Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.01.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050117024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905011702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905011702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-01
- Tag1905-01-17
- Monat1905-01
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Abend-Ausgabe SS. Jahrgang. Nr. M Dienstag den 17. Januar 1905. A«««tz»efchluß sär >vz,t«e». Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Marge»-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Re»attion und Ex-e-ttto«: 133 Fernsprecher 222 Johauntsgass» 8. H«uZt-FUtale Irr»»«»: Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: CarlDuncker, Herzal.«ayr.Hofbuchbandlg., Lühowstratze 10 (Fernsprecher Amt VI Nr- 4003). Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, BeschüstSanzetgen unter Text oder an besonderer Stelle nach Tarts. Die «gespaltene Reklamezeile 75-H. 0MM.TllgMÜ Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates «nd des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilage« <»ur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Di« Expe-ttian ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pal» in Leipzig (Inh. vr. «„ R. L W. Kliukhardt). VezugS-PretS in der Hauptexpedition oder deren Au»gabe- stelleu abgeholt: vierteljährlich 8.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung tu-Hau» 3.7b. Durch di« Post bezogen für Deutsch, land u. Oesterreich vierteljährlich 4.30, für di» übrigen Länder laut Zeitung-pret-liste. Diese Nummer kostet 4 41 l»- auf allen Bahnhöfen und III ff bei den Zeitungs-Berkäufrrn S." s Var rvicbtlgrle vom rage. * Die Großherzogin von Weimar ist heute morgen kurz nach 6 Uhr gestorben. (S. Dtsch. Reich.) * Der nroßte bisher nach Südwestafrika entsandte Truppentransport sollte gestern aus Len Dampfern „Hans Woermann" und „Lulu Bohlen" von Hamburg abgehcn. Er besteht aus 39 Offizieren, 1104 Mann und 528 Pferden. (S. Aufst. i. Südwestafr.) * England hatte gestern den kältesten Tag seit vielen Jahren. Ter heftige Schneesturm hat viele Verluste an Schiffen und Menschen leben zur Holge gehabt. (S. A. a. Welt.) * Der Ministerpräsident Combes hat beschlossen, in dem Ministerrate, der am Mittwoch unter dem Vorsitze Loubets abgehalten wird, sein Rücktrittsgesuch zu überreichen. In den, heute stattfindenden Minister rate wird er dieses Schreiben zur Verlesung bringen. "Stössel hat sich beim deutschen Konsul in Nagasaki für die Auszeichnung durch Wil- Helm II. bedankt, die ihm ein „wertvoller Trost in der Trübsal" sei. (S. Russ.-japan. Krieg.) * Nach einer Meldung aus Petersburg werden die russisch-japanischen Besprechungen über Ge fangenenaustausch durch Auswechselung dreier Russen gegen drei Japaner erstmals in die Praxis um gesetzt. (S. Russ.-japan. Krieg.) vor sieneratttreik äer vergalbeiter im stulngebiet. Wie au» Bochum gemeldet wird, fanden in den Be zirken der Umgegend überall Belegschaftsversammlungen statt, in denen die Essener Beschlüsse, besonders der Generalstreik, mit großem Jubel ausgenommen wurden. Dadurch, daß gar nicht« bewilligt worden sei, babe da« Unternehmertum gezeigt, daß e« den Streik wolle. Die Arbeiter beschlossen, so lange zu streiken, bi« die Forderungen bewilligt seien. Doch sollen folgende Zechen ausgenommen sein: Abtendorf, Bommerbänker Tiefbau, Luise Tiefbau und Julius Philipp. Der Vorstand des Bergbaulichen Vereins in Essen richtete an alle Zecken telegraphische Anweisungen und Verhaltungsmaßregeln. Sie werden angewiesen, alle Störungen zu melden und über die Lage zu berichten. Für Mittwoch ist eine Generalversammlung einberufen, die die gegenseitige Hülfeleistung der