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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.01.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050125016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905012501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905012501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-01
- Tag1905-01-25
- Monat1905-01
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1905 Bezugs-Preis Morgen-Ausgabe MpMerIaMM Anzeiger 99. Jahrgang. Nr. 44 Mittwoch den 25. Januar 1905 0,28 L ibOLO«. M WL 85,—^ nrizis .322- .32.— 137.— 2 1 !.sc >.28 60 'S ü. L. stell« abgrholt: virrteljährUch ^l S.—, bet »medaaltger täglich« Zustellung i»S Hanl ^«S.7iL Durch dir Post bezog« für Deutsch- Unid ». Oesterreich vierteljährlich 4^0, für die übrig« Läud« taut Zeitungtpreilltsle. V40L sssa. 1760 s. 64b L 4.75 1»kU/1»0L 1,04/lwk. -x>» «lä. 0^1X14. ,^5L Snn-bmeschluß für Anzeige«: Ab«ad-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: nachmittag« 4 Uhr. AnHelegenheit, die man fast als eine deutsche Lebensfrage bezeichnen kann, zu egoistisck-en Zwecken benutzen zu wollen, wäre dock) gar zu kleinlich. Und auch an dieser Seite des Streiks ist die Negie rung vorübergegangen, ohne sich auszuregen, ja, ohne sie auch nur zu berühren. Wir l-aben jederzeit betont, wie sehr wir uns darüber freuen, daß an der Spitze des Reiches und des preußischen Staates ein kultivierter Mann steht, der sich universeller geistiger Interessen rühmen darf. Hier aber hätten wir gern auf den Reich tum an Geist verzichtet, und ein kerniges, gesundes, sicheres Gefühl würde glücklicher operiert haben. Wir halten uns an Goethes Wort „In dieser Zeit soll niemand schweigen oder nachgeben", und wir glauben, daß von diesem Streik ein« neu« Aera datieren wird. Die Macht der Kapitalistengruppe hat ihren Höhepunkt erreicht, und bevor wenigs Jahre inS Land gegangen sind, werden die Herren, die jetzt über den Staat triumphieren, an den Wässern der Ruhr sitzen und weinen. Die Initiative der Negierung wir- freilich dabei leider keine erste Rolle ge- spielt haben. >75 v. '«ns. n»»o: W9.7S lag.- 64.50 1.05 S. 0.45 L 8-290. 77i40 0«rSwt.UL 8««. bergamt für „ungesetzlich" erklärte Maßregeln, wie die Verlängerung der Seilfahrt, gereizt worden sjnd. Es mußte betont werden, daß die Forderungen, die sie seit fünfzehn Jahren aufstellen, durchaus diskutabel sind: es mußte darauf hingewiesen werden, daß die Arbeitgeber daS- von ihnen anerkannte Essener Protokoll vom Jahre 1898 durch ihre Verwaltungspraxis durchlöchert haben, daß Arbeiter von den Unterbeamten nachweislich mißhandelt worden sind, daß manche Beschwerden — so z. V. die über das Wagennullen — sich als vollberechtigt erwiesen haben. Und wenn dies alles geschehen war, dann, aber auch dann erst, durfte Graf Bülow damit be ginnen, der Sozialdemokratie ihr Sündenregister vorzu halten, die Arbeiter darauf hinzuweisen, daß ihr Kontrakt, bruch moralisch zwar entschuldbar, trotzdem aber tadelns- wert sei, sie zur Mäßigung zu ermahnen und sie vor Aus- schreitungen zu warnen. Des weiteren wäre ein offene» pater peeeavi des Staates notwendig gewesen, der seit Jahren tatenlos einer Entwickelung zugeschaut hat, die Wachsamkeit und energisches Eingreifen