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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050203028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905020302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905020302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-02
- Tag1905-02-03
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BezugS-PreiS i» der tzauptrxpeditton oder deren Bu-gabe- stellen abfteholt: vierteljährlich 8.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau« 8.75. Durch die Post bezogen für Deutsch« land u. Oesterreich vierteljährlich >l 4.50, für die übrigen Länder laut ZettunqSpreiSliste. Diese -inmmer kostet auf allen Bahnhosen und III I bet den Zettungr-Berkäufern I * DIrdaMon und Expedition: 153 Fernsprecher 222 Johannisgasse 8. Haupt-Atlinle Dresden: Marienstrasie 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Voupt-Filtale Berlin: LarlDuncker, Hrrzal.Bayr.tzofduchbandlg* Lützowüraßr 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 46031 Abend-Ausgabe. UtWigel' TagMM Nmtsklall des Äönigl. Land- und des Königs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rotizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nr. 62. Freitag den 3. Februar 1905. An zeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 - Familien und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, GeschästSanzeigen unter Text oder an beionderer Stelle »ach Tarif. Tie 4 gespaltene Reklamezeile 75 Annahmeschluk für Anzeigen. Abend«Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen« Ausgabe- nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pols in Leipzig (Inh. l)r. V.. R. L W. Klinkhardtl SS. Jahrgang. Var Mauigrte vom Lage. * Ober-Postdirektor Röhrig in Berlin, bis zum 1. April 1904 Direktor der Ober-Po st direktion Leipzig, ist gestorben. (S. Leipz. Angel.) * Infolge der verschärften Situation an der o b e r s chl e s i s ch - r u s s i s ch e n Grenze ist in Beuthcn das Militär in den Kasernen konsigniert worden. (S. Dtsch. Reich.) * Auf derKönigin Luise - Grnbe bei Zabrze in Oberschlesien sind die E i n i g u n g 8 v e r - Handlungen gescheitert. (S. Dtsch. Reich.) * Der französische Senat lxtt gestern die ersten 16 Artikel des Militärgesetzes ange nommen. * Der für die Schiedsgerichtsverträge der Union mit den europäischen Staaten zuständige SenatSausschuß hat sich, ohne zu berichten, ver tagt. (S. Ausland.) ' Der Zar hat Beschlüsse des M i n i st e r k o m i - tees, welche die Rechte des Senats erweitern und die Rechtssprechung in Verwaltungsange legenheiten umbilden, genehmigt. (S. den Artikel über Rußland.) „Sm verztaatlicbmig arr Isobienbergbauer." Eine kleine Broschüre mit obenstehendem Titel, im Verlage von Georg Stilke-Berlin erschienen, nennt einen Regierungsrat R. vonKienitz als Verfasser. Selbst- verständlich ist Herr von Kienitz nicht der beauftragte Wortführer der preußischen Regierung, selbstverständlich spricht er nur eine Privatansicht aus, trotzdem aber er höht seine Beamtenstellung das Interesse an der ohne- hin „aktuellen" Publikation. Wir geben ihren Gedanken- gang wieder, ohne uns dem Fazit, das der Autor zieht, anzuschließen. Er wirft die Frage auf, ob der Staat die schwarzen Diamanten in Zukunft selbst gewinnen solle. Mit dem Erwerb der „Hibernia" ist seiner Ansicht nach der erste Schritt zur Verstaatlichung des Kohlenbergbaues getan, wenn dieser Ertverb nicht lediglich eine zufällige, zweck- und wirkungslose Vermehrung des staatlichen Kohlen- besitzes bleiben soll. Soll der Staat auf dem Wege, den er betreten, fortschreiten? Herr von Kienitz besaht es. Seine Begründung ist einfach. Kohle ist Kraft, an dieser wirtschaftlichen Gleichung läßt sich nicht rütteln. Diese Kraft, eine der bestimmenden Faktoren unseres gesamten Wirtschaftslebens, dürfen wir nicht von privater Hand monopolisieren lassen. Gewiß, noch ist's nicht so weit: aber das Trustsystem ist, um einen vbysi- italischen Vergleich zu gebrauchen, explosiv, nicht nur aus dehnbar, sondern ausdehnsam. Das Kohlenspndikat regelt nicht allein Produktion und Absatzpreis, cs ver- anlaßt auch den Zwischenhandel der Kohle zu einer Shndikatsbildung und die Exporteure der Kohle spndi- zieren sich nicht minder. Fusionierungen erfolgen, Gruben und Hütten vereinigen sich, und gegenüber dieser unaufhaltsam um sich greifenden Vertrustung scheint dem Autor das Mahnwort „vickesnt eonsules" am Platze. Und die Ereignisse der letzten Zeit, die Stillegung der Zechen, die „feudale" Haltung der Arbeitgeber in den Anfangsstadien des Streiks lassen das Wort nicht unbe rechtigt erscheinen. Ganz abgesehen von solchen Augen blickserwägungen aber genügt ein Hinweis auf den Um fang unserer Kohlenproduktion, um die Bedeutung des Problems hell zu beleuchten. Unsere Kohlenförderung beträgt 1112 Millionen Mark: neben ihr gebieten wir noch über andere Berg- tverkserzeugnisse — Kalisalze, Eisenerze, andere Erze und Salinenerzeugnisse — im Werte von 260 Millionen Mark. Die gesamten übrigen Naturprodukte unserer vaterländffck<n Erde erreichen also mit der genannten Summe noch nicht ein Viertel unserer geförderten Kohlenwerte. Beim rheinisch-westfälischen Syndikat liegt, nebenbei bemerkt, fast genau die Hälfte der ganzen preußischen Steinkohlenförderung. Der getvaltige Natur- schjatz, den wir in unseren Kohlen besitzen, ist aber in seinem augenblicklichen Iahresertrage von 1112 Millio nen Mark bei weitem noch nicht ausgemessen. In den Tiefen der Erde ruhen noch ungeheure Schätze, die ent weder schon in festen Händen sind oder jeden Augenblick in feste Hände übergehen können. Es muß Bedenken er wecken, daß das beinahe einzige natürliche Nationalver mögen für alle Zukunft der Verfügung der Staats- gemeinschaft entzogen sein soll. Aus diesen und anderen Gründen befürwortet von Kienitz die Verstaatlichung. Er bat als Beamter das beste Vertrauen zum Staate, der industriell, technisch und jozial gewiß allen Anforderungen genügen werde. Wir gestehen, daß wir diese Hoffnung nicht so ganz teilen. Wüßten wir es ebenso genau, wie es dec Herr Regie rungsrat weiß, so würden wir lieber heute als morgen zur Verstaatlichung raten. Ueber den Modus der Verstaatlichung spricht sich der Verfasser gleichfalls aus. Enteignung und Abfindung der Interessenten lehnt er ab, weil für eine solche jeder sichere Anhalt fehle. Wie wir jährlich 50 bis 100 Millio nen für den Bau neuer Staatsbahnen benötigen, so soll eine ähnliche Summe alljährlich der Staatsregierung zur Verfügung gestellt werden, um dafür Bergwerksaktien oder Kuxe zu erwerben Bergwerkseig'nttim soll nur anerkannt werden, sobald die Mutung betrieblich durch geführt wird: der bloßen Mutung aber soll nur der Wert eines in 30 Jahren verjährbaren Anspruches beigelegt werden. Von einer gesetzlichen Regelung des „Trustwesens" erwartet der Verfasser nichts. Vielleicht hat er Recht, aber schwerlich werden wir es vermeiden dürfen, die Er« sahrung hierüber entscl-eiden zu lassen. Die Verstaat lichung ist erst der zweite, die staatliche Beaufsichtigung der erste Schritt. Eine Reihe ernster Bedenken spricht dagegen, den zweiten, letzten Schritt zuerst zu tun, wenn- gleich wir der Argumentation und den Anregungen des Verfassers unsere Aufmerksamkeit nicht versagen dürfen. Vie Ws!» in siurrlanck. Reformen -er Verwaltung un- -er Recht sprechung. Nach dem offiziellen Telegramm beriet das Minister komitee in den Sitzungen am 3., 6. und 17. Januar den ersten Punkt des Manifestes vom 25. Dezember 1904. Da bei wurden drei Grundfragen unterschieden, auf denen die Wahrung der Gesetze basieren müße. I) Verhinderung der Verletzung des für die Veröffentlichung von Gesetzen vorgeschriebenen Weges. 2) Auffindung der Mittel ünd Wege zurErhallung der Aktionsfähigkeit und der zur Aufrechterhaltung der Gesetze berufenen Organe; 3) Verantwortlichkeit der Beamten. — Hinsichtlich der ersten Frage beschloß das Ministerkomitee, jede Abweichung von der gesetzmäßigen Art der Veröffentlichung von Gesetzen zu verbieten. In den besonderen Fällen, in denen der Kaiser das Komitee mit der Beratung von Gesetzen beauftragt, sollen die Ent scheidungen des Komitees zuerst dem Senat unterbreitet werden. Das Komitee beschloß, den Kaiser um seine Einwilligung zu ersuchen sür die Auslegung der be stehenden Gesetze in dem Sinne, daß die Veröffentlichungen von dauernden oder vorläufigen Gesetzen oder der Aufhebung von Gesetzen ausschließlich die Form von Meinungsäußerungen des StaatSrats haben müssen, die vom Kaiser ratifiziert werden, und falls es nötig ist, den außerordentlichen Maßnahmen der Minister obligatorischen Charakter zu geben. Diese Maßregeln sollen vom Komitee unverzüglich bekannt gegeben werden. Ferner soll der Kaiser um Ein willigung zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes ersucht werden, der die S ta t u te n des Senats vervollkommn et und dem Senat die Pflicht auserlegt, die Publikation auszu setzen bei gesetzgeberischen Materien, wenn sie den Anforderungen der Gesetze nicht entsprechen. — Wegen der zweiten Frage hält Vas Ministerkomitee es sür notwendig, daß l) der Senat und seine Entschlüsse vom Iustizminister und den übrigen Ministern unabhängig sind, 2) baß die innere Orga nisation des Senats und seine Geichäflsordnung vervoll kommnet werben müssen, um die Rechtsprechung in Verwaltungsangelegenheiten zu beschleunigen, 3) daß der Senat leichter zugänglich sein müsse für Personen, die infolge der Willkür der Verwaltungsorgane Unrecht erlitten haben, 4) daß der Senat das Recht haben solle, der höchsten Gewalt direkt über die Verwaltungsangelegen beiten zu berichten, die der Entscheidung des Kaisers bedürfen, sowie in erhöhtem Maße das Recht gesetz geberischer Initiativen. Das Ministerkomitee hält es für angebracht, lokale Verwaltungsgerichtshöfe in Verbindung mit dem Senat einzusetzcn, im ersten Departement des Senats die Stellung eines ersten Präsidenten zu schaffen mit dem Rechte, persönlich dem Kaiser Vortrag zu halten, und die Frage zu entscheiden, ob die bestehende Vereinigung der Funktionen eines Iustizministers und Generalproku- rators des Senats in einer Person wünschenswert ist. Ferner wurde beschlossen, daß das erste Departement end gültige Beschlüsse mit einfacher Majorität fassen dürfe, daß die Öffentlichkeit zu den juristischen und administrativen Verhandlungen zugelassen und den Klagenden das mündliche Verfahren zugestanden werde. Das Miuist-rkon'itee unteri^ndet ferner brverschi-kene Formen, in denen Beamte strafrechtlich, zivilrechtlich und im Dis ziplinarverfahren zur Rechenschaft gezogen werden können, lenkt die Aufmerksamkeit auf die SchwIrrigkeiten, die für Privatpersonen bestehen, die strafrechtliche Pro- zesse gegen Beamte durchführen wollen, und schlägt vor, den Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches anzu bahnen, der von einer auf kaiserlichen Befehl ein gesetzten Kommission ausgearbeitet werden soll. In dem Gesetzentwurf wird beantragt, Privatpersonen das gesetz mäßige Recht zu geben, Klage zu führen gegen Beamte und möglichst große Teilnahme der Klagenden bei den Pro zessen zuzulassen. Verbrechen, die mit dem Verlust von gewissen Rechten und bürgerlichen Vorrechten geahndet werden, sollen unter Teilnahme eines höheren Richters entschieden werden. — Sodann werden weitere Einzelheiten über die Rechtsprechung aufgeführt. — Das Ministerkomitee beschloß, die Einwilligung des Kaisers nachzusuchen, daß über die Verantwortlich keit der Beamten im Staatsrat verhandelt werde. Sämt liche Anträge des Ministerkomitees sind am 29. Januar vom Kaiser genehmigt worden. Lin politischer jssrozeh. Der „Voss. Ztg." wird aus Moskau geschrieben: Am 31. d. M. beginnt inNischni-Nowgorod ein Prozeß wegen Verbreitung aufrührerischer Schriften und Aufreizung der Bevölkerung gegen die oberste Staatsgewalt. Angeklagt sind 14 Personen, als Zeugen vorgeladen 34. Aus der Anklage schrift gebt folgendes hervor: Im Jahre 1901 bildete sich in Nischni-Nowgorod ein Komitee des russischen sozial demokratischen Arbeitervereins mit dem Zweck, eine planmäßige Umsturzpropaganda ins Leben zu rufen. Im Jahre 1902 trat die Gesellschaft mit dem Wilnaer Komitee des jüdischen Arbeiterbundes in Verbindung und begann seine Tätigkeit auf das flache Land auszudehnen. Das Gouvernement Nischni-Nowgorod ist zumteil In dustriegebiet. Gute Erfolge halte die Propaganda in dem Fabrikorre Sormowo, doch wurde die Tätigkeit des Verbandes durch einen Arbeiter Jakob Polosow verraten. Im übrigen enthält die Anklageschrift keine neueren Mitteilungen über die revolutionäre Bewegung, die nicht schon durch den Königsberger Prozeß an die Oeffentlichkeit gedrungen wären. Der Forscher auf dem Gebiet der modernen russischen Geschichte findet dagegen ein umfangreiches Verzeichnis der aus dem AuSlanve nach Nischni eingeführten verbotenen Schriften. Verständlich ist das Verhalten der Behörde nur dann, wenn sie etwa die Absicht haben sollte, die Anwälte der Angeklagten von der Barre weg zu verhaften, wie es zu des seligen Plcbwe Zeiten üblich war. Verteidiger und Regierung gehen also einen schweren Gang. Aber während jene einen richtigen Weg gehen, befindet die Regierung sich auf falscher Bahn; sie allein ist heute die Förderin der Revolution. Vsn verfehle-enen Plätzen. In Ka lisch herrscht, wie von dort telegraphiert wird, allgemeiner Ausstand. Die Läden sind geschlossen, in dem Theater wird nicht gespielt. Die Schüler des philo logischen Instituts und die Schülerinnen des Gym nasiums sind nicht zu den Lehrstunden erschienen. — Wie aus Bat um gemeldet wird, wurde in den Fabriken von Buito Lideridis die Arbeit eingestellt. Auf der Eisen bahn lagern die Ladungen. Güterzüge gehen nicht mehr ein. Wegen Nichtausladung der Dampfschiffe sind ernste Schwierigkeiten zwischen den Kapitänen und Schiffsagenten entstanden. Die Verluste sind groß. — Der Setzer ausstand in Samara ist beendet. Eine Konferenz von Fabrikherren und Arbeitern kam überein, die Arbeitsstunden zu vermindern, die Löhne zu erhöhen und für die Strelktage Lohn zu zahlen. Der Gouverneur fordert in einer Be kanntmach ung die Bewohner auf, nicht in Massen auf den Straßen zu erscheinen und die Forderungen der Polizei zu beachten. wegen -er antirnfsischen Beschlüsse» -er iteniberger Geniein-erat» soll sich der dortige russische Konsul PastoSzkin bei dem Statt halter Grafen Potocki beschwert haben, worauf der Statt halter das Sitzungsprotokoll einforderte. ver lunftch-japanftche Weg. In -er gestrigen Nachniittagrsitzung -er Hullkoninirfsisn wurde Leutnant Schramtschenko vom Linienschiff „Borodino "vernommen. Er sagte aus, daß man vom Bord des Panzers unmöglich ein Fischerboot sür ein Torpedoboot hätte hallen können: er habe ern Torpedoboot sich auf ungefähr eine Meile nähern sehen. Der englische Komman- dant Keanes legte die Möglichkeit dar, daß man auf große Entfernung selbst mit dem Scheinwerfer ein Fischerboot für ein Torpedoboot ansehen könne; auf eine Bemerkung des Admirals Fournier trat der Zeuge jedoch von der An sicht zurück. Der norwegische Lotse Christiansen erzählt, er habe in der Nacht des 21. Oktober ein Torvedoboot gejehen, desgleichen habe er am folgenden Tage früh 3 Uhr ein ähnliches Schiff mit voller Geschwindigkeit fahren sehen. Der Zeuge beschrieb die beiden Boote und sagte, das Torpedo boot fei von Fischerbooten umgeben gewesen. Durch -en Sun-. Nach einer Meldung aus Kopenhagen hat der Lotse von Nyborg Befehl erhalten, das vierte russische Ge schwader, das aus 5 Linienschiffen, 3 Torpedo booten und mehreren Transportschiffen bestehl, durch den Sund zu führen. warum schritt Kuropatkin zum Angriff? Die Vermutung, daß ebenso wie seinerzeit die erste miß lungene russische Offensive gegen die japanischen Stellungen bei Ientai-Bianjupuja, so auch der trotz der Un bilden des mantschurijchen Winters soeben unternommene, offenbar aber vollkommen gescheiterte Vorstoß Kuropatkins gegen den linken Flügel Oyamas nur aus politijchen Gründen, auf direkte Weisungen von Petersburg aus er folgt sei, wird von Alexander Ular, einem speziell mit russischen Dingen wohloertrautcn Mitarbeiter der Pariser Feuilleton. Frauchen. Roman von Felix Freiherr von Stenglin. Nachdruck verbolcn. Trotzdem Agnes mit dem Ausklcidcn eher begann als Valeska, lag diese doch weit früher im Bett. Es waren nicht so sehr die verschiedenen Manipulationen an sich, die Agnes anfhielten, wie zum Beispiel das Ein reiben der Kopfhaut und der Hände, das Putzen und Polieren dec Zähne, das Waschen, Streichen und Frot tieren der einzelnen Teile des Körpers, — sondern es war die umständliche Art, mit der sic all' dies machte und wie sie sich zwischendurch immer wieder im Spiegel be trachtete, ihre Lippen, die Augenlider, die Brauen mit den Fingern betastete, und wie sie langsam das dichte, lange, wellige blonde Haar in einen Zopf flocht und mit einem blauen Bändchen umwand, das sie allerdings erst eine Zeitlang l-atte suchen müssen. Eine ganze Weile beobachtete Valeska sie vom Bett aus. Hübsch sah sie aus, das mußte sic anerkennen. DaS runde, rosige Gesicht, das wundervolle Haar, die blanken Zähne, die runden und doch nicht fetten Arme, der ganze so wohlgeformte Körper, — all' das war hübsch anzu- sehen. „Machst du das jeden Abend? fragte Valeska endlich. „Was denn?" fragte Agnes von ihrem Spiegel her, in dem sie gerade ihr« Nase sehr aufmerksam betrachtete. „Nun, diese ganzen Sperenzchen." Agnes wandte sich zur Schwägerin um, in dem sic die Hände auf die Lehne des Sessels lehnte. „Natürlich dock;." „Was sagt denn Walter dazu?" „Oh, der freut sich darüber! . . . Tos heißt, sicher freute er sich und sah zu. Er machte so drollige Redens- arten dabei. „Frauchen wetzt sich den Schnabel, Frauchen putzt ihre Federn, Elflein badet sich im Regen", und wenn ich mir das Haar kämmte, sang er die Lorelei . . ." Frau Agnes seufzte leicht auf. „Jetzt ist es ihm, glaub' ich, egal", setzte sic hinzu und wandte sich um. Plötzlich bog sie sich, indem sie das Gesicht schmerzhaft verzog, seitwärts hinunter und griff mit der Hand an einen ihrer in leichten Pantösselchen steckenden Füße. „Du, sieh' doch mal, was ich l-abe", sagte sie, „es tut so weh". Sie kam an Valeskas Bett, neben dem das Licht noch brannte, und stellte den kleinen, rosigen Fuß, dar da mit seinem zarten Knöckrel und leicht gewellten Bein ansatz unter dem langen Nachtl>cmd sichtbar wurde, auf den Bettrand. „Wie Porzellan!" sagte Valeska und strich auf dem Spann entlang. Au! Tas tut weh!" rief Frauchen und verzog aber mals das Gesicht. „Es ist rot", meinte Valeska, näher hinsehend. „Jedenfalls von engen Stiefeln." „Nicht doch!" sagte AgneS und zog den Fuß fort. Nun folgte noch eine eingehende Betrachtung des Fußes am Licht, dann trippelte Agne» zum Ankleidetisch zurück, öffnete eine der zahlreichen dort stehenden Büchsen und bestrich den Spann leicht mit der Salbe. Nachdem dann die Hände noch einmal gewaschen waren, schlüpfte end- lich auch Agnes in ihr Bett und pustete ihr Licht aus, worauf Valeska das Gleiche tat. In der Ecke brannte auf einem Brettchen eine kleine Nachtlampe. Als Agnes nun so im Halbdunkel dalag, kam plötz lich ein großer Mut über sie. Zu Valeska sich hin beugend, umfaßte sie deren Kopf und küßte sie. „Ach ich bin so unglücklich, Valeska!" sagte sic in klagendem Ton. Valeska streichelte das Haar der jungen Frau. „Wirklich?" meinte sie ungläubig. Agnes hob den Kopf. „Glaubst du mir nicht?" „Es wird schon vergehen", erwiderte Valeska aus- weichend. ,Toch wenigstens einmal Naturlautc^. dachte sie. Das tat ibr ordentlich wohl. Sie glaubte übrigens nicht, daß es sehr ernst fei mit dem Unglück der kleinen Frau. Es mochten sie Mißstimmungen peinigen, — ein neues Kleid würde das wieder gut machen. Aber als mm auf ihre Aufforderungen hin Agnes ihr Leid klagte, da war dock; oald l-crauszufühlen, daß der Kummer tiefer saß. „ES ist alles anders geworden, wie ich gedacht habe", sagte Agnes. „So viel nüchterner! Damals dachte ich, cs ging in den Himmel, imd mit der Hochzeit wäre, wie in so vielen Romanen, das höchste Ziel deS Labans er- reicht, das goldene Tor geöffnet. Und es kam auch nicht gleich, so ganz allmählich. ES kroch heran wie Schlangen, hie ich immer wieder fortzuschicben suchte, die mir aber schließlich den ganzen duftigen Schleier zernagten, der um mein Leben gewesen war. Nun sah ich die Wirk- lichkeit und sand sie fürchterlich. Ich weiß nicht, wie ich dir das begreiflich machen soll, waZ mich quält. Trotzdem ich Walter und die Kinder habe, fühle ich mich so verlassen, so — unbefriedigt —" Valeska fuhr abermals mit der Hand über das Haar der jungen Frau. „Tas kommt, weil dein Leben keinen Inhalt hat", sagte sie ernst. „Keinen Inhalt?" fragte Agnes. „Und es hat keinen Inlxttt, weil es kein Ziel hat. Ein Spaziergang ohne Ziel ist langweilig, mir wenigstens, es kommt kein rechtes Vergnügen dabei auf. Wenn du aber weißt, wohin du willst, fühlst du dich ganz airders, frischer, erhobener, das Ziel n-izt dich, und das Bewußtsein eines Zieles erhebt deine Seele während des Weges, so daß du alles mit offenen Sinnen in dich aufnimmst." „Ja, aber wie soll ich Wenn ich doch nirgends ein Ziel sehe? Die einzigen Ziele sind das nächste Mittagessen und die nächste große Wäsche —" „Sklaven leben!" „Nicht wahr?" „Ihr seid die Anhängsel des Mannes, werdet von ihm ausgenutzt, indem ihr ihm Magddienste leistet und ihm unter Schmerzen Kinder gebärt. Das ist Euer Lebensinhalt." Betroffen schwieg Agnes. Wie wußte doch diese Valeska das in Worte zu kleiden, was sie, AgneS, lange Zeit schon unbestimmt in sich gefühlt hattet Wi«
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