Zechen besitzer behandeln wird. Der Landrat stellt die Leitungs meldung, daß Militär mobilisiert sei, in Abrede. Solange keine größeren Unruhen erfolgten, würde Militär nicht gerufen werden, da dessen Anblick die Erregung der Masten nur steigern könnte. Im äußersten Notfall werden Truppen in zwei Stunden zur Stelle sein. Ueberdie« sind die Streikenden selbst auch darauf bedacht, Ausschreitungen zu vermeiden, und wollen deshalb eine eigene freiwillige Schutz mannschaft organisieren. Die vier Vorsitzenden der Ver bände erhielten gestern vom Oberbergamt Dortmund eine Einladung, heute nachmittag 4 Uhr im Gebäude der Berg behörde zu erscheinen, um dort mit der Bergbehörde und den Regierungsvertreter» wegen des Ausstandes zu verhandeln. Ein Uebergrrifen des Streik« auf das belgische Revier erscheint nicht ausgeschlossen, wenigsten« war Abg. Bebel am Sonntag abend in Brüssel und hielt dort im Maison du pcuple eine Rede, wobei er auf den Streik im Ruhrgebiet hinwieS, wo in kurzem 200 000 Bergarbeiter in Streik träten, wenn man ihre Wünsche unbefriedigt ließe. Bebel verlangt keine pekuniäre Hilfe von Belgien au«, sondern nur, daß die belgischen Minenarbeiter ihren deutschen Brüdern Solidarität beweisen, indem sie sich weigern, etwa« zu tu», was die deutschen Arbeitgeber in ihren Absichten unterstützen könnte. Da« kann doch nur heißen: fördert keine Kohle, die event. über die deutsche Grenze gebracht werden könnte, und da ihr dies doch nicht verhindern könnt, so stellt gleichfalls neue Forderungen an die Zechenbesitzer, bezw. streikt mit: Der Verlauf der gestrigen Sitzung des Delegiertentageö der Bergarbeiter in Essen wird im „L.-A." recht anschaulich geschildert, doch scheint uns der Einfluß des Milieus nicht unbedenklich in diesem Bericht zum Ausdruck zu kommen. Die für uns unverbindliche Schilderung lautet: Die heutige Sitzung de» Delegiertentages war kurz, sehr kurz. In weniger al« zehn Minuten faßten 300 Bergleute als Vertreter ihrer Kameraden ohne jedwede Diskussion einen Entschluß, der dem nationalen Wohlstand auf Jahre nicht zu heilende Wunden schlagen mag. Der un befangene Zeuge der Vorgänge im VersammlungSsaale muß sagen: die Arbeitnehmer wurden in dieser elften Stunde in den Generalstreik durch ein Verhalten der Arbeitgeber ge trieben, daS von einer bedauerlichen Ueberschätzung der eigenen Position Zeugnis ablegt. Effertz, jener Sekretär deS christ lichen GewerkvereinS, der in )eder Versammlung zum Frieden mahnte, bi- er heiser wurde und ihm buchstäblich die Stimme versagte, hatte am 13. dem Syndikat wie dem Oberbergamt die Forderungen der Arbeiter »»gestellt. Heute morgen traf ich ihn. Lachend und guten MuteS meinte er: „Ich denke immer noch, daß ich im letzten Augenblick den verhängnis vollen Beschluß verhüten kann; bei dieser Kälte wäre ein Streik mehr als ein Unglück." Inzwischen hatten sich am 14. die Zechenbesitzer in einer Sitzung ver sammelt. Ihr: Entschlüsse wurden in einem Schreiben an Esfertz niedergelegt, welche« das gleiche Datum trug. Es wurde als gewöhnlich frankierter Postbrief heute morgen 9 Uhr 15 Minuten in Alten-Essen aufgegeben. Diese Mit teilung hat mir der Vertreter de« Syndikats selbst gemacht. Um 1 Uhr versammelte sich der Delegiertentag. Zwei Reichs tags-Abgeordnete und die Vertreter von 250 000 Staats bürgern sind anwesend. DaS Oberbergamt, eine königliche Be hörde, hat dieser stets in würdigster Haltung tagenden Ver sammlung genug Beachtung geschenkt, um ibrem Vertreter Esser tz durch Eilbrief zu antworten. . . . Vom Syndikat aber ist noch kein Schreiben eingelausen. Auf telephonische Anfrage wird erwidert, eS liege wahrscheinlich auf der Post in Altenessen. Effertz fährt hinaus, zwei Stunden ist er fort. Da