heischte. Solche Offenheit wäre nicht „staatsmännisch" im vor märzlichen Sinne, aber wir sind ganz sicher, daß eine der artige Rede einen Widerhall in der Nation gefunden hätte, wie die Reden des Grafen Bülow, die so blinken sind, ihn nicht gehabt haben. Graf Bülow findet uns. wenn er dieses Blatt lesen sollte, gewiß unendlich naiv, aber wir meinen, wenn jemand es fertig bringt, auf das Vorbild der englischen Gewerkschaften hinzuweisen, die die Lage der Arbeiter „auf richtigem Wege, womöglich ohne Aufstand", verbessern wollten, und in einem Atem mit diesem Hinweis die Haltung unserer Arbeitgeber zu verteidigen, so ist da» auch ein Stück Naivetät, weil er den klaffenden Widerspruch nicht bemerkt, den diese AuS- führungen in sich tragen. Wir möchten wohl wissen, wie die Arbeiter den Herren SttnneS und Thyssen gegenüber ihre Lage ohne die ultima ratio -es Streikes ver bessern wollten. Diese Herren lassen ja nicht mit sich roden, wollen ja nicht hören, und mit ihnen verglichen war Nikolaus der Erste ein hockgnoderner Mann. Im Reichstage haben die Ausführungen des Grafen Bülow nicht gewirkt: nicht einmal auf der Rechten, ihre Schwäche trat zu deutlich zutage. Es ist dies vielleicht auch ein Beweis dafür, daß Graf Bülow die geistigen Be dürfnisse des Parlaments zu niedrig schätzt. In diesem Augenblick davon zu sprechen, daß die Sozialdemokratie das „Ende der'Kultur und den Lod der individuellen Freiheit" herbeiführe, war Loch vielleicht nicht angezeigt, denn selbst in den Herren von der Rechten wird wohl der Gedanke dämmern, daß die Herren Thyssen und Stinnes als Vorkämpfer der Kultur und der individuellen Freiheit Witzblatttypen und Kladderadatscharguniente sind. Wie wenig Fühlung die Regierung in dieser Frage mit den Anschauungen auch weit recht» stehender Politiker gehabt hat, das sieht man nicht nur auS der Rode Stöckers und der Antisemiten, sondern auch aus den Artikeln d«: „Dtsch. Tagesztg.". Wir stehen nicht im Verdacht, dies Blatt unbesehen zu lieben. Um so eher können wir uns darauf berufen, wie schwer sogar diese Agrarierzeitung die Unterlassungssunde der Regierung verurteilt hat. In einem programmatischen Artikel der „Disch. Tages zeitung" „Ernste Gedanken zum Streik im Kohlenrevier" finden sich folgende Sätze: „Daß ...der Arbeiterfrage nicht die pfleg liche Behandlung zuteil wurde wie in anderen In dustriebezirken, mit einer ruhigen, stetigen Entwicke lung, haben erst die Ereignisse der letzten Tage klar er kennen lassen. Auch ohne das E gebnis der regierungs seitig veranstalteten Untersuchungen abzuwarten, bleibt die Tatsache bestehen, daß die Saat der Erbitterung nicht nur von dem sozialdemokratischen Agitator, sondern auch von . . . Unternehmern ausgestreut worden ist. Umso bedauerlicher ist es, wenn diese es kaltblütig ablehnen, den Weg zu einer Verständigung zu beschreiten." Das Blatt findet dann noch scharfe Worte gegen daS „Großprotzentum", fordert die V erstaatlichun g de» Kohlenbergbaues und hat dann sogar den Mut, die Nationalitätenfrage unbefangen zu bHandeln. ES heißt da: „Wie ganz ander» im Nuhrkohlenbgzirkl Dieser bildet mit seinen privatwirtschaftlichen Betrieben die Aufnahme st ätte für die slavische Ein- Wanderung, die «ine beständige Gefahr für die Erwerbsverhältnisse wird. Hier herrscht lediglich da« Gesetz von Angebot und Nachfrage auf dem ArbettSmarkte, daS den« deutschen Arbeiter die Pforte weist, wenn er nicht dem Erwerbssinn de» Unternehmer» Rechnung tragen will oder kann!" Wir haben gesagt, das Blatt hat den Mut, die Nationalitätenfrage zu behandeln, denn die „Dtsch. Tst»»tg." weiß natürlich, daß es auch eine agrarische Nationalitätenfrage gibt, und daß ihr nationale» Ver halten ihr auch vsrdacht werden kann. Denn wir nehmen nicht etwa an, -aß hier eine Spekulation vorltegt: Werden der Industrie die fremden Arbeitskräfte entzogen, so kommen sie der Landwirtschaft zugute. Ein« so ernste o> ?>»»»<. IOK.- L 133.— ü. 10L—». 216.10«. * Der österreichische ReichSrat ist gestern mit einer Rede de« Ministerpräsidenten v. Gautsch eröffnet worden. (S. Letzte Dep.) * Die Feier der Universität Moskau, die heute ihr 150jährige» Jubiläum begehen sollte, wurde aus Furcht vor Demonstrationen verboten. (S. den Artikel.) Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Nolizeiamles der Ltadt Leipzig. >.08 0. .100. AetzaM« m»p Gx»«»M-»r 15» Fernsprecher WS IohauutSgaß« 8. H«»pt-FUNUe Dre«»«»' Marieuftratze 54 (Fernsprecher Amt 1 Nr. 171A. -au»t»Attt«le Berlin. CarlD» rker, HerzaUBayrHofbuchdandlg, Lützowslraßk lO (Fernsprecher Amt VI Nr. 4S0SI 16820 * Fürst Ferdinand von Bulgarien trifft am ein. ««zeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SS Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen. GrjchäftSaazeig« unter Text oder an besouoerer Stelle nach Tarif. Die «gespaltene Rrklamezetlr 76^. * Dem Streik der Petersburger und Moskauer Arbeiter habe« sich die Arbeiter von Kowno und Wilna «»ge schlossen. (G. den Artikel.) Vie einsame strgierung. T» ist -er seltene Fall ein getreten, daß man eine über wältigende Anteil- und Parteinahme der deutschen Nation konstatieren kann, und daß diese Stellung des Volke» in seinem Parlamente zum korrekten Ausdruck gelangt ist. Der Bergarbeiterstreik an der Ruhr hat ganz allgemein die sozialpolitisch interessierten Massen gepackt und eine Genugtuung sondergleichen ist es, an diesem Beispiel nachweisen zu können, wie tief und sicher das Bewußtsein der sozialen Pflichten im ganzen Reiche begründet ist. Es ist höchst bemerkenswert, daß sogar die konservativen Politiker ihre erste Erklärung im Reichstag« nachträglich haben „interpretieren" müssen, um wenigsten» den Schein der Anteilnahme zu retten. So weit ging der Druck. Ja, wenn man baS vorher gewußt hätte, mag man in Len betroffenen ReichSressortS gesagt haben, al» man diese verblüffende Einmütigkeit konstatierte. Vielleicht wäre dann von Anfang an auch eine andere Sprache vom Regierungstische zu hören gewesen, anstatt daß man sich mühsam in letzter Minute der Situation durch ein paar Konzessionen anzupassen versuchen mußte. So aber kann man nicht anders, als von einem Fiasko sprechen. Skilbst- verständlich zweifelt' kein Mensch an dem subjektiven Wohlwollen und dem guten Willen deS Kanzlers. ES würde unS z. B. auch sehr schwer werden, an diesem guten Willen deS Reichskanzlers zu zweifeln, denn wir ver mögen diesem Begriff kein« tatsächliche Unterlage mehr zu geben. Nach den ersten Reden wußte man nur das Eine: wenn Exzesse Vorkommen, so wird man