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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050302028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905030202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905030202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-02
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MßWWWME^ - vezugS-VretS d> d« Hauvtrxpeditto» olxr bere» A«S«ar»> stellen abftrdolt: vierteljSbrltch 3.—, bet zweimaliger täglicher guftell»»- tu« Hanl ^S S.7K. Durch bi« Poft bezogen für Deotich» laud «. Oesterreich vierteliShrlich 4.50, für die übrigen Länder laut Arttuag-vrei-liste. Liefe Rümmer koftet aui allen Bavodvien und III I bei de» AeÜung«-Brrkäusen> I * «eüskti»» an» Expedtttom 153 Fernsprecher 222 Jovanai««ast» L Haupt-Ftliate Dre»»e«r Morienstrahe 84 (Fernsprecher Amt i Nr l7lD.< Hnuvt-Ailiale Berlin: LarlDuucke r, Herzg l.BayrHofbllchLaodkK, Lüyowttraße 10 lFernsprechrr Amt VI Nr. 4603X Abend-Ausgabe. KipMcr Tageblatt ÄmLsvlatt -es Königs. Land- und -es Königs. Ämlsgerichles Leipzig, des Nates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. «nzeikkn-Preis die S gespaltene Petitzeile 25 Familien« und Stellen.Anzeigen 20 Finanzielle Anzeigen, Beschäftsauzeigen unter Text ober an blonderer Stelle nach Tarif. Di« «gespalten« ReNamezeile 75 Annatzmeschlutz für U«zeige«: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen»Au«gabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richt«». Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Ex»e»ttta» Ist Wochentag« ununterbrochen geössuet von srüy 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Palz in Leipzig tJnh. vr. B„ R. L W. Sltukhardt). Nr. 112. Donnerstag den 2. März 1905. 99. Jahrgang. Var Wichtigste vom Lagt. * In Halle wurden zwei Einbrecher, die im Laufe deS vergangenen Jahre« bei dortigen Juwelieren Golk waren im Werte von über 60 000 gestohlen ballen, in den Personen der Brüder Schütze ermittelt und sestge- nommer». (S. Sachs. Unig.) * Auf dem Jettaschackt in Miechowitz (Böhmen) ereignete sich ein schweres Unglück, bei dein 16 Arbeiter ihr Leben eiubüßlen. * Da« englische Unterbau« bat den Adreßentwurf mit 235 gegen 175 Stimmen angenommen. (S. Ausland.) * Der General Malachow ist zum Kommandie renden de« Moskauer Militärbezirk« ernannt worden. (S. den Artikel ) * Der Ausschuß der serbischen Skupschtina bat den Handelsvertrag mit dem Deutschen Reiche mit großer Mehrheit angenommen. * Im kanadischen Ministerium ist wegen der Frage de« getrennte» Schulsystem- eine Krisis enlstandeu. (S. Ausland.) preurrisch-sSchsirche Lottelieverdaklllungrn. lieber den Stand der Verhandlungen wegen einer Ueber- einkunft der jdeubchen Lotteriestaaten ist bekannt geworden, daß Preußen mit einigen kleineren Lotteriestaaten zu einem Abkommen über den Vertrieb preußischer Lose und die Gewinnbeteiligung gelangt ist, daß ferner die preußischen Verhandlungen mit einer freien Stadt ge scheitert sind und mit Hessen und den Reichslanden noch schweben. WaS Sachsen anbetrifft, so weiß man, daß auch zwischen ihm und Preußen Verhandlungen angeknüpst waren, von denen jedoch seit längerer Zeit in der Oeffentlich- keit nicht- verlautete. Dies bat bereit« zu der Vermutung in Form von Behauptungen geführt, die Verhandlungen seien abgebrochen oder gar endgültig gescheitert. Wir iönnen hierzu mitteilen, daß beide« nickt zutrifft. Die Verhandlungen, die übrigens direkt zwischen Dresden und Berlin geführt werden, sind vielmehr noch im Gange, obne daß freilich abzusehcn ist, wann und wie sie beendigt werden. Hierüber kann man nicht sehr erstaunt sein, wenn man die Sachlage kennt und berücksichtigt. Bei den Verband- lung'n Preußen- mit den übrigen Lotteriestaaten handelt eS sich entweder nm kleinere oder um verhältnismäßig junge Lotterien, die naturgemäß das preußische Ueber- gewicht schwerer empfinden und deshalb leichter zum Aufgeben ihrer Selbständigkeit bereit sink. Die norddeutschen Lotterien sind nicht lehr umfangreich, und in Thüringen und Hessen sind die Lotterien noch nicht recht bodenständig und ihre Beträge spielen noch keine gewichtige Rolle im Staatsbudget. Ander« in Sachsen, wo man e« mit einer festgewurzelten, finanziell gesunden Organisation zu tun hat. So hoch man auch im Interesse deS größeren Deutschlands den in erster Linie nationalen Wert der Beseitigung partikularistischer Lotterie - Eifer süchteleien amchlagen mag und muß, so darf doch schließ lich der einzelne Staat bei aller Geneigtheit zur Förderung de« größeren Ganzen doch verlangen, daß seine Opfer gewisse Grenzen nicht überschreiten und daß ein wirklicher Ausgleich der Interessen eintritt. Es ist al'o nicht so leicht, alle diese zum Teil gegeneinander laufenden Tendenzen zu ver einigen und ihnen billige Berücksichtigung zuteil werden zu lassen. Von heute auf morgen ist bei dieser Situation eine Einigung nicht zu erwarten; und bei allem guten Willen ist ein Abschlußtermin auch schätzungsweise nicht anzugeben. Man muß vorläufig mit der Tatsache zufrieden sein, daß noch verhandelt wird. Wenn gegenwärtig bei düsen Verhandlungen nicht gerade besondere ckiligsutiam prästiert wird, so ist da» vielleicht darauf zurückzujühren, daß man in Preußen sich die Verhandlungen mit dem bedeutendsten Kontrahenten für den Schluß der Reihe reservieren möchte, um erst durch Erledigung der übrigen Verträge freiere Hand zu bekommen. Für die wirtschaftlichen Interessenten dieser Angelegen heit heißt e« also, sich in Geduld zu fassen, wobei sie sicher sein können, daß die zeitliche Unbequemlich keit ihrer Lage bekannt ist und nach Gebühr berücksichtigt wird. Und im höheren politischen Sinne wird eS interessant sein zu beobachten, wie groß in Berlin die Lust ist, moralyche Eroberungen zu machen. vir firirir I» fiursianO. ^»r-erungen -er Arbeiter-elegierten für -ke Sehi-lemeki«Aeniinnfien. Wie au- Petersburg gemeldet wird, beschloß die Wählerversammlung zur Wahl von Ardeüerdele» gierten in die Sch-dlowski-Rommsssion, vor der Delegierten- wähl an Schidlowski folgende Forderungen zu stellen: Alle elf Abteilungen des feit dem 22. Januar gefchlossenen russischen Arbeiterverbandes wieder zu er- öffnen; die Arbeiterdeputierten sollen den anderen Aom- mifsionsmitgliedern gleichberechtigt sein: di« Rom- mifsionssitzungen sollen öffentlich sem und di« Berichte hierüber zensurfrei gedruckt werden: die persönliche Un. a n l a st da r k e i t der Arbeiterdeputierten soll garantiert werden: alle seit dem 1. Januar festgenommenen Arbeiter sollen freigelasfen werden: Arbeitervertreter kleiner Betriebe sollen an der Kommission teilnehmen. Falls bis zum 3. März mittags diese Forderungen unerfüllt bleiben, werden keine Deputierten in die Schidlowski-Kommifsion gewählt werden. Mit -er sprehreform scheint «S eben so langsam vorwärts zu gehen, wie mit der Regelung der Arbeitertrage. Der Che: der Preßkommission. Herr Kobeko. der gegen jede Präoentiozenjur ist und für Preßvergehen den gerichtlichen Wog empfiehlt, erklärte nach der „Frks. Ztg.", etwa "ach einem Jahre der Entwurf des neuen PreßreglementS fertig, aestellt sein könnte. Unterdessen scheinen die immer dring, sicher werdenden Reklamationen des Publikums gegen den .Zeitungs-Kaviar" idas Schwärzen einzelner Stellen in den ausländischen Zeitungen) Erfolg gehabt zu haben, insofern freilich nur die Postverwaltuna überlegt, ob sie nicht zu einem anderen -System übergehen solle, da das Publikum chemische Mittel entdeckt hat, die den lästigen Kaviar entfernen. „Bei einiger Achtung vor fremdem Eigentum ließe sich übrigens die Schmieroperation viel weniger brutal ausführen — so lange sie noch eben geboten erscheint", meint eine Petersburger deutsche Zeitung. General Malachow. AuS Petersburg wird gemeldet: Zum Komman dierenden des Moskauer Militärbezirks ist General Malachow, der bisherige Gehülfe des Komman dierenden, ernannt worden. In warsÄ an. ES wird auS Warschau gemledet, daß daS Personal der Galanterie- und Manusakturwarengeschäfte der jüki- schen Viertel den Streik erklärt hat. In der Novi Swjatstraße suchten Ausständige die Handelsgeschäfte auf und zwangen die Inhaber, die Läden zu schließen. Seit gestern streiken auch die Schuhmacher. Der Streik des Personals der Spitäler ist beendet. von, Lifenbahneransstan-. Nach der Petersburger Meldung eines Pariser Blattes lauten die Nachrichten aus Irkutsk sehr ernst. Die Eisenbahnen sind durch den Ausstand auf der Trans- baikallinie mit Sendungen überhäuft. Andererseits wird die Einstellung des Betriebs auf der ganzen Linie ver langt, um weitere Güteranhäusungen zu vermeiden. Die Arbeiter von JrkutSk beobachten eine drohende Haltung, die verfügbaren Truppen reichen nicht aus, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Man befürchtet daher Plün derung und Vernichtung der zurückbleibeuden Güter. Ein geheimer Befehl des Fürsten Chilkow verfügt die Annahme aller Forderungen der Eisenbahnarbeiter von Tschita, doch war der Befehl verfrüht. Die Arbeiter fordern die sofortige Beendigung des Krieges. Der rursirch-iapanirchr Weg. Major Runkel von, Groszen Generalftab, der gemeinsam mit Oberleutnant v. Lauen st ein und Major v. Tettou auf russischer Seite den Operationen im fernen Osten gefolgt ist. kehrt, wie auS Berlin gemeldet wird, krankheitshalber dorthin zurück. Für ihn wird ein Stabs offizier oder Hauptmann vom Großen Generalstab n a ch Ostasien kommandiert werden. Die Wahl dieses Offiziers ist noch nicht getroffen. Reber Stössel» Empfang in Petersburg wird dem „L.-A." noch depeschiert: Soeben ist General Stös sel auS Moskau brer eingctrofsen. Sein Empfang, daS möge vorweg gefegt sein, war mehr als bescheiden: er trug eigentlich nur privaten Charakter. In dem zahlreich erschienenen Publikum erhob sich darüber I a u t e S Mur ren. DaS Ausbleiben eine- feierlichen Empfange- wird in Hoskreisen mit der Trauer um den Großfürsten SergiuS erklärt. Nach Verlassen deS Waggons wurde General Stössel im Namen deS Zaren durch den Kriegsminister General Sacharow begrüßt, ferner im Namen deS Generalstabs durch besten Chet, General Frolow. Sonst war noch der Stadthauptmann General Dedjulin anwesend. Da mit ist aber die Zahl der offiziellen Persönlich keiten erschöpft. WS daS Publikum ein lautes Hurra auSbrachte, sagte Stössel: „Ich danke Ihnen in meinem Namen und m dem meiner heldenhaften Offiziere." Darauf bestieg er die Eauipage und fuhr den Newskh-Prospekt ent- lang, wo dichtgedrängte Dolksmassen ihn laut begrüß- ten. Der General nahm beim Fürsten Wjasemski, Mit- alied des ReichSratS, vorläufig Wohnung. Noch im Lause deS heutigen Tages begibt er sich nach Zarskoje Sselo, um dem Zaren Bericht abzustatten. Die Unterschiede aus -er sibirischen Bahn. AuS Petersburg wird gemeldet: Auf der sibirischen Bahn wurden abermals Betrügereien ausgedeckt, dir von höheren Beamten verübt worden sind. Die Be treffenden sollen Privatsrachten al» Äewebrsen- düngen deklariert und daS Frachtgeld indieTasche gesteckt haben. Die Waggons waren bald zu 50, bald zu 400 Rubel pro Stück vermietet. Das Kriegsmaterial wurde dabei einfach in Schuppen geworfen, wenn keine Waggons frei waren. Der russisch« Rrieg-apparat. Eine Petersburger Privatdevesche behauptet, der Zar habe die Absendung von 120 000 Gewehren, 80 000 000 Patronen, 30 000 Schrapnells und 11 Feldbatterien ange- ordnet, was beweist, daß die Negierung entschlossen sei, den Krieg energisch for 1 zuseden. In den Militärwerkstätten wird fieberhaft gearbeitet. Die Mel-uugeu aus -er Mautschurel bestätigen, daß Kuroki der Armee LinjewitschS eine schwere Niederlage beigebracht habe, indem er den linken Flügel umging und dir Rusten zwang, auf daS russische Zentrum zurückzugehe«. Kuroki setzt seine Vorwärtsbewegung auf Mulden fort. Die Keebeute -er Japaner. Die in den letzten Wochen erfolgte Kaperung der vielen nach Wladiwostok fahrenden Transportdampser hat, wie uns aus London geschrieben wird, in den dortigen Schiffs- maklerkreisen keineswegs überrascht. Die beteiligten Reedereien scheinen die Kaperung vorausgescben zu haben, da sie vorher nicht nur die Schiffe gegen jeden Verlust versicher ten, sondern sich auch von Rußland so hoheFrachtsätze ausbcd'inoen, daß ein Verlust für die Gesellschaften völlig ausgeschlossen war. Die Kaperung war auch schon deshalb wahrscheinlich, weil die russischen Agenten bei der Charterung der Schiffe fast öffentlich verhandelten. Witz bolde erzählten, die japanischen Agenten hätten die russischen Agenten bei der Charterung der Dampfer unterstützt und den Gesellschaften die Zusicherung gegeben, daß den Dampfern keinerlei Schaden zugesugt werden solle, wenn sie sich nur recht willfährig kapern lassen würden. — Nach einer Reuter depesche aus Tokio ist der von den Japanern am 25. Fe bruar aufgebrachte Dampfer „Romulus" in der Aomoir- bucht auf Strand gesetzt worden. Es heißt^ er sei an einen Eisberg angerannt, dem er in der Nähe des Kaps Soja auSzuweichen versuchte und sei dabei an der Back bordseite beschädigt worden. Ter Dampfer habe schon ge leckt, als er von den Javanern als Prise genommen wurde. Die Bemannung habe sich angeschickt, ihn nach Jokosuka zu bringen, aber als das Leck immer größer wurde, sei sie ge- zwungen gewesen, den Dampfer auslaufen zu lassen, um ihn zu retten. politische Tagesschau. Leipzig, 2. März. Seine Resignation. Di« GvatuIationSstimurung ist nun verflogen. Gros Bülow Hal seine Marmorbüste installiert, die anderen Ex zellenzen können sich im Glanz der neuen Ordensinsianien bewundern lassen und nun macht der graue Alltag wieder sein« Rechte geltend. Die Erwägung drängt sich auf, daß eigentlich das Schwerste erst noch getan werden muß und daß es noch zu früh zum Jubfln ist. Denn di« sieben Ver- tragsstaaten, mit Lenen wir zu einer Neuregelung gelangt sind, waren im Jahre 1903 an Deutschlands Einfuhrhandel nur mit 3ch7 Prozent, am Ausfuhrhandel mit 31P Prozent beteiligt. Somit regeln diese Handelsverträge nur etwa «in Drittel LeS deutschen Gesamthandels. Dies« Erwägung sollte die Industrie dazu bestimmen, mit aller Macht ihren Einfluß dahin auSzuüben. daß ihre Interessen nicht auch bei der noch ausstehenden Neuregelung zu gunsten einer landwirtschaftlichen Minorität vergewaltigt werden. DaS wäre ein Verhängnis. Eine ganz besonders heikle Aufgabe wird Herrn Sveck von Sternvurg zuteil. Unser ReziprozitätSvertrag mit Amerika muß gekündigt werden, weil sonst Amerika den Anspruch auf die Caprivi-Zölle behielte und dann auch die in Europa meist begünstigten Länder diese Verträge fortgenieben würden. Das ist natürlich unmöglich, da ja sonst di« Vertragsstaaten schlechter stehen würden, als diese Länder. Unser handels politisches Verhältnis zu Amerika bedarf also einer Umge staltung, und bei dieser Gelegenheit werden wir auf eine Er mäßigung der Zollsätze selbst, sowie auf eine Milderung der VerzollungSpraxis hinzuarbeiten haben. Amerika fühlt sich zwar in seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit außerordentlich stark, aber seine Ausfuhr an Jndustricerzeugnisten wächst doch jo rasch, daß es sich über kur^ oder lang entschließen wird, die Einfuhr zu erleichtern, um so den Export zu sichern. Selbst verständlich können wir nicht damit fortfahren, aus jede Feind seligkeit Amerikas mit einer Konzession zu antworten, sondern das cko nt cke« wird hier mit Bestimmtheit betont werden müssen. Ganz ähnlich sind unser« Beziehungen zu Argentinien beschaffen n"r mit dem Unterschiede, daß es hier leichter sein dürfte, ein Vcrtragsverhäitnis herbeizufübren. Mil Frank reich und der Türkei verbinden uns „einige" Abmachungen, während wir zu England nur in einem provisorischen Ver hältnis stehen, da? schwerlich eine Aenderung erfahren wird. Besonders ungünstig sind unsere Beziehungen zu den eng lischen Kolonien, unsere Einfuhr aus ihnen übersteigt die Ausfuhr dorthin um mebr als das Doppelte. Gerade auf diesem Gebiete aber ist eine Besserung kaum zu hoffen und der Horizont wird außerdem noch durch die Wolke der Chamberlainschen Agitation verdunkelt. Im ganzen sind eS 29 Staaten, mit denen wir uns noch auSeinanderzusetzen haben, und was bisher erreicht ist, bedeutet unter diesen Um ständen nicht mehr als einen — natürlich sehr ernsten und folgenschweren — ersten Schritt. Ter Rcichsverdand gegen die Sozialdemokratie und die Reichstagsersatzwahl in Hos. Tie Neichstagsstichwabl im Wahlkreise Hof hat, wie er innerlich, das überrasch lio günstige Ergebnis gehabt, daß der nichtsozioldemokratische Randwat mit 3683 Stimmen Mehrheit über den sozialdemokratischen Gegner gesiegt hat. Ter nationale Kandidat hat 2260 Stimmen mehr erhalten als im Jahre 1906, während der Sozialdemokrat einen Verlust von 1113 Stimmen aufzuwessen hat. Dieses Ergebnis ist nach der „Köln. Ztg." nicht zum wenigsten auf die Tätigkeit des Reichs- Verbandes gegen die Sozialdemokratie zurückzuführen, der mehrere Wochen lang bis zum Tage der Stichwahl drei seiner Redner im Wahlkreise wirken ließ, die täglich mehrere Versammlungen abhielten. Außerdem wurde eine große Menge von Flugblättern und Flugschriften durch den Reichs- verdand im Wahlkreise verbreitet, wofür der Liberale Verein in Hof ein Tankschreiben an Len Verband gerichtet hat. lieber Lies Eingreifen des Verbandes ist man in Ägrvrierkreisen natürlich sobr ergrimmt. In flammendem Zorn schreibt die „Dtfch. Tagcsztg?: Der Neichsverband scheint gar nicht gewußt zu haben, daß es sich im Kresse Hof um zwei bürgerliche Kandidaten Feuilleton. Fl auch en. Roman von Felix Freiherr von Stenglin. RaLbruck verboten. „Ja", meinte Valeska, „ich bedaure sehr, liebe Agnes, Laß du so wenig Rücksicht nimmst auf dich und deinen Mann —" Da begann Walter von neuem: „Du wirst nie Befrie digung finden in der Wirtschaftsgeschichte! Und aus diese Weise wär' doch wenigstens etwas «ms Lir geworden. Ich mag nicht, daß man meine Frau bespöttelt und auslacht, ich bin kein Mensch, der sich gern vor anderen erniedrigt sieht." „Jedenfalls war eS sehr unrecht", setzte Daleska hin- zu, „daß du unser Vertrauen so getäuscht hast." Sie er hob sich jetzt auch vom Tisch, als wolle sie damit andcutcn, daß sie nicht länger neben einer solchen Frau sitzen möge. Da riß aber auch Agnes die Geduld. Einen zwar schweren, doch großen Entschluß glaubte sie gefaßt, einen Sieg über sich selbst errungen zu haben, und mm scl>alt man sie hier wie ein unvernünftiges Kind. „Gut!" rief sie kurz und bestimmt, schob ihren Stuhl zurück und stand gleichfalls auf. „Wenn Ihr nicht wollt, tu' ich's gegen Euren Willen! Ist da- Eure viekgerühmtc Freiheit der Frau, daß Ihr mich zu etwas zwingen wollt, wa> mir nicht -aßt? ES ist wahr, früher dachte ich anders, ich wußte nicht, was ich wollte, aber jetzt — das hab' ich wenigstens geleritt: überlegen, mich bezwingen! Ob Ihr auch lacht! Ja! Denkt nicht, ich wär' noch das Kind von früher. Ich bin durch die Schule des Leben gegangen. Ein Dpielball? Gut, ich wA auch Euer Spielball nicht sein. Ich tu', was ich will, nicht was Ihr wollt. Ich hindere Euch ja auch nicht. Sag' ich etwa Valeska, sie sollte nicht studieren? Nicht ihren Beruf weiter der- folgen? Und sag' ich etwa dir, du solltest nicht mehr zur Kaserne gehen? Deinen Dienst nicht mehr tun? Gut also! Da bitt' ich mir auS, daß Ihr mich auch zufrieden laßt. Oder ich gehe fort. Die Kinder nehm' ich aber mit. Und wenn du sie haben willst, versteck' ich sie. Du sollst sie nicht haben! Ich verkaufe sie! An Zigeuner!" Dieser Gedanke schien ihr bescmders zu gefallen, laut rief sie noch einmal: „Ich verkaufe sie an Zigeuner!" Nun kam Valeska, verdutzt über diese Erregung und diesen Skedesluß, zu Agnes heran, umfaßte sie und suchte sie zu beruhigen. „Laß doch vernünftig mit dir reden —" „Nein, nein!" schrie Agnes. Walter trat näher. „Wir wollen ja nur, daß du ein menschenfreundliches Dasein führen sollst. Du sollst dich nicht opfern, das wäre frevelhaft. Und es ist nun alles hier bei uns darauf zugeschnitten, du solltest daS doch dankbar anerkennen — ich habe die Frau engagiert —" „Die wird niemals meine Schwell« überschreiten!" warf LgneS ein. Walters Erstaunen wuchs. So etwas hatte er an seiner schüchternen Frau ja noch gar nicht erlebt. „Wir werden sehen —" sagte er. „Nein, wir werden nicht sehen!" antwortete Agnes. „Ich bin hier nötig. Und sie ist entbehrlich. Ich hasse sie von vornherein und kann nicht gezwungen werden, mit einer Frau zusammenzuleben, die ich hasse, das ist sündhaft. Wenn sie heute gekommen wäre, hätte ich ihr die Tür gewiesen, denn ich bin hier die Herrin. Und dies Recht laß ich mir von niemandem nehmen, van nie mandem!" ValeSka hatte sich schweigend und nachdenklich nieder- gesetzt. Walter stanL jetzt seiner Frau gegenüber. „Du kannst doch nicht verlangen, daß ich nun in allem wieder umlenke!" rief er fast verzweifelt aus. „Man wechselt seine Ueberzeugung doch nicht mit dem Monde!" Kühl erwiderte Agnes: „Meinetwegen kannst du bei deinen Ueberzeugungen bleiben, ich hindere dich nicht daran." „Das werde ich auch. Ich bin auch durch die Schule des Lebens gegangen hier im Hause. Und wie! Nein, meine Ueberzeugungen sind unerschütterlich." — Das Mittagessen wurde wieder ausgenommen, verlief aber sehr still. Nur Willy gewann seine Unbefangen- heit schnell zurück und fragte alsbald, rn welcher Art der Ausflug am Sonntag vor sich gehen werde, ob in einer Droschke oder in einem Mietwagen? Da er aber keine Antwort bekam, schwieg er auch. Agnes dachte traurig: Wie ganz anders als sie nach- her eintresfen, malt doch unsere Phantasie sich die kam- mendcn Tinge aus! Die Phantasie, — ja die ist es, die immer die Menschen an der Nase herumfllhrt. Und wo her kommt das? Weil man immer die eigenen Wünsche mit in Rechnung stellt. Ich wollte so gerne jetzt froh und glücklich sein, weil ich mich durchgerungen hatte, das ge- hört aber gar nicht ins Erempel hinein, oder nur ein winziger Teil davon, — soweit nämlich ein anderer sich durch diese Wünsche beeinflussen läßt. Ja, hätte nicht Walter das doch ein wenig tun "sollen? Du hast dich von ihm losgesagt, sprach es anklägerisch in ihr. Tu hast das Schicksal heraufbeschworen, nun geht es seinen Gang und zertritt wohl gar dich und alle deine Wünsche. O was für fürchterliche Mächte gibt eS doch! Als Agnes noch so mit ihren Gedanken beschäftigt war, erhob sich Daleska, und gleich darauf fühlte Agne- sich zu ihrem Erstaunen von ihr umfaßt. „Ich muß hinaus ins Freie, Ihr entschuldigt mich wohl", sagte sic, küßte Agnes auf die Stirn, reichte Walter die Hand und nickte Willy zu. Dann ging sie hinaus. Agnes sah ihr sinnend nach. Die Worte DaleSkaS hatten so weich geklungen, eS war, als habe sie ihr Trost geben wollen. „Du erlaubst wohl —" sagte auch Walter höflich un- stand aus. „Gesegnete Mahlzeit."
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