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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.11.1903
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19031130027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1903113002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1903113002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1903
- Monat1903-11
- Tag1903-11-30
- Monat1903-11
- Jahr1903
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BezugS-Prri- t» der Hauptexpedittou oder deren Ausgabe- stelle« abgeholt: vierteljährlich S.—, bet »aetmaltgae täglicher Zußill»»- in» -au« ^l S.7». Durch dta Post o«»ogni für Deutsch, land «. Oesterreich viertrljShrlich «.50, für di» ädrig« Länder laut Z»ttmlg«pret«Ust». Lrdsktto« v«d Lrvedition: dobarmitgasik 8. tzernsprrcher ISS und SLL Ettt«l»»tz«vtt1»»m»» Alfred Hah«, Buchhaudlg^ Uutverfltötsstr.^ ll> titsch«, Kathart«e«str. I« «. Köutgspl. 7. Haupt-Filiale Vrer-e,: Martrnstraß« 8«. Fernsprecher Amt I Nr. 171». Haupt-Filiale Lerlin: Carl Duncker, Her,gl. Bayr. Hofbuchha»dlg„ Lützowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 450» Abend-Ausgabe. MpIger TaMalt Anzeiger. Amtsblatt des Äönigkichen Land- und des königlichen Ämtsgerichles Leipzig, des Nates und des Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Prel- die 6 gespaltene Petttzette LS Reklamen anter dem R»daktton«strtch sLgrspaUen) 7b vor den FamUiennach» richten («gespalten) SO H. Dabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannaqme LS L, (ercl, Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen'Ausgabe, ohne Postbrsürderuog SO.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. Ilnnahmeschluß fiir Anzeige«: Abend-AuSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Murg,«.Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag vou G. Pol« in Leipzig. Nr. 6Ü8. MonEng den 30. November 1903. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 30. November. Zentrum an» Lozialdemokratie. Der „Vorwärts" hat manchmal merkwürdig lichte Momente. In einem solchen geht ihm ein Licht darüber auf, daß die Stärke des Zentrum« „nicht in der Zahl derjenigen, die sich zu fernen Grundsätzen bekennen, al« vielmehr in der nie versagenden Gewalt beruht, die eS in den meisten seiner Wahlkreise durch die geistlichen Hirten über die willenlose Herde der Gläubigen hat". Da« hätte der „Vorwärts" freilich längst wissen können ; weiß er doch sehr genau, daß auch die Stärke der Sozialdemo- kratie nicht in der Zahl derjenigen, die sich zu ihren Grund» sätzen bekennen, al« vielmehr in der nie versagenden Gewalt beruht, die in den meisten der sorialdemokratischen Wahl kreise die organisierten „Genoflen" über die unzufrieden ge machten Massen haben. Freilich stellt sich der „Vorwärts" sehr häufig dümmer, al« er ist, und so mag er die Gründe der ZeutrumSmacht bisher absichtlich ignoriert haben, um nicht daran erinnert zu werden, daß die Macht der Sozialdemokratie au« ähnlichen Gründen sich erklärt. Jetzt wird er durch eine Mitteilung aus Köln gezwungen, den Terrorismus der Zentrumsleiter und die von tbnen ge schaffene Organisation zu beleuchten. Dies tut er folgender maßen : „ES (da- Zentrum) besitzt dort (in Köln), wie un« berichtet wird, eine komplette Geheimorgauisation, von der öffentlich nicht da- mindeste zu merken ist. E« wird darin über jeden Anhänger geradezu Buch geführt, und wenn er in einen anderen Pfarrbezirk verzieht, so übermittelt daS Parteisekretariat seine „Personalakten" dorthin. Die ganze Stadt ist nach Pfarreien in AgttationSbezirke eingeteiltundmü einem dichtenNetzvonBertrauenSmännern überspannt. Die Agitation wird durchgeführt von dem Zentral-Wahlcomitö und d«n diesem unterstellten PfarrcomitSS. Dem Zrntral-Wahlcomtt» gehören al« geboren« Mitglieder u. a., wie e« in dem geheimen Organjfatuxu!