schießen lassen. Und an dieser Bereitwilligkeit, die Ruhe- herzustellen, haben wir nicht einen Augenblick gezweifelt. Wir haben schon vor Wochen, als Herr Bernstein, diese» große Kind, zu Massendemonstrationen riet, darauf hingewiesen, wie prompt solche Demonstrationen im preußischen Staate er stickt werden würden. Abgesehen aber von diesem kurzen AuSbruch -er verborgenen Energiequellen, war der Kanzler nur glatt und verbindlich. Er bemerkte nicht oder wollte nicht bemerken, daß die Nation hier ein un zweideutige» Wort verlangt. Der Rationalist aus der Wilhelmstraße ist nun einmal nicht der Mann, -a» Lutherische „Ich kann nicht anders" zu betätigen, im Gegenteil, er kann gar nicht ander», al» immer anders zu können. DaS ist sein Glück und sein Unglück, sein Verdienst und seine Schuld. Ein Reichskanzler, der weniger Talleyrand wäre, hätte deutlich gesagt, daß die Nation -a» Verhalten der Arbeitgeber mißbilligen muß. Der Extrakt seiner Rede hätte lauten müssen, daß die Arbeitgeber sich in einem schweren Irrtum befinden, wenn sie sich einbilden, «in« Angelegenheit, die für die gesamte Nation geradezu verhängnisvolle Folgen haben kann, als Privatsache behandeln zu können. Der Stand- punkt de» Absolutismus mußte scharf und klar zurückge- wiesen werden, -i« Weigerung der Arbeitgeber, mit den Arbeitern kontradiktorisch zu verhandeln, mußte deutlich gekennzeichnet werden — umsomehr, al» sie «in Schlag in» Gesicht der Regierung ist — e» mußte hervorgehoben werden, -aß dt» Arbeiter durch rücksicht»lose, vom Ober- * Minister Möller soll »ach Erledigung des Streiks im Ruhrrevier zurücktrete» wolle«. (S. Dtsch. Reich.) L o. i vb.75 10.— Kilo DvonerStag zum Besuch de» Kaiser» m Berlin (S. Dtsch. Reich.) * Professor Rudolf Siemering, der bekannte Bild hauer, ist im Alter vo» 70 Jahren gestor beu. (S. Feuilleton.) ver Srnrralrtreiir im siudrgebiet. Der Ralser «n- -er Streik. Der Kaiser hat sich auf dem Ordensfeste am Sonn tag auch über den Bergarbeiterstreik im Ruhrrevier unterhalten. Er zog den Generalsekretär vom Verband der Glasindustriellen, Herr« Götze, ins Gespräch, mit dem er sich über die gemeinsam verlebte Dienstzeit beim 1. Garde- Regiment unterhielt. Später kam der Kaiser auf den Generalstreik zu sprechen und erkundigte sich, nach dem „B. T.", insbesondere nach den Wirkungen, die der Ausstand auf die verwandten Industrien haben kann. Der Streik in, Lichte der Kechenbesitzer. Gebeimrat Kirdorf, Vorsitzender des KoblensyndikatS und /Generaldirektor von „Gelsenkirchen", äußerte sich zu einem Vertreter der „Frist. Zkg." in folgender Weise über die gegen wärtige KrisiS: „Ich weist daß Ihr Blatt sozialpolitisch und wirtschaftspolitisch einen uns wenig freundlichen Standpunkt rinnimmt. Gerade deshalb aber liegt mir daran, Sie davon zu über zeugen, daß wir nicht Protzen sind, die nur ihre Beldsack- Interessen kennen, sondern daß auch wir Ueberzrugungen haben, denen wir bis zur letzten Konsequenz, und sollte man uns absrtzen, treu bleiben wollen. Verteidigten wir nur materielle Interessen, so müßten wir ja zu Verhandlungen bereit sein. Aber Pflicht und Gewissen sagen unS, daß jederlei Verhandlung nur die ein« Folge hätte, den gegenwärtigen Konflikt in dir Länge zu ziehen und die Streikenden im Widerstand zu bestärken. Die vierzehn von den Delegierten der Arbeiter unS unterbreiteten Forderungen sind nach unserer Aller Ansicht gänzlich unan nehmbar, und Verhandlungen darüber wären aussichtslos. Sähen wir die Möglichkeit vvn Verhandlungen, bei denen irgend etwas herauSkommen könnte, so würde man über die rein grundsätzliche Frage der Anerkennung der Gewerkvrreinsvertrrter vielleicht hinweg sehen könne». Zehn Prozent der Arbeiterschaft hat sich dem Streik nicht angeschlossen. Die Bewegung kann nur damit enden, daß die Ausständtschen einsehen, bei dem Streik komme nicht« für sie heran«, und daß sie sich allmählich d« vor handenen Arbeitswilligen angliedern und sie vermehren. Wenn Regierung und öffentliche Meinung unS zu Verhand lungen zwingen wollen, so mögen sie sehen, wie es kommt. Wir haben alle politischen Parteien gegen ua«. Die Regierung fürchtet die Massen. 1889 verhandelte Ham mach er in Berlin und redete unS Verpflichtung« auf. Wir haben inzwischen gelernt. Wir wollen lieber geschädigt werden, al» «inen faulen Fried« eingehen, der immer wieder zu neu« Streiks führen würde. Wir lassen uns durch Kontraktbruch keine Zugeständnisse abtrotzen. Wir haben Urberzeugungen und wollen mit ihnen stehen und fallen. Wir dünken unS mensch lich nicht mehr al- unsere Arbeiter, und sehen durchaus nicht aus sie herab. Mit jedem einzelnen (?) wollen wir gern verhandeln und auf ganz gleichem Fuße. Wollten wir Arbeiterausschüsse zugestehen, so schüfen wir den Sozialdemokraten in unser« eigenen Betrieben AgttationSherd«. DaS Wageunullen durch Strafen zu ersetzen, hat sich al» unpraktisch erwies«, Lohnstalen sind undurchführbar, Erhöhung der Löhne und Verkürzung der Schicht bedeutete Erhöhung der Betriebskosten und Kohlrnpreise auf absehbare Zeit in der vollen Relation. Kein Gewerbe steht so unter Aufsicht, wie der Bergbau. Wenn wirklich allgemeine Miß stände vorhanden sind, so kann die Regierung da» leicht feststell«. E» ist unbegreiflich, daß die Revierbeamten noch keinen Auftrag dazu er hall« hab«. Der Streik war vorauSzusehen, wenn auch erst für den Frühling. Die Sozialdemokrat« und die christlich sozialen gewerkschaftlich« Fanatiker hab« zuviel gehrtzt. Die KokeSvorräte de» Syndikat» reichen noch vier Wochen, die Kohl«- Vorräte sind freilich geringer. Wa» h« Bezug «»»ländischer Kohle betrifft, so hat da» Syndikat viel Angebot« erhallen und sein« Abnehme« sein» kostenlose Vermittelung zur Verfügung gestellt." Der Vertreter de« Blatte« schließt: „Ich gewann an» der Unterhaltung mit Gebeimrat Kirdorf, der seine Ansichten mit dem Ton großen Ernste» und unerschütterlicher Ueberzeugung darlegte, di« Urberzeugung, daß Grundlagen für irgend welche Frieden»verbaadl»ng«n geyenwärtig nicht bestehen und daher da» End« des großen soziale» Kampfe« garuicht ab- zuseh« ist". Bemerkungen dazu sieh« im Leitartikel. StreikNachrscht««. Meldungen au» dem Ruhrgebiet zufolge werde» dort zum Schutz« der Arbeitswilligen scharfe Maßregeln ergriffen. > Niemand darf sich unbefugt in der NLH« einer BetriedSstätte Tiefe Nummer kästet ßäßtßtzL aus all« Bahn Höf« und III I^I bet d« ZettuagS-verkäufe« Var lvicbtigrle vsm Lage. * Die Dresdner Studentenschaft brachte dem König gestern abend einen HuldiguugS-Fackelzug