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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190503121
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19050312
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19050312
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-12
- Monat1905-03
- Jahr1905
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1905
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Aunahmeschlutz für Anzeige«: Abend»Ausgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expeduiou zu richte». Extra-Beilagen (nur mit der Morgen- Ausgabe) »ach besonderer Vereinbarung. Die Expedition Ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet do» früh 8 bi- abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Volz in Leipzig (Inh. vr. B„R. L W. «ltnkhardtl Nr. 13«. Sonntag den 12. März 1905. 99. Jahrgang. Dar Mcbtigrle vom rage. *. Der Kaiser ist gestern an Bord de« Linienschiffs „Kaiser Wilhem II" in Bremerhaven einaetroffen. (S. Dtsch. Reich.) * In Eisenach wurde gestern die Gründung eine« all gemeinen deutschen Hochschulverbande« beschlossen. (S. Dtsch. Reich.) * Das Hospitz auf dem St. Gotthard ist gänzlich niedergebrannt. (S. A. all. Welt.) * Nach einer Londoner Meldung ist Fürst Ferdinand von Bulgarien gestern vormittag nach dem Kontinent abgereist. * In der gestrigen Sitzung des norwegischen Staats rates wurde das Abschiedsgesuch des bisherigen Ministe riums genehmigt und das neue Ministerium in der feststehenden Zusammensetzung ernannt. * Bei der Bombenexplosion im Petersburger Hotel Bristol ist ein Engländer Henry Lincoln, in dessen Zimmer Sprengstoffe gefunden wurden, in Stücke zer rissen worden; mit ihm soll eine Engländerin getötet worden sein. (S. den Artikel.) * Aus Tokio melden Reuterdepeschen über die Nieder lage der russischen Armee, daß diese auf beiden Flanken von den Japanern hart bedrängt werde; die Zahl der russischen Gefangenen wird auf 20000 bis 50 000 beziffert. (S. ruff.-jap. Krieg.) politirche lUocbenrcbau. Nun ist auch Hie dritte große Schlacht in der Mantschurei gegen die Russen und für die Japaner entschieden worden. Ungewöhnlich lange haben in diesem Kriege die großen Entscheidungen auf sich warten lassen. Schon Ende August vorigen Jahres fiel bei Liaujang der erste Streich. Damals wie jetzt wieder gingen die Japa ner zur Offensive über, sie behaupteten auch das Schlacht feld, aber sie konnten es nicht verhindern, daß Kuropatkin. ein Meister der Defensive, seine Truppen ungefährdet auf Mulden zurückzog. Tann kam im Oktober auf aller, höchsten Befehl der russische Gegenstoß am Schaho. Der russische Oberbefehlshaber brannte vor Begier, die Scharte von Liaujang wieder auszuwetzen; er hatte auch einige Teilerfolge wie die Eroberung des Putilowhügels zu verzeichnen; jedenfalls hatte er Mukden gerettet. Aber seine Hoffnung, die Japaner niederzuringen, fiel ins Wasser. Die russische Ueberlegenheit der Zahl zerrieb sich an der größeren strategischen und taktischen Tüchtigkeit der Japaner, die sich wie ein böser Hund an der russischen Armee festbissen. Nun lagen sich die beiden Heere am Schaho zähnefletschend gegenüber, sich vor dem Frost immer tiefer in die Erde eingrabend, ohne doch einen neuen Kampf zu wagen. Kuropatkin forderte unauf hörlich neue Truppen, und wenn er auch schwerlich so viel Mannschaften bekam wie die russische Presse behauptete, so konnte man doch alles in allem sein Heer vor dem Be ginn der letzten Schlacht auf 400 000 Manu rechnen. Aber auch die Japaner waren nicht müßig geblieben. Der Fall von Port Arthur hatte ihnen Luft gemacht: General Nogi rückte mit dem schweren Belagerungsgeschütz heran. Gleichzeitig aber zogen die Japaner in aller Stille vier neue Divisionen aus der Heimat heran, denen sich dann noch die in» Korea irgend verfügbaren Truppen hinzu gesellten. Nach alledem gewinnt es den Anschein, daß auch die Japaner über 300 000 Mann in die Wagschale werfen konnten. Trotz des grimmigen Winters begann dann, kaum daß Gripenberg Ende Januar bei Sandepu geschlagen war, das kühne Umgehungsmanöver der ja vanischen Truppen unter Oku und Nogi, dessen Gelingen am besten beweist, wie wenig leistungsfähig die russische Kavallerie auch nur für den Aufklärungsdienst, wie viel weniger für die eigentliche Schlacht ist. Es dürfte zugleich auch bei uns dazu gebieterisch zwingen, die Anschauungen über den Nutzen großer Kavallerie massen gründlich zu revidieren. Fast zwei Wochen währt nun der große Kampf, der selbst in diesem blutigen Kriege einen Rekord der Furchtbarkeit bedeutet. In immer neuen Angriffen suchten zunächst Kuroki im Osten, Oku und Nogi im Westen, die russischen Flügel zu läh men, bis es ihnen gelang, in die russischen Stellungen einzudringen. Den Hauptstoß führte dann der linke Flügel des japanischen Zentrums uckd mit seinem Siege war das Schicksal der Schlacht entschieden. Niemand zweifelt daran, daß Kuropatkin mit höchster Bravour gegen den überlegenen Feind angekämpft hat. All sein Zaudern, seine vielleicht übertriebene Zurückhaltung war in diesem Kampf um Sein oder Nichtsein von ihm ge wichen. Er wie der größte Teil seiner Unterbefehls. Haber haben bewunderungswürdig Stand gehalten. Aber der Erfolg der Japaner wird durch diesen tapferen Widerstand nur größer. Die Früchte ihres Sieges, so blutig sie sein mögen, werden den Opfern entsprechen. Schon haben sie die alte Kaiserstadt Mukden betreten, schon drängen sie auch vom Norden heran. Di» Dahn nach Tieling ist zerstört; Kuropatkin selbst hat keine an- vere Wahl als sich nach Norden durchzuschlagen, koste es noch so viel Opfer Ein Sedan wird es auch diesmal schwerlich werden; dazu sind die japanischen Truppen nicht stark genug. Aber Dlukden ist für die Russen end gültig verloren und nur die Trümmer der stolzen rus sischen Armee werden Tieling erreichen, um auch von dort bald wieder vertrieben zu werden. Wird dieser Kampf am Hunho das Ende sein? Noch sträubt man sich in Petersburg, die Tatsachen in ihrer ganzen Nacktheit anzuerkennen. Noch bramar basiert man von einer neuen Armee von 400 000 Mann, die man nach der Mantschurei schicken will. Aber das ist ohnmächtiges Gerede. So wenig Roschdjestwensky je bis nach Wladiwostok kommen wird, so wenig ist Ruß land augenblicklich in der Lage, noch eininal eine Armee in der Mantschurei aufzustellen. Wenn durch nichts an deres, dann würde die russische Negierung daran durch die Unzufriedenheit des Volkes gehindert werden, die jetzt schon einen beängstigenden Grad erreicht hat. Unter solchen Verhältnissen scheint die Fortsetzung 'des Krieges gegen Japan aussichtslos. Das mag man in Peters burg jetzt noch nicht zugeben wollen, aber man wird es nur zu bald einsehen müssen. Daß der Frieden jetzt teurer erkauft werden muß, als vor der letzten Schlacht, ist richtig. Und doch gibt es für Rußland keinen anderen Ausweg mehr, wenn es den völligen Zusammenbruch ver meiden will. Die Konsequenzen nach der einen oder an deren Seite können nicht lange mehr auf sich warten lassen. Vor den Vorgängen in der Mantschurei traten alle anderen Ereignisse der letzten Woche in den Hintergrund, zumal wenigstens in der Heimat eine verhältnismäßige Stille herrschte. Der Reichstag setzte noch die ganze Woche feine sozialpolitischen Plaudereien fort, ohne daß dem rednerischer: Aufwande ein entsprechender Erfolg befchieden war. Ja, es will fast scheinen, als ob auf dem Gebiete sozialen Fortschritts um so weniger geleistet wird, je längere Neben darüber gehalten werden t.-n Preußen wurde nun auch die zweite Berggetetz- novelle eingebracht, die den Beschwerden der Berg arbeiter abhelfen soll. Sie enthält nickst alles, was die Arbeiter gefordert hatten, aber sie bedeutet doch ist Be zug auf die Regelung der Arbeitszeit, die Beseitigung des Wagennullens und die Einführung von ständigen Arbeiterausschüssen eine wesentliche Verbesserung der be stehenden Verhältnisse. Um so mehr muß freilich besorgt werden, daß der von sozialpolitischen Rücksichten unan gekränkelte preußische Landtag der Novelle eine hart näckige Opposition entgegensetzen wird. Ob die preußische Regierung in diesem Falle durchdrücken würde, ist mehr als fraglich. In Italien ist Las Kabinett Giolitti rühm los gefallen. Wenn der „Avanti" von einer Flucht des bisherigen Ministerpräsidenten spricht, fo hat er damit nicht so unrecht. Denn die üblichen Gesundheits gründe können gerade in diesem Falle nickst verfangen. Was man von der Obstruktion der italienischen Eisen- ba'hnbeamten kaum erwartet hatte, 'das ist nun doch zur Wahrheit geworden; sie hat das Ministerium gestürzt. Im gewöhnlichen Laufe der Dinge bedeutet ein Kabinetts- wechsel nicht allzuviel, obgleich die italienischen Neu- Wahlen im letzten Herbst Herrn Giolitti eine lange Lebensdauer als Minister zu verheißen schienen. In diesem Augenblick ist aber der Vorgang für Italien von den allerverhängnisvollsten Folgen. Herr Giolitti hat die Pöbelherrschaft, die Diktatur der Straße in Italien groß gezüchtet. Schon im letzten Dezember sah er die Früchte seines Treibens reifen. Die Dinge wuchsen ihm eben über den Kopf. Der Streik wurde in Italien fast zur Permanenz erklärt, und die republikanische Strö mung nahm immer unheilvollere Dimensionen an. Jetzt, wo die Verwirrung vollkommen ist. wo auch der Generalstreik der Eisenbahner drohte, wirst er die Flinte ins Korn. In größter Zerrüttung läßt er das Land zurück. Nie vielleicht war die monarchische Stzaatsform in Italien stärker erschüttert, als in diesem Augenblick. Nun soll Herr Fortis die Sünden seines Vorgängers wieder gut machen. Und gewiß ist Leone Fortis ein tüch tiger Mann, ein trefflicher Volkswirt, ein Freund des Dreibundes. Er hat auch die Schule Crispis durchge macht und weiß deshalb, wie man mit den Massen um- gehen muß. Aber eine Krastnatur, wie sie der Stiefel Europas braucht, ist er nicht. Und so muß man befürch- ten, daß er seine Arbeit an eine schwierige Sache ver schwendet, der er nicht gewachsen ist. Man wird künftig noch mehr als bisher die Vorgänge in Italien im Auge behalten; allem Anschein nach braut sich dort ein Wetter zusammen, doS eines schönen Tage» verheerend nieder- geben kann. Das englische Kabinett Balfour stirbt lang- sam ab. Gelegentlich erfreut eS sich noch eines kleinen Erfolges, so bei der Beratung des Marineetats, als der Antrag Mc EraeS, in dem Verhandlungen mit anderen Mächten zur Herabsetzung der Flottenriistungen gefor- dert wurden, eine Ablehnung erfuhr. Dieser Antrag war natürlich nur eine liberale Demonstration; denn so bald die Liberalen wieder ans Ruder kommen, werden sie die Flotte im gleichen Tempo weiter ausbauen wie die Konservativen. Auch der Antrag Churchills, der sich gegen den Schutzzoll auf Nahrungsmittel ausfprach, fiel. Aber wohlweislich ließ es die Regierung nicht auf eine Entsckzeidung über Schutzzoll und Freihandel ankommen, die i>br vermutlich eine Niederlage gebracht hätte, sondern sie ließ dafür stinrmen, daß über den Churchillschcn Antrag überhaupt nicht abgestimmt würde. Wenn die Regierung damit eine Mehrheit fand, so beweist das natürlich für die Chamberlainschen Schutzzollpläne noch nichts. Es beweist höchstens, daß die Regierung augen blicklich noch über eine Mehrheit verfügt. Aber ihre Zeit ist bald herum, und bei den nächsten Wahlen dürsten zur Abwechselung die Liberalen wieder oben auf kommen. In Ungarn dauert die Ministerkrisis noch immer an. Kaiser Franz Joseph hat wieder sechszehn ungarische Parlamentarier gehört, aber die Situation hat noch nicht die geringste Aenderung erfahren. Nach wie vor setzt der Kaiser den Forderungen der Opp sition schroffen Widerstand entgegen. Welchen Ausgang die Tinge unter solchen Verhältnissen nehmen wexden, läßt sich heute noch nicht übersehen. Nur so viel ist wohl sicher. Laß sich die Parteigegensätze, je länger die Krisis dauert, um so unheilvoller verschärfen müssen. tzuickam. Vie SettievrmitlelgemeinrcbaN. Aus Stuttgart bringt die hochosfiziöse KarlSruber „Süd deutsche Reichskorresp." über die Betriebsmittelacmeinschaft der deutschen Eisenbahnstaaten einen langen Artikel, der offenbar dazu bestimmt ist, die vielfach aufgetauchten Be denken gegen die Gemeinschaft zu zerstreuen. Zuerst wird ausgesührt: „In der Presse sind in letzter Zeit mehrfach Korrespon denzen aus München erschienen, daß die Ding- bezüglich der Betri bömittelgemcinfchaft .»nicht mehr so einfach liegen", wie es ^.r-sana« geschient i habe, ja daß die Verhandlungen Ge fahr laufen, „auf das tote Gleise zu kommen". Auch vou Dresden' aus sind Bedenken in der Presse laut geworden. In beiden Fällen knüpfen die Be sorgnisse an an die vorgesehene gemeinsame Be schaffung der Betriebsmittel und des Betriebsmaterials, welche Anschaffungen in die Hand einer Zentralstelle zu legen wäre. Auf der «neu Seite wird nun die Befürchtung aus gesprochen, daß bei der Vergebung der Bestellungen die In dustrie der Bundesstaaten zu kurz kommen konnte, aut der andern Seite wird mehr der Gesichtspunkt bervorgekehrt, daß mit dem Wegfall der Konkurrenz, wie sie ein tritt , wenn jede Verwaltung ihre Bestellungen für sich selbst macht, der technische Fortschritt erlahmen möchte. Beide Einwände unterschätzen das Maß des inneren Antriebs, des Eifers und des Ehrgeizes, das die Betriebsmittelgemeinschaft der deutschen Effenbahnver- waltungen schon durch die Art ihrer Entstehung mit auf den Weg bekommen muß. Die Einheitlichkeit, d>e durch diese Gemeinschaft hergestellt wird, ist nicht diejenige einer läh menden, ertötenden Zentralisation, sie bildet vielmehr ein Zusammenwirken von Kontrahenten, deren An regungen sorgfältige Prüfung zuteil werden muß und sie steht zugleich unter der beständigen Kontrolle dieser Kontrahenten und aller ibrer öffentlichen Organe: der Regierungen und Verwaltungen, der Landtage, der Presse. Auf Zeit und unter dem Vorbehalt der Kündigung abgeschloffen, kann die Gemeinschaft kein höhere« Anliegen kennen, als jedem Kontrahenten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, jedem sich vorteilhaft und unentbehrlich zu erweisen. Insbesondere für diejenige Verwaltung, der entsprechend der Größe ihre- Eisenbahnbetriebs die Leitung der Gemeinschaft vornehmlich zufallen wird, ist es Ehrensache, hängt der Ruf ibrer Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit daran, daß die Gemeinschaft sich bewährt und dauernd befriedigt. Eine ge rechte, ja generöse Berücksichtigung der bundes staatlichen Industrie» darf daher mit Sicherheit erwartet werden und eS kann auch keine zu großen Schwierig keiten bieten, hierfür eine von Zeit zu Zeit neu zu regelnde Kontingentierung ru vereinbaren. Wenn die Kartelle und Syndikate der Privatindustrie r« zustande bringen, die Produktion unter dir Teilnehmer nach billigem, gleich wirken dem Maßstab zu verteilen, so muß das doch auch den ver einigten Eisenbahnverwaltungen möglich sein mit ihrem viel gleichmäßigeren und leichter zu überschauenden Bedarf . . ." Dann geht der offiziöse Beruhigungsartikel auf die be sonder- für Süddeutschland wichtige» Fragen der Personen tarifreform und die Einführung der vierten Wagenklaffe ein. Darüber heißt es: „Den Zusammenhang der BetriebSmittrlgemeinschaft mit der Personentarifreform, die gleichzeitia in Behandlung genommen ist, vermittelt in erster Linie die Frage der vierten Klasse. Können sich die Eisen- babnverwaltungen über gemeinsame Klaffe» im Personen verkehr einigen, so wird damit die Betrieb-mittelau-nützung wesentlich erleichtert. Je einheitlicher der BetriebSmtttel- park. um so besser ist di« Betrieb-mittelgemeinschaft durch zufithren. Zugleich gewährleisten die Ersparnisse aus der Betriebsmittelgemeinschaft eine Ausgleichung für die Einnabmeaüsfälle, di« durch di« Personentarifreform ent stehen können, sie vermindern also bei der Tarifreform da« Risiko für die bundesstaatlichen Finanzen. Bei diesem Zusammenhang kann e« kaum wundernehmen, daß die Stimmen, die jetzt Bedenken gegen die Betrieb-mittel- gemeiuschaft geltend machen, auch die alte Abneigung gegen di« vierte Klaff« auf« nrue laut w«rden lassen. Man weist da ». a. darauf hm, daß da« Dreiklaffensystem „fast von der ganzen Kulturwelt" angenommen sei. Es bandelt sich aber nicht darum, welches System ma» in Deutschland zur Einführung empfehlen möchte, fall« man tabula raa» vor sich hätte, sondern eS liegt die Tatsache vor. daß auf dem weitaus größten Eisenbahnkomplex Deutschlands die vierte Klasse besteht und so eingelebt ist, daß an ihre Abschaffung nicht zu denken ist. Die richtige Logik wird daher zu folgendem Schluß kommen: Wenn die Reisenden erster Klasse immer mehr die Neigung zeigen, in die zweite, und die Reisenden zweiter in die dritte Klasse über zugehen, so ist anzunehmen, daß auch eine große Zahl Reisender dritter Klasse gerne in die vierte Klasse über gehen wird, wenn dies- vierte Klaffe billiger ist und ihnen praktische Vorteile und Annehmlichkeiten sichert, die die dritte Klasse bei der ihr eigentümlichen Einrichtung nicht gewähren kann. Und mit diesem liebergang großer Massen aus der dritten in die vierte Klasse wird dann der Ueber- gang aus der zweiten in die dritte und aus der ersten in die zweite Klaffe sich noch in verstärktem Maße fortsetzen können und damit die unrentabelste Wagenklaffe, die erste, in den Personenzügen, in denen allein die vierte Klasse ge führt wird, iinmer mehr entbehrlich werden. So stellt sich dann wieder von selbst das Dreiklassensystem her, und zwar in zweckmäßigerer Weise als eS jetzt besteht. Richtig besehen, spricht also auch das Argument der Klaffen ersparnis und Vereinfachung für die vierte Klaffe." Das ist sehr nett gesagt und längt ganz plausibel, nur sollte man meinen, daß „die richtige Logik" auch zu einem anderen Resultate tmnmen kann. Nämlich man brauchte nur die dritte Klasse für den Preis der vierten laufen zu lassen, um zu der Klasseuersparnis zu gelangen. Das Publikum wäre jedenfalls sehr zufrieden damit. Trotz der Einfachheit der Lösung wagen wir freilich nicht auf die Annahme diese- Vorschlags zu hoffen. Vie ffkirir in stn-rlanä. Die j)eter»burger Vsmbensxplofion. Eine von P e t e x s b u x g, vormittags 1N4 Uhr datierte Depesche meldet: Die Explosion in Lem Hotel garni Bristol verursachte sowohl im zweiten Stockwerk wo sie früh 4 Uhr erfolgte, als auch in anderen Stock- werken bedeutende Beschädigungen. Mehrere Fensterrahmen tvnrden zertrümmert. In einem Laden des ersten Stockwerkes stürzte die Stukkatur von der Decke herab, im dritten Stockwerk wurden die Scheiben von fünf Fenstern zertrümmert. Das Haus, in welchem gegenwärtig Gerichtspersonen Len Tat bestand feststellen, ist von Polizei umgeben. — Ter „Kölnischen ,'seiiuug" wird aus Petersburg tele graphiert: Die Explosion im Hotel garni Bristol geschah in einem von einem Engländer und einer Eng länderin bewohnten Hofzimmer. Beide wurden g e - tötet. Angeblich hat der Engländer unvorsichtigerweise die Bombe fallen gelassen. — Tem „L. A." wird noch gemeldet, t>ak die Explosion von einem Zimmer ausge gangen ist. Las ein englischer Untertan namens Henry Lincoln feit einem Jahre bewohnte. Durch die Explosion wurde Lincoln selbst in Stücke gerissen. Zwei nebenan wohnende Fracken wurden schwer verletzt. In einem Neisekoffer fand man noch zwei Bomben. Sur Wahrung -er staatlichen Ordnung droht, wie aus Petersburg gemeldet wird, eine amtliche Kundmachung für Aufhetzung der Bauern bei Versammlungen in den Dörfern gegen die für die Barrernselbstverwaltung bestehenden Gesetze und andere Regierungsordnungen GeIdstrafen bis 500 Rubel oder Arrest bis zu 3 Monaten an. Die Maßnahme wird auf das ganze Generalgou vernement ausgedehnt. In Warschau. Aus Warschau wird gemeldet: Die Lage hier ist höchst schwierig; Gesindel terrorisiert die Bevölke rung. Tie ohnehin unter dem Druck der Verhältnisse leidenden Hausbesitzer erhalten Drohbriefe mit der Forderung, die Mieten hcrabznsetzen; selbst bedeutenderen Firmen wird es bei der ungünstigen wirt- schaftlichen Lage schwer, die Miete zu entrichten. — Das Befinden des Po l i ze i k o m m if s a r s R a ste ga jew. auf den ein Unbekam.er einen Schuß abgegeben hatte, der den Polizeikommissar schwer verwundete, ist befriedigend; der Täter ist noch nicht ermittelt. Der Aufstand im Aaukasu». Aus Konstantinopel, dom 9. März, wird uns geschrieben: Die türkischen Regierungskreise sind durch die aus dem Kaukasus eintreffenden Meldungen in höchstem Maße beunruhigt. Man sagt, der Pforte seien von dort vertrauliche Meldungen zugeoangen, denen zufolge die kaukasischen Dölkerstämme über fclhr be deutende Vorräte an Waffen und Munition verfügen, die ihnen durch armenische Agenten zugeführt worden seien. Wenn es tatsächlich gelingt, die Georgier, Gru- sinter und Armenier zu einem gemeinsamen Aufstande gegen die russische Herrschaft zu bringen, so würde sich Rußland auf einen mehrjährigen Kampf im Kaukasus einrichten müssen. Die örtlichen Verhältnisse des kaukasischen Berglandes bieten einer aufständischen Bewegung, wenn sie einheitlich ge führt wird und über genügende Kamvfesmittel verfügt, so bedeutende Vorteile, daß zu ihrer Bewältigung mehrere 100 000 Mann erforderlich sein würden. Der nirrirct-japanirche ffneg. Der Umfang ösr rusfischcn Ußs-srla-e. Aus Tokio vom Sonnabend 8 Uhr vormittag« meldet Reuter: Der ganze Umfang der Niederlage der Russen ist noch nicht bekannt. Es steht bereit« fest, daß die Zahl der toten und verwundeten Russen, sowie die Verluste an Geschützen und Munition enorm ist. Man schätzt die Zahl der Gefangenen auf 20 000 bi« 50000. Der verzweifelte Kampf dauerte di« aanre Nacht fort; die Russen bemühen sich, die u m sch lie ß u n gS k et te zu durchbrechen. — Bo« »ach mittaa« 2 Uhr meldet derselbe Korrespondent: Di« Raff«
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