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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050112027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905011202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905011202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-01
- Tag1905-01-12
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LeipMer Ta«M«tt. ?olilircdr Lagerrcbs». tietP-t», IS. Januar. Der Wahlkamps i» Boyern. AuS dem Verlaufe deS soeben abgebaltrnen Partei« tage» der Zentrumspartei geht klar hervor, wie unangenehm dem bayerischen Zentrum die Einigung des Liberalismus aller Schattierungen in Bayern ist. In dem Mißmut hierüber hat man in München die Einigkeit des Zentrums in geradezu theatra lischer Weis« den biederen Wählern vor Augen geführt. Der Mrst zu Löwenstein war in höchsteigener Person erschienen, um sich als lebendiges Beilmet dafür sehen und hören zu lassen, daß der bayerische Adel völlig ungeteilt den Fun stapfen des verstorbenen Grafen Preyfing folge, d. y. tm Lager des Zentrums steh«. Eindrucksvoller Ware daS Auftreten des Fürsten Löwenstein gewesen, wenn er den jungen Grafen Preyfing nebst etlichen Gesinnungs verwandten des letzteren im Münchener Kinolkeller hätte oe- arüßen können. Wie die Einigung aller liberalen Gruppen Bayerns, so geht auch das eben veröffentlichte liberale Äahlproaramm den Ultramontanen sehr gegen den Strich. Das beweist der Versuch einer Kritik, den daS offizielle Organ der bayerischen Zentrumsvartei zu jenem Wahlvrogramm veröffentlicht. Die Sammlung längst ver brauchter, zumeist von dem Herrn Schädler und seinen Genossen im Münchener Kindlkeller jetzt wieder aufgetischter Phrasen verdient den Namen einer Kritik nicht. Ihre Urheber scheinen selbst ein entsprechendes Gefühl gehabt zu haben, denn sie fordern die Zentrumswähler auf, vor einer ernst basten Betrachtung des liberalen WahlprogrammS sich aus die „imposante" Versammlung ur „besinnens die daS Zentrum im Münchener Kinolkeller, dem „größten Saale Deutschlands", abgehalten hat. „Da drängten sich," hält der „Bayerische Kurier" der klerikalen Wählerschaft vor, «Tausende und Tausende um die Redner unserer Partei: begeisterter Beifall bekundete jedem Einzelnen, wo daS Volt seine Vertretung am liebsten findet, wo eS am nachhaltigsten seine Interessen gewahrt sieht." Leichter kann man sich die Widerlegung des liberalen Wahlaufrufes in der Tat nicht machen! Nur schade, daß der Vater dieser Art „politischer" Beweisführung die V e r l e g e n h e i t ist. Die Entscheidung in der deutsch-österreichische« HandelSvertrag-krifi- dürfte für morgen zu erwarten sein. Wie nämlich auS Wien telegraphiert wird, begibt sieb beute der Ministerpräsident Gautsch mit dem Handels- und Ackerbauminister nach Pest, wo morgen eine gemeinsame Beratung mit den ungarischen Ministern über den in der Viebseuchenkonvention vor liegenden V e r m i t t e l u n g s v o r sch l a g abgehalten wer den wird. In amtlichen Wiener Kreisen wird dieser Be ratung eine entscheidende Bedeutung zugeschrieben. DieS er scheint wohl glaublich wenn man sich vergegenwärtigt, daß gestern eine Sitzung deS preußischen Staatsministeriums stattgefunden hat, die ebenfalls der Frage des Viehseuchen- Uebereinkommens galt. Berliner Telegramme besagen denn auch, daß die Einigung sicher zu erwarten ist. In ähnlichem Sinne hatten wir uns bereits gestern ausgesprochen. Doumer und Bieaaimä. Zwei Gefahren sind, eine nach der anderen, über das System Combes heraufdeschworen worden, und m beiden Fällen liegt die Gefahr darin, daß „Reaktionäre", die, waS man auch über sie sagen mag, Könner sind, entweder m eme politische Machtstellung gelangt sind, oder sich anfchicken, sie stch zu