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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031126024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903112602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903112602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-26
- Monat1903-11
- Jahr1903
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8210 männischen Schiedsgerichte in der bevorstehenden Session -em Reichstage wahrscheinlich -ugeht, haben wir mehr, fach dargelcgt. Berlin, 28. November. (Die gewerbliche Nachtarbeit der Frauen.) Im Auftrage der internationalen Bereinigung fitr gesetzlichen Arbeiter schutz hat Professor vr. Stefan Bauer Berichte über das wichtige Thema „Die gewerbliche Nachtarbeit der Frauen" hrrausgegeben (Jena, Gustav Fischer). Aus diesen Berichten werden in der „Sozialen Praxis" von A. Salomon die wesentlichsten Ergebnisse zusammen gestellt: Nachdem die Mehrzahl der Industriestaaten mit starker weiblicher Jndustriearbeft das Verbot der Nacht arbeit flir erwachsene Frmien bereits ausgesprochen hat, wobei allerdings das Geltungsbereich deS Verbotes ver schieden groß blieb, zeigten sich bisher die Anüchtkn über die Wirkung dieser Gesetzgebung noch ungeklärt. Die einen schrieben dem Verbote der Nachtarbeit sowohl für die Frauen, sowie für das gesamte Volkswesen nur günst ge Wirkungen zu, die andern leiteten erhebliche Bedenken daraus ab. Bor allem wurde die Befürchtung laut, daß das Verbot der Nachtarbeit für die Krau einen Verlust an Arbeitsgelegenheit bedeute. Nach den vor- liegenden Berichten ist solche Furcht unbegründet. So stieg z. B im Deutschen Reiche von 1882 bis 1805 der Anteil der weiblichen Arbeiterschaft von 18,31 Prozent auf 16,65 Pro, zent. ES hat demnach trotz des in dieser Zeit erfolgten Verbotes der Frauennachtarbeit, trotz der Regelung der Maximalarbeitszeit der Frauen usw. eine ganz beträcht liche Zunahme der Arbeitsgelegenheit für Frauen statt gesunden. Dasselbe Bild der Stetigkeit in der Verwen dung der Frauenarbeit nach der gesetzlichen Regelung bieten Oesterreich, die Bereinigten Staaten, Frankreich, die Niederlande u. a. Die günstigen gesundheit lichen und sozialen Wirkungen des Verbotes der Nachtarbeit zeigen sich überall in dem Sinken der Sterb lichkeit bei Frauen und Kindern, in der Anbahnung eines normalen Familienlebens usw. Eine andere Befurch- tung, daß nämlich dieIndustrie durch das Verbot der Nachtarbeit in ihrer Leistungsfähigkeit ge schädigt werde, ist in den Berichten ebenfalls wider legt. Die Exportbewegung in den Verbvtsländern hat sich nicht verlangsamt. Allerdings ist damit nicht gesagt, daß ohne die Arbeiterinnenfchutz-Gesetze keine größere Exportsteigernng zu erzielen gewesen sei. Aber vom volkswirtschaftlichen Standpunkte darff man dabei nicht außer acht lasten, mit welchen Opfern diese Exportsteige, rungen in Gestalt von ruinösen Preiskämpfen, Lohn reduktionen, Ucberarbeitung während der Saison, Arbeitslosigkeit in der toten Zeit erkauft werden. Anlaß zur Nachtarbeit gibt weit weniger die Furcht vor der aus ländischen Konkurrenz, als die schlechte Organi- fation des inneren Bedarfes, die darauf zu rückgeht, daß ein einheitlicher und zwingender Impuls zum Widerstande gegen die Unsitte verspäteter Bestellungen so lange fehlt, als die Arbeitszeit nicht gesetzlich, ohne Ausnahmebewilligungen, festgelegt ist. Darf sich also die internationale Regelung zunächst darauf beschränken, die zurückgebliebenen Länder zur Gewährung eines Mindestmaßes von Schutz für die Frauen zu veranlassen, so sollten die Länder mit einer ausgebildeteren Schutzgesctz- gebung, wie England und Deutschland, bisher vernach lässigte Zweige in Angriff nelnnen. Dahin gehört für Deutschland namentlich die Beseitigung aller Ausnahmen vom Verbote der Nachtarbeit, und seine Ausdehnung auf die Hausindustrie, das Ber- kehrsgewerbe und die geschlossenen Comp- toire. * Berlin, 25. November. (Geyen die sozial-emo- kratischen Ausschreitungen bei den Wahlen.') Die „Kreuz-Zeitung" tritt heute dafür ein, daß die Regierung gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie bei den Wahlen, namentlich in Rixdorf, strafrechtlich vorgche. Sie schreibt u. a.: Auf den Witz der Genossen, in der Stichwahl die „Spar-Agnes", Lubasch, Wertbeim, Dippold, Hühner, den ollen ehrlichen See mann usw. zu wählen, wollen wir nicht weiter eingehen, obwohl er sich zweifellos als grober Unfug (8 360, Zister 11 des Reichs- Strafgesetzbuches) darstellt, da dieAbgabe solcher Zettel ausschließlich zu dem Zwecke geschah, das Wahlgeschäft, besten geordneter Gang zum Be stände der öffentlichen Ordnung gehört, zu stören und lächerlich zu machen. Bedenklicher ist schon das Heranzrrren gänzlich un beteiligter, jetzt bei der Stichwahl ausgeschlossener Personen, wie des Grafen Kanitz, Eugen Richters, deS WahllommistarS Landrat von Stubenrauch durch einen offiziellen Sozialdemo kraten bei der Stichwahl (I) und sogar seiner Gemahlin, der Frau v. Stubenrauch, denn darin kann man auch eine Belei- digung dieser Personen erblicken. In jedem Falle muß aber den auf die gewaltsame Störung deS Wahlgeschäftes gerich teten Bestrebungen entgegengetreten werden. Wenn Wahlmänner, wie geschehen, sich vor dem Wahltisch in der Absicht aufgestellt haben, die anderen Waülmänner an der Stimmabgabe zu verhindern, so liegt zum mindesten ein Versuch des Vergehens gegen den 8 107 de» Strafgesetzbuche» vor, und al» die Genosseu auf den Wahlkommissar rindrangen, um ihn zu zwingen, auch jene offenbaren Ulkabstimmungen, wie Spar-Agne» usw., in die Wahllisten bei der Stichwahl einzutragen, so unter nahmen sie eS, durch Gewalt den Beamten zur Vornahme einer Amtshandlung zu nötigen (8 >14). Und schließlich müssen alle, welche daran teil genommen haben, die Wahl zu stören und zu verhindern, auf Grund 8 129 de» Strafgesetzbuches bestraft werde», denn es ist zweifellos, daß die Sozialdemokratie sich zu diesem Geschäft bei der Rizdorfer Wahl verbunden hatte. — Heute hielten die vereinigten Ausschüsse des Bunde»- ratS für Rechnungswesen und für Handel und Verkehr ein« Sitzung. — Dem Bundesrate ist ein Entwurf über die Neuregelung des ServistarifeS und der Klasseneinteilung -er Orte zugcgangem — Das Slldpolarschiff „Gauß" wird in den nächsten Tagen außer Dienst gestellt und im Auftrage deS Reichs amtes des Innern veräußert werden. — Die Sachverständigen-Kmnmission für die Borbe- ratung von Fragen der Revision desStrafpro, zesscs wird Mitte Dezember von neuem zusammen treten und sich dann mit der Frage der Berufung be- sckMigen. Die Verhandlungen nehmen, je weiter sie vvrrllckcn, erfreulicherweise einen um so rascheren Fort gang. — DaS preußische Kammergericht, welches in neuerer Zeit in mehreren Entscheidungen die mit seiner früheren Rechtsprechung und der des Reichsgerichtes in Widerspruch stehende Rechtsansicht vertreten hatte, daß das Tragen und der Verkauf von Waffen in Preußen durch Polizeiverordnungen nicht geregelt werden dürfe, hat diese Ansicht in einem Urteile vom 5. Oktober dieses Jahres aufgegeben und nunmehr anerkannt, Laß daS Verbot sowohl wie «ine Beschränkung des Tragens und des Verkaufes von Waffen in Preußen durch Polizeiverordnung rechtswirksam erfolgen kann. — Es wird auffällig bemerkt, daß beute das führende Zentrumsorgan am Rhein, die „Köln. Volksztg.", erklärt, der jetzige Zeitpunkt sei für die Einbringung eines neuen Militärpensions-GesetzeS sehr wenig geeignet; durch die Militärmißhandlungsprozesse sei nicht die rechte Stimmung für eine derartige Neuordnung geschaffen. — Au» „maßgebenden Kreisen" wird der „Ostpreuß. Ztg." versichert, daß die Verlegung deS 16. Train-Batarl- lonS aus Forbach in eine andere Stadt im Prinzip bereits beschlossen sei. Es sei außerdem eine neue Zusammen- setzung deS Offizierkorps geplant. Ueber die neue Garnison — Montigny bei Metz wurde bereits genannt — sei noch kein Beschluß gefaßt; ebensowenig sei bestimmt worden, daß Forbach mit einer anderen Truppenabteilung belegt werde. — Freiherr v. Zedlitz nimmt Fechterstellung ein; der Mut schwellt ihm die Brust; er sehnt sich danach, im preußischen Abgeordnetenhause die Klinge zu kreuzen mit Gegnern die nicht da sind! Mit Herrn Dr. Barth zum Beispiel. Ja, das ist doch noch ein Mann für die Tapferkeit des Herrn v. Zedlitz! „Mit ihm", schreibt Freiherr v. Zedlitz, „konnte man doch mit Ver gnügen die rednerische Klinge kreuzen, daß die Funken stoben." Nun, da kein Sozialdemokrat ins Abgeordneten haus gelangte, hält er es für erwünscht, daß die Sozialdemokratie vertreten wäre. Weshalb äußerte Freiherr v. Zedlitz nicht vor -en Wahlen seinen Wunsch oder gab fein Mandat nicht an die Sozialdemo kratie ab? Oder vielleicht wären seine rechtsstehenden konservativen Gesinnungsgenosten in BreSlau, im Wahl kreise Barnim und Beeskow-Charlottenburg seinen freundschaftlichen Ratschlägen zugänglich gewesen! Wenn Freiherr v. Zedlitz in seiner Fraktion die Liebhaber-Nolle für die Sozialdemokratie deS dem Abgeordnetenhause fern bleibenden vr. Barth übernimmt, braucht er, Herr v. Zedlitz, nicht mehr zu befürchten, daß es im Abgeord netenhaus- noch langweiliger zugehen werde, als früher, für die nötige Heiterkeit ist dann wenigstens gesorgt. — Die Ernennung deS Präsidenten des Landeskonsisto- riumS zu Hannover, Wirklichen Oberkonsistorialrat VoiytS zum Präsidenten deS Evangelischen Oberkirchenrats begleitet die „Kreuzzeitung" mit den kurren Worten: „Ueber seine kirchliche Stellung ist bisher nichts bekannt geworden, daS ibn einer bestimmten „Richtung" zuweisen ließe." Der noch strenger der positiven Richtung huldigende „Reichsbote" sagt: „Es ist merkwürdig: die lutherischen Hannoveraner fürchten die Union der preußischen Landeskirche — und die letztere nimmt die Präsidenten ihres Oberkirchenrate» aus der luthe rischen Kirche Hannovers." — Die „Natlib. Korresp." veröffentlicht folgende An- frage: Ist der evangelische Pfarrer Heckenroth von Altenkirchen, welcher sich mit einem ZentrumSmann auf Grund bestimmter Dienstleistungen und Versprechungen an das Zen trum in daS Abgeordnetenhaus hat wählen lasten und damit die Wahl zweier evangelischer Männer, der bisherigen Abgeord« nten LsthauS und Weyerbusch, zu Fall brachte, 1) noch Mitglied des Evangelischen Bundes? 2) noch Mitglied einer evangelischen Synode? 3) überhaupt noch evangelischer Pfarrer? — Der Geheime Reyierungsrat vr. Niehue», ordent licher Professor m der philosophischen Fakultät der Universität Münster, wurde vor einigen Tagen vom Papste empfangen, dem er den zweiten Band seines Werkes „Kaisertum und Papsttum im Mittelalter" überreichte. PiuS X., dem er in großen Zügen den Inhalt seiner Schrift mitteilte, unterhielt sich längere Zeit mit ihm über die im Werke besprochenen historischen Ereignisse. Zum Schluß beglückwünschte der Papst, wie die „Köln. Volksztg." berichtet, Herrn Niehues zu dessen kürzlich erfolgter Berufung inS preußische Herrenhaus. — Aus Rom bringt die „Tgl. Rdsch." die nach manchem Begebnis der letzten Monate kam erwartete Kunde, daß der Bischof Korum von Trier sich mit RücktrittSgedanken trage. In geistlichen Kreisen gehe das