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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050303011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-03
- Monat1905-03
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Morgeu-Au-gabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen find stet« an die Expedition zu richten. ikrtra-Betlagen (nur mst der Marge«: Ausgabe- uach besonderer Bereiabaruag. Die Erpeditian ist wochentags ununterbrochen grössuet vo» früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Zah. Or. B„ R. Sr W. Kliukhardtt. Nr. 113. Freitag dm 3. März 1905. 98. Jahrgang. Var lvichtigrle vo« Läge. * Die gestern im Etablissement Sanssouci in Leipzig ab gehaltene Versammlung der Vereinigten Leipziger Gastwirtevereiue und Saalinhabrr protestierte in einer Resolution gegen die in Aussicht genommene Neu ordnung deSGemeiudesteuerweseo». (S.Lechz. Angel.) * Der Streit zwischen der Leipziger Ortskranken kasse und den Aerzten kam gestern ausführlich im Reichstag zur Sprache. (S. Bericht.) * Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die kaiserliche Ver ordnung über dieIukraftsetzuug des ZolltarisgesetzeS für de« 1. März 1308. * Die Obstruktion der italienischen Eisenbahn angestellten ist im weiteren Abnehmer, begriffen. Sämt liche Züge fuhren nahezu fahrplanmäßig vom römischen Bahnhof ab. In Mailand wurde energische Fortführung der Obstruktion beschlossen, (S. Ausland.) * Der serbische Fmavzminister Patschu, der iu Wien unterhandelte, ist nunmehr nach Paris abgereist. * Im russischen Fabrikbezirk Orechowo-Sujewo sind K0 000 Arbeiter in der Aus stand getreten; mehrere Arbeiter wurden erschlagen. Im Wyborger Stadtteil von Petersburg streiken seit Mittwoch 10 000 Arbeiter. (S. den Artikel.) * Nach den „Times" vird am 5. März ein KriegSrat abgehalten, der entscheid« soll, ob Kuropatkin abberufcn werden soll oder nicht, und wer eventuell sein Nach folger wird. Unter den Kandidaten werden der Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch und der greise Dragomirow genannt. (S. russ.-jap. Lrieg.) vmn. Die Bewegung der erglischen Arbeiterschaft ist, wie man weiß, im Begriff, des Clarakters, den sie ein halbes Jahr hundert lang festgehalten bat, sich zu entledigen. Während in der Arena der Parteien wie um ein heiligstes Gut um die Fiskalpolitik gekämjft wird, während niemand sagen kann, ob die Zeit deS Kabinetts Balfour eine Zeit des Niederganges ist oder aas ihren vielen Wirren das Ideal einer großbritischen Welt sich lvsringt, sind die Gewerkvereine Englands andere geworren. Das Prinzip des kampflosen Fortschritts, das einst der deutschen Liberalismus zu seinem friedfertigen Kultus deS britischen Wesens verführte, ist ge brochen; die unabhängigste aller sozialen und nationalen Organisationen gibt den Sonderplatz auf, deu sie durch die TrabeS Unions Act von 1)71, durch die Novelle von 1876 besaß, und rangiert sich binter die rückständigen Organisationen des Festlandes. Im Jahre 1887 war John Burns, der die Gewerk vereine derDockarbeiter u»d der Seeleute schuf, alSKommanbeur der „ne8ÜMeä iadourers', der ungelernten Arbeiter, das be unruhigende Element m Generalstab dieser Riesenarmee, die em Viertel alle, nicht landwirtschaftlichen eng lischen Arbeiter umfaßt. Heute sind die „Inäeponäent liNdour ?urt^", welche dem seit der Stiftung von CobdenS FreihandclSkirhe und seit Peels Kornzollgefetz herrschenden Wirttchaftslberalismus den Vertrag ausgeküudigt hat, und das „I.ubou' Representation» Committee" die Parole. Die theoretisch- Fabier-Gesellschaft von 1884, die Sidney Webb, Sidney Ollivier, Graham WallaS, haben sich überlebt; Bernard Ssaw, der irische Witzling, erfreut daS Publikum der deutschen Schauspielhäuser, und trotz deS fabianischen Widersinn« stellt die Arbeitspartei nur ge wesene Lohnarbeiter und Beamte der Gewerkvereine als Kandidaten für die ncchsten Parlamentswablen auf. So wären alle Romantik ^nd alles spezifische Engländertum durch der Vorsehung l igunst auS der britischen Arbeiter bewegung genommen, ^nn nicht die Gräfin Warwick, Mit- glied der sozialdemokratch en Föderation, in rot gestrichenem Automobil 46 von de<A rbeitspartei erkorene Wahlbezirke durchreisen wollte, nade m sie, die Gattin deS Grund herrn Grafen von Warwick, bei der Eröffnung der Parlamentssession Ae> ordnete und Kandidaten der Partei K«r Hardies feierlich bi, rtet hat. Sieht mau von solchen unterhaltsamen Erickeinz :en ab, dann wird die Annahme gerechtfertigt, nach langc-2 abrzehnten ökonomischer Stetigkeit werde nun, im Zusamnnd ang mit der allgemeinen politischen Unsicherheit Albions, auk ' »er eine politische Phase beginnen. Man vergleicht die seewärtige Entwicklung mit der Ent- Wicklung der dreißiger tt<ld vierziger Jahre, mit der Aera vor dem Cobdentum, ^s, so wie heute, der radikale Emanzipatiousgedankr, nr Rechte fordert, der di« Gesetzgebung durch plitischr Macht beschleunigen will, dominierte. Mau berschtet das Zeitalter, in dem der englische Industrialismus getvren ward, um seinen jetzt stockenden Zug durch beide Hennsphäen anzutretea, daS Zeitalter, da in Manchester und LeebS die neue Klaffe der Fabrikanten den alten Merkantilismus erschlug und daS Elend als Folge der wirtschaftlichen Katastvphe nm sich griff. Ts ist daS Zeitalter Georgs deS Bicten, William» des Vierten, der Ministerien Eanning,^Wellngt»n, Grey und Peel, e» ist d-, Epoche, wo, »ach CalyleS Worten, die uatiouall Petition um daS Wahlrcht „im Lastwagen durch die Straßen gezogen, in eisene Reifen gebunden, von vier Männern getragen, einem reformierten Unterhaus vorge legt wird, und in welcher der auf anderthalb Millionen geschätzte Eharti-mu-, als er mit seiner eisengebun denen Petition nichts gewinnt, sich mit Stein würfen, Piken und selbst in Feuerbrünsten Luft macht". Es ist endlich die Epoche, iu der das utopische Werk Robert Owens seine Stätte hat, das soeben die deutsche Schriftstellerin Helene Simon iu einer trefflichen Monographie (Verlag von Gustav Fischer in Jena, 1905) auf Grund der besten Quellenstudien veröffentlicht. Die Verfasserin schildert da» Lebe» Owens, des britischen „Menschenfreundes", de« Besitzers der Baumwollspinnerei von New Lanark, des Urhebers der britischen Fabrikgesetzgebung und der Genossenschaften, des Hohenpriesters der kom munistischen Siedelung New Harmony im amerika nischen Staate Indiana, mit der Begeisterung, aus der hervorragende wissenschaftliche Taten entstehen. Diese Be geisterung mag oft zur Kritik Veranlassung geben, sie ist nicht frei von werbender Beredsamkeit; aber das Buch erschöpft seinen Gegenstand und wird für den hoben Wert Owen- selbst dort den Blick schärfen, wo mau überzeugt ge wesen war, der Ruhm deS Humanitären Propheten sei wie altes Eisen entwertet. Im Jahre 1858 ist Robert Owen, 87 Jahre alt, gestorben, und er blieb bis zuletzt der gütige, mutvolle Mensch, der als Handwcrkersohn, als Lehrling eines Tuch- Händlers iu Stamford, als Kommis in London und Man chester, als Leiter einer Baumwollspinnerei in Lancashire be gonnen hatte, den der Zusammenbruch seiner rationalistisch phantastischen Unternehmungen nicht beirrte, und der seinem kindlichen Glauben nicht untreu ward. Im Vorwort nennt Frau Simon, von Bewunderung für diesen Reformator beseelt, sein Schicksal eine „wundervolle Romanze"; jedoch sie selbst räumt ein, daß fast das „geschäftliche" Kapital als der „romanbaftere Teil der Geschichte" erscheine. In der „täglichen Hast und Sklaverei" der Großindustrie ist die Jugend des philosophischen BaumwolllordS dahin gegangen, und dünn fließt sein individuelles Gefühlsleben weiter. Er hat die Tochter desselben Fabrikanten Dale, dessen Spinnerei in New Lanark er taufte, geheiratet, und da seine atheistische, dem Mechanismus der französischen Aufklärung entstammende Religion mit der kalvinistischen Strenge seiner Gattin stet- im Haber war, lernte sein Gemüt niemals den Aufschwung. Der bischöflichen Kirche hatte er in Versammlungen den Krieg erklärt, dem „cant" der britischen Nation waren seine harmlosen Gedanken von einer Reorganisation der Ehe ein Anstoß; aber im Innern hat sich der träumende Vernünftler nicht befreit, und wie sehr er, der „Materialist", iu Wahrheit ein Puritaner war, verdeutlicht der Sittenunter richt, welchem er auf jedem Spaziergang auch seine Kinder mit dem Erfolg unterwarf, daß sein ältester Sohn, Robert Dale Owen, Beamter der Unionsregierung, in die Fußstapfen des BaterS trat. Im Greisenalter ist der Messias von New Lanark ein redseliger Spiritist ge wesen, der, erblindend und bald taub, in frommem Aberglauben wähnte, vou moralischen Geistern umschwebt zu sein. Einzig in der gesellschaftlichen, in der politischen Propaganda hat er sich entfaltet; da wurde der Kindliche löwenstark, sein Geist ward frei, und er hielt sich aufrecht, obwohl alle Premier- ihn im Stiche ließen, obwol die Zeitungen dem „Philanthropen", wie die tugendhaften „Times" Herrn Owen zuerst begrüßt haben, und seinem Evangelium bald sich versperrten. Er hat mit der Schüchternheit und dem Stolze deS Emporkömmlings die französische Akademie besucht, hat in Wien beim Bankier Betmann, dem Wirte deS Zaren, sich dem charmanten Spotte des Herr« v. Gentz ausgesetzt, hat als erster europäischer Ideologe an sämtliche Regierungen Denkschriften versandt und einen Kongreß der verbündeten Mächte berufen, damit da- „neue System" Europa beglücke. Er hat sich mit eener beispiellos unpraktischen Agitation um einen Sitz im Hause der Gemeinen beworben, dem noch der Einundachtzigjährige „ewige Wahrheiten" mitzuteilen sich vermaß. Er hat die gläserne und eiserne Weltausstellung im Hyde-Park, den Kristallpalast al« Wahr zeichen einer Frirdensära gefeiert, und den Ideali»muS des lächelnden Greises wird eS nicht erschüttert haben, daß bald darauf al» blutig« Ironie der Krimkrieg gefolgt ist. Er hat mit einer Riesendemonstration, die von deu Chartisten für ihre „People's charter" nach geahmt wurde, an der Spitze von 50 000 Man« reitend, sich zum MinisterhauS deS LordS Melbourne begebe«, hat, als schon der Bischof von Exeter Owens Lehre dem Hause der Lord» denunzierte, die junge Löuigia Victoria sich zu, Schülerin gewinueo wolle», er hat, mit Ehrungen durch die Könige von Preußen und Sachsen nicht zufrieden, selbst de» Schatte« Napoleon» al» mächtigen Helfer zitiert, in dessen Hände nach Owen» spiritistischer Einbildung seine Essay» gelaugt st«L, als der Korse auf Elba i« unfreiwilliger Muße rastete. Und dennoch, so eifrig der Banmwvlllord auch um die Freundschaft der Staatsmänner sich bemüht hat, so weit staud er im Hintergrund der politische« Aktivitäten, die nicht von ihm bestimmt worden sind und über ihu hinweg ihren Lauf nähme«. Er hatte in sich »icht die Eigenschaften eine- Richard tzobden, der, ähnkich wie Owe«, au» de« Kontor» eine- Kattungeschäste» in Manchester heraus, au» einem kaufmännischen Bildung-Verein „Athenäum" den Weg zum Parlament und zur politischen Geltung gefunden hat. Er war kein schroffer Parteiführer wie der Vorkämpfer des Chartismus, der Ire Feargus Eduard O'Connor, der nach der Niederlage des ChartisteuhcereS bei Newport in den Kerker wanderte und in der Irrenanstalt als Bankerotteur seines kommunistischen Planes starb Der Vater des „Sozialismus", wie ihn das Dogma begreift, ist Owen nur in der Hinsicht, daß von den Schülern Owens jenes Wort auf Reybaud und von diesem auf die kontinentale Literatur überging. Bentham hat über Owen gesagt, er habe in Dampf begonnen und in Rauch geendet; die Nationalökonomen haben gezeigt, wie viel er Ricardo verdankt, er ist durchaus abhängig vom Utilitarismus der englischen Vernunftethik, die da sagt, daß das Glück des Einzelnen, „richtig erfaßt", nur im Glück der Gesamtheit be stehe. Leicht ist es, in Owens kommunistischem Paradiese New Harmony und den Tugenden der „Brüder und Schwestern", die dort in rationeller Eintracht bis zum kläg lichen Ruin der Siedlung auf Mondscheinwiesen gewandelt sind, die tragisch-komische Kontrastwirkung zu entdecken. Indessen, selbst wo das Ethos Owen« keinen Widerhall mehr hat, wird man dem Manne, der in der Einschränkung der Kinderarbeit, in dem Wirken für die obligatorische Schule, iu der Vorahnung der Genossenschaften um viel« zählbare Titel die Gesetzgebung seines Landes vermehrt hat, die geschuldete Achtung nicht weiger». Der Name Owens ist von dem Wachstum des britischen Industrialismus nicht zu trennen, der damals die Handwerker zu verzweifelter Zerstörung der Maschinen antrieb und eine Revolution ver ursachte, die in der englischen Geschichte nur mit der land wirtschaftlichen Revolution unter Heinrich VIII. zu ver gleichen ist. Auch Robert Owen, der „Erlöser der Menschheit", hat unzweifelhaft die Züge des Briten, und wenn er dem Manchestertum widersprach, so war er doch nie autiindustriell wie Coleridge und Southey. Für ihn war das Baumwollgewerbe politische Pftrcht, und auch für ibn, den radikalen Utopisten, der wie die Ärveilsparteiler von heute vie Bezahlung der Armeen und Schiffe Ifür die „Willkür der Kabinette" schmähte, war die Lehre des Adam Smith von der Ver mehrung des Reichtums höchstes Gebot. Im letzten Grunde hat seine Utopie mit den kontinentalen Utopien nichts zu schaffen; er war ein britisch kluger, britisch zäher Kaufmann, während die Franzosen Saint-Simon und Fourier in der Misere starben, er war der Stammesgenosse Gladstones wie Chamberlains, und es ist für uns Deutsche gut, diese Identität alles BritentumS, sei eS schutzzöllnerisch, liberalistisch oder sozialistisch, nicht zu vergessen. V. Vie Wrir in sturrlanä. Gsrvalttg« Vergrstzerrrng -«» KtreikEeb»«te». Aus Petersburg meldet ein Telegramm: In dem au der Eisenbahn Moskau-NlSnij-Nowgorod gelegenen Fabrik bezirk Orechowo-Sujewo sind gegen 60000 Arbeiter der Fabriken Morosow, Bogorovski u. a. in den Aus stand getreten. Der Ausstand bar unter den Arbeitern zu Streitigkeiten geführt, bei denen mehrere von den Arbeitern erschlagen wurden. Wie «een hiesigen Blättern aus Moskau gemeldet wird, rntstanden die Streiligkeiteu dadurch, daß Arbeiter einen Fabrikanten überfielen, während andere sich ihnen entgegenstelltcn. Militär ist in die Bezirke abgegangen Im Wyborger Stadtteil vou Petersburg lind am Mittwoch 10000 Arbeiter aus deu großen Fabriken in deuAuSstand getreten. — Naz(' einer Depesche aus Petersburg dauert der Streik aus der Moükau-Kasan-Elsenbahnlinie noch an. Die Verwaltung erleidet täglich einen Schaden von 90 000 Rubel. — In Reval haben die meisten Werk stätten und Fabriken ueuerbiag« die Arbeit eiu- gestellt. In Moskau. Vertreter der Moskauer Börse haben nach einem ossiziösen Telegramm an deu Kaiser eine Ergebendeitsadresse mit dem Ausdruck der Anhänglichkeit an das Prinzip der Selbst herrschaft gerichtet. Der Kaiser antwortet« darauf am 1. März, eS erfreue ihn in diesem Jahre der schweren Prüfungen besonders, daß dieser Stand den alten Grund lagen des russischen Staatslebens treu bleibe. Di« Unruhe« i» Auspsch-polen. Auf einem akademischen Kommers in Krakau wurde beschlossen, der Schuljugend Russisch-Polens Bewunderung auszudrücken sowie einen Aufruf zu mate rieller Unterstützung der polnischen Schüler, welche Rußland zu verlasse« gezwungen sind, zu veröffentlichen. Au» Aaukufisn. Während der jüngsten blutigen Ereignisse in Baku wurden nach der Meldung de» „L.-A." 550 Menschen ge tötet. Die Zahl der Verwundeten beläuft sich auf einige Tausend. ver nttrirch-isprmirche ffneg. AupitS« Ala-» über -ie Meerengeu-rag«. Der Kapitäa Slado veröffentlicht, wie aus Pari« ge meldet wird, ei« Buch über dre russische Kriegsflotte, worin er trotz de« Schiedsspruchs der Hult-Sommissio« immer noch unterstellt, daß die Fischer sehr wohl mit Japanern könnten abgekartet haben, deren Nnteruedmen gegen RoschdjestwenkyS Flotte zu begünstigen. Am Schluffe führt er au-, Rußland habe im Schwarzen Meer eine völlig unversehrte Flotte, die den Sieg über di« Japaner sichern könnte, wenn sie in deu ost asiatischen Gewässern erschiene. Es sei unerhört, daß ein Vertrag diese Flotte am Auslaufen verhindere. Wo es sich um Leben und Tod handle, könne «iu mächtiges Reich sich nicht durch eiu Papier gebunden erachten. Diplomatische Abmachungen seien Luft, wenn mau stark genug sei, sich über sie hinwegzusctzen. Der russische Asrresponvent -er „Timer" meldet, am 5. Marz werde in Petersburg ein Kriegs rat abgehalten werden, um zu entscheiden, ob Kuropatkin abberufen werden und wer in diesem Falle sein Nachfolger sein soll. Als Kandidaten sür die Nachfolge werden ge nannt: Großfürst Nrkolai Nikolajewitsch und der greise Dragomirow. Deutsches Keich. Leipzig, 2. März. * Tic NatiouaUiberalen und die nächste Klotteuvorlage. Folgende Auslassung der „Natlib. Korresp." kann man wohl als parteiprogrammatisch ansprechen: Da die Stellung der Nationalliberaleu des Reichstage- den im nächsten Herbst zu erwartenden Flottenforderungen gegenüber mehrfach Miß deutungen unterliegt, stellen wir an der Hand des steno graphischen Berichts fest, wie sich der Fraktionsredner unserer Partei Abg. Graf v. Oriola iu der 149. Sitzung des Reichs tages am 25. Februar d. I. ausgesprochen hat. Er äußerte, der Staatssekretär resp. die verbündeten Regierungen hätten noch keine desinitiveu Beichlüfse inbezug aus die Flotteuvorlage gefaßt, die im Herbste zu erwarten sei. Er glaube aber, daß durch die betr. Novelle angefordert werden würden die seinerzeit von der Negierung bei der letzten Flottengesetzvor lage geforderten, aber vom Reichstage nicht bewilligten großen AÜslaudSkreuzer und statt der vom Reichstage damals ge strichenen sieben kleinen Kreuzer - Torpedoboots - Divisionen. Der stetige, ruhige Weiterausbau unserer Flotte solle erfolgen cutspreckend der letzten Regierungsvorlage, und eS sollen die seinerzeit geforderten, aber vom Reichstage abgelehnten großen Auslandskreuzer in die Etat- derjenigen Jahre eingefügt werden, in denen jetzt infolge der Abstriche deS Reichstages weniger große Schiff« in Bau zu nehmen vorgesehen ist, als in den letzten Jahren in Bau genommen sind. Der Redner sagte weiterhin: „M-me Freunde werden für die Aus'andSkrevzer z» stimmen bereit fern, und zwar entsprechend der stelluag, die wir im Jahre 1900 eingenommen haben. Wir haben aus schon damals gegen den Abstrich der Auslandskreuzer erklärt und würden selbstverständ lich gegen unsere Haltung bei der Verabschiedung des letzten Flotten gesetzes handeln, wenn wir jetzt der Bewilligung Lieser nun wieder in Aussicht genommenen Neuforderungea entgegentrete, würden. Meine politischen Freund« haben immer auf d«m Standpunkt gestanden, daß wir dem Vaterland« sowohl in B«zug auf da» Laudheer wie iu Bezug auf dir Flotte da» gewähren sollen, Wa es dringend zu sein« Verteidigung bedarf. Wir werd«» jede Flottrnvorlage von dem Gesichtspunkte aus prüfe«, ob sie notwendig ist zur Sicherheit uasereS Vaterlandes. Wir werden sie selbstverständlich ab« auch prüfe« vo« dem Standpunkte aus, daß di« geforderte« Last«« i» Einklang zu bringen sind mst der Finanzlage des Reichs und der Steuerkrast d« Bevölkerung. Wir stehen ans dem Standpunkte, daß bei dem Bestreben, neue Steuerquellrn des Reichs zu «ösfuen, di« wohl habenden Klassen sicherlich in erst« Linie herangezogen werde» müssen." * Gegen Verschwendung im Militär- und Flottnttvesen. Je mehr Heeres- und Flottenverwaltuug hoffen und er warten dürfen und müssen, eS Werve auch in Deutschland immer mehr sich der Zustand Herausstellen, daß unabweis bare Forderungen sür vie Sicherung deö Schutzes veS Vater landes unabhängig von den wechselnden Parteistimmungen möglichst einstimmig bewilligt werden, umsomehr s»«lt sich eins als immer notwendiger heran-. Wer meinen, daß sür militärische Erfordernisse keine Anträge gestellt werden, denen auf ziemlich weite Entfernung anzusehen ist, daß bei ihnen die Geldschneiderei zu ihrem Rechte komme« möchte. Die Budgetkommission des Reichstages hat die Forderung des Neubaus für das Militärgericht einstimmig abgelehnt. Es ist dies geschehen, weil für ein Areal von 7800 Quavratmeter nur die Kleinigkeit von 1 474 000 gefordert wurde. Die städtischen Verwaltungen haben leider in vielen Fällen, so lange es Zeit war, versäumt, sich in den Besitz vou soviel Baugrund zu setzen, um der privaten Boden spekulation ä. outrunes angebrachtermaßen ein Paroli bieten zu könne». Daß für diese Unterlassungssünde jetzt die Reichs verwaltung und die Gesamtheit der Steuerzahler Strafe zahlen, kann nicht erwartet werden. Der vorstedend erwähnte Beschluß der Budgelkommisston zieht hoffentlich andere ähn liche nach; eS muß der privaten Bodenspekulation gnade von der RcichSverwaltung in unzweideutiger Weise zum Bewußt sein gebracht werden, daß es auch auf diesem Gebiete eine Grenze gibt, über die nicht hinausgedrängt werden darf. * Rcichserdschaftsfteuer. Obwohl Reichsschatzsekretär v. Stengel gestern in der Budgelkommission deS Reichstags nur allgemein getagt batte, bei den neuen Steuerplancn zur Besserung der Reichsfinauzen handle es sich um tief ein schneidende Maßregeln, und obwohl er ausdrücklich betont hatte, er könne seine Pläne im einzelnen erst dann mit teilen, wenn sie die Genehmigung der Einzelregierungen gefunden hätten, so wollen die „Hamb. Nachr." doch wissen, daß sich darunter auch die ReichSerbschastSsteucr be findet. Gegen eine solche macht da» agrarisch« Hauptvrgan, die „Dtsch. TageSztg.", die Emzelregierungeu ia folgender Weise scharf: Wir Wiederbolen . . . ., daß die Auffassung de« BundeSratS heute noch dieselbe ist, wie sie vom Staatssekretär L«S ReichSschatz- amts bei d« ersten Beratung de» Reichsetats dargclegt wurde. Wir stellen aber garnicht in Abrede, -aß «iuflußreichr politische Faktor«» mit großem Eifer bemüht sind, eine Aendernag der Auschau- ungen derbeizuführen. Tie Einzelstaaten dürften daher all«» Anlaß haben, auf d«r Hut zu fein. Wollen sie derartige» Bestre bungen wirksam e»tg«a«ntteteu, so baden sie daz» ein g»t«S Mittel: fir mögen selbst und zwar recht schnell daran gehen, ihr« besondere» Erbschast-steuergesetz« «in« Reform -u unterzieh«», tu d« Nichttmg
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