dar. (S. Sachsen.) * Im Reichstage stand gestern die Büsingsche Inter pellation über die mecklenburgischen Verfassung«. Verhältnisse rur Beratung, jedoch erklärte die Regierung, sich nicht eiumische» zu köuuen. (S. Dtsch. Reichstag.) * Die Petersburger Arbeiter dürften den Streik bi» »nm Sonnabend au-halten; gestern wurden die Opfer der Sonntag-katastrophe nach den Friedhöfen geleitet. (S. dru Artikel.) * Nach Londoner Depeschen ist die Feuersbrunst in den Depot« von Sewastopol die Tat meuternder Matrosen, die durch die geschloffenen Tore gewaltsam ein drangen. (S. den Artikel.) 4l75Li. 29b LI. afsa-t. »17 Li. 4^>a.i. HSbLI. iV°°.j. StzOLI. 106v 61 LI. 284 LI. 176" LI 643 LI. W 1536 Lf oder deren Zugangswegen aushalt«. Der Essener Ober bürgermeister teilte nach dem „L.-A." der Siebenerkommission mit, daß e« fernerhiu nicht mehr gestattet sei, Streikposten aufzustellen. Auf der Zeche Bruchstraße wurden am Dienstag die Ausständigen abgelohnt. Auf der Zeche Neu-Iserlohn sind sechs Schächten die Löhne nicht embehalten. Die Aus zahlungen gehen ruhig vor sich. Die Kohlrnpreise steigen fortgesetzt. Uebergrelf«« -er Streik» «ach Velgserr. Trotz der Warnung deS nationalen Komitee» der belgischen Bergarbeiter vor einem partiellen Streik ist der seit mehreren Tagen «»gekündigte Streik am Montag im Boriuaye au«- gebrochen. Vorläufig sind e« nur hundert Arbeiter der Gruben von Grand Hornu, die eine Lohnerhöhung for dern und die Einfahrt verweigern. Diese Streikerklärung bat aber auf die erregten Arbeiter der umliegend« Gruben einen liefen Eindruck gemacht. Ma» befürchtet eiu schnelles Umsichgreifen der Bewegung. Manifeste in heftiger Sprache werden verbreitet. E» ist nicht zu ' leugnen, daß durch den langandauernden Mangel an ausgiebiger Arbeit viel Elend unter dm Bergarbeitern herrscht. Die schnelle Abgabe der Kohlenlager nach Deutsch land haben die Preise für Kohlen verteuert und die Ar beiter werfen den einzelnen Grubenbesitzern vor — ob mit Recht oder Unrecht ist schwer zu entscheiden — daß ibn« Koklen überhaupt verweigert oder zu hoben Preisen ange- rechnrt würden, da alle Kohlen nach Deutschland gehen sollen. Merkwürdig bleibt eS, daß die belgische Bresse bi« zum Augenblick die Möglichkeit eine» Streiks überhaupt nicht inS Auge faßt. Inzwischen dauern die Schwierigkeiten des KohlenlranSporteS nach Deutschland an, da allem von Mons aus durchjchniltlich täglich 800 Wagen mit KokeS und Kohle nach Deutschland gehen. Auf dem Rangierbahnhofe Ronet bei Namur bleiben Hunderte vo» Wagen flecken, weS- bald statt der Linie Charleroi-Namur der KoblentranSport über Loew« und Aerschot geleitet wird, lieber Wagenmangel wird sehr geklagt. So soll e« gestern im Borinage au 800 und in Charleroi au 1500 Wage» gefehlt hab«». >625 '<«,78 >7.76 Vie siririr in sinrrlanä. Ruhiger« Situation in jss«ter»b«rg. Vom Dienstag wird der „Voss. Ztg." gemeldet: „Der Vormittag war ruhiger, wenngleich die Menschenmassen in den Straßen immer noch sehr groß sind. Die meisten Magazine sind aeöffnet. Vor dem WinterpalaiS be findet sich kein Militär; überhaupt sind weniger Truppen sichtbar. — Nach dem „B. T." hält, obgleich der Haß und die Erbitterung unter den Arbeitern im Wachsen ist, die Negierung die Fortsetzung größerer Unruhen in Petersburg sür ausgeschlossen. — Wie der „L.