schaffen. Die Wahl des Herrn Paul Doumer zum Vorsitzenden der französischen Kammer hat den von seiner Entstehung an morschen „Bloc" auss peinlichste getroffen. Das Ministerium Eombes wankt wieder in derselben Bedrängnis, m der es vor der „Ausschiffung" des Generals Andre wankte. Von neuem hat sich erwiesen, wie schlecht die Basis diese- in allem Schlechten vorbildlichen französischen Mehrheits kabinetts beschaffen ist. Nicht irgendwelche Loyalität, ivndern die Drohungen der Eintreiber, die rücksichtslose Benutzung des Präfektenapparates, die Rechnung mit der Streberei und der Furcht haben Herrn Eombes gehalten. Jetzt fielen, bei einer geheimen Abstimmung, von neuem die „Zuverlässigen" dem Eonseilspräsidenten in den Rücken, die „Fraktionen" ge nannten, feilen und despotischen Körperschaften parieren nicht. Wieder hat, wie in früheren Krisen, die viel gelobte „Union democratiaue" beschlossen, ihren Mitgliedern in der am Frei tag stattfindenden Debatte über die allgemeine Politik „volle Freiheit" zu lassen. Diese Disziplinlosigkeit bat der Vollzugs ausschuß der radikalen Republikaner und der Radikal- fozialisten beantwortet, indem er erklärte, der hassenswerte Herr Doumer habe selbst seinen Austritt auS der Partei voll zogen, indem er als Kandidat der Rechten und Nationalisten gegen den tapferen und treuen Republikaner Brisson aufge treten sei. Das ist der Widerhall dessen, was Jean JauröS in seiner „Humanitä" über das Wahlresultat zu bekunden wußte: „Es ist mit nichten eine Klarheit, nur Finsternis und Betrug. Es drückt weder eine Doktrin aus, noch ein Pro gramm, noch eine Politik. Sie ist nur der Sieg des Zweifel haften, der Triumph der unsittlichen Koalitionen und des cynischen Ehrgeizes, die unverschämte Ausbeutung parlamen tarischer Feigheit und parlamentarischer Gelüste, di« man hinter der Derantwortungssreibeit der geheimen Abstimmung verbarg. Nicht unter dem Zeichen Doumer, nicht unter dieser verdächtigen Konstellation kann eine neue Regierung ge schaffen werden. Da es Republikaner gibt, die verstohlen, heh- lings ihre Stimmzettel mit denen der Rechten und des Zen trums vermischt haben, zur Erhöhung dieses doppelten Jubas, der zwiefach seine Partei preisgegeben hat, so müssen sie durch eine öffentliche Debatte, durch eine öffentliche Abstimmung gezwungen werden, entweder ihren Verrat zu verraten und ihre Verleugnung zu verleugnen, oder unter ihre Politik der Felonie ihre Unterschrift zu setzen." Mit geringerem Tugend schwulst als dieser Quäker läßt Clemenceau dem Mißerfolge des Herrn Eombes Gerechtigkeit widerfahren. Er ist sein ge nug, um den K akinetisches persönlich, dessen Gcbahren er, der Intelligentere und Tätigere, seit Monaten tadelt, der Fehler, die gemacht worden sind, zu beschuldigen: „Noch nie zuvor haben die Mäkler eine Majorität ins Palais Bourbon ent sendet, welche so fest entschlossen war, die republikanischen Ideen und die sozialen Reformen zur Ausführung zu bringen, eme Mehrheit, welche Herrn EombeS zur Verfügung gestanden hat. Combes benützte diese Majorität schlecht und recht, so lange es sich um die rein negative Aktion handelte, dem Mönchtum ein Ende zu bereiten. Combes hat sich unfähig gc- zeigt, die großen Reformen zu machen." Herr Paul Doumer, welcher der nachzitternden Entrüstung über das Spitzelwesen sein Glück dankt, ist siebenundvierzig Jähre alt. Er ist ein „kils cke oa« aeuvreo", ein Mann aus eigener Kraft, der als Lehrling und Arbeiter einer Medaillenfadrik begann, sich selbst unterrichtete und dis zu der Würde eines Mathematik professors durchrana. Ein Kehlkopsleiden bestimmte ihn, zum Beruf deS ZeitunqSmachers überzugehen, er wurde radikaler Deputierter, KabmettSches.Floquets und, im Jahre 1895, Finanzminister