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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1905
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19050323014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1905032301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1905032301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-23
- Monat1905-03
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* Unruhen in Lüpkamcruul Nach der „Nat.-Ztfi." sollen am TienStag Meldungen eingetroffen sein, wonach sich isüd- kamerun im allgemeinen Aufstand befände. Wie das „Wölpsche Bureau" dagegen behauptet, liegt amtlich nichts vor, was diese Meldungen bestätigen lönnte. Vielmehr lauten die zuletzt eingetroffenen Berichte dahin, daß Unruhen bisher nirgends vorgekommen sind. * Tcutschlans und Marokko. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt offiziös: Gegenüber den ausländischen Zeitungsstimmen, welche auS dem deutschen Kaiserbesuch in Tanger politische Schlüsse ziehe», ist zu nächst hervorzubeben, daß für Seine Majestät den Kaiser lein Grund vorlag, auf seiner Mittelmecrreise einen Besuch in Tanger zu unterlassen. Ter Standpunkt der deutschen Politik gegenüber Marokko — kein Gebietserwerb, aber offene Tür — ist seit Jahr und Tag so klar zum Ausdruck gebracht worden, daß der Versuch, die Kaiserreise zum Ausgangspunkt einer neuen politischen Richtung darzustellen, aussichtslos ist. Weiter bemerkt das Blatt, daß für die Erwartung des Grafen Bülow, die deutschen wirtschaftlichen Interessen in Marokko würden von keiner Macht eine Zurücksetzung zu besorgen haben, bisher noch keine Gewähr bestehe. In Tunis habe die französische Herrschaft zu einer vollständigen Zurück- drängung des nichtfranzöstschen Elements geführt. Das englische Re^ierungSorgan „Daily Grapbic" sagt in einem Artikel über die Reise Kaiser Wilhelms, die Annahme, daß der Herrscher irgendwelche unfreundliche Absichten gegen Frankreich im Sinne habe, sei durchaus unrichtig, wie der Besuch deS Kaisers beim französischen Botschafter und die geplante Reise nach Gibraltar nnv Neapel beweise. England und Italien würden natürlich jede Unternehmung gegen Frankreich Übel aufsafsen. * RrichSarzneitare. Am 1. April dieses Jahres tritt die bereits angekündigte ReichSarzneitaxe in Kraft. Sie bringt neben einigen PreiSänderungcn für Arzneimittel und Arbeiten die Bestimmung, daß für die Abgabe von Arzneien während der Nacht, gleichgültig, ob sie auf ärztliche Ver ordnung oder im sogenannten Handverkauf verabfolgt werden, ein Zuschlag von 50 erhoben werden darf. Da Lieser Zuschlag nicht obligatorisch ist, so ist anzunehmen, daß die Apotheker in wirklichen Notfällen, besonders bei der ärmeren Bevölkerung, auf diese Entschädigung verzichten werden. Andererseits kann man eS nur billigen, daß der Apotheker bei seinem schweren und verantwortungsvollen Beruf durch diese Nachttaxe vor gedankenlosen Belästigungen, wie sie leider vorkommen sollen, geschützt wird. Auch werden die Fachvereine wobl in Kürze zu dieser Frage Stellung nehmen, um eine einheitliche Handhabung der etwas ungenauen Be stimmung durchzuführen, wie dies sowohl daö Interesse der Apotheker als auch deS Publikums erheischt. * Acndcruug des prcutzischen LandtagSwahlgcsctzcs. Die Mitteilung, daß die in Aussicht gestellte Novelle zum Lank tagswahlgesetze den Landtag in dieser Tagung voraussichtlich nicht mehr beschäftigen werde, wird der „Disch. Tgsztg." von anderer Seite bestätigt. Es scheint jetzt festzustehen, daß die Vorlage erst in der nächsten Tagung dem Landtage unter breitet werden wird. Ob aber der neue Minister des Innern diese Erbschaft seines Vorgängers überhaupt antreten werde, muß jedenfalls abgewartet werden. — Das Zeugniszwangsverfahren gegen den Berliner Vertreter der „Lipp. Landesztg.", Redakteur Stärcke, in der Affäre der Kekuleschen „Dies!eits"-Devesche ist, wie das „B. T." hört, noch immer nicht eingestellt. Stärcke hat zu Sonnabend eine ndue Vorladung vor das Amtsgericht I erhalten, um in der Sache vernommen zu werden. Natürlich kann er nichts bekunden, und es bleibt nur zu wünjchen, daß das Gericht auf das zugleich