Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.02.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050218026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905021802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905021802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-02
- Tag1905-02-18
- Monat1905-02
- Jahr1905
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
« »le». kc. Ua. lhsischen »er. r ichfein. an. )6IN kel. raskart. !«r. iso» 'N 4307. erlcrrcut Mseo. i-Werth, ffet m., 17. I. Med. 3, II. l. Ln. bamL»- üdon ',8 Uhr. üieb i» I6N. 24, Hl. >1.7654 lschttfch VezuqS-Preis i» der Hauvtexpeditton oder deren Au-ftav«. stellen ab ft eh olt: vierteljSdrlich 3.—, bei zweimallfter tüftlkcher Zustellung In-Hau« 3.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch. land u. Oesterreich vierteliädrlich 4.K0, für die übrigen Länder taut Zeitunqsprei-tiste. Liese Nummer rostet aus allen BatmbSien und III I bet den Aritungd-Berkäusern ^1* Redaktion und Expedition: 1Ü3 Fernsprecher 222 Iodannisgasse 8. Haupt--tltalr Dresden: Marienstratz« 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale Berlin. EarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchband'lg* Lüyowiirane 10 (Fernsprecher Amt VI Nr. 4603t. Nr. R. Abend-AuSgave. KriMM Tagtblail Ämtsvlatt des Honigs. Land- und -es Königs. Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rokizeiamtes der Ltadt Leipzig. Tonnabend dm 18. Februar 1905. vn zeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Familien- und Stellen-Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Äeschäftsanzeigen unter Text oder an blonderer Stelle nach Tarif. Die -gespaltene Reklamezeile 7b Annahmrschlutz für klnieigen: Abend-Au-gabe: vormittag- 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richt«. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe- nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition Ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E- Polz in Leipzig (Inh. vr. R. L W. Kltukhardt). 99. Jahrgang. Var Wcdtigrir vsm Lage. * Der Rektor unserer Universität veröffentlicht in einem Anschlag den Dank des Königs an die gesamte Studentenschaft. (S. Leipz. Angel.) * Nack Information aus bester Quelle ist ein Zeitpunkt für den Abschluß der Strasprozeßresorm noch nickt anzugeben. Die Mitteilungen über eine voraussichtliche Dauer der Vorbereitung von 10—20 Jabren beruht lediglich auf subjektiver Vermutung. (S. Dksch. Rch.) * Nach einer Pest er Meldung will die ungarische Un- abbangigkeitSpartei ibre militäris chen Forderungen ein schränken. (S. Ausland.) * Der Zar bat ein Manifest erlassen, das den Tod des durch ruchlose Mörder gefallenen Großfürsten Sergius beklagt und das Vertrauen auf die Teilnahme der Unter tanen aussvricht. (S. den Leitartikel.) * Der Krakauer „Czas" meldet aus Warschau, dort seien nach den letzten Unruben massenhafte Hinrichtungen vorgenommen worden. (S. den Artikel.) * In Lodz hat abermals ein Setzerstreik begonnen. (S. Ausland.) Vie klmoraung üer tzrorrkiiiMn Zergiur. Die Wirkung -er Attentat» auf ven Zaren. Alle aus Petersburg eingelaufenen Depeschen be sagen, daß der Zar von der Moskauer Schreckensnach richt überwältigt worden ist. Es läßt sich nicht absehen, wie das Naturell des zweiten Nikolaus auf diese Kata strophe reagieren wird, die einen seiner nächsten Bluts verwandten dahinraffte, und die ihm eine tiefere Wunds schlägt, als die Attentate auf die Ssipjägin, Obo lenski, Plehwe ibm bereitet haben. Tie Send boten der „Bojewaja Organisatia", der sozialrevolutio nären Partei, wählten sich für ihr Verbrechen einen sonderbaren Tag, den Tag unmittelbar nach der Ministcrkonferenz, die der Zar mit den Worten ge schlossen hat: „Wir werden uns jeden Freitag Wieder sehen", unmittelbar nachdem die Umwandlung des Ministerkomitecs zu einer verantwortlichen Körperschaft gemeldet worden ist. Gestern, am Tage der Moskauer Untat, hatTolstoiS Sohn einen Artikel veröffent licht, worin er mittcilt, daß Nikolai II. mit ihm zwei Stunden lang üb.r den „Semski Sobor" gesprochen habe, und daß er diese st ändischc Versammlung der Bauern, des Adels, der Geistlichkeit und der Städte für den Januar des nächsten Jahres einberufen wollte. Ter Terror der „Bojcwaja Organisatia" wird, das muß be- fürchtet werden, diese Pläne suspendieren. Ueber die Stimmung, die sich der nunmehr auf den Zaren am stärksten einlvirkenden Mitglieder der Tynastie und der Regierung bemächtigt hat, sind nur Vermutungen zu lässig. Indessen wird gemeldet, man erwarte, daß es dem Einfluß des liberalen Großfürsten Kon st an- t i n gelingen werde, den Zaren von Repressivmaßregeln abzuhalten. Mit dem Großfürsten Sergius ist die bisher markanteste Persönlichkeit aus der Umgebung Nikolais II. entfernt worden. T>er Name des früheren! Gcneralgouverneurs von Moskau ist während der Negie rung des regierenden Kaisers zuerst genannt worden, als bei der Krönungsfeier auf dem Chodinskifeld durch die Unfähigkeit der Moskauer Polizeibehörden 4000 Menschen zerstampft wurden und der Schatten dieses bösen Omens auf die Epoche Nikolais II. fiel. Zu der Ar. beiterbewegung, die am 22.Januar 1905 durch Gap on s Verzicht auf das Polizeigehalt in eine revolutionäre Phase übertrat, hatte der Großfürst Sargius den Anstoß gegeben. Er war es, der vom Chef der Moskauer Ge heimpolizei Subatow sich bestimmen ließ, die Fabrik arbeiter unter Negierungskontrolle zu organisieren, und seine Erfahrungen mit Subatow, der in die Verbannung wandern mußte, waren das Vorspiel zu den Erfah rungen, die soeben der General Fullon mit dem Priester der Petersburger Sträflingsanstalt gemacht hat. Durch die drakonische Ausweisung der Juden und der anderen Kategorien „Verdächtiger", von denen er die „wcißsteincrne" Hauptstadt Altrußlands befreien wollte, hat Großfürst SergiuS sich der Moskauer Kaufmann schaft, der Advokatenkastc und den studentischen Gruppen entfremdet. Als der gutmütige Fürst Dolgorukow aus der Moskauer Stadtverwaltung schied, als der Groß fürst mit Trepow und seinem Gchülfen Bulygin, dem jetzigen Minister des Innern, unumschränkte Ge walt besaß, wurde das System eingeleitet, dem Nikolai II. vor Wochen, am russischen NeujahrStag, in folgendem Erlaß ein Ziel gesetzt hat: „An Se. Kaiserliche Hoheit den Großfürsten Sergius Alexandrowiksch. Ew. Kaiserliche Hoheit! Ihrer dringenden Bitte um Enthebung von den Ver antwortlichen Pflichten des Amtes des General-Gouver neurs von Moskau, zu welchem Sie im Jahre 1891 durch das besondere Vertrauen Kaiser Alexanders III. berufen wurden, Folge gebend, halte ich es für recht. Ihnen meine herzliche Dankbarkeit für Ihre Sorgen und Mühen zum Wohle des nur teuren Moskau zu er öffnen. Indem ich Sie gegenwärtig zum Oberkommandieren, den der Truppen des Moskauer Militärbe- zirkes ernenne, bin ick> überzeugt, daß Sie ihnen die herzliche Füv'orge erweisen und die im Verlaufe so vistcr Jahre unter Ihrer erfahrenen Leitung erfolgreich auf ihre militärische Ausbildung und Kriegsbereitschaft ge richtete Tätigkeit fortsetzen werden. Mein Hochseliger Vater äußerte Ihnen bei seinen Besuchen der ersten Residenz in den Jahren 1891 und 1893 in herzlichen Gefühlen sein Wohlwollen für Ihre nützliche Tätigkeit. Als Präsident des besonderen Komitees zur Errich tung des Denkmals für meinen erhabenen Groß- Vater, Kaiser Alexander II., haben Sie sich viel um die künstlerische Ausführung dieses Werkes des ge samten Volkes bemüht. Auch ich betraute Sie als den General-Gouverneur von Moskau und Bruder meines unvergeßlichen Vaters im Jahre 1896 mit der Ausführung meines und ganz Rußlands herzlichen Wunsche-, die edle Gestalt des Zar-Friedensstifters in einem Den-kmal zu verewigen. Ich beauftrage Ew. Kaiserliche Hoheit, dieses Ihnen übermachte Werk zu vollenden. Mit besonderer Freude gedenke ich dessen, daß ich mit meiner vielgeliebten Gemahlin, Ihrer Majestät der Kaiserin Alexandra Feodorowna, in den Jahren Ihrer Verwaltung der alten Residenz Moskau, in ihr, im Schatten ihrar Heiligtümer und mit meinem Volke ver eint, die Tage unserer heiligen Krönung und in den folgenden Jahren wiederholt — die Kar woche und das Osterfest im Gebet verbrachte. In diesen unauslöschlichen Eindrücken und in den uns offen- barten rührenden Gefühlen des Volkes schöpfte ich jedesmal neue Kräfte zum Dienste für das teure Rußland. Feuilleton. Frauchen. Roman von Felix Freiherr von Stenglin. Naüddruck verboten. „Du ißt nicht, Frauchen?" fragte er, indem er bestrebt war, durch freundlichen Ton den Ernst der Sachlage etwas zu mildern. Doch seine Worte hatten eine uner wartete Wirkung. Agnes zog die Stirn kvauS und sagte fast heftig: „Laß doch diese alberne Bezeichnung!" „Welche Bezeichnung?" „Tas Wort —" „Frauchen?" Sie nickte. „Wie du willst", meinte er nun ziemlich kühl. „Ich werde dich nicht mehr damit belästigen." „Außerdem ist cs wohl begreiflich, daß ich nicht esse, da die Suppe ungebrannt ist", fuhr Agnes fort. „Nun, ich kann -och wohl nichts dafür!" meinte Walter. „Ich mache dich ja auch nicht verantwortlich, ob- wohl „Obwohl?" „Obwohl du mich jedenfalls verantwortlich gemacht hättest." Walter zuckte die Achseln und schwieg „Uebrigens ist es ja eiskalt im Salon", bemerkte Agnes nach einer Weile. Walter fuhr förmlich zusammen bei diesen Worten. Das Feuer im Ofen hatte ihm also nicht den Gefallen ge- tan, sich nachträglich noch zu erholen. Er konnte ja eigentlich nichts darauf erwidern, aber er sagte doch: „Du suchst wohl nur nach etwas." Die weichere Stimmung, die ihn heute Margen noch bei dem Gedanken an AgneS überkommen l>atte, war vollständig verflogen. Er hotte geglaubt, sie bemitleiden zu müssen. Nun, sie befand sich ja augenscheinlich ganz wohl. „Und du scheinst mir ziemlich gereizt", äußerte sie jetzt. „Hast du vielleicht Unannehmlichkeiten in der Häuslichkeit gehabt?" „Unannehmlichkeiten?" fragte Walter ganz un schuldig, seine Frau gerade anblickend. „Ja, oder Schwierigkeiten." „Nicht im mindesten." „Die Tätigkeit gefiäl dir?" „Warum sollte sie mir nicht gefallen? Von einer Tätigkeit kann man ja eigentlich kaum reden. Jedenfalls lmt mir die Sache viel Spaß gemacht. Und dir?" „Oh, mir! Tu kannst dir wohl denken, daß ich mir wie im Paradiese vorkam." „DaS ist die Hauptsache", meinte Walter mit an- scheinender Zufriedenheit. Gegenwärtig von Ihnen, als dem General-Gouver neur von Moskau, scheidend, übersende Ich Ew. Kaiser lichen Hoheit in Würdigung Ihrer Verdienste um die Verwaltung der ersten Residenz und des Gouvernements Moskau und als Zeichen meines ständigen Wohlwollens für Sie das Porträt des Kaisers Alexander III. zum Tragen am Andreas-Bande auf der Brust. Ich verbleibe Ihr immerdar unabänderlich wohl geneigter dankbarer und Sie heiß liebender Nikolaus." Seine militärische Funktion hat der Großfürst, der sich ganz in das Kaiservalais im Kreml zurückzog, bis zum gestrigen Tage bewahrt. In der preußischen Armee wurde er als Ehef dos Ulanen-Regiments „Kaiser Alexander II. von Rußland" (1. Brandenbur gisches) Nr. 3 geführt, außerdem stand er » Is suite des 1. hessischen Infanterie- (Leib-Grenadier-) Regiments Nr. 115. Großfürst Sergius war auch Mitglied des Reichsrats und Präses der orthodoxen Palästina- Gesellschaft. Neben anderen höchsten Auszeich nungen befaß er den preußischen Orden vom Schwarzen Adler. Aus Petersburg wird gemeldet: Der Zar empfing den General Gripenberg in dem Augenblick, als ein Offizier ihm die Meldung von dem Attentat überbrachte. Ter Zar brach in Träne n aus und rief: „Weshalb dieses schrcckliäie Verbrechen!" Ter General suchte ihn in den: schweren Augenblick zu stützen und zu trösten; schließlich verlangte der Monarch allein gelassen zu werden, worauf sich Gene ral Gripenberg entfernte. Es wurde ferner in einer Meldung ein kaiserliche» Manifest angekündigt, in welchem der Zar seinen Schmerz über den Tod des Großfürsten Sergius zum Ausdruck bringen und das Land ersuchen wollte, die notwendige Ruhe zu bewahren, damit das Reformwerk durchgeführt werden könne. Dieses Manifest ist erschienen, aus Zarskoje Sselo datiert, und lautet: „Ter Vorsehung hat es gefallen, unS schweren Kummer treffen zu lassen, indem unser geliebter Onkel Großfürst Sergius Alexandrowitsch am 17. Februar im 48. Lebensjahre uns entrissen worden ist, gefallen von der Hand ruchloser Mörder, welche nach seinem uns teuren Leben trachteten. In ihm beweinen wir einen Onkel und Freund, dessen ganzes Leben, ganze Tätigkeit und Sorge stets unserem Dienste und dem des Vaterlandes geweiht waren. Wir vertrauen fest darauf, daß alle unsere treuen Untertanen wärmste Teilnahme an dem Leid nehmen, welches das kaiserliche Haus be troffen Hot, und ihre innigen Gebete für die Seelenruhe des Verewigten mit den unsrigen vereinigen werden!" An dem gestern abgehaltenen Trauergottes. dienst nahm die Zarenfamilie und die höhere Beamtenschaft teil. Tic Beisetzung wird voraussichtlich in acht Tagen in der Peter-Paulskirche erfolgen. Die Kaiserlichen Theater sind ge schlossen, in den Vrivattheatern wird gespielt. — Diele Offiziere telegraphierten das tragische Ende des Großfürsten an ihre Freunde nach Muk- den. Die Bevölkerung legt keine besondereUn- ruhe an denTag. Trepow soll erklärt haben, daß er die Revolution erwürgen werde. (?) Gestern abend veranstalteten etwa 1000 Studenten vor dem Alexeipalast eine Kundgebung, indem sie eine revolutionäre Volkshymne sangen. VII. Fast vierzehn Tage waren verflossen. Jeden Morgen zur bestimmten Zeit wanderte Agnes den Weg zur Kanzlei, um ihr Amt auszuüben. „Sie macht es wirklich recht gut", sagte Regierungs rat Eichkamp zu seiner Frau, als er eines Vormittags aus der Stadt kam. Er war durch die offen stehende Tür auS dem Freien in die Küche getreten und dann vor Frau Lotte, die schreibend am großen Eßtisch saß, stehen geblieben. „Wenn du wissen willst, was ich schreibe — weil du so gespannt auf den Tisch guckst —" so begann Tante Lotte darauf — „ich schreibe an einem Artikel für meine Haussrauenzeitung, und er heißt „Meine Küche". Ich will ihnen den Mund wässrig machen. Die guten Haus frauen sollen mit mir stolz daraus sein, und die Schwach mütigen Luft bekommen. Denn das lern' ich immer mehr einsehen, wir müssen jetzt auch zu kämpfen an- fangen, wir Hausfrauen, damit man uns nicht ganz und gar zum afften Eisen wirft, wir dürfen nicht untätig zu- sehen, wie unsere Gegner immer mehr an Boden ge winnen in der Frauenwelt. Auch wir müssen überall hin, in Stadt und Land, unsere Streichhölzchen werten, die fangen. Das kann man von ValeSka Bruhn lernen: mit Eifer wirken. Vielleicht war'S ganz gut, daß sie her- gekommen ist, sic hat unS aufgeweckt. Und die» hier ist mein erstes Streichholz. So, nun weißt du'S." Eichkamp stand noch immer vor ihr, jetzt lächelt, ar fein und gütig und sagte: Vie Umstände be» Verbrechen». Ueber Paris wird aus M os kau gemeldet: Den Bewohnern des Kreml wurde verboten, sich an den Fenstern aufzuhalten. Die Großfürstin Elisabeth eilte im Hauskleid zu der Mordstelle und geleitete die Truhe mit den Leichenteilen zuerst in die Kapelle und sodann in das Palais des Zaren, wo sie ohnmächtig wurde. Der Großfürst Sergius hatte noch am Morgen in der Kapelle der Mutter Gottes eine Andacht ver- richtet; er wollte in dem nahegelegenen Historischen Museum mit einigen Professoren sprechen, die die von 800 Unterschritten bedeckte Erklärung der Moskauer Intelligenz mit unterzeichnet haben, um durch sie die studierende Jugend zum Besuch der Kollecnen zu veran lassen. Großfürst Sergius wußte, daß Massen Ver haftungen von Studenten beabsichtigt waren und wollte sie verhindern. Terroristische Drohungen. Nach Meldungen, die das „N. W. Journ." auS Petersburg erhält, verlautet dort, daß bei einer Haussuchung in dem Luartier des Attentäters ein Schriftstück gefunden worden sei, wonach der Zar, alle Großfürsten, ferner Twpow, Pobjedonoszew und die meisten Gouverneure zum Tode verur teilt seien und der Reihe nach in kürzester Zeit er mordet werden sollen. In Regierungskreffen herrscht geradezu Panik: man erwägt allen Ernstes die Frage, ob nicht ein Aufenthalt des Zaren und der Großfürsten im Ausland — man nennt den dänischen Hof als Zu fluchtsort — ratsam wäre. Vie Aufnahme -er Nachricht in Pari». Sofort nach dem Bekanntwerden der Nachricht von dem Attentat auf den Großfürsten Sergei sandte, wie ge meldet wird, Präsident Loubet ein Kondolenz, telegram m an den Zaren, sowie an die Großfürstin Elisabeth, und beauftragte den Ordonnanzoffizier, sich zur russischen Botschaft zu begeben. Tie Mehrzahl der Blätter bringen längere Artikel über den tra gischen Fall, den sie bedauern, nur einige, darunter die „Humanit6", greifen den Zarismus heftig an. In Darmstadt. Die „Frankf. Ztg." meldet: Infolge der Nachricht von der Ermordung des Großfürsten Sergei, die heute nachmittag beim Großherzog einlief, hat die'er sofort die heutige Fe st Vorstellung absagen lassen. TaS Theater bleibt heute geschlossen. Der ermordete Groß fürst ist ein Schwager des Großherzogs von Hessen. Vie Unruhen in siuustcd-psien. Polnische Meldungen über Lrekution in Warschau. Dem Krakauer „Cras" wird aus Warschau gemeldet, daß infolge der letzten Unruhen massenhafte Hin- richlungen stattgefunden hätten. Im 2. Bezirk seien zehn Wagen mit Leichen Hingerichteter fortgeschafft worden; auch im 4. Bezirk wurden, wie der „Czas" behauptet, zahlreiche Exekutionen durch Militär aus der Straße vorgenommen. In Lodz. Nach einem von heute datierten Telegramm kommt die Einigung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern nur langsam zustande. Täglich ereignen sich noch Zu sammenstöße von Streikenden mit dem Militär, bei welchen es zu Verlusten an Men sch enleb en kommt. Die Zeitun gen erscheinen beute nicht, da die Setzer gestern die Arbeit eingestellt haben. „Wenn nur kein Fettfleck in das Manuskript kommt?" Ihre großen Augen öffneten sich noch weiter als ge wöhnlich. „Und wenn schon! Jeder Fleck ein Ehren zeichen. Aber du kannst dich beruhigen. Und das gerade will ich hier schildern, daß eine Küche auch etwas Ästhe tisches, etwas Poetisches an sich haben kann. Und des halb sitz' ich hier bei offener Tür, durch die der Frühling 'reinlacht . . . Aber nicht bloß vom Kochen red' ich, das wär' töricht. Ich zeige, wie von dieser Stätte aus, von diesem heiligen Herd aus, die Frau regiert, die Frau, die sie Sklavin nennen, die Blinden .... Aber du bist noch gar nicht zu Wort gekommen —" „Wie immer —" „Diesen Einwurf crlvartete ich. Ein ander Mal mehr davon, jetzt erzähl' erst nial von ihr. Du kamst cruS der Kanzlei?" Eichkamp nahm Platz und berichtete. Er lobte Agnes und ihre Arbeit, und setzte dann hinzu: „Mir scheint, die Frauen können wirklich mehr als man im allgemeinen denkt." Frau Lotte legte den Federhalter hin, lehnte sich hintenüber und kreuzte die Arme. „Jetzt läßt du dir auch schon wa» vormachen! Wun dern tut mich's übrigens nicht. Die Männer würden ihre Rechte nxchrsclieinlich schlecht verteidigen, wenn es nicht doch noch einige vernünftige Frauen gäbe. Ab warten! sag ich. Ueber den neuen Be'cn freut man sich, er sieht untadelig au» und unverwüstlich, aber bald läßt er Haare "
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite