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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190503193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19050319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19050319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1905
- Monat1905-03
- Tag1905-03-19
- Monat1905-03
- Jahr1905
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.03.1905
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Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes -er Ltadt Leipzig. Nr. M. Sonntag den 19. Mürz 1905. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richte«. Extra-Beilagen (uur mit der Morgen- Ausgabe) nach besonderer Vereinbarung. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet vo» früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck »nd Verlag vo« G. Polz in Leipzig (Jnh. Or. B^R. L W. «liokhardtX 99. Jahrgang. Var Mcbtigrtr vom rage. * Da» preußische Abgeordnetenhaus bat gestern die dritte Lesung de» Etat» beendet. (S. Bericht.) * Nach der „Agence HavaS" ist Marquis Segonzac vom Comitee de l'Afrique, der auf eine Forschungsreise nach Maskko entsandt ist, dort von Arabern gefangen genommen worden. * Aufständische Araber haben in Sana 5000 Mann türkischer Truppen ein^eschlossen; man fürchtet, die Stadt sei schon gefallen. (S. Ausland.) * Der Präsident Roosevelt hat in einer Rede Ver stärkung der Kriegsmarine und der Armee gefordert und erklärt, daß die Union weder den Jsthmu-kanal noch die Inseln preisgeben werde. (S. Ausland.) * AuS PeterSburg wird gemeldet, daß die russische Heeresleitung ein neue» Heer bei Irkutsk versammeln werde. (S. rufs.-japan. Krieg). pslilircdr lllockentckau. Der Reichstag ist nun endlich mit seiner sozial politischen Debatte, die sich zuletzt in KleiniczkeitSkräme- reien und persönliche Zänkereien verlor, zu Ende ge kommen, und nach dem Grafen Posadowskv kam Gras Bülow selbst auf den Moquirstuhl des Reichstages. Wie es längst alte Gewobnbeit geworden ist, mutzte der Reichskanzler, ehe er wieder für ein Jahr seine 100 000 Mark bewilligt erhielt, ein Kreuzfeuer von Fragen über die auswärtige Politik über sich ergehen lassen. Allzu viel, was man nicht vorher schon gewusst hatte, erfuhr nian freilich aus den Antworten -es Grafen Bülow nicht. Denn dah wir im russisch-japanischen Kriege so viel als irgend möglich nach beiden Seiten korrekte Neu tralität beobachten, ist ein so selbstverständliches Gebot politischer Klugheit, daß nur ein einseitiger Fanatiker wie Abg. Bebel daran Anstoß nehmen kann. Graf Bülow kannte denn auch einen Trumpf mit der Verlesung eines Telegramms unseres Tokioer Gesandten aus spielen, worin unser Pachtgebiet in Ostasien ausdrücklich als unantastbar von Japan anerkannt wird. Die Japaner sind offenbar viel zu klug, um auf jeden eng- lischen Leim zu kriechen, und sie sind andererseits vor sichtig genug, um eS mit uns wenigstens vorläufig nicht zu verderben, selbst wenn ihnen die Schiffsverkäufe und Kohlenlieferungen für Rußland wider den Strich gehen. Daß heute eine Wiederholung deS Friedens von Schimo- noseki unmöglich ist. steht ja ohnedies fest. Interessanter noch waren die Andeutungen, die der Reichskanzler zur marokkanischen Frage machte. Er hielt zwar den Zeitpunkt noch nicht für gekommen, um sich deutlicher zu äußern, aber so viel scheint doch klar zu sein, daß unsere Negierung ihre passive Haltung in der Marokkoangelegenheit aufgegeben hat. Auch die Ansage des Kaiser zu einem Diner >deS französischen Bot- schafterS Bihourd am letzten Freitag wird wohl nicht mit Unrecht in Verbindung mit dieser Frage gebracht. Wenn man sich der Erregung erinnert, mit der man bei uns den englisch-französrschen Vertrag über Marokko und Aegypten aufnahm, wenn nwm deS Gefühls der Be schämung gedenkt, mit der wir zusehen mußten, wie beide Mächte über den Kopf Deutschlands hinweg sich über die Nordkllste des afrikanischen Kontinents ver ständigten, so toird man umso mehr den Bemühungen, die Scharte des vorigen Jahres wieder auszuwetzen, Er folg wünschen müssen. Anscheinend hat Graf Bülow Len Braten nicht erst gar werden lassen wollen, ehe er sich mit zum Mahl einladet. Daß er dabei auf einiges Entgegenkommen bei Frankreich rechnen kann, ist um so wahrscheinlicher, als Frankreich doch nicht im- stände sein dürfte, den ganzen Bissen zu verdauen. Schon jetzt liegt ihm Marokko recht schwer im Magen. Vielleicht sieht e» nicht einmal ungern, wenn ihm mit der Der- antwortlichkeit auch ein Teil der Mühe abgenommen wird. Daß e» damit zugleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt und Deutschland ein gewisses Entgegen- kommen beweist, das nickt ohne Folgen bleiben kann, käme auch für sonstige politische Fragen in Betracht. Indessen muß man erst obwarten, was schließlich bei der ongebahnten Verständigung herauskommt. Auch die polnische Frage wurde vom Reichs- kanzler in einem sehr entschiedenen Tone behandelt. Er ließ keinen Zweifel daran, daß Preußen seine „Politik der Verteidigung" energisch fortführen werde. Tas war wohl nicht bloß für den Reichstag gesagt, sondern noch mehr für die leitenden Politiker innerhalb der sck-warz- gelben Pfähle, die allzu deutlich kundgcgeben haben, daß polnische Schmerzen auch österreichische Schmerzen sind. In diesem Zusammenhangs war auch die Mahnung an das deutsche Volk, gegen daS Ausland nicht allzu gerecht zu sein, durchaus an ihrem Platze. „Sie denken nicht edel genug, zu sehen, wie schön dein Fehler auch sei." TaS Weltbürgertum steckt dem Deutschen ja noch immer im Blute und Graf Bülow hat durchaus recht mit seiner Behauptung, daß wir un» geradezu zwingen müssen. national zu denken. Hier liegt noch eine große Aufgabe zur nationalen Erziehung, die freilich umso schneller ge löst wird, je mehr unsere innere und auswärtige Politik von nationalem Geiste durchdrungen wird. Die Probe großen Stils wird erst gemacht werden können, Weng im Gerbst die Flottenvorlage an den Reichstag gelangt. Das Quinquennat kann mit dem besten Willen nicht als ein solcher Prüfstein ange sehen werden. Dazu war das Objekt doch zu winzig. Besonders konnte die Frage, ob zehn Kavallerie eskadrons mehr oder weniger bewilligt würden, unmög- lich die öffentliche Meinung zu irgendwelchen Kund gebungen veranlassen. So war es denn auch der schlaue Zentrumsdiplomat Spahn, der schließlich die rettende Diagonale zog. Er bewilligte zwar die strittigen zehn ESkadrons. aber erst für das Scklußjahr des Ouin- guennats 1910, und die Regierung beugte sich in Demut. Das ist nun einmal des Landes so der Brauch, daß erst ein bißchen gehandelt wird, bis schließlich ein Kompro miß zu Stande kommt. Es standen ja diesmal wirklich keine vitalen Interessen auf dem Spiele, ja. es fragt sich, ob die Regierung nicht besser getan hätte, von einer Vermehrung der Kavallerie abzusehen, um dafür der Artillerie desto stärkere Fürsorge zuzuwenden. Wenn die Flottenvorlage kommt, hören wir hoffentlich etwas tärkere Töne. Auf dem mantschurischen Kriegsschau plätze hat unterdessen der Zusammenbruch der russi- cken Armee ineitere erschreckende Fortschritte gemacht. Die 40—50 000 von den Japanern gefangenen Russen lassen sich auch durch die schönste Retouche nicht wieder befreien. Auch die Hoffnung, 'daß wenigstens Tieling den nachdrängenden Japanern ein Halt gebieten würde, hat sich nicht erfüllt. Schon haben sie Tieling selbst besetzt, und alles, was sich noch auf dem Wege 'dorthin befindet, fällt ihnen als gute Beute zu. Aber auch denjenigen Truppenteilen, die glücklich entwischt ind, lassen diesmal die zähen Japaner keine Ruhe. Schon wird eine neue Schlackt nördlich von Tieling an gekündigt, die wohl die letzte Widerstandskraft -er russischen Armee brechen wird. Dann liegt bis zum be- festigten Cbarbin das ganze Land den Japanern offen. Rußland stand unter diesen Umständen vor der ver hängnisvollen Frage: Krieg oder Frieden? Eins Zeitlang bat man wohl in Petersburg unter dem Eindruck der furchtbaren Niederlage an einen Friedens- schluß gedacht. Und -je guten Freunde an der Seine, denen um ihre 9 Milliarden russische Papiere bange wurde, redeten dem Alliierten zu, wie einem kranken Schimmel. Aber wenn, nicht alles täuscht, hat die Kriegspartei am russischen Hofe doch wieder ihren Willen durchgeietzt. Frankreich, so heftig eS sich zuerst sträubte, rückt noch einmal 600 Millionen, wenn auch zu Wucher zinsen, heraus. Ter unglückliche Kuropatkin aber, mehr unglücklich als schuldig, wird -em Rachegotte ge opfert. Der alte Linjewitsch tritt an seine Stelle, und der halbgelähmte Dragomirow wind ihm zur Seite gestellt. Daß diese beiden alten Haudegen daS Kriegs glück an ihre Fahnen fesseln sollten, ist nur schwer an zunehmen. Aber die russische Regierung sträubt sich nun einmal bis zum äußersten, die Dinge in ihrer nackten Wahrheit zu sehen. Sie wird mit allen diesen Maßregeln schwerlich das verlorene Prestige im fernen Osten wieder gewinnen. Schon rührt sich auch England wieder, das in der Toggerbankaffäre so schlecht abgeschnitten hatte. Jetzt plötzlich, wo die Friedensvermittslung gescheitert ist, bringt eS die Zerstörung deS „Knight Comman der" aufs Tapet und fordert eine Entschädigung von 100 000 Pfund, nicht etwa für das verlorene Schiff, sondern für daS gebrochene Völkerrecht. Diese große diplomatische Aktion in diesem Augenblicke bedeutet natürlich nichts anderes als einen Wink mit dem Zaun- Pfahl, daß England nur so lange Geduld mit Rußland haben will, als es ihm in den Kram paßt. Nimmt man dazu, daß offenbar die japanische Flotte auf dem Wege ist. um dem Admiral RoschdjestwenSki den Weg zu ver legen. so kann man sich der Einsicht nicht verschließen, daß Rußland so wenig zu Wasser wie zu Lan-e auf Rosen gebettet ist. ES ist wohl möglich, daß man bald von einer Seeschlacht im Indischen Ozean hört, wenn nicht RoschdjcstwepSky schleunigst wieder nach Hause dampft. Anscheinend hat er ja bereits die Rückreise von seiner abenteuerlichen Fahrt angetreten. In Ungarn wie inItalien dauern die Krisen noch immer an. Herr Fortis, der berufen schien, an Giolittis Stelle zu treten, mußte im letzten Augenblicke einse-en, daß die Bürde des Ministerpräsidiums für ihn zu schwer sei. Vorläufig hat Tittoni die Leitung des Ministeriums angenommen, doch handelt es sich dabei offenbar nur um einen vorübergehenden Auftrag. Die Schwierigkeit der Lage ist zweifellos darin zu suchen, daß die liberale Kommermajorität in keiner Weise 'der Stimmung im Lande entspricht. Die Auslösung der Kammer aber würde vorautstchtlich den Radikalismus ans Ruder dringe^, der für den Bestand der Monarchie Oie größte Gefahr bedeutete. So sucht man hülflos herum nach einem Manne, 'der das Land und die Kammer gleichzeitig zufrieden stellt, was nicht viel weniger bedeutet, als die Quadratur des Zirkels. In Ungarn liegen die Dings kaum anders, nur daß hier das Abgeordnetenhaus auch noch einer geordneten Re- gierung die größten Schwierigkeiten in den Weg legt. Bezeichnend ist aber, daß sich jetzt auch das österreichische Parlament aufgerafft hat. um Len Ungarn ein Halt zu zurufen. Vielleicht kommt Ungarn zur Besinnung, wenn es sieht, daß auch die österreichische Geduld ihre Grenzen hat. Huickain. ver -Mrtana in ZSaumtattilra. Verlustlifte. Ein amtliches Telegramm aus Windhuk meldet: Reiter Kurt Euk, geb. zu Mühltorff, früher Pionierbataillon Nr. 7, am 13. März in der Krankensammelstelle Kalkfontein an Typhus gestorben. Reiter AlfonS RitterShofer, geb. zu Straßburg i. Els-, früher Infanterieregiment Nr. 143, am 12. März auf der Jagd durch Unvorsichtigkeit er- choffen. Der seit dem 15. Februar vermißte Reiter Emil Bergemann, geb. zu Damm, ist nördlich von Hatakobis wieder aufgefunden worden und befindet sich gesund bei der Truppe. Südlich Okahandjaim Gefecht mit Herero am 14. März verwundet: Unteroffizier Ewald Friedrich, geb. zu Magde burg, früher Feldartillerieregiment Nr. 22, Schuß in das rechte Fußgelenk. Im Gefecht bei GeibaneS am 11. März gefallen: Leutnant Edgar Fuerbringer, geb. zu Emden, trüber Jägerbataillon Nr. 9. Schwerverwundet Feldwebel Gustav Mesech, geb.zu Klein-Blumenberg, früher im sächsischen 10. Infanterieregiment Nr. 134, Schuß in die Brust, Unter offizier Peter Jensen, geb. zu Schleswig, früher Kaiser Alexander Gardegrenadierregiment, Schuß in den rechten Oberschenkel!, Unteroffizier Andreas Schwinn, geb. zu Bamberg, früher bayerisches Eisenbahnbataillon, Schuß durch die Brust, Reiter Friedrich Niedecker, geb. zu Hallscheid, Brüher Pionierbataillon Nr. IN, Schuß in die Brust. Reiter Johann Gehn en, geb. zu Krefeld, früher Füsilierregiment Nr. 39, Schuß in beide Oberschenkel, Kriegs freiwilliger Franz Hopf auS Langenenfchingen bei Sigma ringen. Leicht verwundet: Leutnant August Funck, geb. zu Triepkendorf, früher Infanterieregiment Nr. 52, Schuß in den rechten Oberschenkel, Leutnant Herbert Pavel, geb. zu Erfurt, früher Grenadierregiment Nr. 2, Streif schuß in die rechte Hand, Leutnant Kurt Wolff, geb. zu Krefeld, früher Feldartillerieregiment Nr. 43, Unter offizier Wilhelm Bartelv, geb. zu Ruhlow, früher Jnsan- terieregimeut Nr. 85, Schuß in den linken Oberarm. Unter offizier Edwin Eckardt, geb. zu Zwätzen, früher sächsisches 1. Pionierbataillon Nr. 12, Streifschuß am Halse. Reiter Friedrich Gebser, geb. zu KarlShafen, früher Husaren regiment Nr. 5, Streifschuß in da» linke Knie. dingS unter großen Verlusten, durchgeschlagen und wiederein gefunden; ebenso wird bestritten, daß General Bilderling gefallen sei. Kein einziges schweres Geschütz ist in die Hände der Japaner gelangt, was überhaupt unmöglich war, denn Kuropatkin hatte sie bereits früher auS den Positionen genommen und nach Norden schaffen lasten. AuS dieser Maßnahme ist zu ersehen, daß Kuropatkin die Stellung bei Mulden schon vorher als unhaltbar aufgefaßt hatte, was auch den Angaben entsprechen würde, wonach seine Absicht von Anbeginn gewesen sei, allmählich OiS Charbin zurückzugeben, die Japaner tiefer in» sand hineinzuziehen, ihre rückwärtigen Verbindungen zu er- chweren, in Charbin weitere Truppennachschübe ab zuwarten und hier die Hauptschlacht zu liefern. Nach einer andern Depesche aus Petersburg sind die Hauptursachen der russischen Niederlagen in dem mangelhaften Kund- chafterdienst zu suchen, sowie in der Untauglichkeit zahl reicher Offiziere aller Grade. Die russischen Führer batten keine Fühlung mit einander bei den jüngsten Kämpfen. In einem Ort rückte z. B. eine russische Abteilung ein, um ihn zu besetzen, ohne zu wissen, daß der Platz von den Ja panern bereits besetzt war. Der Oberstkommandierende war sehr schleckt über die Vorgänge unterrichtet. Kuropatkin pesaß zu viel Selbstvertrauen, weshalb er auch nicht seine Entlassung nachgesucht habe, sondern die schroffe Enthebung vom Kommando erwartete.Nach einerDepesche deS„L.»A." erzählte KuropatkinS Begleiter von dem furchtbaren Zustande der Hunderte von Verwundeten, welchen die überfüllten Ambulanzen die Ausnahme verweigerten. Die Aermsten lagen in zerfetzten, von Blut starrenden Kleidern längs der Bahn gleise Um jeden Kohlensack, der als Decke dienen konnte, entwickelten sich Faustkämpfe. Bei der letzte» Revue, die Kuropatkin abhielt, stand er auf der Plattform seine» zur Abfahrt bereiten Zuge» und rief jeder Abteilung Worte des Trostes und der Ermunterung zu. Nach dem Vorbeimarsch schnallte Kuropatkin seinen Säbel ab und übergab ihn seinem Ordonnanz-Offizier. Versammlung eine« neuen Heere« bei Irkutsk. Nach einem Petersburger Telegramm der „Schles. Ztg." soll in den nächsten Tagen wiederum