(tatst hritze, «u>: „iömtltwe -eme.nde oder deren SleUoerketer", ferner die'PrasideS und eine bestimmte Anzahl anderer Mitglieder der katholischen Arbeiter, vereine, der katholischen Gesellenvereine, der katholischen ksufmünntschen Vereinigungen Kölns („Kongregationen") sowie aller anderen klerikalen Vereine Kölns. In dem Organisations statut wird mit grenzenloser Unverfrorenheit schriftlich niedergelegt, daß der ganz» Apparat der katholischen Kirche, daß die ganzen kirchlichen Bereinigungen hi» politisch» Agi tation der Zentrumspartri machen. Die Agitationsbezirke sind genau den Pfarrbeztrken angepaßt. Die Geistlichkeit in ihrer Gesamtheit ist, genau als ob sie eine politische Körperschaft wäre, wieder durch drei Vertreter in dem geschäftsführenden Ausschuß ver- tt»ten. Der Staat, di» Steuerzahler, honorieren d»m Zentrum durch die Geistlich»«-«,Hölter seine Agitatoren. Die katholischen Gesellenvereinr, dir kaufmännischen Vrrrtne, die gesamten kirchlichen Korporationen werden durch Ha« Brkanntwerdrn de« Gcheimstatut« al» ZentrumSorganisatione« entlarvt." Die Zentrumspresse wird jedenfalls nicht verfehle«, diese Darstellung als ein Phantasiegemälde zu bezeichnen, das nur in dem Kopfe eines „Genossen" entstanden sein könne, der genau da« Ineinandergreifen der sozialdemokratischen Bildung«-, Turn-, Gesang- rc. Vereine und ihre Leitung durch Obergenossen kenne, die mit Hülse von Arbeiter» groschen besoldet werden. Für nichtultramontane und nichtsozialdemokratische Kreise könnte es ein recht inter essantes und allerlei gute Hoffnungen erweckende« Schau spiel werden, wenn „Vorwärts" und „Köln. VolkSztg." ein ander mit Enthüllungen über Geheimorganisationen auf warteten und sich gegenseitig wegen ihrer Urteile über diese Organisationen in dre Haare gerieten. Aber auf ein solches Schauspiel wird man vergebens warten. Die Sozial demokratie kennt den geistlichen Terrorismus, der die Wahlerfolge der Zentrumsparter sichert, ebenso genau, wie das Zentrum den Terrorismus kennt, den die sozialdemo kratischen Parteigötter mit Hülfe einer bis in das Kleinste ausgebildeten Organisation aus die unzufriedenen Massen aus üben. Aber alle diese Kenntnis hat die Sozialdemokratie bei Reichstags- und Landtagswahlen ebensowenig davon ab gehalten, für Zentrumskandidaten eiinutreten, wie eS Zentrumsführer abgehalten hat, ihre Anhänger auf die Seite sozialdemokratischer Kandidaten zu kommandieren. Und warum sollte auch der „Vorwärts" sich durch seine eigne Enthüllung über die Kölner Organisation veranlaßt sehen, künftig dem Zentrum nrcht bei zuspringen? Je mehr der Einfluß der Schwarzen in den parlamentarischen Körperschaften wächst, um so mehr wächst die Unzufriedenheit der Maßen und um so mehr blüht der Weizen der Sozialdemokratie. Und ebenso werden sozial demokratische Enthüllungen über geistlichen Terrori-muS inner halb der klerikalen Wählerschaft Vie Zentrumstaktiker von der Unterstützung sozialdemokratischer Kandidaten nicht abhaltrn. DasjWachsen der sozialdemokratischen Flut treibt die Regierenden nicht nur, sondern auch die nach der Mitregentschaft lüsternen Gruppen der Reaktion in die Arme, und so wird trotz aller gelegentlichen Anrempelungen zwischen Zentrum und Sozial demokratie die gegenseitige Forderung fortdauern, bis das schlafmützige liberale Bürgertum, auf dessen Kosten diese gegenseitige Förderung geschieht, sich zu energischer Tat aufrafft. Die kcklaffbLtt »es Na<hvcn5 heute vor acht Tagen die bürgerlichen Parteien in Charlottenburg infolge schlaffer Wahlbeteiligung fast alle Mandate der dritten Abteilung bei den Stadtverordnetenwahlen an die Sozialdemokratie verloren hatten, konnte da« Berliner Bürgertum natürlich unmöglich hinter diesem glorreichen Beispiele zurückbleiben. Von den zur Wahl stehenden 16 Bezirken gehörten 7 bereits der Sozialdemokratie an, die übrigen waren in bürgerlichen Hän den. Es ist nun schon bezeichnend, daß, während die Sozial demokraten säm tliche im bttrgerlichenBesitz befindltcheMandate angriffen, dir bürgerlichen Parteien auch nicht in einem ein zigen sozialistischen Bezirke den Versuch machten, den Sozial demokraten das Mandat wieder abzunehmen. War rs nun schon kein hervorragender Beweis von Tapferkeit, sich aus schließlich aus die Defensive zu beschränken, so mußte doch wenigstens diese energisch vurchgeführt werden. Der Effekt aber war, daß fünf von neun bürgerlichen Man daten im ersten Wahlgange an die Sozialdemokratie über gingen, während in einem sechsten die Sozialdemokratie in die Stichwahl kommt. Es verlohnt sich wohl, nackzuweisen, daß diests beschämende Ergebnis ausschließlich der ge ringen Wahlbeteiligung des Bürgertums zuzuschreiben tst. Es gingen verloren der achte, der siebzehnte, der achtund- zwanzigste, der einunddreißigte und der neununddreißrgte Wahlbezirk. Im 8. Bezirke stimmten von 6300 Wahl berechtigten 2150, im 17. von 5000 Wahlberechtigten 1530, im 28. von 5700 Wahlberechtigten 2000, im 31. von 5600 Wahlberechtigten 2100 und im 39. von 7250 Wahlberechtigten 1730. Die Wahlbeteiligung betrug also durchschnittlich nicht über ein Drittel der Wahlberechtigten, im 39. und im 17. Wahlbezirke sogar noch erheblich weniger. So konnte e« kommen, daß der liberale Kandidat im 17. Wahlbezirke mit 45 Stimmen unterlag, im 28. mit 115. Bei einer nur einigermaßen leidlichen Wahlbeteiligung wären also zum mindesten diese Bezirke mit Leichtigkeit zu behaupten gewesen. Diese Trägheit ist um so schimpflicher, als unmittelbar vor der Wahl der „Vorwärts" da« Bürgertum Berlins auf da« gröblichste angerüpelt hatte. Da hieß eS u. a. „Der Geldhunger, die heilige Aktie, das ist des Pudel« Kern .... zeigen wir dem verrotteten und verlotterten Freisinn, daß er gegenüber dem Anstürme der Sozialdemokratie rettungslos verloren ist, wo des Geldsacks Wahlrecht ihn nicht stützt." Diese Beschimpfung hätte bewirken müssen, daß die bürgerlichen Wähler gerade in der dritten Abteilung, wo der „Geldsack" nicht entscheidet, ihre Pflicht getan hatten. Statt daß aber die Beschimpfung wie ein Sporenstich gewirkt hätte, scheint sie die Wirkung eines Schlafmittel« gehabt zu haben. Ucber Japans Krieg-Vorbereitungen und die Volk-stimmung wird der „Weltkorresp." aus Tokio, 31. Oktober, geschrieben: Die Kriegsvorbereitungen Japans werden nicht mehr geleugnet. Der Ernst der Lage zwingt die Japaner, sich bereit zu halten. Zu den Vorbereitungen sind zu rechnen: 1) Die Ernennung de» Bize - Admiral» Togo, bekannt unter dem Namen „ F e ch t - G e n er a l" aus dem Jahre 1894/95 — zum Chef des stehenden Geschwaders; ihm zur Seite stehen Vize- Admiral Kamimara und Kear Admiral Dewa al- Btze-Kommandeure; alle drei ausgezeichnet im chinesischen Kriege. Die Ernennung des bisherigen Ministers des Innern Baron Kodama znm Chef de» «scneralstadrs. Alle diese Männer treten von höheren Poften zurück in solche, in denen sie im eventuellen Kriegsfälle nötig sind. Die Ernennung des Herrn Matrao an Stelle des Herrn Jamamoto zum Präsidenten der Bank von Japan. 2) Die Nippon Busen Kaiska- und Osaka Shosen KaiSka-Dampferlinien und die Haupteisenbahn - Gesellschaften haben eine erneute An weisung erhalten, sich zum Transport bereit zu halten, nachdem ihnen schon einmal die Benutzung der Schiffe usw. freigegeben war. 3) Die Vorbereitungen zur Einschiffung der 11. Divi sion lKokava-Divisionl sind beendet; ein besonderer Beamter tst für Vorbereitung des Transport- nach Kokava entsandt. 4) Das militärische Proviantmagazin in Ujira, bekannt vom chinesischen Kriege her, hat noch 12 weitere Baracken zu den 11 vorhandenen hinzugebaut. 5) Torpedo« werden bet Ts ns hin« gelegt; Aerzte und Rote-Kreuz-Pflegerinnen werden in den Kriegsanweisungen unterwiesen. Das Sukkurspersonal soll an den bevorstehenden Manövern teilnehmen, damit «in» gleichmäßige Methode erzielt wird. 6) Beide Sektionen von Schiff-gesellschaften — östliche in Totigo, westliche in Osaka — haben beschlossen, gleich- mäßige Preise für Transport zu fordern, wenn di» Regierung ihre Hülfe braucht. Die Stimmung im Volk» ist noch immer sehr ruhig. Ein» Versammlung der Sethe-Kai — der stärksten Partei der Volksvertretung — hat beschlossen, die Regie rung in keiner Weise zu dränge» und durch Anfrage» zu belästigen. Man muß Japan lobe» nicht nur dafür, daß seine Staatsmänner in dieser ernsten Zeit et» so unverbrüch liche» Schweigen halten, sondern auch, daß da« Bolk sich so i» Zucht hat, daß eS da» lange Schweigen ertragen kann, lieber die eventuellen Kosten de» Krieges wurde» di« verschiedenste» Auf- stellungen gemacht. Die meiste Berücksichtigung verdient die de» Professors der Nationalökonomie Kanal. Er hat darüber in der Tühükyü Kai einen Vortrag gehalten und folgend« Angabe» ge macht : Seit 10 Jahren seien die ordentlichen Banken, um da« vierfache, die Sparbanken um da» siebenfache gestiegen, da- Kapital hab« sich um das fünffache vermehrt. Auch Fabriken und Kaufhäuser und Gesellschaft«! haben an Kapital um da» vierundzwanzigfache zugenommen. E- sollte also wohl nicht unmöglich fein, da» Geld flüssig zu machen, besonder» da so viel in den Banken stillliegt. Nach den Berechnungen über die Kosten des Kriege- 1894 95 kostete die Division 2200 000 Dollar pro Monat, da» könne jetzt durch den Fortschritt t» der Verpflegung auf 2000000 reduziert werde», also für acht Divisionen auf 192 000 000 Dollar pro Jahr. Die Flott« werde die Hälfte kosten, reich gerechnet; die Gesanükoste» würden also 280000000 Dollar pro Jahr betragen. Da« müsse Japan unbedingt aufbringen könne». Die Asati Thimbu» rechnete 200 000 000 heraus, eiu ungenannte» Mitglied d«r