im Kabinett Bourgeois, dem er den besten aller Entwürfe zu einer französischen Einkommensteuer lieferte. Nach Bourgeois' Sturz wurde ihm von Meline der Posten des Generalgouoerneurs für Jndochina übertragen: sechs Jahre lang bewährte er sich dort als große Energie, als eine in der republikanischen Kolonialverwaltung seltene Kapa zität. Vielleicht trifft, sofern nach höheren geistigen Fähig keiten gefragt wird, aus Doumer daS bissige Wort deS „Figaro" zu, der von dem indischen Vizekönia bemerkte, er habe „den Geist eines Maikäfers im Leib einer Heuschrecke". Viel leicht ist er wirklich der Ehrgeizige, der andere mit den Ellen bogen zurückstößt, der Listige, der nur in der Sphäre der Selbsteinschätzung lebt; aber er ist dem noch fataleren, noch unangenehmeren Dünkel des Herrn Combes zweifellos vorzu ziehen. Der zweite neue Mann in der eröffneten Kammer tagung wird der Admiral Bienaimö sein, Syvetons Nach folger, den Pelletan mit unübertrefflicher Dummheit sich zum Todfeinde erzog. In der Kammer wird Bienaimö der einzige Militär sein, außer einem General Jacquey; im Senat sitzen die Admiräle Euverville und de la Jaille, die Generäle Billot, Grövy, Mercier, de Saint-Germain. Es hätte gar nicht des mehr als freudigen Telegramms bedurft, das Däroulöde an den Gewählten sandte, um dessen Neberlegenheit über den Durchschnittstypus des parlamentarischen Erwerbtreibendcn anzudeuten. Die kommende Regierung der englischen Liberalen. Der Kriegsminister Arnold Forster hat sich in Croydon als Pythia aufgespielt und, von Wehmut überwältigt, gesagt, der nächste Wahlkampf werde sehr heftig sein. Es sei kaum sicher, daß die konservative Partei siegreich sein werde, darum müßten die Wähler dafür sorgen, daß etwa die konservative Minderheit so stark wie möglich werde. Der dem Kabinett Balfour als Präsident der Kontrolle der Lokalverwaltung angebörende Herr Long hat es sogar als möglich bezeichnet, daß daS Land vorübergehend eine Regierung aus der libe ralen Partei erhalten werde. Beide Orakelmacher sind nicht unvorsichtig oder so zaghaft, wie es scheinen mag, denn beide dürfen sich auf den Vorgang des geschätzten Herrn Chamber lain selbst berufen, der am 30. November einem Mr. Beale in Sidney etliches mitteilte. Er war eingeladcn worden, Australien zu besuchen, und er lehnte die Einladung ab, wobei er gestand, er persönlich glaube nicht an einen Sieg seiner Fiskalreform bei den Generalwahlen, nicht als wäre die An regung unpopulär. Der Grund sei, daß nie in der neueren Geschichte ein Kabinett, daS so lange wie die konservative Re gierung unter Salisbury und Balfour blieb, in die Macht zurückgekehrt sei. „Nichtsdestoweniger wird", so schließt er, „unsere Partei nur kurze Zeit in der Opposition sein, die ihr dienen wird, sich zu vereinigen und zu kräftigen. Dann, wenn wir wieder die Macht haben, blickt vorwärts zum Triumph!" Deutsches Deich. Leipsig, 12. Januar. * Der sozialdemokratische Parteivorstand und die Preß- kommisfio« des „Vorwärts" erlassen in der heutigen Nummer dieses Organs eine scharfe Er klärung gegen Franz Mehring und die „Leipziger Volksztg" wegen der von diesen gegen den „Vorwärts" er hobenen Beschuldigungen. Es heißt darin, nachdem die schwer sten von Mehring erhobenen Anschuldigungen kurz in Erinne rung gebracht sind, wörtlich: Wir haben keinen Anlaß, dir Redaktion deS „Vorwärts" gegen Anschuldigungen zu verteidigen, deren Gehässig keit für die Parteigenossen ohne weiteres ersichtlich ist. Es heißt dann weiter, es hätten wohl in einigen Fragen Meinungsverschiedenheiten zwischen Parteivorstand und „Vor- wärts"-Redaktion bestanden, niemals aber habe der „Vor wärts" zu einer ehrenkränkenden und beleidigenden Be urteilung Veranlassung gegeben, wie es durch Mehring in den oben zitierten Aeußerungen geschehen sei. Die Erklärung schließt: Wir halten uns deshalb für verpflichtet, diese Herab würdigung der Gesamthaltuna der Redaktion des „Vor wärts auf das nachdrücklichste zurückzuweisen und legen energische Verwahrung ein gegen die Form der Polemik, wie sie dem Genossen Mehring gegen die Redaktion des „Vorwärts" beliebte. Eine derartige Kampfes- weise gegen ein Parteiorgan muß notwendig zur schwersten Schädigung und zur Zerrüttung der Partei fuhren. Bezeichnend ist hierbei wieder, daß eine derartige Kampfes- weise anscheinend nur deshalb verurteilt wird, weil sie sich gegen ein Partei organ richtet. * Schaveilsersatzsorderungea bei Arbeitskämpsen. Aus der nunmehr vorliegenden Begründung deS Urteils des han seatischen Oberlandesgerichts, das die Schadensersatzklage eines von den organisierten Kollegen aus der Arbeit gedräng ten Outsiders ablehnte, sind folgende Gesichtspunkte hervor zuheben: Kläger und Beklagte stimmten darin überein, der Grund für das Verhalten der Beklagten sei wesentlich der gewesen, daß sie als organisierte Arbeiter nicht mehr mit dem Kläger arbeiten wollten, weil dieser nicht zu den organisierten Ar beitern gehöre. Hierin liege an sich keine Verletzung der guten Sitten. An sich sei jeder Arbeiter berechtigt zu be stimmen, unter welchen Bedingungen er arbeiten wolle oder nicht wolle, insbesondere auch, daß er nicht mit einem an deren zusammenarbeiten wolle. Nur unter ganz besonderen Voraussetzungen könne ein Arbeiter oder konnten mehrere Sette 2. «r. 21. VS. Jahr«. pedobool der Ocssentlichkcit zu entziehen. Und deshalb sind unbefangene Beobachter in diesem Falle vollkommen ein- stimmig in der Ansicht, daß aus russischer Seite in der Un- alücksnacht ein bedauerlicher Irrtum untergelaufen sei, der durch die Aufregung der ersten Tage bei einem neu zusammen gewürfelten Geschwader zu verhängnisvollen Folgen führte. Weil aber Seeleute vom Fach noch viel mehr als Liebhaber des Sports diele allgemeine Kenntnis der Dinge von den Grenzen der Möglichkeit besitzen, deshalb glaubt man auch, daß der Ausfall der Entscheidung sozusagen selbstverständlich sei. Zunächst sieht man mit Interesse der Entscheidung dar über entgegen, wie weit die Oeffentlichkeit der Verhandlungen genehmigt werden wird. — Die „Pall Mall Gazette" weiß zu melden, daß in der Unglücksnacht, wo die Dinge bei der Doggerbank sich abspielten, einAufnahmeapparat für drahtlose Telegraphie in Shorncliffe eine russische Depesche verzeichnete, die entziffert lautete: „Welche Beschädigungen haben „Orel" und „Oleg erlitten?" Das war die erste Nachricht, die die englischen Behörden von dem Vorfall in der Nordsee erhielten. Die Regierung soll diese Depesche als einen der Hauptbelege für Unterstützung der Auffassung betrachten, daß Admiral Roschdjestwensky irrtümlicherweise an das Vorhandensein ja- paniicher Kriegsschiffe glaubte und daß seine eigenen Schisse aufeinander gefeuert hätten. Inzwischen sieht man auch mit nicht geringen Interessen den weiteren Bewegungen der russi schen Ostseeflotte entgegen. I« Suez wurden nach einer vom Mittwoch datierten Reuter-Depesche die russischen Kreuzer „Oleg", „Jsumrud", „Rion" und „Dnjepr" heute früh 3 Ubr erwartet. Drei Torpedoboots zerstörer ankern in Jsmailia und sollen heute früh 8 Uhr in Suez eintreffen. Aus den Wunsch der russischen Behörden sind zur Vermeidung jeglicher Zwischenfälle die gleichen Vorbereitungen getroffen worden, wie bei der Durchfahrt des Geschwaders des Admirals Fölkersahn. Madagaskar, Raschdjestvensky und sein Adjutant. Nach einer Meldung der „Daily Mail" werde die Angabe, es seien japanische Schüfe an der Nordküste von Madagas kar gesehen worden, in Tamatave