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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.02.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050211017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905021101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905021101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-02
- Tag1905-02-11
- Monat1905-02
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DezugS-VretS di der Hanptexpedition oder derer» Ausgab«- stelle» abgeholt: vierteljährliches.—, bei zweirnaliger täglicher Zvstelluug tut Hm»« e S.75. Durch die Post bezogen für Deutsch- land «. Oesterreich vierteljährlich e 4.50, für die übrigen Länder laut Aeitunq-prei-liste. Diese «»»»er kostet ML auf allen Bahnhöfen und III -Itz V beidenZeitnngr-BerkänfernI* Aebaktion und Gtzpedtttaiu 153 Fernsprecher 222 JohanniSgastt 8. Hanpt-KUtale Tre«de«: Marienskraßr 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). -aupt-Fill«le Berlin: LarlDuncker, Herza l.Baqr.Hofbochbandlg^ Lüyowsiraße 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603). Morgen-Ausgabe. MMer Tageblatt Amtsblatt -es Honig!. Land- und -es Äönigl. Amtsgerichtes Leipzig, -es Rates und -es Notizeiamtes -er Lta-t Leipzig. An zeigen-PrelS öie 6 gespaltene Petitzeile 28 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 ^f. Finanzielle Anzeigen, Geschäffranzeigen unter Text ober an besonderer Stelle nach Tarif. Dir «gespaltene Reklamezeile 75 Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen lnur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bts abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig «Inh. vr. R. sr W. Slinkhardtl Nr. 78. Sonnabend den 11. Februar 1905. SS. Jahrgang. Var lvicbtigrtt vom rage. * Der Kaiser hat dem Prinzen Karl vonBour- bon und dem Fürsten Ferdinand von Bul garien den Schwarzen Adlerorden ver- liehen. * Am 15. dsS. Mts. gehen die Dampfer „Pro- fessor Woermann", „Eduard Woermann" und „Essen" mit Truppen. Pferden, Kriegsmaterial usw. nächSüdwestafrika ab. * Die Delegierten für das durch Victor Emanuel II l. vorbereitete internationale Institut zum Schutz der Interessen des Ackerbaues werden im Mai 1905 erstmals in Rom sich versammeln. (S. Ausland.) * Der Aus st and in Kalisch ist beendet: der offizielle Telegraph meldet von dem Krawall in Sosnowice, woselbst die Menge die Schmelzöfen der Katharinenhütte auszulöschen suchte, über 100 Tote und Verwundete. (S. den Artikel über Ruhland.) * Nach einem Telegramm Kuropatkins sind die Japaner in der Nacht zum Donnerstag bei An- grifsenauf die linke Flanke und Front der R u s s e n mehrmals zurückgeschlagen worden. (S. russ.-jap. Krieg.) ver FattMsmSOie Schlurr. Nietzsche hat einmal gefragt, warum man nicht ganze Geschichten von Völkern, von Revolutionen, von poli tischen Parteien erdichte. Dies Apercu war uns im Munde des Aristokraten, des Einsamen nie ganz ver- stündlich, indessen jetzt glauben wir es zu begreifen. Warum sollte nicht ein Berufener uns von den Taten und Leiden der Kanalrebellen erzählen, ein gewaltiges Lied uns singen, das wie der Nibelungen Not noch den fernsten Generationen wiedertönt? Episch liehe sich der Stoff gar wohl behandeln und niemand wäre geeigneter, ihn mit sicher gestaltender Hand zu ergreifen als Dr. Oertel, der, wenn wir uns recht erinnern, schon öfter mit der Muse Zwiesprache gehalten