Seih« Kat 800000000. Dem Korrespondenten des „Manchester Guardia»" i» Tokio gegenüber hat sich der japanische Minister präsident dagegen höchst friedlich ausgesprochen. Japan habe von Rußland nie die Räumung der Mandschurei ver langt, Rußland habe nur China ein derartiges verspreche« gegeben. Zwischen Japan und Korea dürfe sich allerdings niemand eindranaen, wenn es keine Kriegserklärung riskiere» wolle. Alle Gerüchte bezüglich der Absichten Rußland« feie» erfunden. Kleine Zwischenfalle seien auf den Uebereifer einzelner russischer Offiziere zurückzuführen. — Wenn ma» nun auch einem Diplomaten, und »ameutlich einem orienta lischen, nicht alle- aufs Wort glauben darf, so können die Kriegsvorbereitungen doch auch auf die Sentenz zurückgeführt werden: »i vw xacsw, pur» doUuw. Tte Zustände in Trm»S»aal. Da« „Allgemein» Handelsblatt" in Amsterdam veröffent» licht einige Privatberichte au« Johannesburg, welch« die dortigen Zustände, so wie die i» ganz Transvaal al« ge radezu verzweifelt bezeichnen. Der Briefschreiber behauptet, daß er bereit» fünfmal briefliche Schilderung«» de« Lage an Freunde in Holland abgefandt habe, »o« denen jedoch nickt ein einzige« Schreiben an d«« Empfänger gelangt sei. Die Briefzensur werd« noch immer i» der schärfsten Weise gehandhabt. Jeder Brief, der nicht an Personen gerichtet sei, die man al« „englisch-loyal" kenne, wandere in« Bureau de« Zensor« und werd« dort geöffnet. Die in Tran-vaal erscheinenden holländischen Zeitungen, be sonder» „OnS Land" dürften nicht in einem Exemplare die Grenze überschreiten, da die englisch« Post jede« wr da» Ausland bestimmte Exemplar vernickte. Die jetzigen Berichte hatte der Schreiber einem sicheren Reisenden m,ta»geben, der / sie persönlich an Bord eine« deutschen PystpampstrS brachte./ Der Verfasser erzählt dann, wie er durch ein« Anzahl der! kleinen Poerenstädte kam. Dort fand «tz em derartige« Elend, " ... i F-erilletoii unter s- brutaler . „Mein Mann! wohl er sie erst seit Stunden kannte: doch zu seiner Ehre muß gesagt werden, er war sich klar darüber, aus welchem Stoff sie war. Obwohl er die innigste Freude empfand, mit jhr allein zu sein, war er doch so vorsichtig in seinem Auftreten, daß der Oberst ruhig hätte hinter thin ber- gehen können, ohne die mindeste Eifersucht zu fühlen. Je größere Freude sie iiber diese kleine, ungewohnte Freiheit empfand, und je mehr sie sich ihr hingah, desto ernster wurde er. Er begann zu ahnen, daß etwas, das er trotz seines losen Umherflatterns noch nicht kennen gelernt, in sein Heben trat: — sollte er versuchen, sich dagegen zu ver- Leidigen, oder sein Bündel schnüren und fortziehen? Die Wort« sind leicht ntederzuschretben, doch die Ver zagtheit hat oft die Einsicht zur Mutter, und wer sucht nicht eifrig nach Einsicht? Der große Nazarener hätte sonst nicht zu sagen brauch«»: Wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Steinl Ein scharfes Pfeifen ertönte am Fluß und ließ sich Vis . )er die dichten Zweige vernehmen. Mit einem einzigen Satz stand sie still, als hätte ein brutaler Ruck sie aus einem Traum erweckt. „Ist eß des Obersten Art, so zu rufen?" fragte Lykke. „Ja, und wir müssen uuS Seetlen", sagte sie atemlos, und ließ die Tat dem Wort« folgen. DaS „wir" klana ihm angenehm, obwohl keine Miene es verrtet. „Wie soll man antworten?" fragte er ruhig; „wieder mtt Pfeifen?" „Nein . . . ja . . . warum nicht?" sagte sie. „Sie müssen fick nickt so sehr beeilen, versetzte er, pfiff, klatscht« ein paarmal in die Hände »mb rief „Hallo!" Es wurde sofort vom Garten her geantwortet. Wenig« Minuten später sahen st« d«n Obersten und den Sohn in der untersten Gartenalle«. „Wo tst Fräulein vrun?" rief der Oberst, als er sah, daß sie nur zu zweien waren, und ein cholerisch«» Zittern klang durch sein, Stimme. „Fräulein vrun hat gestreikt", versetzte Lykke tn ruhigem, gleichgültigem Ton; „sie wiKltr Aber die Wiesen nach Haus«." „Die nassen Wiesen?" klang eß mißbilltgenb zurück. Lotte machte das voot loS, bot der jungen Srau di« Hand, und zwar so korrekt, daß selbst der Oberst, der alles §«»«, beobachtete, nicht, «inzuwende» fand. „ Stella. Koman von Johanne Echjörrtng. »Über tvtNN die gnädige Frau ih» nicht l«id-n kann", sagt« «r und sah ihr in die Augen. „Ich habe darüber nicht, zu bestimmen!" „Sj, richten sich immer nach dem Obersten?" „Ja, immer!" St, sah vor sich nieder. Er wollte etwas von dem großen Altersunterschiede sagen, hielt aber inne. *Vie schön st« ist und wie reizend", -achte er und konnte die Augen nicht von ibr wenden. Das war ihm lange nicht passiert, daß er nicht» zu sagen fand. Dann erhob sie sich. Ihr« Stimme klang etwas hastig und beklommen, als sie sagte: „Das ist hie schönste Stelle im Walde; das andere ist nicht vi«k wert, wollen wir nnn znrtlckgeben?" „Möchten wir nickt noch etwas herumgehen?" sagte er nnh zeigt, nach vorwärts. „Dort ist eg ein bißchen dunkel, di« Bäume stehen so dicht:«s soll gewiß gefällt werben." „Ach, das mu- ich sehen, daS ist ta mein Nach!" Ui« wanderten tn wahrere, ziemlich geschloffen« Gänge hinein, wo er einige naseweise Zweige mehrmals zurück- biegen ,nutzte: dabei duckte st« sich unter seinen Arm, so datz si« in fortwährende Berührung mit «inander kamen. -vier muß wirklich gefällt werden", sagt« er, während st« verschiedene Male nur wenige Zoll vor seinem Gesicht auftaucht«, „Pi, haben Recht, und doch sollt, nicht daran »«rührt werden!" „Richt?" A«nn ich «t«n dürft«, nein", sagt« «r ernst. Ai« lacht«. ybr« arwöhnlich« Ruhe, um nicht «n sagen Dr-ahait, war »«rschwunden, Lebensfreud« und Fugend strahlten aus ihrem ganzen Mesen und ließ«» ste versührirtsch er scheinen. -hr vegleiter war Dttuu»- ganng, ste zu würdigen, oh« „So, mein Schatz!" rief her Oberst, glückstrahlend, während er sie aus dem Boot hob — die beiden jungen Männer sahen mit ganz verschiedenen Gefühlen auf den verliebten Ehemann —, „du hast ihm gewiß -en Baum gezeigt?" „Ja, ein prächtiger Baum", sagte der Förster, der wohl sah, daß ein Schatten über Stella- Gesicht huschte, und der strahlende Ausdruck verschwand. „Ich habe auch von ber Ehre gehört, die der Herr Oberst dem Baume er wiesen hat" „Na ja", versetzte dieser, halb verschämt, „das ist ja eigentlich ein Plagiat; aber wie oft haben wir denn Ge legenheit, etwas wirklich Neues zu finden — bas sieht man vielleicht am allerbesten, wenn man die alten Autoren studiert." „Warum bei diesen mehr, als bei unfern jetzigen?" fragte -er Förster. „Weshalb?" erwiderte ber Oberst. ,Laben Sie nicht bemerkt, wie oft die besten, berühmtesten Schriftsteller der ganzen Welt diese alten Autoren citieren? Glauben Sie, eine kommende Zeit wird -ie unseren so viel eitleren?" „Wenn das nicht geschieht, so wäre das nur ein Beweis von dem beständigen Fortschritt, der selbst den Citaten bis tn die Zetten des Altertums nachgeht, wie den Quellen des NilS. Der Strom bleibt deshalb in seinem Laufe gleich breit und fruchtbringend", versetzte der Förster. „Das ist er durch Tausende von Jahren gewesen, das Schanspiel bleibt dasselbe — und dabei wird es auch wohl bleiben!" „Ja, wenn nickt Erfindungen, Fortschritte, Eivivt- sation, was Sie wollen, seinen Lauf verändern", siel ihm Lqkke in die Rede. „Die Quellen werden wirken und wirken, so lange die Erde steht, bis nicht die Berge platt und zu Ebenen werden, und das glauben Sie wohl sechst nicht, Sie moderner junger Mann!" „Warum nennen mich denn der Herr Oberst modern?" „Nun, mir sind schon dentr ein paarmal Ihre Br- merkungen über neue Menschen und neue Gedanken auf- gefallen. Zu schnurrig! Ich habe oft bei vi«len selbst bewußten Schriftstellern ein«n manierierten, anspruchs vollen Stil gefunden, aber über die neuen Gedanken, die verblstsfendin neuen Gedanken quittieren ste meisten» nur selbst," „Zuletzt -leibt alles dock mehr ober weniger Se- schmackSsache", versetzte Lykke un» h-g-un, auf» Haus zu« zugehen. Er hatte große Lust, über -ie Ereignisse der letzten Stunden nachzudenken. „Wer die Trommel rührt, sollte wissen, daß noch etwas anderes und mehr passiert, als daß eine Man- in ihrem Loch spazieren geht", rief der Oberst ihm herausfordernd nach. OsfenÄar versetzte ihn ber Gedanke, daß <r Gäste bet sich batte, in ausgezeichnete Stimmung, »Ich fühle mich gar nicht berufen, mich irgendwie für die Literatur ins Zeug zu legen,' d-S ist nicht mein Fach. Vielleicht . . . ." Er hatte sagen wollen» -Vielleicht kann mein Geschmack sich verändern." Dann aber brach er ab und fügte lächelnd hinzu: „Vielleicht sollte der Herr Oberst tn dem kleinen Wäldchen noch nicht Men lassen, wenigstens nicht vor ein bis zwei Nähren." Sr zeigte über den Fluß nach -em Wäldchen, da- er eben verlassen hatte. Stellas Augen verließen ihn nicht, während er sprach. „Soll «ch nickt Ihr« Frmmdtn auffuchenk" fragte Franz, der sich ihr gern näh«rn wollte und sich möglicher- weise von -em fesche« Förster etwa- -urückgedrängt fühlte. „Nein, wo denken Gi« hin, um keinen Preis!" »ersetzte sie und sah ihn mit den dunklen Augen an, die an dt«sem Tage einen sonderbar tiefen Glanz bekommen hatten. Ich tue e- wirklich ga,y gern und kenn« die Gegend sehr gut", fuhr er fort. „Davon kann gar keine Red« fein; wenn jemand gehen soll, so kann -- Niel- tun." Sie mar«« etwa- htnter den andern zurückgeblieben, die in ein Gespräch über Walbkultur verttrst waren, »nd hier verstand es Lvkke trefflich, seinen Wirt »u fessel». „Lr hat gewiß anderes zu tun, der gelungen«, alte Bursche, denn er sagte, wir müßten un-beeilen, ak- er mich holte." „Ach ja, er glaubt, alle- müßt« zusammenstürzm», wenn er nicht da tst", versetzt« si« in «tnem Lon«, d«r nicht be- sonders freundschaftlich war. „Ja, er ist schon sehr lang« anff dem Heffe", meinte «L, „und ich kann mir Vater nicht ohne thn danken." „Nickt?" fragte ste etwas spitz: „nun, da- kann schon sein, daß er unentbehrlich ist; — ich -kauhe «S selbst-'" Der junge Mann errötet« über Fine Unbeholfenbett und dachte -um zweiten Male in der kurze« Zeit, ob fei« Vater wohl auch so rücksicht-voll var, «vis « f-m sollte
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