zweck lose, moralwidrige und odiöse Verfahren, Stärcke wegen Zeugnis verweigerung einzusperren, verständigerweise verzichtet. — Französische Kreise verbreiten nach der „Frkft. Ztg." in Rom, daß anstatt des spanischen Jesuitengenerals Martini, der wegen eines unheilbaren Krebsleidends nach Pisa transportiert wird, heimlich schon ein deutscher Nachfolger erwählt worden sei, weil der Orden hoffe, so seine Wiederzulassung in Deutschland zu erleichtern. * * Neuer akademischer Konflikt in Hannover. Ein neuer Zwiespalt zwischen der technischen Hochschule und dem Kultusministerium droht auszubrechen. Das Kultus ministerium macht die Aenderunz der neuen Ausschußsatzung von seiner Genehmigung abhängig. Die Studentenschaft weigert sich, dies auzuerkennen. * kiel, 22. Mär). DerProvinziallandtag beschloß, dem Kronprinzen und seiner Braut zur Vermählung ein HochzeitS- steschenk zu widmen. — Zum bleibenden Gedächtnis an die nn kommenden Jahre stattsindende Feier der silbernen Hoch zeit deS KaiserpaareS bewilligte außerdem der Provinzialland- tag 100000 .E zur Errichtung einer Stiftung zur Versorgung der auf Kündigung und ohne Pensionsberechtigung in Prö- vinzialdiensten stehenden Personen und deren Hinterbliebenen. * Aus dem Nhcingau. Pfarrer Dr. Nody-Oestrich, einer der angesehensten Politiker des Zentrums im Rheingau, ist in Düsseldorf gestorben. Er gehörte zu den in der Zeit deS Kulturkampfs gemaßregelten Geistlichen und hat auch im ReichtagSwablkreiS Wiesbaden - Langenschwalbach - NüdeSbeim kandidiert. Später wurde sein Einfluß durch den der Wies badener politischen Geistlichkeit mehr in den Hintergrund gedrängt. * Mülhausen i. 8., 22. März. Der Gemeinderat strich bei der Budgetberatung, wie in den vorigen Jahren, die Gehälter der katholischen Vikare, sowie die Ge haltszulage der Pfarrer, insgesamt 32 000 * Stuttgart, 22. März. Der König verlieh dem Staats sekretär Grafen v. Posadowsky daS Großkreu; des Ordens der württembergischen Krone. * München, 22. März. General z. D. Heinrich von Tylander, der bis vor Jahresfrist kommandierender General deS dritten bayerischen Armeekorps war, ist heute gestorben. Ausland. Oesterreich-Ungarn. * Neue Mobilmachung der vereinigten Opposition. Ter „Voss. Ztg." wird aus Pest gemeldet: ÄaS seit Monaten befürchtet wurde, ist tatsächlich riugelreten: der Zwiespalt zwischen Krone und llnabhSngigkeitsparlei über die Armeefrage hat solche Schärfe an genommen, daß ein Ausgleich vollständig ausgeschlossen erscheint. Angesichts dieser Wendung tritt der Gedanke eines Ueber- gangsnttnisternuns ganz in den Hintergrund, weil die vereinigte Opposition verkünden ließ, daß sie ohne die Erfüllung ihrer An- spräche in der Armecfrage weder ein Budgetprovisorium noch daS Rekrutenkontingent bewilligen werde. Andererseits ist das Kabinet TiSza um keinen Preis gewillt, auf seinem Posten zu bleiben, nm nicht als Zielscheibe für den Vorwurf zu dienen, daß eS die Lösung der Krise verhindert habe. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als mit Verordnungen bei vertagtem Parla ment zu regieren; Ungarn steht vor der Gefahr eines verhüllten Absolutismus. Wer aber der Mann ist, der unter solchen Umständen so erdrückend schwierige und verantwortungsvolle Aufgaben auf sich nimmt, weiß bisher niemand. TaS ist daS große Geheimnis. Alle Vermutungen in dieser Richtung, sowie die Meldungen von weiteren Berufungen zum Kaiser entbehren jeglicher Grundlage. — Nach einem vom Mittwoch datierten Pester Telegramm erschien Graf Andrassy nachmittags beim Könige in Audienz und erstattete über das Scheitern der Verhandlungen mit der Linken Bericht. Er hat die Mission in die Hände des Königs znrückgelegt. Nach einem zweiten Telegramm faßte die Plenarversammlung der koalierten Oppo sition einen Beschluß, in dem sie erkärt, daß es ihr unmöglich sei, rin Kabinett aus den Reihen der vereinigten Opposition zn bilden oder ein solches zu unterstützen, da seitens der Krone als Bedingung zur Bildung eines solchen Kabinetts die Ausschaltung der Frage der Armeefahnen des ungarischen Kommandos gestellt sei, wäh rend andererseits die Forderungen für die Erhöhung des Rekrulen- kontingentS