werden im Saale gratis Extrablätter verteilt. Oben steht: „Amtliche- KreiSblart", darunter eie Antwort de« Syndikats. . . . Schweigend lasen die Leute die secks kleinen Druckseiten. Hier und da hörte man ein kurzes Lachen. So lachen Menschen, ehe sie die Zähne zusammen beißen und die Fäuste ballen. Biele knitterten, was sie einen Wisch nannten, in der hohlen Hand zusammen und schleuderten wütend den Knäuel von sich. Stand doch obenan auf der ersten Seite zu lesen, daß der Vorstand über die Beschlüße von 250 000 deutschen Arbeitern und Bürgern, die im wirt schaftlichen Staatsorganismus eine nicht geringere Rolle als die so und so viel Dutzend Zechenbesitzer spielen, nur beraten habe, weil er ohnehin au« anderen Gründen in Beratung zusammengekommen sei. Dies machte den tiefsten Eindruck. Nicht minder aber wurde, nach Kommentaren zu urteilen, der Affront verstanden, der in der Zurückhaltung des Ant wortschreibens lag. Auf den Gassen konnte jedermann seinen Inhalt lesen, ehe e« den Interessenten zugestellt war. End lich kam Effertz mit dem Posthrief zurück. Der kleine und immer freundliche Mann kochte vor Wut und Entrüstung. Seine Stimme zitterte, al» er, kurz die Vorgänge resümierend, sagte: „Die Staatsbehörden erachten un« eines Eilbriefes für würdig. DaS Syndikat hält un- noch im letzten Augen blick zum Narren!" Dann la« er den Brief vor. In Form und Abfassung kontrastierte dieser seltsam mit dem Ton höflicher Wohlerzogenheit, in dem daS Schreiben der Arbeiter abgefaßt war. Effertz ist ein Mann von weit höherer al« durchschnittlicher Arbeiterbildung. Kein Wohlerzogener würde eiuSchreiben an ihn ohne die in unserer Schriftsprache üb- lichenFloSkeln einleiten oder beenden. Ander« da-Kohlensyndikat. In dürren, knappen Worten beantwortet es Effertz' artige« Schreiben mit einem Brief, dem nach meiner Auffassung die gleiche Eigenschaft nicht nachgerühmt werden kann. Da« war auch die Meinung der Versammelten. Wie ein Mann er hoben sie sich, als die Verlesung beendet war, und Effertz rief: „Nun Kampf bis aufs Messer!" Ein Bravo nur,kur», raub und laut erscholl, aber es klang stürmisch in seiner Entschlossen heit. Dann sprachen Köster und Sachse, jeder eine Minute nur. Worte waren ja ebenso überflüssig wie Abstimmung. Der Streik war beschlossene Sache gewesen, als jenes Extra blatt im Saal erschien. Ein freundliches Wort von feiten der Arbeitgeber hätte nach Effertz' Meinung wenigstens erreicht, daß man ein Einschreiten der Regierung abwartete, aber es war nicht gesprochen worden." Die „Köln. Ztg." berichtet dagegen über dieselbe Ver sammlung in wesentlich anderem Tone, was sich aus der Stellung des Blattes erklärt. Sie läßt sich aus Essen melden: Mit einer Handbewegung wurde heute nachmittag die angebotene Vermittlung der Staatsregierung, die heute der HandelSminister Möller im Abgeordnelenhause anbot, beiseite geschoben und ohne allgemeine Besprechung der Vertrauens leute, ohne jede Abstimmung, ledigjich auf Grund der Ant wort des Bergbaulichen Vereins, der allgemeine Ausstand der Bergarbeiter erklärt. Um 1 Uhr sollte die entscheidende Versammlung der Vertrauensleute in der Tonhalle in Essen beginnen; es wurde aber 3siz Uhr, bis der eingeschriebene Brief des Bergbaulichen Vereins in die Hände des Führers der Kommission, der die Forderungen überreicht batte, ge langte. In Ruhe und Ordnung warteten die Delegierten den Einlauf des Briefes ab, alles war in größter Spannunß- Neben den 200 Vertrauensleuten harrten an die fünfzig Preßvertreter, zu denen sich Zeichner und auch „Knipser" gesellt hatten, der Entscheidung. Gegen 2 Uhr wurde die Mitteilung des Ministers Moller in der heutigen Abge ordnetenhaussitzung bekannt. Die Stimmung wurde jedoch nicht