und ebenso der Leier zarte Saiten, wie des Bogens Kraft gespannt hat. Auch ein Drama liehe sich leicht aus den Schicksalen der .Kanalvorlage zurechtzimmern, und im Vordergründe mühte die Gestalt des Freiherrn von Zedlitz stehen. Dieses schriebe am besten Graf Bülow selbst, weil er den tiefsten psychologischen Einblick in den interessanten Mann gewonnen haben dürfte: die „sedne L kaire" wäre der ergreifende Auftritt, in dem Oktavio von Zedlitz aus einem SauluS zum Paulus wird und schwört, unab lässig Leitartikel für den „Tag" zu schreiben, bis sein Fehl gesühnt sei. Exzellenz Studt schlägt ihm als zeit- gemäh vor. Messen für seine Seele lesen zu lassen und Kerzen zu stiften, Herr von Rheinbaben aber lehnt dies Entsühnungsmittel als allzu kostspielig ab. Der äuhere Gong des Dramas ist bis ins Einzelne hinein aus den Akten der Zeitgeschichte zu ersehen, cs bedarf keiner Er findung mehr, nichts fehlt, nur ein Philippi. Fände sich solch eine geschätzte Kraft, so wäre Wirklichkeit und Poesie nicht mehr zu trennen, und hier wie dort stöhnt der Zu- schauer, wenn der Vorhang fällt: „Gott sei Dank! Schluß." Dieses Wort moroser Erleichterung drängt sich dem Leser bei der Nachricht auf die Lippen, dah die Kanal vorlage angenommen worden ist. Graf Bülow hat seine spczialistischc Begabung zum Einrenkcn komplizierter Brüche wieder einmal bewiesen, und wenn er das nächste Mal vor den Volksboten erscheint, sollte man ihm die Hymne „Seht, da kommt er sieggekrönt!" anstimmcn. Körber rühmte sich seiner leidenschaftslosen Beharrlich, keit, Bülow war noch leidenschaftsloser, noch belxirrlichcr als er. Kuropatkin wird als der Meister des Rückzuges gepriesen; eS soll beschlossene Sache sein, ihn abzu berufen und dem Grafen Bülow den Oberbefehl über die russischen Armeen cmzubieten. Ein denk- und merk würdiger Feldzug hat sich vor unseren staunenden Augen abgespielt: Grat Bülow mutzte von Etappe zu Etappe zurückweichen, er wurde wieder und wieder aufs Haupt geschlagen und nrtt einem Male stand er als Sieger da. Freilich kann man dies heroische Bild auch durch ein trivialeres ersetzen, der preutzische Ministerpräsident gleicht einem Bellachini, der eine Lebsrwurst in einen Schmetterling und diesen — was hast du, was kannst du! — in eine Lebernmrst verwandelt. Die Kanalvor lage von dunnemalS und die von heute hoben etwa ebenso viel Aehnlichkeit miteinander, aber Graf Bülow präsen tiert sie uns als identisch. Niemand konnte die Kanal vorlage durchdrücken, er konnte es, er steht als Sieger da. Demnächst werden die -Handelsverträge angenommen iverden, auch hier schmückt sich der Kanzler mit dem Lorbeer, deren Reste er dem Grafen Posadowsky, »veil sie zum Kranz nicht mehr reichen, kür ein Süppchen über- lätzt. Allerdings darf man die Qualität der Siege nicht näher betrachten, über ihre wirtschaftlichen Folgen kann nur die Zeit entscheiden, und man soll den Tag nicht vor dem Abend loden, indessen heute läßt man sich in Deutsch land keine Gelegenheit zu billiger Genugtuung und Selbstbespiegelung entgelten, und so werden die nächsten Wochen dem liebenswürdigen Manne eine s^mpdoaiu äamestiou von Lobeserhebungen UN- Auszeichnungen bringen. Datz einige Nörgler schmollend zur Seite treten, schadet nichts, der Chorus bleibt trotzdem noch volltönend genug. Ebenso freilich und vielleicht mit mehr Recht könnte man ausrufen: 61ari» vieti«! Denn