und von 450 Millionen für Artilleriezwecke aufrecht er halten seien. Auf wirtschaftlichem Gebiete sei die Forderung gestellt, daß mit der österreichischen Regierung eine Vereinbarung getroffen wurde, nach der der deutsche Handelsvertrag bedingungslos ratifiziert werden müsse. Das könne nicht angenommen werden, weil eine solche kategorisch gestellte Bedingung die Ver wirklichung der wirtschaftlichen Selbständigkeit vereiteln würde. Die koalierte Opposition erklärt, aus obigen Gründen ein auf dieser Grundlage gebildetes Kabinett nicht unterstützen zu können: die Solidarität der vereinigten Opposition werde auch in dieser schweren Lage unverändert aufrecht erhalten. Dem Grasen Andrassy wurde für seine Bemühungen Dank ausgesprochen. Frankreich. * Maßregelung eines RedcmptoristeupriorS. Wie ans Les Sables d'Orlonne gemeldet wird, war dort der Prior der Redemp toristen, Pater Ribier, der vor kurzem wegen Uebertretung des Vereinsgesepes und Widerstandes gegen einen Gerichtsvollzieher zu 3000 Frcs. Geldstrafe verurteilt worden war und sich geweigert batte, die Summe zu bezahlen, deshalb in Haft genommen woroen. Es versammelte sich eine große Volksmenge vor dem Gefängnis, und ein von ihr Abgesandter bezahlte die Geldstrafe für den Pater Ribier, der alsbald freigelasfen und von der Menge mit Jubel empfangen wurde. * Anwendung des UnfallgcsetzeS auf Soldaten und Unteroffiziere. Nach einem Telegramm aus Paris ist vorgestern in der Teputiertenkaminer ein Antrag des sozialistischen Depu tierten Mirman zur Verteilung gelangt, nach welchem denjenigen Unteroffizieren nnd Soldaten der Linie, Reserve und Land wehr, denen während der Ausübung deS Dienstes ein Unfall zu stößt, vom Staate auf Grund des Arbeiterunfallgesetzes eine entsprechende Entschädigung oder ihren Hinterbliebenen eine Pension zugcwendet werden soll. Belgien. * Tie Todesart des Vizegouverueurs iLostermanS. Wie nach einer Brüsseler Depesche bekannt wird, ist der Tod des Vizegouverueurs des Kongostaats, Coftermaus, auf Selbst mord zurückzusühren. Offiziell wird versichert, Laß dieser Selbst mord in keinem Zusammenhang mit den Ergebnissen der nach dem Kongoslaat aus Englands Betreiben abgefandten Untersuchungs kommission stehe. Balkanhalbinsel. * Neue türkische Anklage gegen bulgarische KomitatschiS. Aus Konstantinopel meldet das offiziöse Wiener Korrespondenz- Bureau: Ter Walt von Monastir meldet, daß bulgarische Komi- tatschis das Kloster Tfcherbovv, Bezirk Kastoria, nieder gebrannt haben, ferner, daß der Geistliche des LrteS, Tsche- rebstsche mit zwei Verwandten von einer bulgarischen Bande unter Dimko getötet worden sei, weil er nicht zum Exarchat übertreten wollte. Ter Mali von Saloniki meldet, daß der Orts vorsteher von Pepo le, Bezirk Tikweich, von bulgarischen Komi- tatschiS getötet worden sei. * Tie türkische Besatzung von Sana. Gleichfalls durch das Wiener Korrespondenz-Bureau wird die Nachricht übermittelt, daß die Pforte erklärt, das Gerücht, daß Sana, die Hauptstadt Les Vilajets Demen, von den Aufständischen genommen fei, fei unbegründet. Amerika. * Bor dein Abbruch der französisch-venezolanische« Be ziehungen. Wie dem „L.-A." aus Paris depeschiert wird, ist die aus Venezuela erwartete obergerichtliche Entscheidung in Angelegenheit der französischen Kabel bisher nicht publiziert worden. Rian glaubt, daß ein Arrangement zustande kommen werde. Der Vizepräsident von Venezuela Velutinj, welcher sich kürzlich eines Anlehens wegen in Paris aushielt und von Castro abbermen wurde, dürfte den Präsidenten Castro bestimmen, einen Ausgleich in der Kabelfrage anzubieten. Immerhin ist man in Paris auch auf einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen vorbereitet. Deutscher sieichttag. Sitzung vom 22. März 1905. S Berlin, 22. März. (Telegr.) Bei Eröffnung der Sitzung war der Saal nur sehr schwach besetzt; erst allmählich kamen die Mitglieder des HauseS her bei, der Besuch blieb aber schließlich doch ein mäßiger, trotz dem das preußische Abgeordnetenhaus heute bereits vor 1 Ubr seine Sitzung geschlossen hatte und somit die Träger von Doppelmandaten für den Reichstag srei waren. Hatte vielleicht daS prachtvolle Frühlingswetter sie ins Freie ge lockt? Die Tribünen zeigten dagegen wenige Lücken, man hatte wohl auch heule auf einen großen Tag gehofft. Während der Präsident der Aeltcste» der Berliner Kausmannschask, Stadtältester Kaempf, die Debatte eröffnete, sah man den Zentrumssührer Dr. Spahn in eifriger Unterhaltung mit hem Präsidenten Graftrk Ballestrem, während sein rühriger Fraktionskollege Erzberger sich vom Kriegsminister v. Eine» Informationen holte. Später umstanden Vie Mitglieder de« Zentrums Herrn Dr. Spahn, der anscheinend über seine Besprechung mit dem Präsidenten berichtete. Man hatte sich wohl darüber schlüssig gemacht, ob und wann morgen mit Rücksicht auf die Beisetzung des Staatsministers v. Hamm erstein Sitzung stattsinden sollte. Indessen schleppte sich die Debatte dabin. Man besprach die Usancen der Heeres verwaltung beim Einkauf, hauptsächlich landwirtschaftlicher Produkte. Die Linke warf der Verwaltung Bevorzugung der Produzenten vor und beklagte sich über Benachteiligung der Händler. Die Rechte stimmte der Heeresverwaltung, deren Praxis Generalmajor Gallwitz verteidigte, zu. Der sozial demokratische Kölner Zigarrenhändler Meist brachte einen Fall zur Sprache, daß ein Geistig-Minderwertiger in die Armee eingestellt sei, wogegen Generalleutnant Sixt von Arnkln ausführte, die Verwaltung habe kein Interesse an Einstellung von Geistig-Minderwertigen; eS liege aber im Volke, geistige Schwäche bei der Aushebung möglichst zu ver heimlichen. Man besprach dann noch den von den Osfizier- kasinos betriebenen Weinhandel, Mißstände im Kantinen wesen, Flur-und Wildschäden durch Truppenübungen, Härten bei Requirierung von Fuhrwerken und anderes, brachte lokale Wünsche und Einzelfälle vor. Die Unruhe wurde im Hause mehrfach so groß, daß der Präsident wiederholt zur Glocke greifen und um Ruhe bitten mußte. Die für die All gemeinheit wenig interessante Debatte nahm aber eine un erwartete Wendung, als der polnische Graf MielzynSki, früher Leulnant im Leibkürassier-Regiment in Breslau, daS Wort ergriff, zwar mit ruhigen, sachgemäßen Erörterungen begann, sogar dem Kriegsminister fast ein Vertrauensvotum erteilte, bald aber im bekannten Fahrwasser einer großpol nischen Agitationsrede segelte. Redner bediente sich recht kräf tiger Ausdrücke, besonders gegen den Ostmarkenverein, für den er und die Polen nur das Gefühl der Verachtung hätten. Damit machte er es allerdings dem Kriegsminister verhält nismäßig leicht, ibm eine tüchtige Abfuhr zukommcn zu lassen, die um so wirkungsvoller war, als Herr v. Einem, wie ein erjahrener, löchriger Kriegsherr, sein schwerstes Geschütz erst am Schluß abfeuerte. So kamen die zahlreichen Tri bünenbesucher doch noch auf ihre Rechnung. Die Polensrage wurde nun abgelöst durch die Jubensrage. Professor Eick hoff Er. Vpt.) sprach mit vielen Worien und großer Em phase unter Beibringung eines umsangreichen Materials über das semitische Element und dessen Benachteiligung im Heere und veranlaßte Vas kleine Häuslein der Antisemiten zu mehrfachen Zwischenrufen, die sich der Präsident durchaus verbat. Jedenfalls hatte der Redner die volle Aufmerksam keit des Hauses, als er scharf gegen Liebermann v. Sonnen berg und die um ihn polemisierte, ebenso wie die der von Eickhoff angegriffene Kriegsminister, der eine Beantwortung energisch ablehnte, da ihm das Material bajür fehle. Zum Schluß hielt der sozialdemokratische Abgeordnete Ledebour eine längere, namentlich zum Schluß vielfach von Heiterkeit und Lärm unterbrochene Rede, in der er mit einem großen Auf wand von Stimme und Geste darlegte, warum seine Partei gegen das stehende Heer sei. Dann folgten eine ganze Reihe persönlicher Bemerkungen, ein Rededuell zwischen den Herren Eickhoff und Liebermann von Sonnenberg; es handelte sich um den Bonner Fall Moses Bier, zu dem schließlich auch noch der Präsident daS Wort zu einer Aufklärung ergriff. Um 6i/, Uhr vertagte mau sich auf morgen. D Berlin, 22. März. (Telegramm.) Die Beratung des Miliiäreiais wird fortgesetzt. Abg. Kämpf (Freis. Vpt.) erörtert die Frage der Lieferungen für die Militärverwaltung und führt Beichwerde über Bevorzugung der Produzenten vor den Händlern. Er weist besonder- darauf hin, daß im Kriegsfälle der Produzent allein nicht alle« leisten könne, und daß dann andererseits der Handel, wenn er bis dahin ausgeschaltet sei, auch nicht das leisten könne, was man von ihm erwarte. r- Abg. v. Brockhausen (kons.) hebt den Vorteil des direkten Verkebrs mit den Produzenten hervor, da die landwirtschaftlichen Produzenten die großen Manöverlasten willig trügen, sei eine Kom pensation zu ihren Gunsten am Platze. Die Landwirtschaft sei so organisiert, daß sie allen Anforderungen entspreche. Die Militär verwaltung müsse ihren Bedarf im Jnlande decken. Ich weise auf die bezüglichen Bestrebungen der österreichischen Heeresverwaltung als vorbildlich hin. Tie Preisfestsetzung müßte statt durch die Berliner Börse, Lurch eine besondere Kommission erfolgen. Auch Las republilanische Frankreich begünstigt nicht den Handel, bezieht vielmehr seinen Bedarf direkt von Produzenten. In der vor geschlagenen Kommission müssen Vertreter der Landwirtschaft und meinetwegen auch solche des Handels sitzen. Generalmajor Gallwitz erklärt: Ersahrungsgemäß kaust die Heeresverwaltung am besten nnd billigsten beim Produzenten; sie erkennt ein Anrecht des Handels darauf, alle ihre Käufe zn ver mitteln, nicht an. Tas billigere Kaufen beim Produzenten kommt den Steuerzahlern zugute. Ferner kaufen wir beim Produzenten besser, weil wir keine Milchware erhalten. Ter Verkehr mit den Produ zenten gibt Len Heeresbeamten auch eine gute Ausbildung sür etwaige Kriegszeit. Wir prüfen aber die Ware iowohl beim Produzenten wie beim Händler. Der Handel ist an den Lieferungen sür jdas Heer stark beteiligt; die Begünstigung der Produzenten ist nicht groß. Redner bebt weiterhin hervor, daß im Westen des Reiches, wo im Interesse der Landesverteidigung die meisten Truppen zusammengezogen seien, wenig Getreide gebaut wird. Mit den landwirtschaftlichen Genossenschaften haben wir leider ungünstige Erfahrungen gemacht; ihr kapitalistischer Betrieb und ibr beträcht licher Beamtenapparat bringt eine Preissteigerung mit sich. Abg. Meist (Soz.) verlangt, daß geistig Minderwertige nicht ins Heer eingestellt werden. Generalleutnant Sixt V. Arnim betont, die Heeresverwaltung habe kein Interesse daran, geistig Minderwertige einzustellen; viel fach würden aber geistige Gebrechen bei der Musterung verheimlicht. Abg. Werner (deutschsoziale Reformvarter) befürwortet eine inzwischen eingegangene Resolution Graf Stolberg-Wernigerode auf Revision des Gesetzes über die Naturalleistungen für daS Heer in Friedenszeiten dahin, daß die Entschädigungssätze entsprechend dem tatsächlichen Werte der Naturalleistung, erhöbt werden. Redner empfiehlt ferner eine Ausbesserung der Bezüge der Unteroffiziere. Abg. Böttger (Null.) tadelt den von Osstzierkasiuos betriebenen Weinhandei und rügt Mißstände im Kantinenwesen. Abg. Tove (Frs. Bgg.) sagt: Die Heeresverwaltung darf den Handel nccht zugunsten dex Landwirtschaft auejchalten. Wenn dir Landwirte immer meinen, sie stellten vornehmlich das Menschen- malerial für Las Heer, so scheint es fast, als ob in den Städten überhaupt keine Kiuder mehr geboren werden. (Heiterkeit.) Aus den Kommissionen. T Berlin, 22. März. Der Budgetkommission machte vor dem Eintritt in die Tagesordnung Slaatssekr.tär Frhr. v. Stengel einige Mit teilungen über die 46'/, Millionen, die im Militäretat vom Exlra- ordinarium in das Ordinarium von der Budgetkommhsion über tragen worden seien. Diese Maßregel habe große Beunruhigung im Bundesrat hervorgerufen; die Bundesstaaten befürchteten eine bedeutende Erhöhung der Matrikularbeiträge. Er hoffe, der Reichstag werde diesen Beschluß der Kommission noch korrigieren. Die Kommission setzte dann die Beratung der Ein nahmen fort. Der Antrag Arendt, die Einnahmen au» den Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen um 24 Millionen zn er höhen, wurde angenommen; ebenso eine Resolution Speck, den Reichskanzler zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß die bezüglich der zollfreien Verwendung von Benzin bestehenden Kontrollmaßregeln für die landwirtschaftlichen Betriebe tunlichst erleichtert werden. Frhr. v. Stengel erklärte, die Reichsschatzverwaltung stehe der Resolution wohlwollend gegenüber. Abg. Gras MielzynSki führt au«: Wir Polen sind mit der Heeres verwaltung unter Minister v. Einern im ganzen zufrieden, bedauern aber die Beschimpfungen unserer polnischen Volksgenossen im Heere. Ich bedauert, daß an einer Jubiläumsfeier deS HakatistenvereinS 40 Offiziere in Uniform teUgrnommrn haben. Was sollen die polnischen Soldaten denken, wenn sie sehen, daß ihre Vorgesetzten sich mit unseren ärgsten Feinden verbrüdern! Abg. Fehrenbach (Zentr.) befürwortet die Resolution Erzberger, in den Nachweisungen über die Herkunft und Beschäftigung der Militärpflichtigen auch anzuaebrn, ob die AuSaehobenen zwei oder dreijährige Dienstzeit zu leisten haben. Die Resolution solle eine Feststellung herbeisühren, wie Stadt und Land zur Rekrutierung stehen. Redner befürwortet dann die Resolution Graf Stolberg. Kciegsminister v. Einem erklärt: Auch ich würde mich freuen, wenn für die Manüverfchäben volle Bezahlung erfolgte. Die Rede des Grafen MielzynSki war rin Spiegelbild der Zustände im Osten. Der Herr Abgeordnete meinte, die Polen betrachteten die Hakatisten mit den Gefühlen der Verachtung; dann werden die Gefühle auf der anderen Seite nicht ander- sein. Ich selbst gehöre dem Ostmarken- veretne nicht an, wohl aber eine große Menge Ehrenmänner. Da ist es doch nicht angezeigt zu sagen, man hege nur daS Gefühl der Verachtung gegen sie. Wenn der Oftmarlenverein eine Feier ver anstaltet, warum soll da der kommandierende General mit den Offizieren nicht tetlnehmen? Die polnischen Soldaten werden keines wegs schlechter behandelt als die anderen. Wir befinden unS in Posen im Kriegszustände mit der großpolnischen Agitation. Die Polen betreiben den Boykott mit aller Schärfe; warum sollen sich die Deutschen nicht dagegen wehren? (Lebhafter Beifall.) Graf MielzynSki Hal in der polnischen Presse dazu aufgefordert, ihm über Chicanen seitens Deutscher Matertal müzuteiten; die Namen der Einsender würden nicht genannt werden. Graf MielzynSki begründete damit sozusagen eine Firma ohne jede Haftpflicht (Heiterkeit). Er berief sich heute auf die polnische Ritterlichkeit, er würde daher in einem etwaigen neuen Ausschreiben besser sagen: Jeder, der mir Nachricht gibt, steht mit feinem Namen und seiner Ehre für die Richtigkeit seiner Angaben ein. (Lebhafter Beifall,) Abg. v. TreuenfelS lKons.) bringt verschiedene Beschwerden vor, wie über Schädigungen deS Wildbeftaodes durch Truppen übungen. Generalmajor v. Gallwitz sagt Abhülfe nach Möglichkeit zu. Auf'eine Beschwerde deS Abg. Jauner (fraktionslos) über die Erschießung eine- ruhigen Passanten durch einen unerfahrenen jungen Militärposten in Metz bemerkt der Krieg-Minister: Wir müssen in Metz Posten mit geladenem Gewehr haben. Im vor liegenden Fall hat der Posten seine Spezialinstruktion überschritten. Das Gerichtsverfahren ist eingeleilet. ES handelt sich um einen Unfall, wie er in jedem Betriebe vorkommt. Abg. Eickhoff (Fr. Vpt.) rügt die Bevorzugung der Garde offiziere bei Beförderungen und erörtert eingehend die Judenfrage tm Heere. Er bedauert, daß der Kriegsminister 1904 im Reichstage auf antisemitische Angriffe gegen die Mischen Veteranen nicht ge antwortet habe und polemenert dann gegen di« Abgeordneten Böckler und Liebermann von Sonnenberg. Kriegsminister v. Einem erklärt: Wären einzelne jüdische Soldaten des gegenwärtigen Heeres im Reichstage angegriffen, so hätte ich die Sache aufgeklärt und die Angriffe eventuell zurück gewiesen, denn ich habe auch in meinem Regiment Juden gehabt, die gut gedient haben. Aber auf allgemeine historische Rückblicke kann ich nicht antworten, dazu fehlt mir das Material. Abg. Ledebour (Soz.) unterstützt die Darlegungen Eickhoffs und kritisiert die gestrigen Ausführungen verschiedener Redner über Heereszustände. Er setzt in längere», heftigen, von Lachen und Lärm ost unterbrochenen Darlegungen auseinander, weshalb die Sozialdemokraten gegen das stehende Heer feien. Nach persönlichen Bemerkungen der Abgg. V. Liebermann und Eickhoff über den Fall deS jüdischen Soldaten Moses Bier vertagt das Haus die Fortsetzung der Beratung auf morgen. Schluß 6',. Uhr. preussischer canlltag. Abgeordnetenhaus. C> Berlin, 22. März. (Tel.) Tas Haus erledigt zunächst ohne weitere Debatte eine Reihe von Anträgen, darunter einen Antrag des Abg. Arendt, betr. die Veranstaltung einer Schilter-GedächtntSfeter in allen öffent lichen Schuten Preußens, nach dem die Schulbehörden die Kosten für die Feier, soweit die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, der Regierung zur Verfügung stellen sollen, und tritt sodann in die erste Beratung Les Gesetzentwurfs, betreffend Schad loshaltung des herzoglichen HauseS von Schleswig- Holstein.Sonderburg-Glücksburg. Im Laufe der Debatte, in der sich die Abgeordneten Brandenstein (kons.), Juergenjen inatl.) und v. Bulow-Bossee (freikons.) für und Abgeordneter Gyßling (freis. Vp.) gegen den Entwurf auSsprechen, erklärt Minister Frhr. v. Rvetnbaben: ES sei die vornehmste Pflicht deS preußischen Staate-, die Unbilligkeiten und Härten, die die Jahre 1864 und 1866 mit sich gebracht hätten,zu beseitigen. Preußen,da- durch die beiden Kriege große, blühende Provinzen erworben hat, müsse wenigstens die durch die Ereignisse in den Vermögensvrrhältniffen geschädigten Füllten schadlos halten. Dieselben Billigkeitsgründr, die im Jahre 1885 für Schadloshaltung der Augustenburger sprachen, gelten heute für Glücksburger. Damit schließt die Besprechung. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. Tagesordnung: Dritte Lesung deS Freihaltungs- grsetzes und Anträge auS dem Hause. Aus Ladern und Curorten. 8 Bad Kreuznach. Die hiesige Kurverwaltung hat auch für die 1905er Kurzeit dem deutschen Koloniaiamt, sowie dem russischen und japanischen Kriegsministerium die Mitteilung zuachen lassen, daß sie den in Deutfch-Südwestafnka bezw. Ostasicn verwundeten deutschen, russischen und japanischen Offizieren, die zu ihrer Wiederherstellung unser Bad besuchen, vollkommen freien Kurgebrauch gewähre. Feuilleton. Theater. Neuer Theater. Lina Monnard als Gast. Als Luise Miller in Zchillers „Kabale und Liebe" stellte sich qm Dienstag abend Fräulein Lina Monnard vom Ztadttbeater in Cöln vor. Tic junge Dame verriet eine zweifellos starke Begabung. Lie spielte, abgesehen von einigen Versuchen deklamatorisch-pathetischer Art, in realisti schem Sinne. Die Briefszene wurde dadurch ihr Höhepunkt, da sie hier lebenswahre Details geben konnte. Ter helden hafte Zug andrerseits fehlte ihr. Von Natur ist sie nicht sehr ansehnlich, doch sprechen die Gesichtszüge ziemlich deutlich, das Organ ließ Klangfülle und Wohllaut vermissen. Im großen ganzen verriet die Leistung wenig schöpferische Per- Mlichkeit, sie hielt fick in dem Rahmen des Konventionellen. Ob unser städtisches Thcaterensemble eine Bereicherung durch das Engagement der Dame erfahren kann, muß vorerst noch zweifelhaft bleiben. Fräulein Monnard wird im „Zapfen streich" am heutigen Abend Gelegenheit haben weitere Ouali- täten zu zeigen. Tie Aufführung von „Kabale und Liebe" war im allgemeinen gut. Leider war nur die Interpretation des irrrdinand ganz unzulänglich. Wissenschaft. ** Tie Altersgrenze des MenschenwertS. Professor O-ler, der aus einen ärztlichen Lehrstuhl in Oxford berufen ist, bat bei seinem Abschied von der John-HopkinS-Universität einen Vortrag gehalten, dessen Inhalt die Zuhörer in lebhafte- Staunen versetzen mußte. Der Gelehrte sprach nämlich schlechthin seine Uebrrzeugung aus, daß alle Männer über 40 Jabre den Höhepunkt ihrer Kraft überschritten batten und daß für Männer über 60 Jahre ein friedlicher Selbstmord durch Chloroform zum min desten der Erwägung wert fein dürste. Osler gab selbst zu, daß eS ziemlich nutzlos wäre, diese Meinung auszusprechen, und daß sie Vielen sogar anstößig erscheinen würde; die Weltgeschichte gäbe ihm aber recht. Nähme man die Summe der menschlichen Leistungen im öffentlichen Leben, in der Wissenschaft, Kunst und Literatur, und zöge man dann die Arbeit der Männer ab, die im Aller von mcyr als vierzig Jabren entstanden wäre, so würde die Menschheit vielleicht große Schätze eiiibnßen, aber wobl dock auf demselben Standpunkt stehen, auf dem sie sich tatsächlich befände. Hinsichtlich der Männer über sechzig Jabre aber würde eS rin unberechenbarer Vorteil im Handels-, Staats- nnd BerusSleben sein, wenn sie im allgemeinen von dieser Altersgrenze an zn arbeiten aushörtrn, sich dann vielleicht noch auf ein Jahr in ein beschauliches Leben zurück zögen und schließlich ihrem Leben durch eine schmerzlose Art der Vergiftung ein Ende machten. Der Rus, der infolge dieser Aeußr- rungrn dem Professor nach dem neuen Schauplatz seiner Lehr tätigkeit vorangehen und den er an seinem bisherigen Aufenthaltsort hinterlassen wird, mag für ibn nicht allzu günstig lauten. Ob OSIer selbst -schon über vierzig Jahre alt i't, weiß unser Gewährs mann nicht bestimmt zu sagen; in diesem Fall hätte er sich einer gar zu großen Unvorsichtigkeit schuldig gemacht, oder eine herbe Selbstkritik grübt. ie Amerikanische Spenden sür die Wissenschaft. Mit welch ungeheuren Summen die amerikanischen Hochschulen auf Grund privater Zuwendungen rechnen können, beweisen wieder einige Fälle der neuesten Zeit. Ter Präsident der letzthin so häufig genannten Harvard-Universität hatte in seinem letzten Bericht erwähnt, daß die Sammlung einer Summe von 10 Millionen Mark zur Unterstützung der Hochschule erwünscht wäre. Schon jetzt be steht die Sicherheit dafür, daß diese Sammlung tatsächlich zustande kommt, und zwar binnen so kurzer Zeit, daß schon zu dem noch in diesem Jahr stattfindenden Jubiläum der Uni versität der Wunsch erfüllt sein dürste. Der Jahrgang der Schüler von 1880 hat allein 400000 dazu gezeichnet. Die Columbia- Universität in New Dork wollte einen praktischen Kursus im chemischen Jngenieurwcsen einrichten und alsbald wurde ihr «in» Stiftung von 40000 zur Ausstattung dtS. dazu nötigen Labo- ratoriumS zu Teil. Dem Polytechnischen Institut in Troy war das Hauptgebäude im vorigen Jahre abgebrannt; Andrew Carnegie hat nun 600000 zum Neubau geschenkt. Derartige Beispiele für I die große Freigebigkeit der Amerikaner für die Wissenschaft könnten allmonatlich tu großer Zahl genannt werden. 8. L Neue Erfolge per Spektral«« alyse. L« ist bekannt, daß man durch Prismen oder dünne Spalten da» weiße Sonnen licht in eine Reihe von farbigen Streifen ouslösen kann, deren Reihenfolge jeder Regenbogen uu- vor Augen führt. Verbrennt man irgend ein chemische- Präparat in einer Flamme, so erscheinen in dem vom Pri-ma entworfenen farbigen Bild, dem Spektrum der Flamme, ganz besonder- scharfe Streifen und ist die Flamme an sich er leuchtet, so erscheinen überhaupt nur einzelne farbige Striche und zwar bei denselben Chemikalien immer wieder in derselben Farbe und au derselben Stelle, dergestalt, daß man au» dem Vorhandensein eine» jolchen Striche- im Spektrum mit unbedingter Sicherheit auf da- Vorhandensein deS betr. Stoffe» in der Flamme schließen kann. Diese Entdeckung hat e» unS ermöglicht, bloß mit Hülfe des Fernrohres, festzustellrn, welche chemischen Stoff« sich auf den verschiedenen Himmelskörpern befinden. Neuer dings bat man nun auf einer Sternwarte in Chicago, wie Prof. Franz in der „Chemischen Gesellschaft" zu BrrSlau mit teilte, sich damit beschäftigt, Photographien dieser einzelnen Elemente dadurch herzustrllen, datz man in da- durch einen Spalt erzeugt« Spektrum deS auf die Sonne eingestellten Fernrohre- an einer be stimmten Stelle, z. B. bei der Lalciumlinie einen zweiten Spalt anbrachte, und hinter diesen eine photographische Platte. Dann wurde da- Fernrohr über die ganze Sonnenfcheib« langsam verfchobeu unter gleichzeitiger entsprechender Bewegung der photographischen Platte. Aus diese Weise wurde eine Photographie der Sonnenobrr- fläche erhalten, aus der da» Calcium gewissermaßen hrrauSphoto- grapbiert war. Die erste neue interessante Feststellung, di« dm- neue Verfahren 'zulirß, war die Erkenntnis, daß in den Sonuen- fackeln nicht wie bisher angenommen, Wassrrstosfgase leuchten, sondern üalciumgase, denn wenn man die photographisch« Platte hinter die Wasserstoffliuie brachte, so waren die Stellen, wo sich bekanntermaßen dir Sonnenfackeln zeigen, dunkel, während sie ans den Lalciumphotograpdlrn ganz hell «schienen.
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