freundlicher; man erblickte darin ein Ausweichen, ein HinauSschieben, das man in einer entscheidenden Beratung der Bergleute einer Ablehnung der Forderungen gleich er achten könne. Um 2'/z Uhr wurde ein Extrablatt verbreitet, das den umfangreichen Wortlaut der Antwort des Berg baulichen Verein« brachte. Auch nach dem Studium dieses Aktenstückes wurde keine Kundgebung laut, aber die Stimmung wurde bitter ernst. Die Vorstände des alten sozialdemokratischen Verbandes und de« christlichen Gewerk- vereinö zogen sich zu einer Besprechung zurück. Endlich um 3>/z Ubr wurde die entscheidende Versammlung eröffnet; sie war kurz. Der Vorsitzende d-s christlichen Vewcrtvereins^ Köster, leitete die Beratung mit dem Bcrg- mannsgruße Glück auf! ein und bezeichnete es als einen Skandal, daß die bürgerliche Presse die Eingabe deS Berg baulichen Verein« babe veröffentlichen können, ehe sie in den Händen der Kommission der Bergarbeiter war. Effertz vom christlichen Gewerkverein verlas dann die Antwort. Von Satz zu Satz steigerten sich die Rufe hört, hört! dann gingen Pfuirufe los, und bei den letzten Sätzen erscholl nur Hohugelächter. Von Einzelnachrichten sind noch die folgenden erwähnens wert: Wen, 15. Januar. Der Ausschuß de« Verbandes evangelischer Arbeitervereine von Rheinland uud Westfalen nahm folgende, von Pastor Lic. Weber bean tragte Resolution einstimmig an: „Der Ausschuß fordert, ohne auf Einzelheiten deS gegenwärtigen Streiks einzugehen, zur dauernden Besserung der Arbeiterverhältnisse im Berg bau sowie der gesamten Verhältnisse deS Bergbaus: 1) die Veranstaltung einer durchaus unparteiischen, kontradiktorischen amtlichen Untersuchung; 2) die Beschleunigung der Berg- gesetzresorm, insbesondere die gesetzliche Regelung der Schicht dauer und der Ein- und Ausfahrt; 3) die gesetzliche An erkennung der Arbeiterberufsvereine und Sicherung der Vereins- und Versammlungsfreiheit; 4) die obligatorische Einführung von ArbeiterauSschüffen in den einzelnen Be trieben; 5) die baldige Schaffung von Arbeitskammern." Die Rückwirkungen de« Streiks zeigen sich bereits in folgenden Meldungen von Stillegungen einzelner Werke: Dortmund, 16. Januar. Das Stahlwerk Hoesch macht durch Anschlag bekannt: „Die ohne Angabe von Gründen und unter Vertragsbruch in den Ausstand getretene Mehr zahl der Belegschaft unserer Kohlenzechen hat die Arbeit nicht wieder ausgenommen. Da es unmöglich ist, die erforderlichen Kohlen anderwärts zu beschaffen, sind wir gezwungen, den Betrieb der Stahl- und Walzwerke bis auf weiteres st illzu setzen. Ueber die Wiederaufnahme der Arbeit wird Mitteilung gemacht werden. Durch diese Maßregel werden 3000 Leute getroffen. Eschweilcr, 16. Januar. Die Eisenhütte Phönix, die Eschweiler-Kölner Eisenwerke und die Eschweiler Aktiengesell schaft für Drahtfabrikation setzten den Betrieb bi« Mittwoch wegen mangelnder Kohlenzufuhr aus. Letztere« Werk feierte verflossene Woche bereit- zwei Tage aus demselben Grunde. Osnabrück, 16. Januar. DaS Walzwerk de« hiesigen Stahlwerks ist ebenfalls stillgelegt worden. ver UltktanO in Ziitsiverlattstla. Neue Lruppentran»porte. * Aus Hamburg, vom gestrigen Abend, meldet das Wolffbureau: Auf den beiden Dampfern der Woer- mannlinie „Lulu Bohlen" und „Hans Woermann" ist ein Truppentransport für Deutsch-Südwest- afrika. 