die Kanalvorlago ist zwar gegen die Mehrzahl der konservativen und frei- konservativen Abgeordneten angenommen worden, aber es wäre eine Täuschung, wenn man glauben wollte, die Regierung werde sich nun dankbar den liberalen Parteien zuneigen. Ganz im Gegenteil, jetzt, da die „Kanalstreit- axt begraben ist", werden Regierung und Konservative ich in ungetrübter Harmonie zusammenfinden. Sie können sich nun kulturellen Aufgaben, wie etwa einer durchgreifenden Verschlechterung der Volksschule, zu- wenden, und nicht lange, so »verden auch die Mindestens erkennen, datz Preutzen einer konservativen Aera ent gegengeht. Die in den maßgebenden Kreisen herrschende Ansicht, datz man „mit den Liberalen nicht regieren kann", wurzelt sich umso tiefer ein, je »nehr die Liberalen durch coulantes Betragen ihre Regierungsfähigkeit zu erweisen suchen. So wird das sonderbare Axiom zur praktischen Richtschnur der Regierung, datz sie sich mir auf diejenigen stützen kann, die ihr nie eine Stütze ge währen. So, prophezeien wir, wird es kommen. Ganz un logisch, hören wir einwenden. Gerade deshalb, erwidern wir: erecko, gnia absnrckum. Und gar so absurd ist es ja auch nicht. Die Konservativen sind schließlich doch die einzigen, die gelegentlich unbequem werden. Ehre ihnen! sagen »vir und fügen für die Liberalen das Mahnwort hinzu: Gehet hin und tut desgleichen! Dem National liberalismus ist eine entschiedene -Haltung von nöten. Er wird sich jetzt entscheiden müssen, ov er zum nnsiaa>te:en Appendix der Konservativen werde, oder ob er den eige nen Weg gehen will. Das zwiespältige Verlmlten der Partei beim Schulkompromitz und neuerdings wieder beim Bergarbeiterstreik hat bewiesen, datz eine Klärung unerläßlich ist. Man kann sie auf'schieben, vermeiden nicht mehr. Die „Versöhnung" der Konservativen mit der Regierung wird nun folgen, denn Graf Bülow trägt nicht nach. Die Konservativen »verden dann zur Aktion schreiten und das wird die Nationalliberalcn zur Selbstbesinnung und zur Wegwahl nötigen. Wir empfehlen, bei schärfster Abgrenzung gegen die Sozial- demokratie, den Block der Liberalen, so lieblich auch die Sirene Zedlitz auf das Kompromiß-Eiland locken mag. Vie Fririr in siurrlanä. Die fssvetzkommifsion. Zu einem Mitarbeiter deS „Slowo" äußerte nach der „Köln. Ztg." der Vorsitzende deS Ausschusses zu Abänderung der Preßgesetze, Kobeko, unter anderm, als Schriftsteller wünsche er der Presse selbstverftändlick möglichst große Freiheit. Seine Beziehungen zur Presse habe er offen 1896 als Vorsitzender des Kongresses für Handel und Industrie in Nischni Nowgorod ausgedrückt. Seiner Meinung nach müsse die freie Behandlung aller Tagessragen gestattet werden. Rach dem Sinne des klar formulierten Gesetzes seien wichtige Staatsfragen nur dann der Besprechung zu entziehen, wenn die höchste Regierungs stelle eS sür nötig befände. Die Praxis aber gehe weiter. Außer dem Minister des Innern erlasse auch der Ebes der Oberpreßverwaltung Rundschreiben, welche die Besprechung einzelner Fragen verbieten, ohne anzugeben, auf welche Zeit sich da« Verbot erstrecke. Bei den Beratungen des Ausschusses werde in dieser Beziehung nötig sein, aus die im Gesetze aufgeführten Gründe Rücksicht zu nehmen, nämlich den Wunsch der Regierung, die allgemeine staatliche Bedeutung der Frage und die Zeitweiligkeit des Verbots der Besprechung. Ferner sprach sich Kobeko sür die Einheit der Zensur für alle Fragen aus. Hinsichtlich der Prä- ventivzensur vertritt er die Meinung, entweder sei sie auf zuheben oder alle Blätter seien ihr zu unterwerfen. Lkn neues spatzgefetz. Wie „Naschi Dni" mitteilt, ist iw Polizeidepartement der Entwurf eine« neuen Paßgesetzes ausgearbeitet worden. In dem Entwurf beißt eS u. a.: „Der Besitz eines Passes soll überhaupt nicht obligatorisch sein, doch sind einige Ausnahmen gemacht, z. B. für die Juden und die Personen, die des AufenthaltsrechteS in gewissen Gegenden beraubt sind. Diese müssen einen Paß haben. Die wichtigsten Vergünstigungen de« neuen Modu« wären: 1) die Beseitigung der Schwierig keiten, die der Bauer zu überwinden bat, um m einem Paß zu gelangen (ein besonderer Modu« ffür die Ausstellung der Pässe der Bauern ist nicht vorgesehen und überhaupt kommt das Wort „Bauer" im neuen Gesetz nicht vor); 2) die volle Möglichkeit des getrennten Lebens der Ehegatten, da jeder Mensch ohne Unterschied des Geschlecht- mit 17 Jahren da« Recht zu einem besonderen Paffe erhält, verheiratete Frauen sogar vor Erreichung de« 17. Lebensjahres." So seltiam es auch für ein russisches Obr klingt, aber man wird in ganz Rußland ohne Paß leben können, und zur Identifizierung der Persönlichkeit wird, falls die Polizei eine solche verlangt, auch jede« ander« Dokument oder Zeugnis dienen. Vie Sitn«tie« in Petersburg. Nach leiner Petersburger Depesche der »„Voss. Ztg." fand bei der Trauerfeier für MichailowSki vor der Kasankathedrale eine schlecht organisierte Kund gebung von 800 Personen statt. Das Eintreffen von 500 Gendarmen zerstreute die Menge, die die Marseillaise gesungen hatte. Wie ein Telegramm besagt, zogen gegen 5000 Arbeiter der Putilowwerke in die Stadi um in anderen Fabriken die Einstellung der Arbeit hervor, zurufen. Auf dem Sabalkanski-Prospekt stießen sie jedoch aus einen Truppenkordon. Einige Arbeitergruppen zerstreuten sich und versuchten dann, in die Fabriken einzu dringen, was ihnen nicht gelang. Die zum Schutze der Arbeit notwendigen Maßnahmen wurden getroffen. In mehreren Fabriken, in denen bisher gearbeitet wurde, begann der Ausstand, in zweien, weil die Besitzer sich wergerten, für die Zeit des Ausstandes Lohn zu zahlen. In Warschau sand auf Anordnung- des GeneralgouverneurS ein Konferenz der bedeutendsten Warschauer Fabrikanten unter Teil nahme des Fabrikoberinspektors zur Feststellung der möglichen Zugeständnisse statt. Wegen Preissteigerung der Kohlen tritt das aus Einwohnern der Stadt gebildete Komitee wieder in Tätigkeit, um Kohlen in großen Quantitäten aus Schlesien zu bestellen. Die auswärts verbreiteten Gerüchte über den Tod des GeneralgouverneurS Tschertkow sind nach amtlicher Erklärung unbegründet. Aus tovz wird der „Voss. Ztg." gemeldet, daß die dortigen Fabrikanten und Gewerbetreibenden beschlossen haben, bei der zuständigen Behörde um die Erlaubnis zur Einberufung einer allge meinen Konferenz Industrieller und Gewerbe treibender Rußlands einzukommen, um über Mittel und Wege zur Verhinderung ähnlicher Vorkommnisse, wie sie in letzter Zelt vorgekommen sind, zu beraten. Die Arbeiter weigern sich, die ihnen von den Fabrikanten gemachten Zugeständnisse (Zehnstundentag, 10- bis 15 Prozent,ge Lohnerhöhung) anzu nehmen. Die Besitzer einiger großer Fabriken wollten des halb ihre Fabriken schließen. Man befürchtet ernste