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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050302019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905030201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905030201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 3 - 4 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-02
- Monat1905-03
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Di« 4gespaltene Reklamezeile 7b Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: vormittag« 1y Uhr. Morgeu-AuSgabe: uachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen: Ausgabe) nach besonderer Bereinbaruag. Die Expedition 4P wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig (Inh. Dr. R. L W. «ltnkhardtl Nr. »I. Donnerstag den 2. März 1905. 99. Jahrgang.' Var Aichtigrte vom Lage. * Der König hielt heute seinen Einzug in Chemnitz und nannte die Handelsverträge eine „große Tat". (S. Leitartikel.) * Die Veröffentlichung der kaiserlichen Verordnung, wo durch der neue Zolltarif zum l. März 1906 in Kraft gesetzt wird, steht unmittelbar bevor. * Die „Times" greifen den preußischen Kriegminisier v. Einem wegen dessen Erklärungen in der Budget kommission auss heftigste an. (S. den Artikel.) * Der französische Ministerrat hat die Fachminister zum Entwurf eines Gesetzes ermächtigt, das die gemein rechtlichen Vergehen von Angehörigen des Heeres und der Marine den ordentlichen Gerichten über weist. (S. Ausland.) * DaS gesamte norwegische Ministerium Hagerup bat seine Entlassung eingereicht; eia Kabinett Michelsen soll gebildet werden. (S. Ausland.) * Der Direktor der Weichselbahn hat nach einer Meldung auS Warschau den Ausständigen 14 Tage Frist gegeben und ihnen Entlassung angedroht. (S. d. Artikel.) * Der russisch-französische Handelsvertrag ist gestern vom Grafen Lamsdorff durch Mitteilung an den französischen Botschafter Bompard aufgekünvigt worden. (S. Ausland.) Der König in Lbemnitr. * Chemnitz, 1. März. (Tel.) Die Stadt ist zum Einzug des Königs festlich ge schmückt. Die Ankunft deS SonderzugeS erfolgte um 2 Uhr 30 Min. Auf dem Bahnhofe waren die Militär- und Zivil behörden versammelt, an ihrer Spitze der kommandierende General Graf Vitzthum v. Eckstäbt und KreiShauptmann v. Welck. An den großen Empfang schloß sich die Begrüßung im KönizSzimmer, wo die Tochter deS Ober bürgermeister? dem König ein Pukett überreichle. Unter Glockengeläute fuhr der König sodann nach dem Rathause. In den Straßen bildeten die Vereine und die Schuljugend Spalier. Im Sitzungssaale des Rathauses brachten die städtischen Kollegien dem König ihre Huldigung dar. Ober bürgermeister Dr. Beck knüpfte in seiner Begrüßungsan sprache an den Besuch König Georgs an und sagte, die Stadt übertrage die dem verewigten König dargebrachte Liebe und Treue auf den neuen Landesherr». Er bitte den König, ihr ein gnädiger LandeSvater zu sein. Auf die Begrüßungs ansprache deS Oberbürgermeisters erwiderte der König: „Ich danke Ihnen sehr für die freundlichen Worte, welche Sie im Namen aller ausgesprochen haben. Nachdem ich vor mehreren Wochen in Leipzig unvergeßlich schöne Tage verlebt habe, war eS mein innigster Wunsch, hier der guten Stadt Chemnitz meinen Besuch machen zu können. Mein verewigter Vater hat mir immer bis zuletzt mit Begeisterung von dem Empfang gesprochen, den er bei seinem Besuch im Herbst 1902 hier gesunden hat. Ich hatte große Erwartungen von dem heutigen Tage und von dein Empfang, den ich hier finden würde, aber ich kann Ihnen versichern, daß meine Erwartungen nicht blos erfüllt, sondern übertroffen worden sind. Es freut mich ganz besonders, es hier an dieser Stelle aussprechen zu können, daß ich gefunden habe, daß in Ihrer Fabrikbevölkerung, die ja vielen Gefahren und Versuchungen ausgesetzt ist, doch in reichem Maße die Begeisterung und Liebe für König und Vaterland existiert. Es gereicht mir zur ganz besonderen Freude, dies an dieser Stelle zu betonen. Chemnitz ist mir, wie Sie alle wißen, keine unbekannte Stadt. Ich habe noch in bester Erinnerung die rege Anteilnahme und Opserwilligkrtt. welche die Stadt einst in den Tagen des Jubiläums meiner Regierung und mir bewiesen hat. Man bewundert an Chemnitz den regen Sinn für Gewerbe und Industrie, und dieser rege Sinn hat der Stadt in vielen Kreisen, auch weit über unser engeres und weiteres Vaterland hinaus, den Namen eines sächsischen Manchesters eingebracht. Ich hoffe, daß die vor wenigen Tagen im Reichstag zur Verabschiedung gelangten Handelsverträge mehr Ruhe und Stetigkeit in die vielfach in den letzten Jahren aufgeregten Zeiten der Industrie bringen werden und ich hasse zuversichtlich, daß diese große Tat für unser gewerbliches Leben, welche gleich zu Anfang meiner Regie rung sich ereignet, ein günstiges Prognostikon für meine ganze RegierungSzeit sein wird." Nachdem der König noch seinen Namen in da- goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, erfolgte die Weiterfahrt nach dem Hauptpostamt, wo dem König eine Ovation bereitet wurde, und von dort nach dem Hotel Römischer Kaiser, in dem der König Wohnung nahm. * Es muß hier einmal gesagt werden, daß die schon mehr fach zu Tage getretene Anschauung des Herrschers über die Bedeutung der Handelsverträge in SachsenS Industrie nicht geteilt wird. Und eS kann ferner kaum bezweifelt werden, daß in dieser Stellungnahme de-Königs sich die Einwirkungen der traditionellen sächsischen NegierungStendenzen bemerkbar machen. ZS ist ja kein Geheimnis: Wie daS sächsische Parlament, also die Volksvertretung de- in der Industrialisierung vorgeschrittensten Staate- Europa-, in erstaunlicher Weise antiindustrielle Interessen vertritt, so ist auch der gesamte sächsische RegierungSapparat mit konserva tivem Geiste erfüllt. Und ob auch die konservative Kammermajorität mit Zorn und Fleiß die Mythe von ihrer Jndustriefreundlichkeit aufrecht zu erhalten versucht — kein ver ständiger Mensch zweifelt an der Richtigkeit der Gleichung kon servativ gleich agrarisch. AuS diesen Prämissen heraus ist eS allein erklärlich, daß dem König handelspolitische In formationen erteilt werden, deren Wirkung dann in so auffälliger Weise wie in der Chemnitzer KönigSrede sich zeigt. Die ganze Exportindustrie SachsenS, und zwar die Ma schinenindustrie in gleicher Weise wie die Textil-, Papier- u. a. Branchen, ist in schwerster Weise durch die Gestaltung der Handelsverträge beunruhigt. Bereit- heute sehen sich sächsische Exporthäuser, wie uns von diesen selbst mitgeteilt wird, zu dem Entschluß gedrängt, auf ihr österreich-ungarische- Geschäft zu verzichten, ihren Betrieb zu verkleinern, Angestellte zu entlassen und trachten nur darnach, daS Geschäft über haupt im Gange zu erhalten. In dieser direkt bedenklichen Situation muß eS ja doch in Erstaunen versetzen und ganz andere Wirkungen al- gewollt erzielen, wenn die Ursache der bedroh lichen Gestaltung nun offiziell als glückverheißendes Symptom auch noch gefeiert wird. Wenn Gras Bülow, der Minister präsident der agrarischen Osthälfte Preußens, in diesem Sinne spricht, so hat man wenigsten- eine Erklärung dafür, in Sachsen aber müssen die gleichen Worte al- deplaziert empfunden werden. Auch die sächsische Industrie weiß, daß an der handelspolitischen Sachlage nichts mehr zu andern ist und daß schlechte Verträge immer noch besser sind als gar keine. Sie verlangt auch gar nicht, bedauert zu werben. Aber daß ihr die teilweise Unterbindung ihrer Adern al- glückverheißend, als große Tat gepriesen wird, da» muß sie doch ablehnen, in aller Ehrfurcht, aber auch mit aller Ent schiedenheit. Es hieße ja geradezu Geschichte fälschen, wenn man diese Dissonanzen nicht konstatieren wollte. Die Situation wäre minder heikel, wenn eS sich hier nicht um historische Momente bandelte. Niemand wird sich wundern, wenn Herrscher in dem ehrwürdigen Alter der Könige Albert und Georg sich nicht mehr entschließen mochten, ihre Regierungsorgane in allen Stücken den moder nen Wandlungen enllprechcnd zu gestalten Aber hier ist der Anfang einer Epoche, und da muß es verhindert werden, daß König Friedrich August gleich zu Beginn seiner Regierung nach außen hin auf ein Programm festgelegt wird, noch dazu auf ein Programm, dem nur daS Eine nachzurühmen ist, daß eS vielleicht für Pommern aus gezeichnet paffen mag. Und eS ist nicht daS erste Mal, daß diese Erscheinung zu bemerken ist. Schon daS Telegramm deS Königs an den Kanzler enthielt die konservative Auf fassung von der Vorzüglichkeit der Verträge, und auch in der Ansprache deS Königs an die Leipziger Studenten kam konservative Parteiaufsassung zur Andeutung. Das Amt, einen König zu informieren, ist nicht leicht und nicht minder schwer ist die straffe Selbstzucht, in diesen Informationen die Fleisch gewordene eigene politische Ansicht in den Hintergrund treten zu lassen. Aber es muß verlangt werden, daß dies geschieht. Wer möchte die Ver antwortung tragen, durch permanente Betonung eigener, also gänzlich unverbindlicher persönlicher Ideen den Monarchen in eine schiefe Position zu dem größten und wichtigsten Teil der Bürger seines Staates zu bringen? Und daß diese Gefahr vorliegk, ist nicht mehr zu bestreiten. Wer die sozialdemokratische Presse Sachsens verfolgt, muß sich in den letzten Tagen schwer geärgert haben, daß ihr wieder höchst bequemer Stoff zugeflofsen ist, der von ihr natürlich zu systematischer persönlicher Entfremdung zwischen Fürst und Volk benutzt wird. Und wenn in bürgerlichen Kreisen auch an solche Wirkung nicht zu denken ist, so verlangt doch auch dieser Volksteil nach anteilvollem Verständnis für seine Lebensbedürfnisse. ES möchte doch lieber nicht eine Art von sächsischem Verhängnis werden, daß im ewigen Rhythmus der Regierungen sich nur die Gegensätze zu den Volkswünschen verstärken. Unser König ist jung auf den Thron gekommen und hat hoffentlich und voraussichtlich eine lange Regierungszeit vor sich. Möchte sein herzliches Streben, eins zu werden mit seinem Volke, erfolgreich sein, auf daß in Sachsen nicht gegen den Bürger, sondern mit ihm regiert werde! Vie „vmer" uns cler preurrircbe KriegrmilMer. In der französischen Deputiertenkammer wurde vor gestern die Generaldebatte über den Militäretat fort geletzt und der Redner Graf d'Alsace sprach über den „Fall einer Kriegserklärung", über die neuen Grenz fort-, die neuen Eisenbahnlinien, die neuen Effektiv bestände auf deutscher Seite. Wenn die Erörterung auch gestern in diesem Sinne geführt worden ist, wenn irgend ein Redner von Herrn Berteaux den „Schutz Nancys gegen einen feindlichen Einfall" begehrte, so sind dies technische Dinge, deren Wiederkehr der Leser des „TempS", der „Daily New-" oder der größeren deutschen Tagespresse ohne ein Wort deS Erstaunen- din- zunebmen pflegt; denn niemals hat seit den Komplikationen im letzten Drittel de« vergangenen Jahrhundert- der Militär etat europäischer Länder ander« als unter dem Druck solcher zutreffender Beweisgründe funktioniert. Am gleichen Montag bat in der B u d g e t k o m m i s s i o n deS deutschen Reichstag« der preußische KriegSminister v. Einem eine Stunde lang da-Gesetz über die FriedenSp räsenzstärke begründet und dabei auf Frankreich und Rußland exempli fiziert, in rein militärischer, nicht politischer Deduktion, in der überzeugenden Art eines unterrichteten Fachmanns. Herr v. Einem hat innerhalb dieses kriegsakademischen Vortrags bemerkt: Er habe bereits bei der ersten Lesung gesagt, daß jetzt ein unglücklicher Zeitpunkt zu einer Vorlage aus Vermehrung der FricdenSpräsenzstärke sei. Rußland wünsche sich zur Zeit wohl keinen Krieg, wir müßten aber das dauernde Bedürfnis berücksichtigen. Deutsch- land bedürfe immer noch eines kriegsbereiten, schlagfertigen HeercS. ES sei aber seine Pflicht, sein Heer so auS- zugcstalten, daß jede Formation leistungs fähig sei. Die dritten Bataillone müßten gleichmäßig gebildet werden für die ganze Armee. Zn dem französischen Heere verwende man die vierten Bataillone zur Formation der KadreS. Nun habe man gesagt, Rußland könne keinen Krieg führen, und es sei daker nicht mehr nötig, die Grenze so stark wie bisher zu sichern. Rußland habe aber alle Truppen an der Grenze wieder ersetzt. Es sei keine Vermin derung eingetreten, wenn die Truppen auch etwas minder wertig geworden seien. Sollten wir mit Frankreich in einen Konflikt kommen, so wüßten wir nicht, was Rußland tue. Auf alle Fälle müßten wir vor sichtig sein und unsere Grenzen sichern. Die Expektorationen deS Herrn von Einem brauchten au« dein Rahmen der Budgetkommijsion und ihrer technischen Arbeiten nicht gerffsen werden, wenn nicht ein derartiges Unterfangen von fremder, feindseliger Seite schon Tatsache wäre, und cs nicht gälte, eine impertinente Quertreiberei der „Times" abzuwehren, die sich des Vorfalles bemächtigt haben. Sicherlich durch die bundesgenossenschaftliche Höflich keit deS Grasen Golucbowsky gegen das Deutsche Reich ermuntert, schreibt daS Cilyblatt, die Erklärung des KriegS- minislers sei die beste Antwort auf die scheinbare Ent rüstung gewisser Kreise in Deutschland über die Rede LeeS. Deutschland gebe vor, mit seinem östlichen Nachbar auf bestem Fuße zu stehen, und der deutiche Kriegsminister betone unbedenklich die Notwendigkeit, Vorsichtsmaßregeln gegen ihn zu ergreifen. Die deutfche Regierung wäre sicher lich sehr überrascht, wenn ihr gesagt würde, daß die Er klärung des Herrn v. Einem eine Bedrohung Rußlands bilde; dabei lei sie aber viel stärker zugespitzt als die Rede LeeS, die vorsätzlich zum Vorwand so vieler Ausfälle gegen England gemacht worden sei. Die „Times" haben ihre wahren Gefühle für „tdo tÄrlwrlanck" niemals zu bergen vermocht; aber selbst ihren gehässigen Versuchen, zu fälschen, wird die Behauptung nicht gelingen, daß Herr von Einem irgend ein auch nur im mindesten tadelnswertes Wort gesprochen oder die korrekten Formen verletzt habe, die durch das Beispiel der Erklärungen festgelegt worden sind, durch die im Namen der Regierung, in amtlicher Pflicht Fürst Bis marck unser Verhältnis zu den Nachbarreichen, die Not wendigkeit der Rüstungen auf eine Kriegsevenlualität stets beleuchtet bat. Was Herr v. Einem der Buvgetkommission vortrug, ist nichts als eine keinesfalls originelle, doch durchaus löbliche Variation des militärischen Grund gedankens, den der erste Reichskanzler am mächtigsten in der Sitzung vom 14. Juni 1882 angeschlagen hat, und der damals lautete: „Im Hintergründe steht bei Ertparungen schließlich immer die Verminderung des großen Militär budgets. Ja, meine Herren, glauben <sie denn, daß es uns in der Regierung Vergnügen macht, eine so große Armee zu halten? Ich weiß nicht, ob es in anderen Ländern, die an uns grenzen und von denen unsere beiden großen Nachbarn, Frank reich und Rußland, jeder an sich mehr Truppen unterhält al- daS Deutsche Reich, ob es denen eine besondere Freude macht, oder was sie für Zwecke damit verbinden. Das habe ich nicht zu unter suchen, sondern nur die Tatsache, daß diese Millionen Bajonette ihre polare Richtung doch im ganzen in der Hauptsache nach dem Zentrum Europas heben, daß wir rin Zentrum Europas stehen und schon infolge .unserer geographischen Lage, außerdem infolge der ganzen europäischen Geschichte den Koalitionen mehrerer Mächte ausgesetzt sind. ES erübrigt sich die zeitlich folgenden Erklärungen Bismarcks bis zum großen Moment deS Jahres 1887 auszuzählen, es erübrigt sich darzulegen, wie alle ihrer Aufgabe gewachsenen preußischen Kriegsminister ihrer Pflicht, die Mittel für einen Offensivkrieg zu beschaffen, zu genügen nicht anders bestrebt waren. Wenn es eine Periode gab, in der Redner der deutschen Militärverwaltung dem ausländischen Uebelwollen durch Ungeschick einen günstigen Angriffspunkt boten, so trennen unS doch dreizehn Jahre von dieser Caprivi-Episode, während deren der Draht zerrissen war und der russische Kaiser — nach dem Zeugnis von Bismarcks Nachfolger — einer Lage entgegentrieb, „wo es ihm als Souverän eines großen Staate- nickt anders möglich ist, al« zum Krieg zu schreiten". Ueber die militärische Bedeutung der Rede deS Herrn v. Einem tätlichen sich vor allem die „Times" nicht, die so genau wissen, in welchem Maße sich die politischen Beziehungen des Deutschen Reiches zu Rußland gebessert haben. Nur daS Cityblatt, das seit der Tibetblamage deS Dr. Morrison an verhaltenem Zorn laboriert, kann e- zudem wagen, mit amtlichen, defensiven Erklärungen daS frivole Spiel mit dem Offen sivkrieg zu vergleichen, da- Herr Lee nicht au- offiziellem Zwang, sondern al- ein um die Gunst seiner Wähler eifrig buhlendes UnterhauSmitglied getrieben hat. Vie Wrir in KnrrlsnL Der Aueftand in Warschau. Nack einer Meldung au- Warschau machte der Direktor der Weichselbahn den Angestellten bekannt, daß sie bi- zum 14. März die Arbeit wieder aufzunebmen haben, anderenfalls sie entlassen würden Mehrere Banken bewilligten die von den Angestellten verlangte Ge haltserhöhung, andere lehnten sie jedoch ab. Daraufhin begann der Ausstand der Angestellten. In der inneren Stadt sind die Dienstboten in den Ausstand getreten. Sonstige Meldungen. In den Gouvernements Kielce, Lomsha, Lublin, Plozk und Suwalki ist von dem Gouverneur der Zustand des verstärkten Schutzes erklärt worden. — Aus dem Gouvernement Minsk wird die Einstellung deS Unterrichts an allen Lehr anstalten gemeldet. — Nach einer Meldung au« Ardatow (Gouvernement Nisnij-Nowgorod) herrscht seit dem 27. Februar in den Kulebokschen Werken im Kreise Ardatow der allgemeineAuSstand. Die Arbeiter fordern Lohnerhöhung, sowie Ermäßigung der Preise für Wohnung und Holz. — Aus Tiflis wird gemeldet: Die von den Unruhen erfaßten Kreise desGouvernemeotSKutaiS wurden bis zur Beruhigung der Gemüter dem Generalmajor Alichanow unterstellt, der mit den Vollmachten de« Gouverneur« ausgestattet ist. Zu seiner Verfügung steht eine besonder« Truppenabteiluug. ver ruzrircd-japanlrcbr Weg, Ku -en Aämpfen bei Lfiuhotsching. Ein Telegramm der „Daily Mail" au« Tokio vom 28. Februar übermittelt aus amtlichen Quellen »achstebende« Bericht über die zweitägige heiße Schlacht ber Tsin- hotscking: Die Japaner erreichten Tsinhotsching am 23. Februar. Von Tagesanbruch ab wütete eia heftiger Schneesturm, der bei der Schlüpfrigkeit de- Terrain« die Bewegung der Truppen sehr er schwerte. Gegen mittag näherte sich die erste Linie den russischen Vorposten und begann einen ungestüme« An griff auf dir russischen Stellungen. Von Natur stark, waren diese mächtiger gemacht worden durch Festungswerke, deren Herstellung mehrere Monate beansprucht hatte. Die Stellungen waren auch durch mehrere Linien von Draht hindernissen geschützt. Die Russen boten hartnäckige» Widerstand. Beim Einbruch der Nacht war noch kein entscheidendes Resultat erzielt und beim Morgengrauen des 24. Februar erneuerten die Japaner den Angriff. Ein furchtbares Handgemenge entstand und beiderseits wurden Handgranaten geworfen. Die Russen kämpften mit Löwenmut, waren aber außer stände, den verzweifelten Front angriffen der Japaner zu widerstehen, und so fiel denn um sechs abends Tsinhotsching in die Hände der Japaner. Die Ruffen waren 16 Bataillone und 20 Kanonen stark. Dor dem Rückzug verbrannten die Russen da- Dorf und zogen sich alSdann im Zustande der Verwirrung nordwärts zurück. 150 Tote wurden auf dem Kampffelde zurückgelafsen. Die Japaner erbeuteten drei Maschinenkanonen, eine Menge Gewehre und Munition. Nach Aussagen von Chinesen wurden über tausend Tote und Verwundete von Tsin- hotsching nordwärts weggeschafft. Deutscher «eich. Leipzig, 1. März. * Tentsche Studenten in Pari«. Aus Anlaß de- Ge rüchtes, daß eine große Abordnung deutscher Studenten nach Paris kommen solle und daß es bei der Beratung über ihren Empfang in der Association des EtudiantS de Paris zu heftigen Debatten gekommen sei, hat ein Mitarbeiter des „Echo de Paris" den Vorstand der Association interpelliert. Die Studenten, die an der Spitze dieser großen Pariser Studentenvereinigung stehen, erklärten, daß diesen April etwa 50 Studenten au« Göttingen mit ihren Professoren auf einer Studienreise nach Paris kommen würden, doch werde dieser Besuch keinerlei ossiziellen und politischen Charakter tragen. Der Vorstand der Association habe einstimmig und ohne jede Debatte be schlossen, die deutschen Kommilitonen gastlich zu empfangen. Die französischen Studenten werben zu Ehren der deutschen ein Essen veranstalten und ihnen die Pariser Sehenswürdig keiten zeigen. ES ist festgesetzt worden, daß keine Fahnen und keine Abzeichen mitgebrackt werden dürfen Verlin, 1. März. * Geschenk «cs Kaisers an die Harward-Universität. In Cambridge (Mass.) übergab am DienStag der deutsche Ausstellungskommissar Geheimrat Lew ald der Harward- Universitär die ihr von Kaiser Wilhelm gestifteten Gegen stände der deutschen Abteilung der St. Louiser Ausstellung, die sich ans die Arbeitcrversicherung beziehen. Die Feierlich keit fand in den Räumen deS Germanischen Museum- statt. In seiner Ansprache legte Geheimrat Lewald dar, wie die deutsche Arbeiterversicherung, eine Schöpfung Kaiser Wilhelm- des Großen und de- Fürsten Bi-marck, sich entwickelt habe. Er sprach die Hoffnung auS, die Stiftung werde die Bande zwischen der deutschen und der amerikani schen Wissenschaft noch enger knüpfen und die in der deutschen Gesetzgebung verwirklichten sozialen Ideale verbreiten helfen. Professor Münster berg nahm die Sammlung entgegen und sprach den Dank der Universität für die kaiserliche Gabe aus. Die Sammlung werbe in einem besonderen Erker der neuen Emerson-Hall untergebracht, dort Wohl behütet und auch fleißig benutzt werden. Dadurch würden die Sympathien der Angehörigen der philosophischen Fakultät für deutschen Geist und deutsche Methoden eine neue An regung und Steigerung erfahren. Die gegenseitigen Sym pathien der akademischen Gemeinwesen seien die sicherste Bürgschaft für Freundschaft und Frieden unter den führenden Völkern der Erve. Der Vorstand der Universität Dr. Wol- cott hob in einer Ansprache die Hochherzigkeit Kaiser Wilhelm« rühmend hervor und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die freundlicken Beziehungen de« Kaiser- zur Universität dauernde sein werden. * Prinz Friedrich Leopold ist heute mittag an Bord de« Dampfers de« Norddeutichen Lloyd „Prinz Eitel Friedrich" von Genua nach Ostasien abaereist. Zur Verabschiedung waren erschienen der deutsche Generalkonsul Jrmer, sowie die Spitzen der Zivil- und Militärbehörden. * Ter neue Nachtrag«ctat für Güdweftafrika ist, wie der „D. TageSztg " von kolonialer Seite geschrieben wird, nun fertiggestrllt und wird dem Reichstag in der nächsten Woche bestimmt zugeheu. Nack Erklärungen von amtlich« Seite
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