amtlich bestritten. Der Adjutant Roschdjestwenskys erklärte am 3. Januar in einer Unterredung, die baltische Flotte habe bis zum Kap eine günstige Fahrt, dann jedoch stürmisches Wetter gehabt, fei aber ohne schaden an Leuten und Material nach Mada- oaskar gelangt. Offiziere und Mannschaften feien in guter Gesundheit und Stimmung und litten nur etwas unter der Hitze. Der Admiral habe am Tage zuvor die Kunde von dem Anzuge einer japanischen Flotte erhallen, erhöhte Vor sichtsmaßregeln seien aber schon getroffen worden, leit man das Kap der guten Hoffnung passiert habe. Der Admiral wisse nicht, wie lange der Aufenthalt in Madagaskar dauern werde. Der Bestimmungs ort der baltischen Flotte sei Wladiwostok, das man Ende März zu erreichen hoffe. In London schätzt man die Entfernung von Diego Garcia nach Madagaskar auf 1173 Seemeilen, die man bequem in vier Tagen zurücklegen könne. Lin Hofpitalfchiff zur Begleitung de» dritten Geschwader». Der Dampfer,,Kostroma" von der russischen Freiwilligen- Flotte wird in em Hospitalschiff umgewandelt, soll das dritte Geschwader begleiten und wird die Krieasflagge und Rote Kreuz-Flagge tragen: die japanische Regie rung ist hiervon durch den französischen Gesandten in Tokio benachrichtigt worden. Stössel. Aus Paris kommt heute die beziehungsvolle Meldung, die französische Regierung wäre gern die erste gewesen, Stössel zu dekorieren. Jetzt wird an eine andere Aufmerksamkeit für ihn gedacht. Tie lleberreichung eines Ehren säbels ist Privatangelegenheit, da die Sammlung dazu auf dem Wege von Zahlungen erfolgt, aber dieser Anlaß dürste von der Regierung zu einer offiziellen Ehrung Stössels wahräenommen werden. Nach einer über Arco geleiteten Depesche traf dort aus Petersburg die Nachricht ein, daß Stöffel zur Wiederherstellung seiner Gesundheit sich an den Gardasee begebe. In Port Arthur. Die „Nowoje Wremja" gibt eine japanische Meldung wieder, wonach in Port Arthur noch Reis, Mehl und Salz für zwei Monate, sowie 2000 Pferde vorhanden gewesen seien, und daß deshalb die Generale Smirnow und Fock, sowie Gordetowsky gegen eine Kapitulation im Krieasrat gestimmt hätten. Das Blatt befürchtet, daß aus dem Anta gonismus zwischen Smirnow und Stössel noch eine Skandal- asfäre erwachsen dürfte. vle Japanischen Offiziere in fpsrt Arthur, die mit der Untersuchung der russischen Schiffe beauftragt sind, berichten, nach einer Depesche aus Tokio, über den Zu- stand dreier Kreuzer, von denen man bisher nichts Näheres wußte. Es sind dies die Kreuzer „Gjildit", „Ros- boinik" und „Sabjaka". Der erste ist im Westhasen gesunken, seine Masten ragen aus dem Wasser. „Rosboinik" liegt in der Nähe des Leuchthauses: man glaubt, daß die Russen ihn selbst in Grund gebohrt haben. Der Kreuzer „Sabjaka" liegt ebenfalls im Westhafen und ist durch das Äranatfeuer zerstört worden. Ferner sind drei Tor- pedojäger augenscheinlich aus Grund gesetzt und zerstört worden: zwei weitere liegen 1000 Meter von ihm entfernt. In der Nähe der zwei sand man zwei verbrannte Tor pedokanonenboote. Nach einem Torpedojäger wird noch gesucht. Die Kriegsgefangenen. Ter „Standard" meldet aus Tokio von gestern: Die russischen Gefangenen treffen nach und nach in Nagasaki ein. Die Generale und Admirale, die nicht ihr Ehrenwort gegeben haben, werden nach Nagoja gebracht. Tie Mannschaften sehen wohl aus. Donnerstag, 12. Januar 1905. Arbeiter dadurch, daß sie sich weigerten, mit einem anderen zu arbeiten, gegen diesen vielleicht eine durch die guten Sitten gebotene Pflicht verletzen, etwa wenn sie es aus reiner Cmkane täten, lediglich um den andern zu schädigen, oder vielleicht auch, wenn sie dadurch dem andern jede Mög lichkeit weiter zu existieren, unmöglich machten. An solchen Voraussetzungen fehle es hier. Reine Chikane liege nicht vor, wenn die Beklagten, wie Kläger selbst angebe, im wirk lichen oder vermeintlichen Interesse ihrer Organisation nur mit organisierten Arbeitern zusammen arbeiten wollten, mit anderen aber nicht. Anderseits liege auch keine so ernste Schädigung des Klägers vor, daß sie nach den Anschau- unaen guter Sitte soviel schwerer wiege, als die von den Beklagten wahrgcnommenen Interessen ihrer Organisation, und deshalb hätten denn auch die Beklagten dadurch, Haß sie den Kläger aus der Arbeit drängten, die guten Sitten nicht verletzt. Tas ergebe sich von vornherein daraus, daß nach übereinstimmender Darstellung der Parteien der von der Maurerinnung eingesetzte Arbeitsnachweis und dem entsprechend die Maurermeister selbst tatsächlich die Schei dung organisierter und nicht organisierter Arbeiter strenge einbielten, daß der Arbeitsnachweis den einzelnen Bau stellen nicht gemischt organisierte und nicht organisierte, sondern nur entweder organisierte oder nicht organisierte Arbeiter zuweise. Wenn dem Kläger die Arbeit auf mit organisierten Arbeitern besetzten Baustellen verschlossen ge wesen sei, so sei sie ihm ar Baustellen, die mit Nichtorgani sierten Arbeitern besetzt seien, offen geblieben. Daher sei dem Kläger das weitere Fortkommen in seinem Gewerbe nicht unmöglich gemacht, sondern nur erschwert worden. * Wahlen zu den Kausmannsgerichten. Bis heute wurden in 48 Städten gewählt: 84 Mitglieder des Vereins für Hand lungskommis von 1858 in Hamburg, 110 Anhänger des Ver bandes Deutscher Handlungsgehülfen in Leipzig, 47 So zialdemokraten, 242 Mitglieder des Deutschnationalen Hand- lungsgehülsenverbandes m Hamburg und 265 Beisitzer, die sich aus 160 verschiedene kleinere kaufmännische Vereine ver teilen. In einer großen Zahl von Städten gehen die Wahlen in diesen Tagen vor sich. * Berlin, 12. Januar. * Ter Kaiser empfing am Mittwoch vormittag den japanischen Gesandten und nahm später die Vorträge des Ministers des Königlichen Haujes von Wedel und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirkl. Geh. Rats Dr. von Lucanus, ent gegen. * König Friedrich August von Sachsen wird, wie bereits kurz gemeldet, am Montag, 16. d. M„ um 2 Uhr nachmittags in Berlin, Anhalter Bahnhof, einlresfen und im Königlichen Schlosse Wohnung nehmen. Zum Empfange werden auf dem Bahnhofe anwesend sein: die Generale und Admirale sowie die Regimentskommandeure und die in ihrem Range stehenden Stabsoffiziere von Berlin, ferner die dort kommandierten sächsischen Offiziere und eine Ehrenkompagnie vom 4. Garde regiment zu Fuß mit den direkten Vorgesetzten. Auf dem Wege vom Bahnhöfe zum Königlichen Schlosse wird eine Geleiteskadron vom 2. Gardeulanenregiment eskortieren. Auf dem Schloßhofe wird eine zweite Ehrenkompagnie vom Regi ment Alexander aufgestellt werden. Zum Ehrendienst bei dem König sind befohlen: General der Infanterie von Kessel, kommandierender General des Gardekorps und Oberstleutnant von Pappritz, Kommandeur des Ulanenregiments Nr. 16. * Das preußische Staatsminifterium trat gestern unter Vorsitz des Grasen Bülow zu einer Sitzung zu- sammen. * Wegen des Handelsvertrages mit Rußland gibt der „Russisch-Deutsche Bote", das Publikanonsorgan des Teutsch- Russtschen Vereins, E. V., der Befürchtung Ausdruck, daß der Vertrag nur für wenige Artikel wesentliche Ermäßigungen der Sätze des Allgemeinen TariseS vom 13./26. Januar bringen wird. „Wir müssen", heißt es, „soweit wir unter richtet sind, befürchten, daß viele Zollsätze höher aus- fallen werden, als man erwartet hat. Zwar waren die deutschen Unterhändler über alles vorzüglich unterrichtet, und es ist kein Zweifel, daß sie zu erreichen nicht nur versucht, sondern auch verstanden haben, was irgend zu erreichen war. Indes ihnen waren die Hände gebunden: und diese Zwangslage hat Rußland sich wohl zu nutze gemacht. Müssen wir demnach", schreibt der „Russisch-Deutsche Bote", „mit höheren Zollsätzen auf eine große Anzahl von Exportartikeln rechnen, so wäre es doch verkehrt, deswegen die Aussichten für den Export nach Rußland schwarz in schwarz zu sehen. Dazu liegt kein Grund vor. Man muß sich vor Äugen halten .daß die 130 Millionen Einwohner Rußlands bei Entfaltung einer regeren wirtschaftlichen Energie, auf welche die Regierung und die kommunalen Verwaltungen selbst hinarbeiten, zur Hebung seiner immensen natürlichen Schätze einen weit größeren Be darf an Hülssmitteln und an Gebrauchsgegenständen, sowie in der Folge auch an Luxusgegenständen entwickeln müssen, als bei dem bisherigen Mangel an Regsamkeit in den breiten Massen. Daß die russische Industrie, bei aller Leistungsfähig keit, dem Bedarf gewachsen ist, das ist selbst bei den Hohen Zöllen ausgeschlossen. Ten Zoll wird in vielen Fällen Ruß land selbst tragen müssen. Darauf hat auch die in Rußland sehr verbreitete und zu steigendem Einfluß gelangende Partei der gemäßigten Schutzzöllner immer wieder hingewiesen. Allerdings zunächst ohne Erfolg. Aber es erscheint keines wegs ausgeschlossen, daß die russische Regierung die jenigen Zölle, welche ins Extreme gesteigert sind, selbst wieder ermäßigen wird, wenn sie erkennt, daß die Produktionsfähigkeit des Landes unter der Verteuerung ihrer Hülfsmittel notleidet. Es wäre nicht das erste Mal. Sind doch auch im Jahre 1898 die Zölle auf viele Maschinen und Geräte für die Landwirtschaft und für den Bergbau ermäßigt oder gan, aufgehoben worden." — Das sind ja schöne Aus sichten. Wenn diesmal mit Rußland kein günstiger Handels vertrag zu schließen war, bei deffen Notlage und Geldbedarf, so werden wir überhaupt auf keine günstigen Bedingungen mit diesem Lande rechnen können. Dock warten wir zunächst ab, was der Handelsvertrag bringen wird. * Minifter-Repräsentation-gelder. In den neuen preußi schen Staatshaushaltsetat werden für die Minister der Justiz, des Unterrichts, der Finanzen, des Innern, der Landwirtschaft, des Handels und der öffentlichen Arbeiten je 14000 ^l. Reprä sentationszulagen gefordert. i EU"' . S „Hier ist nichts — hier auch nichts" stammelte sie ängst- lich. Aber aller Herzschlag stockte, als sie einen Pergament streifen aus einem ganz kleinen, an der Innenseite ange brachten Separattäschchen zog. Ja, da war es. Zahlen und Buchstaben. — „ä, O, 6, 41 — L, X, II, — 79 — 'O, ck, 8, 13 — fünfmal 8, 6, U." Jetzt kam eine unheimliche Ruhe über die Gesellschaft. Napier und der Rüste zogen Notizbück-er hervor und kopierten, jeder für sich, den Streifen. Dann lasen sie ihn einzeln wieder vor, während die anderen kontrol lierten. Als jeder Irrtum ausgeschlossen war, wurde der Pergamentstreifen an Ort und Stelle zurückgetan und die Tasche wieder zugeknöpft. Alle atmeten tief auf, — keiner sprach ein Wort. Und plötzlich wurde diese unheimliche Stille durch einen AuSruf unterbrochen, der denen, die ihn hörten, durch Mark und Bein ging. Emma Bellano, alius Camille Gräfin Della Torre, alias Mr. Nettie Hamilton, — hatte, zurückgelehnt in ihrer Ecke, zwei geballte Fäuste zum Himmel emporgestreckt, ein bis zur Unkenntlichkeit verzerrtes Gesicht zu den Wolken erhoben und mit einer Stimme, in der sich unheimlicherweise Hah, Schluckten und Freude vermischten, auSgerufen: „Dankl! — Dank?! — o großer, gerechter Gott — Dank!!!" Im Hinterzimmer einer der feinen Broad street BarS saßen Napier, Sullivan und der Russe und animierten einander -um Trinken. „Ein Fizz ist das Richtige", meinte Napier. „Es wirft einen nicht so schnell um und macht mutig. Trinkt noch einen, Boys!" Sullivan ließ es sich nicht zweimal sagen. „Ta ist- Antidiluvian Whisky drin!" murmelte er mit Kennermiene. Der Russe blickte auf seine Uhr. Es war beinahe Mitternacht. „Jetzt wird Dmitry gleich hingehen!" sagte er leise. Dis anderen blickten sich an und schwiegen, bis Sulli van die Stille unterbrach. „Aber geklappt hat's fein", sagte er, als ob er eben die Schlußfolgerung eines Gedankens zöge. „Die Idee, Boot und Benzin von Blackwall zu holen, war brillant, Napier. Aber du hättest uns auch rennen sehen sollen." „Na ja, ja. Nicht so laut, bitte!" warf der be sonnene Russe ein. „Das ist ja alles recht schön und wir haben die Kombination zum Zeitschloß. Aber di« Haupt sache kommt noch. Wenn nur Dmitry nicht versagt —" fügte er besorgt hinzu. Nach einer Pause sagte Napier nachdenklich: „Die Schlüssel?!" Dabei blickte er Sullivan zweifelnd an. „Ich hab sie ganz genau nach den Wachsabdrücken gefeilt! — Genau!" versicherte der. „Wir hätten doch lieber Suworows Schlüssel mit- nehmen sollen, anstatt nur den Abdruck", meinte der Russe. „So! Daß er sie später vermißt hätte?!" flüsterte Napier heftig. ... „Sst! Ruhe!" ermahnte der Russe. „Das ist ja nun erledigt!" Er blickte wieder auf die Uhr. „Noch fünfzehn Minuten. Wenn's erst vorbei wäre." Die beiden Männer sahen sehr ernst auS. Nur Sullivan lächelte. „Was kann schon sein —" meinte er bezeichnend. Napier sah ihn scharf an. „Mike!" sagte er mit Betonung. „Keinen Unsinn! Ich deck'dich nicht!!" Wieder trat eine Pause ein, bis der Russe den Kellner rief und zahlte. „Es ist Zett!" sagte er dann; „gehen wir!" Langsam erhoben sich die drei Männer und schritten hinaus in die finstere, neblige Nacht. Bor dem Gebäude der russischen Botschaft saß Peter, der Wächter, und wartete auf seinen Freund und Lands mann Dmitry. Beide waren aus Moskau, hatten sich eines TageS in einem Caf6 deS russischen Viertels kennen gelernt und Freundschaft geschlossen. Denn beide waren zarentreue Leute, die ihr Leben für ihren Kaiser ge lüsten hätten. DaS war es auch, was den Peter so an Dmitry gefesselt hatte, — daS — und noch etwas. Dmitry war ein guter Kerl. Tin nobler Kerl. Ein Mann, der unaufgefordert ganz gern einmal ein GlaS Wodky spendierte, und vielleicht auch hin und wieder noch etwas Besseres. Und Schach konnte Dmitry spielen, — Schach! Aber noch lange nicht so gut wie er, Peter, — und darum spielte Peter auch gern mit Dmitry. Wie gesagt, — die beiden waren gute Freunde. So am Abend kam Dmitry häufig zu Peter herum, und dann plauderten sie von Moskau und über allerhand andere Sachen, und so verging die langweilige Nacht gar schnell. Und auch heute hatte Dmitry versprochen, wieder einmal mit heran zu kommen. Deshalb wartete Peter jetzt. So gegen zwölf Uhr kam der Erwartete und wurde von dem Wächter auf das lebhafteste begrüßt. Langsam schritten die beiden Freunde auf dem Trottoir auf und nieder. Plötzlich blieben sie stehen und ihre Stimmen wurden etwas lauter, als unbedingt nötig war. Dmitry hatte eine Schachaufgabe gestellt und die beiden Freunde konnten über die richtige Lösung nicht einig werden. „Peterchen, du bist ein Schaf!" meinte Dmitry. „Du kannst doch mit dem Springer und der Dame niemals den König matt sehen!" „Und, Dmitry, mein treuer Freund, ich versichere dir, daß du ein Esel bist", erwiderte Peter ebenso be stimmt. „In zehn Zügen hätte ich dich matt!" „Peterchen, ich wette mit dir um eine Flasche vom besten Wodky, daß du dich irrst!" Peterchen hielt dem anderen seine breite Tatze ent gegen „Abgemacht!" sagte er lachend. „Auf die Flasche Wodky freue ich mich heute schon!" (Fortsetzung folgt.)
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