Gerücht von einer Abdankung Bischof KorumS. Da er sich unmöglich gemacht, hätte die preußische Regierung schon zu Lebzeiten Leos ge legentlich der kaiserlichen Romreise eine dahin gehende Zu sicherung erhalten. Papst Pius wünsche jedoch, daß der Rück tritt freiwillig und unauffällig stattfinde. Damit soll dann auch der jüngste Besuch Kardinal Fischers in Trier zu- sammenhängen. — Das Blatt glaubt übrigen» selbst nicht recht an seine römische Meldung. — Der sozialdemokratische Parteivorstand hat beschlossen, dem auf dem Dresdner Parteitag „psycholo gischen Rätsel" vr.Mehring den Wunsch auszusprechen, sewe Mitarbeit an der Parterwochenschrift „Die Neue Zeit" wieder aufzunehmen. DaS gleiche Ersuchen richtet die Preßkommission der „Leipziger Volks zeitung" an vr. Mehring, der bis zum Parteitage die Chefredaktion des Blattes geführt hat. Mehring ist demnach in dem von den „Revisionisten" gegen ihn geführten Kampfe auf der ganzen Linie Sieger geblieben. Die Sozialdemo kratie ohne einen Mehring kann man sich auch nur schwer vorstellen. — Der Kaiser hat dem Vereine deutscher Lehrerinnen in England ein Geschenk von 2500 überweisen lassen. — Der portugiesische Gesandte Vicomte de Pindella ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen» — Der „StaatSanz." meldet die Ernennung de» RegierungS- rats Tilmann zum Geheimen Regierungsrat und Vortragenden Rat im preußischen Kultusministerium. — Der herzogl. sächsische Wirkl. Geh. Rat und Staatsminister von BorrieS in Altenburg lnicht der gleichnamige hiesige Polizei- Präsident) ist der mit dem Charakter als Major und der Erlaubnis zum Tragen seiner bisherigen Uniform verabschiedete Hauptmann des 1. Garde-Laadwehr-RegimentS. * Posen, 25. November. Der Gnesener „Lech" veröffent licht ein Schreiben deS Oberpräsidenten v. Waldow an den Erzbischof, in welchem der Oberpräsident den Erzbischof ersucht, er möge anordnen, daß für die deutschen Katholiken der rn einer beigefügten Nach weisung des Oberpräsidenten angeführten Parochien wenigstens vierteljährlich einmal und außerdem an den hoben Festtagen je ein Gottesdienst in deutscher Sprache abgehalten werde. Gleich zeitig veröffentlicht der „Lech" die auf Grund dieses Schreibens von dem Weihbischof LikowSki in Ver tretung des Erzbischofs an die beteiligten Parochialgeistlichen erlassene Aufforderung, die Richtigkeit der angefübrten Zahlen der polnischen und der deutschen Bevölkerung festzustellen und sich darüber zu äußern, wie viel veutsche Predigten als er wünscht erachtet würden. Den Bericht erwartet der erz bischöfliche Vertreter binnen vier Wochen. * Affe«, 2ö. November. Anläßlich deS Jahrestage» des Be- aräbnisses Krupps richtete der Kaiser ein Schreiben an Frau Krupp und ließ einen Kranz am Grabe niederlegen; dasselbe taten der Prinzregent von Bayern, der Großherzog von Baden und der Großherzog von Hessen. * Altenburg, 25. November. Bei dem heute vormittag erfolgten Zusammentritt des Landtags erteilte der Präsi- dent, Geh. Negierungsrat Oberbürgermeister Obwald, sogleich das Wort dem Staatsminister o. BorrieS zur Eröffnungsrede, in der Vorlagen über ein Kommunalabgabengefetz, über die Regelung der Pensionen der Volksschullehrer un über die Vereinfachung des Landtagswahl, verfahrens angekünüigt werden. Weiter machte der Präsident eine Mitteilung, betreffend die Jubiläums feier des Herzogs. Die Landschaft habe seinerzeit zwei Herren den Auftrag erteilt, die Jubiläums gabe (bekanntlich 100 000 ^k) -em Hohen Herrn zu über reichen. Dies sei geschehen. Die Jubiläumsgabe habe große Freude bei dem Hohen Gescherrkempfänger hervor gerufen, der nunmehr, nachdem die Summ« durch frei willige Gaben und durch einen allergnädigsten Beitrag des Herzogs noch namhaft erhöht worden sei, die gesamte Summe zur Errichtung einer „Herzog Ernst- Stiftung" zur Uttterstützung armer, arbeitsunfähiger Leut« bestimmt habe. Oesterreich - Ungarn. Parlamentarischer Zwischenfall : ». Körber» Politik. * Wien, 25. November. In der gestrigen Reichsrat- sitzung ereignete sich ein Zwischenfall, iu dem der Alldeutsche Stein bei wrederholten Zwischenrufen der Tschechisch-Raditalen während der Rede des Minister präsidenten v. Körber rief: „FreSl bat im Belgrader Konak Uhren aestöhlen." Zur Rede gestellt, erklärte Stein, für seine Behauptung den Wahrheitsbeweis antrüeu zu wollen. Er nannte als Quelle zwei tschechische Jour- nalisten. Fresl will diese gerichtlich belangen. (Voss. Ztg.) * Wien, 25. November. Abgeordnetenhaus. In der fort gesetzten Debatte über die Regierungserklärung verliest Frr- ;amic die neuliche Aussprache deS Ministerpräsidenten über die Errichtung von Hochschulen für die Südsloven. Er beklagt sich über die sür die Slovenen ungünstigen Justizverhält- uisse in Kärnten. Borcic erklärt, das Heil Oesterreichs lönne nur in einer gegen alle Völker gleich gerechten, nationalen, wirtschaftlichen Politik gesunden werden. Ministrrpra,lyent vr. v. Körber erörtert die Kritik, welche der Abg. Kramarcz au dem Vorgehen der Regierung in Militärfragen geübt habe, indem er erklärte, die Armee sei eins und einheitlich und keine österreichische Regierung dürfe daran etwas ändern losten. Die einseitige Aenderung der Ausgleich-geseNe werde praktisch nie wirkiam, wenn sie nicht zu einem Vakuum führen oder, was wichtiger sek, wenn sie nicht bet der Aushebung des Dua lismus, bei der Aufhebung der Personalunion landen solle. Ueber den wichtigsten Punkt im ungarischen Militärprogramm sei schon unter dem Ministerium Szell die Enstcheidung ge- troffen, nur das Erzichungswesen käme neu hinzu. Der Ministerpräsident bittet aber, mit der Kritik inne zu halten, bis diese Äenderungen im Detail vortirgen. Er erinnert an den Ausspruch des ungarischen Ministerpräsidenten Tisza: „Es ist das größte Interesse Ungarns, die gemeinsame Armee nicht zu schwächen" und fuhr fort: „Vertrauen Sie allen Faktoren, welche das Geschick der Armee bestimmen, es wird nicht geschehen, was mit ihrer Vergangenheit in Widerspruch stehen könnte, auch dann nicht, wenn es sich wiederholen sollte, was wir jüngst in Oesterreich erlebten, daß auS nationalen Motiven Bestrebungen unter stützt würben, welche anderen Zielen zusteuern." Aus dir nationale Frage übergehenb, erklärt der Ministerpräsident, er stimme Baern- reither darin bei, daß der größte Gewinn Oesterreichs in der Ver ständigung der Deutschen nnd Tschechen liege. Die Regierung habe sich zweimal um dieselbe vergeblich bemüht und fei ein dritte- und Vierte- Mal dazu bereit; er balle es sür undenkbar, baß eine Beratung über die wahren Forderungen der Tschechen, wenn sie solche zuließen, nicht zu einem Ergebnisse führen sollte. Redner verwahrt sich sodann auf das entschiedenste dagegen, als ob er die Alter-- und Jn- validitätSversicherung der Arbeiter willkürlich verzögern wolle und verweist auf die Notwendigkeit einer eingehende» Borberatung einer derartigen großen sozialpolitischen Reform. Sodann erklärt Körber, indem er die Arrztedebatte im Niederöfterreichischen Landtage streift, die Regierung be trachte die Freiheit der Forschung als ein unantast bares Palladium, er würdige vollauf die schwierige Mission des Aerztestandes. Der Ministerpräsident geht sodann auf die Frage der Universitäten über und bemerkt, über den kulturellen Fragen könne hierbei das nationale Moment unmöglich übersehen werden. Die Regierung hoffe, für die Frage der mährischen Uni versität eine Lösung zu finden, welche beiden Bolksstämmea gerecht werde. Schließlich glaubt der Ministerpräsident unter Hinweis auf die mächtige Hebung des öster reichischen Staatskredites in den letzten 20 Jahre», sowie auf die bedeutenden Fortschritte auf allen wirtschaftlichen un kulturellen Gebieten, daß allzuweit gebender Pessimismus nicht ge rechtfertigt sei. Die Ursache des wirklichen Uebels liege ausschließlich in der Behandlung der nationalen Frage. Wenn ihre Lösung aut verfassungsmäßigem Wege gesucht werbe, dann werde Oesterreich geheilt sein. (Beifall.) Nachdem noch Barwinski und Ebenhoch gesprochen, wird die Fortsetzung der Debatte aus morgen vertagt. Apponyt. * Pest, 25. November. Die liberale Partei beschloß heute, morgen einen Antrag zu stellen, daß im Parlament Parallelsitzungen von lO bis 3 Uhr und von 5», bis 7 >/, Uhr abends «-gehalten werden sollen. An der Debatte, welche in der Konferenz stattgefunden, beteiligten sich der Minister präsident Graf TiSza und Graf Apponyi, die wiederholt das Wort ergriffen. Der Beschluß wurde zur Parteisrage erklärt. Unverbürgten Gerüchten zufolge beabsichtigen Apponyi und ungefähr 15 feiner Anhänger infolge diese« Beschlusses aus der liberalen Partei auszutreten. Doch ist hierüber keine authentische Aeußerung erfolgt. Frankreich. Woran man immer denkt; Englische Bistte. * Paris, 25. November. In der heutigen Sitzung des Generalrates des Seine-Departements legte Marque - eine Petition d'Estournelle» vor, der Generalrat solle sich für die schiedsgerichtliche Regelung von Streitfragen zwischen den Mächten aussprechen. Eine Petition Turot iSoz.) zu Gunsten einer fortschreitenden Abrüstung wird nach lebhafter Besprechung mit 44 gegen 43 Stimmen abgelehnt. Ein Antrag Galli (Nationalist), in welchem gefordert wird, daß der Wortlaut des im Jahre 1871 von den elsaß-lothringischen Deputierten bet -er Natio- „Nein", entgegnete Stella. Sie wird aber doch rot dabei, dachte Amalie. „Das muß aber doch nach meiner Ansicht oft der Fall sein", suhr sie fort, „wenn du mit jungen Männern zu sammen bist." „Ich bin aber nie mit jungen Männern zusammen", fiel ihr Stella in die Rede, „wir leben sehr still! — Warum lachst du? Es ist hier wirklich keiner, nach dessen Um gang wir uns sehnen könnten." ,^Hat er — dein Mann — dir das eingeredet?" Sie lachte noch lauter als zuvor. Stella sah auf und betrachtete ihre Freundin. Das Gesicht, das diese in dem Augenblick machte, gefiel ihr nicht. Das war aber nur instinktiv; denn sie dachte nicht darüber nach, ob es der Tost, der Ausdruck oder die Worte waren, die «sie peinlich berührten, und deshalb seyte sie schnell hinzu: „Ich habe alles, waS ich mir wünschen kann, und mein Mann tut alle-, um mich zu erfreuen." „Ja, ja, darin magst du sa recht haben; in der Hin- sicht kann er einen jungen Mann beschämen. Ein junger Mann wird stch selber nie vergessen." Diesmal lachte sie nicht. Stellas Gedanken bewegten sich beständig um Amaliens Wort „dein alter Mann"; dieses Wort gab ihrem ganzen jetzigen Leben das Gepräge, und wie eine lebende Illustra tion zu diesen Gedankenbildern kam der Oberst jetzt, breit und bedächtig, auf sie zugeschritten. Das Helle Tages licht war wieder mit im Spiel. Vor den Augen seiner jungen Frau senkte eS sich auf ihn nieder und photogra phierte ihn mit großen, genauen und brutalcnLinien. Zum ersten Male in ihrem Leben fühlt« sie ein nervöses Zittern, und ihre Augenlider fielen schwer nieder, als wäre ihr der Anblick ihres ManneS peinlich. Amalie betrachtete sie stumm; aber verstand sie nun, was sie sah, oder nicht, jedenfalls blieb sie ebenso uner- schütterlich wie vorher und sagte mit einem Lächeln: „Tein Mann! Sieh nur, er kann dich nicht länger ent- behren; nun, du kannst dich rühmen, sehr geliebt zu werden." Lag Spott in ihrer Stimme? Ihr Gesicht ließ darauf schließen» als Stella, nnongenckim berührt, sie ankoh. Einen Augenblick schwankte sie, ob sie ihm entgegengehen sollte; doch dann sekte sie sich; vielleicht hoffte sie, er würde sich einen andern Platz suchen, da er wußte, daß die Lank nur kür zwei bestimmt war. Nein! Er steuerte gerade auf sie zu. Die Enttäuschung darüber, -aß sie ihm nicht entgegen kam, wie er vielleicht erwartet hatte, machte der unge mischten Freude Platz, die er beim Anblick ihrer Anmut und ihrer geschmackvollen Kleidung empfand; und merk würdig! Auf seiner Wanderung zu ihr dachte er, der ein großer Blumenfreund war, an eine frisch erblühte Wasser lilie. In der Hand hielt er einige Briefe. „Liebe Stella, ich muß mit dir sprechen. Entschul- Ligen Sie, Fräulein Brun, meine älteren Rechte, ich Höfte, Sie werden stch so lange unter den Blumen wohl be finden." - Es lag ein so treuherziger und inniger Ausdruck in dem Blick, mit -em er seine Frau- betrachtete, «ine so feine und noble Güte über seinem ganzen Wesen, daß er Stella für die Einflüsterungen, denen sie einige Augenblicke Gehör geschenkt, unbewußt «ine Lektion gab. „Ist es so wichtig?" fragte sie mit j«nem milden, halb gleichgültigen Lächeln, das er so gut kannte, nnd obwohl sie beim Anblick der Briefe neugierig geworden war, er- hob sie sich doch mit gewöhnlicher Langsamkeit und zupfte an den vielen Spitzen, während sie seinen Arm ergriff und ihm inS HauS folgte. * * * NielS, der seinen Herrn liebte, hatte ihm von der Reise nach der Heide, von der er neulich hetmgekommen war, nicht alle» erzählt. Er hatte vergeb«»» darüber nachgegrübelt, warum ihn der Förster Lykke beständig über seinen Herrn ausfragen wollte. Niel» hatte sich ein paarmal dumm angestellt und den Förster gefragt, ob er die gnädige Frau kenne, da sie ja auch au» Kopenhagen wäre wie er. Das erste Mal hatte er gelacht und gesagt: „In Kopenhagen kennt man sich nicht so genau wie hier", und da» zweite Mal, al» Niel» gesagt hatte, sie wäre eine sehr lnftige Person, da hatte er von etttta» anderem ge sprochen. Doch al» er reiste, hatte Lykke zu ihm gesagt: „Grüßen Sie den Obersten und sagen Sie thm, wenn mein Weg mich vorbeiführt, komme ich hin und besuche ihn." Nun hatte Niel» dem Obersten verschiedene Male zu geredet, um ihn zu veranlassen, nach vaekkelund zu reisen. Es war gewiß weit bester, al» daß der andere herkam, meinte er ebenso bedenklich wie der Oberst selbst. Und wenn r» denn doch sein mußte, dann sollten ber Herr und die gnädige Frau lieber ksinunterrei'en und sich den Mergel anschauen, al» daß der junge Bursch« sich hier einquartterte und der Oberst nur im geringste« „düpiert" wurde. Was Niels eigentlich unter „düpieren" verstand, daraus war nicht leicht klug zu werden; für ihn lag eine ungeheure Bedeutung, eine Art geheimnisvolle Macht und Grauen, etwas Unerhörtes und Lockende», mtt einem Anstrich von Mystik in dem Wort. Sobald nun diese fremde Dame oder ^alte Schachtel", wie er sie in seinen heimlichen Gedanken bezeichnete — denn die gnädige Frau gefiel ihm doch wett besser —, forr war, wollte er den Obersten bearbeiten und ihn zum Reisen veranlassen. Im tiefsten Gr,mde seiner Gedanken dämmerte vielleicht — wer kann die geheimsten Verstecke der Menschenseele ergründen? — ein Bild vvn einer fried lichen kleinen Hütte unten in Baekkelund neben der Mergelgrube und den Fichtenbäumen auf, wo er in der Dämmerung seine kleine Pfeife rauchen, da» Mißgeschick und die Ereignisse feines Lebens in stiller Ruhe über denken und seinem Obersten bis zu seiner letzten Stunde dienen konnte. NielS hatte, wie alle tiefen Naturen, seine elegischenStimmungen, woerüber-aS eigentümlich«Leben nachgrübeln mußte, da» man betritt und verläßt, wie die Blumen und das Gra» auf dem Felde. Ab und zu, wenn er stch unbemerkt wußte, fing er wohl an, diese oder jene Melodie au» seiner Jugendzeit zu singen, wie: „Der Vollmond beleuchtet der Toten Ruhestatt", ober: »Jetzt will ich mich nicht sorgen mehr. Verschwunden ist mein Schmerz; Gefunden hab' ein Liebchen ich. Die schenket mir ihr Herz . . ." Weiter kam er in ber letzten Melodie selten, benn die Stimmung wurde so hoch gespannt, daß er aufhören mußte; die Erinnerung fiel ihm zu schwer auf» Herz. Die Pfeife bildete dann den Abschluß. Er betrachtete den cmporsteigenden Rauch und tröstete sich damit, daß e» seiner Seele auch einmal so ging, wenn sein Staub in die Erde gesenkt wurde. NielS hatte an diesem Morgen dem Obersten zwei Briefe gebracht, aus die er große Hoffnungen setzte. Der eine wqr au» vaekkelund, der andere vom Sohn in Eng- land, der lange nicht» von sich hatte hören lassen. Er wußte ausgezeichnet mit allen Briefen Bescheid, die etn- und ausgingen, und hatte ein« feine Nase dafür, wenn etwa» im Werke war. Diesmal witterte er auffallend viel neue». Und so war es auch. Zweites Kapitel. Förster Lykke war ein aschblonder, junger Mann von Mittelgröße, mit ansehnlichem, hochgedrehtem und wohl gepflegtem Schnurrbart. Er hatte lebhafte, blaue Augen, eine charakterlose Nase und eine recht angenehme, etwa» heisere Stimme, wie es die Stimmen in unferm veränder lichen Klima häufig werden. Er war tüchtig tu seinem Fach und hatte die Eigentümlichkeit, daß er nicht hinter einander arbeiten konnte, dagegen holte er zum Ausgleich das Versäumte in unglaublich kurzer Zeit nach. Am besten nahm er sich auS, wenn er in voller Tätigkeit war und die kleidsame Uniform ganz aufgeknöpft trug. Er scheute sich nicht, einen Arbeiter zur Seite zu schieben und selbst Hand anzulegen, wenn er fand, daß der Betreffende seine Sache nicht zur Zufriedenheit machte. Sein Wesen war etwa» herrisch, wie eS oft bei Leuten -er Fall ifk, die da wissen, daß keiner die Arbeit besser machen kann, die meisten wohl schlechter al» sie selbst. Abgesehen da von, daß er seinen Wert kannte, hatte er auch noch eine gute Pc-^on persönliche» Selbstgefühl, weil er von einer alten AdelSfamilie avstammte. Er war Sportsman und erhielt sich badurch eine körperliche Spannkraft und Frische, die seine Sitten stch nicht bewahrt hatten. Im Ge sellschaft eben war er verhältnismäßig zurückhaltend, aber doch von angenehmem Wesen, schnitt aber stet» eifrig jungen Damen die Kur. Ts war interessant, zu sehen, -aß er sich in -er Ge sellschaft mehreren jungen Mädchen gegenüber so ver halten konnte, daß jede» glaubte, er zeichne sie ganz be sonders au». Bald mar e» ein Spiel, — ein heimliche» Gespräch mit den Augen, bald eine flüstern- hingoworsene persönliche Bemerkung, bald eine direkte Schmeichelet, bald eine kleine, zweckmäßige Wortklauberei, au» ber er, wie e» ihm gerade am besten paßte, al» Sieger oder Be siegter hervorgtng, stet» und überall mit einem Lächeln, da» viel — und wenig bedeuten konnte. Die meiste» Männer hatten merkwürdigerweise gar kein Ange baftir, oder vielleicht sahen sie e» auch mit den enfichulbigenden Blicken ber Solidarität an. Sie hielten ihn für einen sehr ansprechenden jungen Mann, ber in feinem Fache sehr tüchtig, im Umgang sehr angenehm und noch vazn be scheiden war. — In der Reges machte er nämlich seinem eigenen Geschlecht gegenüber nicht viel Umstände. Nur wenn er besondere Sachkenntnis entfalten sollte, kaM eigentlich,» Leven über ihn, und auf diesem Gebiet ließ er sich gehe». (Fortfetz», flgt^
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