Ruhestörungen. Nach -er Revolte vor -er Katharinenhlitte in Sosnowice wurden, wie weiter gemeldet wird, auf dem Werkplatze allein 24 Tote gefunden, darunter vier Frauen, die ihre Ranner von den Kundgebungen abhalteu wollten. Der erste Tote war ein Oberrealschüler, der eine Führerrolle spielte. Die Arbeiter hatten das Montier haus erbrochen und das Tor zerschossen, als auf dem Werkplatze achtzig Schützen aus Czenstocban sich ihnen entgegenstellten, gegen die die Arbeiter die Revolver richteten, um den Durchlaß zur Hochofengebläse maschine zu erzwingen. Der Offizier gab Befehl zum Feuern. Eine Salve wurde in die Lust abgegeben, zwei Salven waren scharf. In Dombrowa wurden nachts Plakate angeheftet, in denen zur Rache gegen die Besitzer und gegen das Militär aufgefordert wurde. Es herrscht ungeheuere Erregung. In Transkankasien. In Jelissawetpol chat die Mehrzahl der seit dem 7. Februar auf der Station ausständigen Arbeiter die Arbeit am Donnerstag wieder ausgenommen. — In Baku wird ein Kongreß der Naphthaindustriellen am 13. Februar eröffnet werden. Seit dem Mittwoch erscheinen keine Zeitungen. Die Werke arbeiten. ver rurrircb-japanirche Krieg. Ku -cn Verän-erungen in, russischen Hauptquartier schreibt die „Köln. Ztg.", daß es dem General Kuropatkin bisher nicht beschicvcn gewesen ist, einen Erfolg zu erringen; wenn man aber ohne Voreingcnommenlicit an die Prüfung der Verhältnisse hcrantretc, nur denen Kuropatkin zu rechnen habe, so müsse man es als ein Verdienst bezeichnen, daß er größeres Unheil verhindert habe. Vor allen Dingen besteht der dringende Verdacht, daß Befehle und Wünsche aus Petersburg in IchMichster Weise auf die Operationen eingewirkt haben. Daneben ist augenscheinlich das Zu sammenarbeiten der höheren Führer mit dem Oberbefehls haber vielfach durch ine berüchtigten. „Friktionen" beein trächtigt wurden, von denen die Kriegsgeschichte stets zu er zählen weiß. Es hat daran sogar in einem so einheitlich organisierten Großen Hauptquartier wie das deutsche 1870/71 nicht gefehlt, und es gehörte die über ragende Persönlichkeit Kaiser Wilhelms I. dazu, die widerstreitenden Elemente zusammcnzulxilten und zu er sprießlicher gemeinsamer Tätigkeit zu leiten. Zuletzt hat Kuropatkin den General v. Gripenberg entfernt, der die Operationen am Hunho leitete. Es wird nun behauptet, daß d«e russische Offensive zufammengebrochen sei, weil daS Zentrum und der linke Flügel der Russen di« ihnen gegen überstehenden japanischen Streitkräfte nicht genügend be- schäftigt hätten. Dadurch sei es Marschall Ohama mög lich gewewn, genügende Truppcnmassen nach Westen zu werfen und zum Gegenstoß erfolgreich überzugehen. Dieser Vorwurf würde General Kuropatkin schwer be lasten, wenn erwiesen wäre, daß er eine ernsthafte Operation gegen die Flanke des japanischen linken Flügels beabsichtigt, aber im entscheidenden Augenblick nicht mit der nötigen Kraft durchgeführt hätte. Es ist aber auch die An nahme zulässig, daß General v. Gripenberg die ihm gestellte Aufgabe überschritt und sich in Kämpfe einließ, die nicht in der Absicht des Oberkommandos lagen. Außerdem muß man berücksichtigen, daß die bisherigen Erfahrungen, welche die Japaner nut der russischen Angriffskraft gemacht haben und die starken Feldbefestigungen, die aus ihrer ganzen Front entstanden sind, es dem Marschall Oyama als kerne Fahrlässigkeit, sondern als gerechtfertigte Kühnheit erscheinen lassen durften, seinen linken Flügel durch Verstärkungen von der Mitte zu unterstützen. Auch ist zweifellos unmittelbar nachher Uebcrgavevon Port Arthur der größere Teil der BclagerungSarmec nach Norden in Marsch gesetzt worden. Die Leistungsfähigkeit der Bahn von Dalnv nach Liaojang wird von russischer Seite auf zehn Züge täglich noch jeder Richtung angegeben, so daß d r ei Divisionen bei der Opevationsarmcc eingetroffen sein könnten, als der russische Angriff «insekle. Tann wäre ein Heranziehen von Teilen der Armeen Nozus und Kurokis »um Wider stand argen Gripenberg gar nicht notwendig gewesen und ist viüleicht auch überhaupt nicht erfolgt. Die Panzerschiffe -er neuen russischen Geschwader» werden vielfach als gänzlich veraltete Kasten hingestellt. Dies trifft jedoch nicht so ohne weiteres zu. Die Schifte „General Admiral Apraxin", „Admiral Ssenjawin" und „Admiral Uschakow" sind durchschnittlich erst zehn Jahre alt, haben also noch nicht die Hälfte ihrer offiziellen Dien st- zeit hinter sich. In Alter, Größe und Beschaffenheit ent sprechen sie etwa unseren Schiffen der Siegfriedklasse und sind wie diese eine gar nicht zu verachtende Waffe in der Hand tüchtiger Führer. Was jedoch im vorliegenden Falle besonders ins Gewicht fällt, das ist der Umstand, dah sie aus gesprochenermaßen für die Küstenverteidigung des Heimat landes bestimmt sind und daher neben verhältnismäßig ge ringer Größe nur einen sehr geringen Aktionsradius besitzen, jedes von ihnen faßt normalerweise nur 250 Tonnen Kohlen, die für nur 1800 Seemeilen Fahrt reichen, ein Um- stand, der der ganzen Flotte äußerst verhängnisvoll werden kann, da es sie in einem unzulässigen Maße von begleitenden Kohlenschifsen abhängig macht. Ter Panzerschutz der Schiffe erstreckt sich auf fast die gesamte Wasserlinie mit einer maximalen Stärke von 254 Millimeter Harvey Stahl platten, außerdem sind die beiden Türme, in denen je zwei 25 Zentimeter-Geschütze stehen, mit 203 Millimeter starken Platten und ebenso der Kommandoturm geschützt. Die Tor- pedoarmierung besteht allerdings noch aus vier über dem Wasser liegenden Torpedoausstotzrohren, während man sie jetzt meist unter den Wasserspiegel verlegt. An mittlerer Artillerie haben die Schisse vier 12 Zentimeter-Kanonen und außerdem noch gegen 20 4,7 und 3,7 Zentimeter-Geschütze an Bord Ihr Deplacement beträgt 4200 Tonnen, die Stärke der Maschinen 4700 Pserdekräfte und die Geschwindigkeit ca. 15 Seemeilen. Der Tiefgang ist verhältnismäßig gering: nur 5,8 Meter bei 16 Meter Breite und 85 Meter Lange. Ver Dampfer „Slam". Nach einer Lloydmeldung aus Nagasaki ist der öster reichische Dampfer „Siam" nebst Ladung als recht mäßige Prise erklärt worden. Lin Telegramm Rnrepatttn» vom 9. Februar meldet: In der Nacht zum 9. Februar um 11 Uhr nahmen die Japaner die Offensive gegen unsere linke Flanke und Front wieder auf. Sic wurden aber zurückgeschlagen; gegen 5 Uhr wiederholten sie den Versuch, wurden aber gegen 7 Uhr wiederum zurück geschlagen. Auf unserer Seite wurden süns Mann verwundet. Neescvelt» zweite Haager Renferenz. Wie aus Washington gemeldet wird, wurde die interparlamentarische Vereinigung unter dem Vorsitz Bartholdis bei dem Präsidenten Roose velt vorstellig, Schritte zur Beendigung des russisch-japa- nischen Krieges zu tun. Roosevelt gab keine bestimmte Zusage, versprach