-A." mel det, besitzen die Arbeiter noch Geldmittel, um den Streik bis Sonnabend aushalten zu könne». Gestern wur den in großen Leichenzügen die Opfer der Sonntag»- kalastrophe nach den Friedhöfen hinauSgeleilet. G«g«u die amtlich« Herabsetzung -er Kahl -er Gemer-eten. Der Petersburger Korrespondent des Pariser „Journal" depeschiert: „Ich halte die Ziffer von 2000 Toten auf recht. Die Zahl der Verwundeten ist noch schrecklicher, als gemeldet, die Mitteilungen der Polizei darüber sind lächerlich. Aus der Admiralität sagte man mir heute, baß allein durch die dortige Ambulanz 300 Tote und Ver wundete ausgenommen wurden, unter ihnen zahlreiche Kinder. Die unglücklichen Kleinen waren auf die Bäume des Alexanderplatzes geklettert und wurden wie Spatzen herunlergeschossen, — diesen Ausdruck gebrauchte der Admiral, mit dem ich sprach." Da» Arbeiterheer bei Aolpin» besteht, nach einem Telegramm der „Boss. Ztg.", hauptsäch lich ausArbeitern der ObuchowSki-Geschützgießerei und der GeoraSki-Gewehrfabrik, die durch Arbeiter aus den umliegenden Ortschaften verstärkt sind. Es sind fast alle» gedienie Soldaten. Sie haben die Telegraphendrähte berabße rissen und verwenden sie zur Anlegung von Drahtzäunen vor den Barrikaden, di« sie gegen die Kavallerie errichtet haben. „Japanische" Lrfin-ungen -er Geheimpolizei. Wa« die Aktion de« liberalen Komitee» erschwert, ist, nach dem „L. A.", die Gegenaktion der Geheim polizei, die da« Gerücht verbreiten, daß 48 Millionen Franks japanischen Geld«» den Streikfonds bilden. Diese unsinnige Behauptung wird mit allerhand Einzelheiten glaub haft gemacht und durch mündliche Ueberlieferuag rasch fort» gepflanzt. Aufhebung -«» Arbelterklub» uub Verhaftungen. In der Nacht zum Dien-tag wurden Professor Kare» jeff, die Schriftsteller Pefchechonoff und AnueuSktz und di« Stadtverordnetrn Rechtsanwälte Kedriu und Schnikaikoff verhaftet. Auch der Redakteur der Zeitung „Prawo", Jessen, ist verhaftet worden. Der Arbeiterklub wurde auf Befehl de» Stadthauptmauu» «uf- A50 237Ä SS,— 2.2 — 13b 10 W 1b2.25 V»m ,^Dater Gap»«" * erzählt nach dem „H. C." rin österreichischer demokratischer Politiker, der lange Zeit in Rußland lebte, mancherlei. Danach ist Gapon in einem Dorfe geboren und war Schweinehirt, di« ihn eia Gönner in die Schule und später auf da» Semiaar brachte. Seine dortige Vitteunote war aber wegen feines leidenschaftlichen Hange« zur Politik schlecht, deshalb konnte Gapon nicht die Hochschule besuchen. Er kam darauf al» Statistiker in da« Poltawa-Semestwo. Dort befreundete er sich mit Aubängern von Tolstoi und eignete sich dieGruudsätze der Tolstoische» Lehr« au. Ersuchte sich nun nach Möglichkeit dem Volke zu nähern «nd «» auf- zuklär«. Er lernte sodann ein Mäcchra krauen, dru Typ»« de« kämpf«»d«a opferwillig«» russische» W«ib«S, du» K- Ä - 1535 L »tll. 805 L 650 L Nnzetg« find stet» «, tzte EppMAo» z» richt«. Ertra»Vett««e» l»»r «eckt der Morg«- AuSgab«) »ach besold««« vemtUbanwg. Tie Expedttto» ist Wochentag« »«»uterbroche» geöffnet vo» früh 8 bi» abend« 7 Uhr. Druck »nd Verlag von G. Pal» b» Leipzig (J»h. Vr. B., R. - W. KttaktzardU !.'4OL üom, Ion,. »,0,eiL lolvwor, ltnot.
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