1104 Mann mit 528 Pferden, ein ge schifft worden. Abends verabschiedete Generalmajor Vessen (der Stadtkommandant von Altona) die Truppen mit einer Ansprache, -ie mit einem begeisterten Hoch auf den Kaiser schloß. Die Abteilung des Roten Kreuzes verteilte die Liebesgaben des Senats. Die Abfahrt, die abends 10 Uhr erfolgen sollte, wurde wegen des durch stürmischen Ostwind hervorgerufenen niedrigen Wasserstandes unmöglich. Die Schiffe müssen einen höheren Wasserstand abtvarten. ver rarrttck japanircbe Weg. Die Sicherung -er hellLn-ischen Äelenien in Gftnfien. Aus dem Haag wird uns berichtet: 6. N. In den leitenden parlamentarischen Kreisen sieht mau die augenblickliche Lage als günsnq datür an, durch ge eignete Schritte eine Sicherstellung des holländischen Kolonial besitzes in Ostasjen zu erzielen. Lies ist offenbar am leich testen dadurch zu erreichen, daß Holland diejenigen Mächte, denen der Verlust der holländischen Kolonien ebenfalls unan- genehm sein würde, zu unmittelbaren Mitinteressenten machen würde. Die drei Mächte, welche als Bedroher des holländi schen Besitzes in Frage kommen würden, sind England, Nordamerika und Japan. Ersteres ist der alte Ri vale Hollands, die Vereinigten Staaten haben nach der Er oberung der Philippinen wiederholt ihre Wünsche nach Er weiterung ihres Besitzes im Stillen Ozean zu erkennen ge geben, und gegenüber Japan Hal Holland jetzt wohl am meisten Ursache, auf seiner Hut zu kein. Dagegen haben die drei Mächte Deutschland, Oesterreich und Rußland ein großes Interesse daran, zu verhindern, daß die Sundo- inseln mit ihren vielen kleinen Nebengruppen in den Besitz der drei genannten Mächte gelangen. Es ist deshalb die natürlichste Lösung, daß Holland die von den letztgenannten Mächten schon so oft gcäutzcrten Wünsche betreffs Abtretung eines HafcnplatzcS jetzt erfülle, fall» dieselben Mächte dafür eine gewisse Garantie für die Erhaltung des dortigen hollän dischen Besitzes übernehmen würden. Ob Ministerpräsident Kuyper auf seiner letzten Reise nach Berlin bereits ernst hafte Schritte in diesem Sinne cingeleitet Kat, wird zwar im Augenblick noch in Abrede gestellt, doch haben vertrauliche Sondierungen bereits stattgefunden. Russische Erwartungen. Der „Matin" meldet aus Petersburg, daß demnächst eine 4. Armeefür den Kriegsschauplatz gebildet werden soll. Der Efsektivbcsland der russischen Truppen in Ostasien wäre alsdann 700 lM) Mann stark. Das Blatt berichtet weiter, der Marineminister AvelIane habe vor zwei Tagen ein Tel c- aramm Roschdjestwenskys erhalten,worin er dieAb- sicht mittcilt, das dritte Geschwader, sowie die Kreuzer und Torpedoboote, die den Suczkanal passiert haben, nicht a b - zuwarten. Er erklärt, daß die beiden nunmehr vereinzel- Feuilleton. Am jeden Preis. 18j Roman von Sergei D . . . . Nachdruck vrrdottn. „Claire!" stöhnte er. „Claire!!" Sie faßte ihn beim Arm wie ein kleines Kind, führte ihn hinüber zum Tisch und drückte ihn auf einen Sessel nieder. Dann rückte sie ihren Stuhl dicht heran an den seinen, so daß ihre Körper sich berührten, und ergriff seine Hände. „Harry", murmelte sie, „Harry, freust du dich, daß ich da bin?" Er versuchte, ihr seine Hände zu entziehen; doch sie ließ ihn nicht los. „Sag', Harry — freust du dich?" Da blickte er ihr gerade ins Gesicht. „Weißt du, weShalb ich hier bin?" fragte er. „Natürlich weiß ich's", antwortete sie fast heiter. „Wegen einer unglaublichen Dummheit, die sich früher oder später wird aufklären müssen." Er sah sie dankbar an. „Du glaubst es nicht, nicht wahr?" flehte er. „Harry! Wäre ich dann hier?" Schweigend blickten sich die beiden an. Burton durch lebte noch einmal seine ganze Jugend. Er sah sich im Tarten -u Newport — eine- Abend- — er fühlte wieder einen Kuß auf seinen Lippen — fühlte einen Händedruck, der alles versprach. Diesen Händedruck — den hatte er gebrochen. Um Nettic Hamilton. Jetzt saß er im Un glück. Von Nettie keine Spur. Aber Claire hatte ihn aufgesucht! Claire glaubte an seine Unschuld! Claire würde für ihn durchs Feuer gehen — das fühlte er jetzt bestimmt. Und eine unendliche Dankbarkeit erfüllte sein Herz; Dankbarkeit und Scham. Er wär ja nicht wert, den, Mädchen da die Fingerspitzen zu küssen. Und dann tauchte Mrs. Hamiltons Gesicht wieder vor ihm auf. Da war sie wieder, die alte Leidenschaft. „Erzähle mir alles, Harry — Pardon, Lord Burton", hörte er eine Stimme wie aus weiter Ferne erklingen. Claire hatte jetzt erst gemerkt, daß sie in ihrer Er- regung ihn bei seinem Vornamen genannt hatte. (DaS „du" kam nicht in Betracht. Sowohl „du" wie „Sie" heißt in der englischen Ansprache „Kou".) Burton beachtete den Nachsatz gar nicht. Wie sollte er dem Mädchen da vor ihm von seiner Leidenschaft er- zählen! Eher sterben! „Ich kann nicht. Bitte, frage nicht!" antwortete er leiser. Sie sah seine Qual und drängte nicht weiter in ihn. Kannte sie doch alle Einzelheiten von seinem Vater. Nur eine Frage glaubte sie stellen zu müssen. „Ooolr bere, Harry", sagte sie, „diese — diese — Frau — wenn sic dich — dich wirklich liebte — dann wäre sie doch hier?" Sie sagte schon wieder „Harry", keiner von beiden merkte cs. „Sic weiß ja nichts!" Dann blickte er auf: „Wenn Mrs. Hamilton von dieser Sache wüßte, so wäre sic hier, um für mich zu zeugen!" erwiderte er bestimmt. Sic seufzte schwer. Er hatte es geliebt, dieses Weib — liebte cs vielleicht noch. Und da sollte er Schlechtes von ihr glauben? Welcher Mann kann Schlechtes glauben von dem Weibe, das er liebt?! Und wenn das Weib selbst sagte: „Schau, ich bin ja so schlecht; treulos bin ich! Ich habe andere betrogen — andere, die an mich glaubten, wie an ein Evangelium! Ich werde dich auch betrügen? Ich sag' dir's vorher!" So wird der Mann, der wahrhaft liebende Mann antworten: „Ich glaub's nicht! Glaub'S nicht! Alle magst du betrogen hoben — mich wirst du nicht betrügen!" Ist Liebe wirklich blind? Nein — aber sie will blind sein! Will sich selbst betrügen! Das begriff Claire Ashton instinktiv. „Aber schlagenden Beweisen wird er sich nicht ver- schließen können", dachte sie. Als das Mädchen von Burton Abschied genommen und die Küstern Mauern des Gefängnisses hinter sich hatte, atmete sie erleichtert auf. Der Tang un- die Unterredung waren ihr nicht leicht geworden. Aber sie hatten einen Entschluß in ihr gereift. Jetzt war sie ganz ruhig, sah ihre Pflicht klar vor Augen. Dem geliebten Manne helfen — ihn befreien! Dann aber — ihm den Rücken wenden — London verlassen. Sich gewöhnen an den Gedanken: „Es wär' zu schön gewesen!" Ein Ge danke schoß ihr durch den Kopf: „Lord Burtons Frau?" „Nie!" rief sie plötzlich auf der Straße, daß die Passanten sich verwundert noch ihr umsä-auten. „Niel" Und sie ballte die Fäuste und knirschte mit den Zähnen. — — — Indessen lag Lord Burton auf seinem harten Lager und kämpfte Scelenkämpfe. Er liebte Mrs. .Hamilton und er liebte Claire. Er fragte sich, welcher von beiden er entsagen möchte, und er antwortete sich: keiner. Doch als er ruhiger wurde und Vergleiche anstellte, als er kalten Blutes die raffinierte Art der .Hamilton dem ehr lichen Wesen Claires entgegenstellte, da kam es über ihn wie eine Offenbarung. Einiges sah er, vieles ahnte er. Einen Tag und eine Nacht litt er entsetzlich. Dann war der Kampf zu Ende und da- Wahre, Ehrliche — Claire Ashton — hatte gesiegt. George hatte unruhig die Rückkehr seiner Schwester erwartet. Er befürchtete das Schlimmste — hatte stunden- lang auf der Straße auf sie gewartet und war froh, als er sie wieder gesund das Hotel betreten sah. Ein Blick hatte ihn überzeugt, daß sie bedeutend ruhiger zurück kehre, als sie ihn verlassen hatte, worüber er nicht wenig erstaunt war. „Nun, ist er verreist?!" rief er ihr schon von weitem entgegen. „Ja", antwortete sie einfach. „Mit — mit ihr?" „Ich glaube — ja!" kam die gleichgültig« Antwort.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite