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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.03.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050303029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905030302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905030302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
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- Monat1905-03
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Die «gespaltene ReNamezeile 75^- Annahmeschluß für Anzeigen: Abrnd-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgrn-Au-gabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pol» in Leipzig (Inh. l)r. V„R. L W. «liulhardt). Nr. M. Freitag den 3. März 1905. 99. Jahrgang. Var Wcdligrle vom Lage. * Rn Wien ist gestern der von allen Hochschulen Deutsch-Lestorreichs beschickte zweite deutsche Studententag eröffnet worden. (S. Aus land.) * Da Giolitti schwer erkrankt ist. heißt es. er werde das Ministerium des Innern an Littoni ab geben. (S. Ausland.) * Der Zar hat eine neue K und g ebung erlassen, welche die Autokratie befestigt, siegreiche Beendigung Les Krieges und Vernichtung des Aufruhrs gelobt. (S. den Artikel.) * Der „Daily Telegraph" meldet, ohne Bestätigung, aus Tokio, daß Sachalin von den Japanern besetzt worden fei. (S. Russ.-jap. Krieg.) grälin Msntignors «ns kein knüe. Aus Dresden wird uns geschrieben: Die Gräfin Montignoso hat sich in der Geschichte unserer Zeit einen Namen gemacht, um den ein Herostratus sie beneiden könnte. Fast könnte man sagen: „Nulla üies 8ine lioes", jeden Tag möchte man fragen: „Nichts Neues von der Gräfin Montignoso?!" Sensa- tiönchen auf Sensatiönchen. Man erzählt sich in Dresden von einem Wort, das der verewigte König Georg einst gesprochen haben soll und das heute geradezu als prophe tische Weisheit erscheint. Ms man ihm meldete, daß die Scheidung 'des kronprinzlichen Paares in aller Form des Rechten vollzogen und daß nunmehr die leidige Affäre aus der Welt geschafft sei, erwiderte der König: „Glauben Sie? Ich nicht! EinTrauerspiel hat in der Regel fünf Akte, und das war erst -er zweite." König Georg ist mit dem Gram über die unselige Frau im Herzen heimgegangen, und nun be schwört diese Frau immer wieder neue Schatten herauf, die als häßliche Flecken auf den Sonnenschein -er Popularität fallen, der den jungen König, -en von allen Schichten des Volkes warm und herzlich verehrten Herrscher -es Sachsenlandes, umspielt. Es ist unendlich traurig, daß die Kosten für die Abenteuersucht -er extra- Vaganten Toskanerin immer wieder unser Sachsenlan- zu tragen hat. Wie liegen die Dinge jetzt? Es wir- wohl nur noch wenige unheilbare, durch nichts belehrbare Eigenbrödler geben, welche die Gräfin Montignoso für eine besonders schätzenswerte Persönlichkeit halten, nur einzelne Zeitungs . Enthusiasten geben sie aus irgend welchen Rücksichten für eine solche aus. Den meisten hat ihre erste Vergnügungsreise kurz vor Weihnachten 1902 für die Beurteilung genügt. Als letzter Stein in Liefern Mosaikgebitde ist schließlich die Veröffentlichung von eigenhändigen Gedichten hinzugekommen. Und die FlorentinerVorgänge? Es ist für die Rechts- läge ganz gleichgültig, bis zu welchem Grade Graf Guiciardini die Huld der noch immer recht hübschen Frau genossen hat. Vielmehr handelt es sich lediglich darum, daß -er sächsische Hof auf Grund ver- briefter Rechte die Herausgabe -er kkeinenPrinzefsinAnnaMonicaPiaver- langte, deren Erziehung nur bis zum Mai 1904 der Mutter durch Vertrag zugestanLen war. Sie verteidigte ihr Kind „wie eine Löwin". Vor zwei Jahren, kurz vor dem seligsten Feste -er Kleinen, hat -ieselbe Löwin ihre fünf Kinder verlassen, um mit einem jungen Fant in die Ferne zu ziehen. Echten Familiensinn wird ihr nie mand vinüizieren können. Sie gebärdet sich wie ein Kind, -em man ein Spielzeug nehmen will. Daß die heißblütigen Italiener sich für die Gräfin in die Schanze schlagen, kann nicht Wunder nehmen, sie tun es aus Ritterlicheit und wegen des Gastrechts. Dennoch beginnt man auch in Italien einzusehen, -aß das Recht durch aus auf Seiten des sächsischen Hofes ist, wenn dieser auch vielleicht geschickter gehandelt hätte, mit einer so heiklen Mission einen seiner weltmännischen Kavaliere zu be trauen und diesem einen Rechtsbeistand mitzugeben. Der Advokat Mattaroli, der jetzige Rechtsbei- srand -er Gräfin, hat sich mehrere Tage in Dresden auf- gehalten. Er hat unter einem fremden Namen in einem bekannten ersten Hotel an -er Prager Straße gewohnt und mit dem Justizminister Verhandlungen gepflogen. Auf die Geheimhaltung des Inhalts dieser Erörterungen hat der König mindestens ebenso viel Recht, wie jeder Privatmann in einem ähnlich gelagerten Falle. So viel aber kann als feststehend angenommen werden, daß man versuchen wird, -ie Herausgabe der kleinen Prinzessin auf -em Wege der Vereinbarung zu erlangen: denn ein Zivilprozeß vor -en italienischen Gerichten könnte natürlich von der Gräfin beliebig in die Länge ge zogen werden. Es ist vielfach der Wunsch ausgesprochen worden, die sächsische Regierung möchte über die Vorgänge in Florenz eine authentische Erklärung erlassen. Wie aber die Dinge liegen, müßte diese Erklärung sehr dürftig ausfallen. Sie könnte höchstens die genugsam bekannt» Tatsache nochmals bestätigen, -aß der sächsische Hof seit dem Mai 1904 «an« pdrasa berechtigt ist, -ie kleine Prinzessin zurückzufordern. Heber den Verkehr der Gräfin mit G u i c i a r - i n i sich zu äußern, hat -ie Regierung einerseits nicht -en geringsten Anlaß, anderer seits steht ihr darüber kein durch Zeugenei- erhärtetes Material zur Verfüaung. Uebriaens soll das Staats. Ministerium in Anwesenheit des Königlichen Kommissars Dr. Körner am Sonnabend noch einmal wegen der An gelegenheit konferieren. Leider ist vorläufig keine Aussicht vor handen, daß das „Trauerspiel", das über Sachsen so viele trübe Stunden gebracht hat, in absehbarer Zeit doch zu Ende geht. Vielleicht wird sich -och einmal die Notwendigkeit ergeben, die An gelegenheit von der rein pathologischen Seite zu betrachten. Welche Sensationen die interessante Dame uns aber auch noch Vorbehalten haben mag, die Situation hat sich insofern getoaltig geändert, als jetzt das ganze sächsische Volk auf -er Seite seines Königs steht. 2. Vie Fürst in burrlanü. Lin neue» Manifest -es Saren. Am 4. März 1861 hat der Zar Alexander II. die Leibeigenschaft der Bauern aufgehoben, und seit Wochen, unaufhörlich haben die Depeschen der europäischen Presse berichtet, daß die Wiederkehr dieses Ereignisses in der gegenwärtigen russischen Krisis einen Tag erster Ordnung markieren werde. Unter dem heutigen Datum wird aus Petersburg gemeldet, daß Nikolaus II. ein neues Mani- fest erlassen hat: aber dieses Manifest ist nicht etwa die von Sanguinikern und Revolutionären erwartete Vervoll- j ständigung des Reformmanisestes, dessen Ausführung jetzt dem ' Ministerkomrtee obliegt. In dem vom „Regierungs boten" veröffentlichten Text wird auf die schweren Prüfungen hingewiesen, die Rußland heimgesucht hätten. Während der blutige Krieg in Ostasien um die Ehre Rußlands und seine Herrschaft inden Ge. wässern des Stillen Ozeans von dem russischen Volke eine bedeutende Anspannung der Kräste verlange, seien im Vaterlande selbst Wirren ausgebrochen. Die Führer der aufrührerischen Bewegung hätten Anschläge auf die heilige orthodoxe Kirche und auf die durch die Gesetze gefestigten Grundpfeiler des russischen Staates in der Hoffnung gemacht, eine neue Landesverwaltung auf einer dem russischenVaterlandenichteigene »Grund lage zu errichten. Der Anschlag auf den Groß- fürsten Sergius beleidige tief das Nationalgefühl eines jeden, dem die Ehre des russischen Namens teuer sei. Mit den Gebeten der rechtgläubigen Kirche unter dem Banner der kaiserlichen Gewalt habe Rußland schon häufig große Kriege und Wirren überstanden, doch die letzthin im Innern herrschende Unruhe mache dem Kaiser zur Pflicht, die Regierungsinstitutionen und alle Be hörden an ihren Diensteid zu erinnern und sie auf zufordern, zur Aufrechterhallungder Ordnung ihre Aufmerksamkeit zu verschärfen im festen Bewußtsein der moralischen und dienstlichen Berantwortung gegen Thron und Vaterland. „Unausgesetzt aus das Wohl des Volkes bedacht, in dem festen Vertrauen, daß Gott unseren Waffen den Sieg schenken möge, rufen wir die gutgesinnten Leute aller Stände auf, in einmütiger Mitwirkung sich uns anzuschließen zu dem heiligen großen Werke der lbe b e r w i nd u n g des äußeren Feindes und der Ausrottung des Aufruhrs iin Lande, da es nur bei ruhiger Stimmung der gesamten Bevölkerung möglich ist, unsere aus die Er neuerung des geistigen Lebens des Volkes, die Kräftigung seines Wohlstandes und die Vervollkommnung der Staats ordnung gerichteten Absichten zu verwirklichen. Mögen alle russischen Untertanen sich fest um den Thron scharen und ehrlich und gewissenhaft mit uns für die Angelegen heiten des Staats Sorge tragen." Unmittelbar vor diesem Manifest hat die „Petersburger Telegraphen-Agentur" ihr — zu einem Teile schon gemeldetes — Dementi der Nachricht gebracht, daß der Landwirtschafts minister Uermolow für den Zaren einen Ver fassungsentwurf ausarbeitete. Die unzeitigen Kom mentare der Zeitungen sind mithin ack abburckum geführt. Indessen bleibt das tiefste Mißtrauen gegen den offiziellen Informationsdienst der russischen Regierung zurück; denn das Telegramm über den behaupteten Entwurf Hermo- lows war nicht minder amtlich, und man hat nur zwischen dem Verdacht vorsätzlicher Fälschung der Meinungen oder der Annahme einer absonderlichen Direktionslosigkeit die Wahl. zweite»» kaiserliche«» Erlast befiehlt, damit es allen treuen Untertanen möglich werde, vom Kaiser unmittelbar gehört zu werden, daß dem unter Vorsitz des Kaisers sichenden Minister rat auch die Durchsicht und Beratung der von Privatpersonen und -Institutionen an die Person desMonarchen ge richteten Meinungsäußerungen und Wünsche nach Vervollkommnung der Staatsverwaltung und wegen Fragen, die sich auf die Aufbesserung des Volkswohl. standes beziehen, übertragen werden. Vie Streikdrshung des russischen Arbeiterverbande». Aus Petersburg wird vom Donnerstag ge- meldet: In einer Wählerversammlung von neuen Abteilungen des russischen Arbeiterverbandes wurde be schlossen, den gestern an den Senator Schidlowski gerichteten Forderungen noch diejenige hinzuzufügen, Laß die Persönlichkeiten aller Arbeiter und ihre Wohnstätten unantastbar sein sollen. Ferner wurde beschlossen, bis morgen mittag aus Antwort zu warten und falls Liese nicht befriedigend ausfallen sollte, über morgen sam Sonnabend) den allgemeinen Ausstand zu proklamieren. In Warschau. In dem heute aus'Warschau vorliegenden, nicht kon trollierbaren Depeschenmaterial wird gesagt, daß derStreik der Arbeiterder Gasanstalt emen beunruhigenden Charakter annimmt. Ein Meister der Anstalt wurde verletzt, doch scheint nur ein persönlicher Racheakt vorzuliegen. Eine bewaffnete Menge zwang das kaufmännische Per. jonal, die Bureau; der Anstalt zu verlassen. In fanterie» und Kavalleriepatrouillen Lurch, ziehen die Stadt. Häufig revidierten militärische Ab teilungen alle Häuser, die von 6 Uhr abends geschlossen ge. halten werden müssen. Im Judenviertel sind 350 (?) Verhaftungen, besonders solche von jüdischen Handlungs- kommis. erfolgt. Nachts gegen 3Vx Uhr wurde, nach einer ungewissen Alarmmeldung, aus einem dem Polizeibureau des Bezirks Muranow gegenüberliegenden Fenster auf einen Trupp Polizisten und Soldaten eine Bombe ge worfen; diese sei nicht explodiert. Als mutmaßliche Attentäter wurden zwei Jüdinnen verhaftet. Laut einer anderen Depesche werden heute 19 Artilleristen sich wegen ihrer Weigerung, nach dem Kriegsschauplatz abzugeyen, vor dem Kriegsgericht zu verantworten haben. — lieber Lemberg kommt die Meldung: Die drei kürzlich in Warschau erschossen aufgefundenen Polizisten sind nicht von Revolutionären oder Streikenden getötet worden, sondern von den eigenen Kameraden, weil sie ihre Vorgesetzten von Streckadsichten ihrer Kollegen benachrichtigten. In Aierv hält nach einem Telegramm der Aus st and der Apo- thekerge hülfen an. Von 22 Apotheken haben nur- drei die Forderungen der Ausständigen bewilligt. Der Aus stand in den Druckereien ist im Zunehmen begriffen. Vie Elsenbahn-irektion Vanzig gibt bekannt, daß der regelmäßige Personen- und Güterverkehr nach und von Rußland über MIawa gestern wieder ausgenommen worden ist. Von« rusfisch-polnifchen Grenzrevier. Aus Kattowitz, vom 2. März, meldet die „Köln Ztg": Tie Verweigerung der Kohlenannahme cn Sosnowice, die gestern für 24 Stunden den ober schlesischen Gruben gemeldet wurde, ist heute bis auf weiteres ausgedehnt worden. Voraussichtlich können Ncuverladungen nach'Rußland erst in zwei Tagen erfolgen. Tie Verladungen cn Oberichlesien übersteigen die Uebernahm« in Sosno- wice um 75 bis 100 Prozent. Unter den Streikenden im Sosnowicer Revier gärt es heftig. Sie drohen mit Plünderungen der Fabriken. Bei Fitzner und Gamper wurden gestern die Bureaubeamten aus den Bureaus vertrieben, nach dem die Direktion die Forde, rungen der Arbeiter abgelehnt hatte. ver ruszizch. japanische Weg. Vie japanische Gperatienrarmee. Der „Köln. Ztg." wird geschrieben: Allem Anschein nach bat Marschall Oyama jetzt in der Mantschurei fast die ganze Armee versammelt, die Japan für einen Krieg außer Landes verwenden kann. In der Heimat stehen keine Linien truppen mehr, sondern nur noch Reserve- und Ersatzfor- mationcn, Prri Arthirr hat eine schwache Garnison von Feldtruppen, uüd auch in Korea scheinen sich nur Reserve regimenter zum Schutz der Etappenlinie und als Besatzung einzelner Städte zu befinden. Wie wir bereits früher berich teten, sprechen Nachrichten auS Japan davon, daß die bei den Jnfanterieregimentern ausgestellten Marschbataillone auf das Festland gezogen sind und die Etappenorte besetzen, um den nötigen Nachschub jederzeit an die Front abzugeben, während ihre Lücken wiederum von den Ersatzbataillonen in der Heimat aufgefüllt werden. Es soll dadurch gelungen sein, die fechtenden Truppen auf der Sollstärke zu erhalten. Den äußersten rechten Flügel bildet die I. Armee unter General Kuroki, die am I al u focht, später die Pässe des Motienlinagebirges nahm und bei L i a o j a n g den Stoß gegen den russischen unken Flügel ausführte, der Kur o- vatkln zum Rückzug veranlaßte. Auch in den September schlachten focht sie auf dem rechten Flügel, hielt die geplante russische Umfassung auf und ist jetzt gegen Tsinhötschöng vor gegangen. Sie bestand zuerst aus der Garde, 2. und 12. Di vision und soll russischen Angaben zufolge die Garde, 2., 5., 9. und 12. Reservebrigade erhalten haben. Jede Reserve brigade hat organisationsmäßig vier Regimenter zu zwei Bataillonen, jedoch sind einzelne nicht vollzählig aus dem eigentlichen Kriegsschauplatz, sondern ^um Teil für andere Zwecke abkommandiert. Die Gesamtstärke der I. Armee soll nach russischen Angaben 85 000 Mann und 306 Geschütze be tragen. Westlich schließt an sie die IV. Armee unter General Nodzu mit der 5., 8., 10. Division und der 3., 8., 10. Neservebrigade, im ganzen 65 000 Mann und 198 Ge schütze. Sie steht am Schabo der russischen Mitte gegen über. Noch weiter westlich bis zum Hunho hin ist die II. Armee unter General Oku aufgestellt mit den Divisionen 3 und 4, die auf der Halbinsel Liaotung lande ten, dann die Feldbefestigungen ver Enge von Kintschou nahmen und beiWasangu über die Russen siegten. Später Feuilleton. Frauchen. Roman von Felix Freiherr von Stenglin. Staudruck verboten. Das war immer noch so eine geheime Hoffnung in ihr gewesen, trotzdem sie ja wußte, -atz sie noch in weit schwierigerer Lage sein würde als Agnes, denn sie sollte nicht nur einen Beruf ausüben, sondern als Kämpferin ihre Hauptaufgabe in der Förderung der Frauenrechte sehen. Aber — so hatte sie geschlossen — Agnes hat viel weniger Energie als du; wenn sie ihre Aufgabe erfüllen kann, wirst du vielleicht auch deine erfüllen können, trotzdem sie schwerer ist. Agnes hatte nun zwar ihre Aufgabe nicht erfüllen können; und da drehte Valeska ihren Gedankengong, wie der Segler sein Segel nach -em Winde dreht. Sie konnte es nicht, svrach es nun in ihr, aber warum soll ich es nicht können? . . Plötzlich wandte sie sich zur Seite und schritt eilig auf ihrem Wege fort, die Stirn in Falten, als wolle sie vor etwas entfliehen. Und dann entrangen sich ihren Lippen die Worte: Latz mich los! Latz mich los! Und daß sie dies konnte, dotz sie dies Stoßgebet ihrem Herzen obgewinnen konnte, stärkte sie schon ein wenia gegen die holden Verlockungen, die sie heimsuchten. Wenn man erst bittet, daß man von einem Wunsche befreit sein möchte, so ist man schon ein viertel von ihm befreit, sagte sie sich. Je mehr sie in der freien Luft weiterschritt, je mehr -ie über das Wasser kommende frische Brise ihr Gesicht umfächelte, je länger sie diesen reinen, herben Früh lingsodem in sich einsog, — desto mehr stärkte sich ihr Wollen. Bald war sie so weit, -aß sie wieder über die Ehe spotten konnte, über diese entsagungsvolle Anpassung. Ihr Stolz bäumte sich dagegen auf, wie schon oft. Dies gefährliche, allmähliche Aufgeben der eigenen Persönlich keit, um so gefährlicher, je allmählicher es erfolgt, dieses Einkapseln des eigenen Willens, dieser Verzicht auf die Freiheit, — nein! Dieses Aufgehen im Alltäglichen, die Freude über ein neues Kleid und einen neuen Teppich oder eine gelungene Suppe, dieses Vergnügen am Klatsch, am Schaden des Nächsten, an Verlobungsgeschich ten und fürstlichen Gnadenbeweisen, — dieses ganz kleine, erbärmliche Herdenleben, nimmermehr! Ja, nun hatte sie sich wiedergefunden! Die Falten wichen von ihrer Stirn, ein freudiger Glanz zeigte sich auf ihren Zügen. Immer weiter schritt sie, ohne -er Entfernung zu achten, und großartige Bilder von er habenem Wirken schwebten um sie her. Nun hatte sie nach Umschreitung der Hälfte deS kleinen SeeS die bewaldete Landzunge überstiegen, welche die beiden Gewässer trennt, und so stand sie alsbald an dem Ufer des großen SeeS, -essen Grenzen weit hinten mit den schmalen Streifen bläulichen Waldes verschwam- men. Der Wind wehte gerade auf sie zu und trieb eine Welle nach -er anderen mit regelmäßig wicderkehrendem Geräusch an den Strand. Er preßte ihr 'die Kleider straff an den Leib und brauste in ihren Ohren. Da streckte sie die Arme aus, als ob es ihr Geliebter sei, den sie umfangen wolle. Aber es war etwas Anderes, Großes, Unsichtbares, das ihr auf Sturmesflügeln nahte. Es war die Kraft, es war der Wille, -ie ihr zurücKehrten, und sie freute sich dessen. Dann wieder war ihr, als breite sie ihre Arme all' den Schwestern entgegen, die nach ihr verlangten, denen sie helfen wollte. WaS bedeuteten hundert Enttäu schungen! Die sollten sie nun nicht mehr niederdrücken. Wie herrlich Lies Suhwiederfindcn nach Zweifeln und Verzagen! Sie sah die lange Reihe der Gestalten, -er Elenden, Gedrückten, Mißhandelten an sich vorüberziehen. Da war das kleine Mädchen, -essen Geburt der Vater dem Freunde mit den Worten „Leider nur oin Mädchen!" anzeigt; da Las Schulkind, das sich auf -em Wege zur Schule vor den rohen Neckereien der Knaben nicht zu schützen wußte: die Heranwachsende Tochter, die nichts erlernen durste, weil die Erziehung -eS bevorzugten Jungen so viel Gold kostete: daS junge Weib, das ihre Reinheit dem verlebten, womöglich an den „Folgen seiner Jugendstreiche" — über -re man verzeihend lächelte — leidenden Manne hingeben mußte; das wider seinen Willen im Hause sestgehaltene Weib, daS jede freiere Regung vor dem „Herrn" verLergen, aber dessen eigenen freien Regungen entsagungsvoll und unter Schmerzen dulden mutzte; die im täglichen Kleinkram selbst klein, klatschsüchtig, erbärmlich Werdende: diejenige, die für ihre tägliche Aufopferung keinen Dank vom Manne erntete, für -ie Hingabe ihres ganzen Lebens keine Anerkennung: die duldende Mutter, deren Sohn all' ihre Fürsorge, all' ihr tägliches Gebet, all' ihr gütiges Verzeihen mit inimer neuen Schändlick>keiten lohnte: das liebende Mädchen, von dem -er Geliebte alles forderte, um sie dann ohne Barmherzigkeit von sich zu stoßen; die klug Geschmeidige und Lasterhafte, die Sumpfpflanze, die ihrem Geschlecht zur Unehre gereichte, tveil ihr Lebensdrang, den man imnier wieder eingeengt, sich an falscher Stelle Luft machte; die Arbeiterin, der man den kärglichsten Lohn bieten zu können glaubte, nur weil sie eine Frau war: alle, alle, ungezählte Tausende, schienen nach Hülfe zu schreien in ihrer Not, und sie sollte in weichlichem Zagen zurückschrecken? Sie sollte ange sichts all' disser Leiden ihrer Schwestern an ihr eigenes kleines Glück zu denken wagen? Sollte ihnen von -em Stück geistigen oder leiblichen Brotes, das sie ihnen erobern konnte, noch ein Stück abbrechen und es für sich behalten? Wie unwürdig! Wie armselig! Der letzte Nest von Bedenken und Zweifeln schwanü jetzt aus Va- leskas Sinn. „Ja, ich komme!" rief sie ihnen im Geiste zu. Sie fühlte sich stark, jede Prüfung zu bestchen, un- so nahm sie jetzt den Weg nach Tante Lotte- Turm, der dor. hinten au- -em frischen Grün -er Bäume emvorlugt».
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