jedoch, mit Hav die Angelegenheit in Erwägung zu ziehen und rügte hinzu, die zweite Haager Kon ferenz hänge von der Beendigung der Feindseligkeiten a b. Deutsches Deich. Leipzig, 10. Februar. * Tie sächsischen Konservativen scheinen an einer ernst haften Störung ihres Nervensystems Hu leiden. Kein Wunder, wenn sie tagaus tagein der sowieso von ihnen ge mäß der konservativen Weltanschauung nicht besonder« ge schätzten Wählermenge vorreden und vorschreiben, die beste Vertretung der Industrie besorge der Bund der Landwirte, und das törichte Volk will daS nicht glauben. Eben erst hat Herr Mehnert zum Heile der sächsischen Industriellen in Berlin die ganze lange, strapaziöse landwirtschaftliche Woche mitgemacht. Vor kurzem erst hat daS „Vaterland" eine Artikelflut gebracht, die den bündigen Nachweis führt, daß der Konservativen Sinnen und Trachten auf Hebung der Industrie ausgeht. Und konservative Industrielle (oder induslriöse Konservative?) haben eS sich selbst bezeugt, daß sie und' ihre politischen Freunde industriefreundlicher sind „so weit als möglich". Soll das alle- ver gebens gewesen sein? Nun dann soll die stärkste der Beschwörungsformeln gesprochen werden — helfe, was helfen mag — das Programm der Partei — Leser er schauere — das Tivoli-Programm. Mit gebührender Feier lichkeit haben auch wir uns in den vom Vorstand deS Kon servativen Vereins zu Leipzig dieser Tage verbreiteten Aufruf mit dem beigedruckten Programm wieder einmal vertieft und mit Rührung alte gute Bekannte begrüßt. Die Industriellen können und werden sich daran erbauen, daß „für die Landwirtschaft . . . «in ausreichender Zollschutz für die Zukunft anzubahnen" ist. Besonder« packend aber muß es auf einen hoben Adel wie auf alles mindere Volk wirken, wenn es unter Punkt 4 deS Programm« heißt: „Wir erwarten, daß das neue bürgerliche Gesetz, buch von deutsch - nati o nalem Rechtsbewußtsein ge tragen werde." Wie lange wollen die Herren noch warten? Seit 1900 haben wir das „Bürger!. Gesetzbuch" doch. Aber solch ein Entwurf stört natürlich das konservative Gemüt nicht. Daher doch der Name konservativ! Diese Politiker haben 1892 auf das „B. G.-B." gewartet und sie warten heute noch darauf. Heil den Konservativen! Wenn wir nun noch erwähnen, daß Herr Opitz wieder einmal eine Wahlrede ge- balten hat, diesmal in Lengenfeld i. S., und natürlich über das Thema de« Tages, die Stellung zur sächsischen Industrie, so haben wir einen Ueberblick über die konservative Aktion der jüngsten Zeit gegeben. — Die Konservativen haben bekanntlich die Mehrheit in den sächsischen Kammern. Wie wir aus sicherer karnevalistischer Quelle erfahren, bereiten sie einen Antrag vor, der durchaus zeitgemäß ist und im Sinne der mit Recht so sehr beliebten auSHleichenden Gerechtigkeit liegt: Jeder Sachse, der nickt an die Industriefreundlichkeit der Agrarier — pardon der Konservativen glaubt, bat einen Taler in die Partei lasse zu zahlen. Man hofft auf reichen Ertrag dieser Steuer. * Ein Verdienst de« deutschen evangelischen Kirchen- anSschusseS ist e«, daß er für den gegenwärtigen Augenblick, da der Reichstag sich wieder mit dem verhängnisvollen ZentrumS- antrage zu beschäftigen haben wird, eine Denkschrift verbreitet hat, welche über den einheitlich den ganz en Entwurf von der ersten bi« zur letzt«« Zeile dnrch-
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