wendung des vorgeschlagenen Mittel- während -er schlechtesten Monate im Jahre, in denen da- Bauhand- merk und die Tiefbauarbeiten gänzlich ruhen, bet vor kommenden Arbeiten die fremden Arbeiter den hiesige» keine Konkurrenz machen könnten. Vielleicht weiß man da und dort noch nicht einmal, daß viele der setzt noch in der Landwirtschaft beschäftigten polnischen Arbeiterinnen sofort beim ersten kräftigen Einsetzen der industriellen Tätigkeit gar nicht in die Heimat zurückkehren, sondern tn den Spinnereien usw. Arbeit annehmen, um dann für immer dabei zu bleiben. Da» sind viel schädlichere Kon kurrenten, al- die eigentlichen Sachsengänger, besonder schädlich deshalb, weil sie polnische Elemente in gut deutschen Landen seßhaft machen. Auch diesem Uebel würde durch unseren übrigens nicht neuen Vorschlag vor gebeugt Allerdings wäre seine Durchführung eine Be schränkung der Freizügigkeit; aber eS ist ziemlich gleich gültig, ob die Freizügigkeit gesetzlich eingeschränkt wird, oder nur tatsächlich und künstlich durch «tn«n Druck -e- Rate- auf seine Pächter. Deutsch«, Reich. * Dresden, 25. November. In seinem Verordnungsblatt veröffenllicht da» Evangelisch-lutherische Lande-- konsistorium eine Kundgebung de- Deutschen Evangelischen KirchenauöschusseS, in der e- heißt: An v. Martin Luther» Geburtstag, dem 10. November, ist der neu gebildete Deutsche Evangetische Kirchenau-schuß zu sein« erste« „Und bete jeden Abend un>d Morgen", sagte die Mutter weiter. „Un wenn du deine Zeigschuh ahhost, do tust d« deine Pantössei« rächt schie eischmiern, doh se net brachen", fügte Karline hinzu. So verstrich unter wichtigem Gespräch die Zeit, bi» di« verständige Karline -um Ausbruch mahnte. „Nu fahrt när tn Gotte- Name zu", faste sie, „fist ktmmt eich die Nacht übern Hal»." Noch einmal nahm Frieda herzlich Abschied, dann überschritt sie die Schwelle de- Hauses. Sie preßte daS „Schnupptüchel" an di« Augen, di« Frauen bedienten sich de» Schürzenzipfel-, um di« Tränen zu trocknen, der Junge aber fuhr lustig mit seinem Handwagen den Schänkweg hinab. Bor der Schänke stand der Weigel-Ernst, der Philosoph unt«r den Wiichhctmer Waldarbeitern. „Wu willst« dä hie, Kind?" fragte er Frieda, die immer noch mit ihren Augen zu tun hatte. „Nach Neudorf zur Iba zu Nocken." „Wenn kiinmste -ä wieder?" „Zur Kirmeß." „Du bist net gescheit — do- 1- -och ball a halb Gahr!" „Freilich, aber 's kann auch sein, daß ich unter der Zeit einmal nach Hause komm«/ „Ei du gutS Kind! A halb Gahr! Wenn dir'sch när epper n«t rächt ant «bange) tu ward!" „DaS glaub' ich nicht; nur ein- macht mir Sorge: Wenn ich nur wüßte, wer meiner Großmutter jeden Tag für einen Sechser Vier holen könnte." „Do loß dir när kaane graue Haar wachsen, de Frau Färichter muh nu halt saah, wt« s« zu fach ktmmt — na vl«io när rächt gesund, un schreib f«t amol!" Frieda legte ihre Hand in die de- Waldarbeiter-, und bann solgte sie dem vorauäetlenden Gepäckwagen- vald bog si, in den tiefen Hohlweg ein, der tn jähen Krümmungen durch »en Försterfleckenwald hinauf auf die Höhe führt. Bon hier au- konnte Frieda noch einen letzten vlick auf da» liebe Dörfchen senden, da- im ruhigen Glanze de- Sonntagmorgen- ihr zu Füßen lag. Da drüben, da- -em Walde am nächsten lag, hinter Eschen und Vogel- beerbäumen versteckt, da- war -a- Forstyau». Weißer Rauch stieg au» der Esse empor: Jetzt setzen sie da» Rind- fletsch und den Rei» an, bald wer-en sie zu Mittag essen — un- Frieda muß hinaus in die weit« Welt! gn trüben »«dank«« schritt -i« Wanderin »wische« den schweigenden Fichten dahin. Da wurde sie plötzlich durch «in« freudige Urberrafchung au- ihrem Sinnen ge, rissen: AuS -em Dickicht zur Seite de- Wege» trat un vermutet der alte Förster. E» war ihm ei« vedürsni», hier, im geliebten Wald«, -er flüchtigen Enkelin -«« letzte« Gruß »i» briu»««. „Ich wußte, -atz ich dich hier treffen würbe, un- ich wollte dich nicht ziehen lassen, ohne dir noch einmal -ie Hand gedrückt zu haben", sagte der Alte weich. Frieda war glücklich. Etwa» AnaenrhmereS hätte ihr kaum zu teil werden können, al» -wser letzte Gruß au» l.r Heimat. Ein große» Stück noch gab der Förster -em Mädchen das Geleite, bi» ein -leine» Wässerlein, die jugendliche Zschopau, ihn daran erinnerte, daß er schon längst die Grenze seine» Revier» überschritten hatte. Hier, am „Schwarzen Teich", trennte er sich von dem Mädchen, das nun mit gemischten Gefühlen -er Fremde zustrebte. In Win-Heim verging unterdessen der Gonntag in der herkömmlichen Weise. Die Männer fanden sich am Nach mittag in der Schänke ein, um bei Kartenspiel un- Trunk die Anstrengungen der arbeitsreichen Woche zu vergessen. Am Abenü aber erdröhnte der „Tanzbode«" unter den hüpfenden un- schlürfenden Schritten -e» jungen Volke», das nach den melodischen Klängen eine» bi» auf die öderen Stimmen soliden Leierkasten» in entschiedenen Drehungen sich erheitert«. Im Forsthaufe war eS still. Der alte Förster saß am Tische und studierte beim Scheine der traulichen Hänge- lampe die Neuigkeiten de- ^Grzgöbirgtschen Volks- freundes". Alinde ruhte selbstvergessen in ihrem Sorgen stuhle und dachte an die lieb« Enkelin. Draußen tm Stalle aber erhielten die wohlgenährten Rinder zur Be- schleuntgung der Verdauung den ansehnlichen Abend- trunk, ein duftende» Gemisch au» Wasser, Kleie und Bich- salz. Ta ertönt die Hausglocke. Der Förster blickt über die Brille hinweg nach der Tür. Sie springt auf, und im nächsten Augenblicke kiegt Frieda schluchzend am Halse der Großmutter. Nur kurze Zeit dauerte die Urberrafchung, dann brachen die beiden Wien in ein herzliches Lachen au». Der Förster fand zuerst Wort«: „Nun", sagte er, „du bist doch recht schnell wieder da — haben sie dich etwa tn Neudorf nicht behalten wollen?" Unter Tränen kam eS heraus: Die gute Daitte, vor allem di« gleichaltrige Ida, waren sehr erfreut gewesen über den Besuch, wenn sie auch mit gewissem Mißtrauen di« umfangreich« Dach-lade betrachtet hatten. Bis zum Kakfeetrinken war auch alles gan-gut -«gangen. AIS ater dann Bernhard mit feinem Wagen die Hetmfahrt antretrn wollte, da war Frieda aufgesprungen und hatte mit unerschütterlicher Bestimmtheit erklärt! „Ich fahr« wieder mit nach Hause." Und dabei war e» trotz aller Bitten und freundschaftlichen Borftilkungen von Gette» der Tante Ida auch geblieben. So endigte Friedas erste Reis«, di« ss« auf eigene Faust unternommen; eS tst auch die einzige gedli«»«n.
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