eine größere Mobilmachung stattfinden. Die russische Heeresleitung oll beabsichtigen, da« neue Heer bei Irkutsk zu ver- ammeln. Nördlich von Lieling. Nach einer Depesche des „B. T." auS Petersburg dauern die Kämpfe von Tieling fort und drängen bald auf dem rechten, bald auf dem linken Flügel die Russen z urück. Es verlaute, daß eine starke japanische Infan terie-Kolonne westlich von der lBahn nach Norden marschiere, um den Rückzug abzuschneiden. Alle ge naueren Nachrichten fehlen. — Nach einem amtlichen Tele gramm aus Tokio berichtet Marschall Oyama, daß japa nische Truppen am 16. März rechts von Liauho acht russische, mit Artillerie versehene Eskadron« rer- treuten, worauf sie eine nördlich von Tieling auf der rechten Seite des Liauho gelegene Anhöhe besetzten und den im Rückzug begriffenen Feind, der aus einer Division In fanterie und mehreren EskadronS bestand, beschossen. Vie Wrir in ftnrrlana. Lin amtliches Dementi. Die Petersburger Telegraphen-Agentur gibt die folgende Nachricht auS: Die in der Presse erschienene Mel dung, daß in letzter Zeit 900 wegen ReligionSvergehenS gefangen gehaltene Personen aus den Klostergefäng nissen entlassen seien, ist nach amtlicher Mitteilung un richtig. In letzter Zeit waren in den Klostergefängnissen nur 7 solcher Gefangenen, die freigelasten wurden. In den Klöstern befinden sich keine wegen Religionsvergehens Ver hafteten mehr. Aas be« Provinzen. Nach einem Telegramm aus Li bau überfielen am Frei tag abend in der belebtesten Straße sechs Individuen zwei Schutzleute, entwaffneten den einen, verwundeten den andern schwer und entkamen. — Nach der Petersburger Telegrapbenagentur ist für Baku und da« Gouvernement Baku eine Revision der Lage durch ein Mitglied deS Senats beschlossen worden. Sie soll, wie eS heißt, dem Senator KuSminSki übertragen werden. ver rurrirck-japanirckr Weg. Linjewitsch «nd Kuropatkin. Die „Times" empfangen den neuen russischen Oberbefehls haber in der Mantschurei, General Linjewitsck, mit der gehässigen Depesche, er sei ein ausgesprochener Gegner der Press«. Seine erste Tat nach der Uebernahm« de« Kom mandos sei die Inhibierung aller Depeschen an die Zeitungen gewesen. — Nach der „Köln. Ztg." wird Linjewitsch von seinen Leuten, die ihn nur Papaicha nennen, geradezu vergöttert. Trotz seines vorgerückten Alters ist er »och sehr rüstig. Wo er gelochten, bat er sich überall al» besonnener, kühner, ausdauernder Führer gezeigt. Linje witsch ist eine Art Blücher-Natur, von dessen Führung daS russische Heer sich das Beste zu versprechen berechtigt ist. Seine ganze Tätigkeit während des jetzigen Feldzuges wird militänsckerseitS al» tadellos bezeichnet. Hervorragend sei seine Führung auf dem linken Flügel der russischen Armee bei den letzten Kämpfen um Mulden gewesen, wo er mit seinen vier sibirischen Armeekorps, die er fast intakt auS der Schlacht berauSgebracht bat, die Scklacht zum Stehen brachte, sein eigener Rückzug über Fuschun auf der Mandarinenstraße und seine Deckung des Rückzugs der beiden übrigen Armeen, indem er auch vor Tieling den Feind aufhielt und ihm schwere Ver luste zusügte. Wie der Korrespondent über KuropatkinS Rückzug hört, sind alle russischen Truppenkorps wieder gesammelt; auch sind die Gesamlverluste der russischen Armee nicht so groß, wie die japanischen Nach richten sie darstellten. Auch die Brigade Orbeliani (Daghestan-Rritrrei) von der Abteilung Reunrakampf», die eine zeitlaog für verloren angesehe» war, hat sich, aller- Deutsches Deich. Leipzig, 18. Marz. * Zur Montignoso-Angelegenheit wird uns aus Dresden von beute gemeldet: der Vizevorsteber deS Stadtverordneten kollegiums, Rechtsanwalt Hackel, teilt der „Deutschen Wacht" folgendes mit: „Sie bringen in Ihrer gestrigen Nummer zur An gelegenheit der Gräfin Montlgnoso eine Notiz, die nicht allenthalben den Tatsachen entspricht und demnach auf irrigen Informationen Ihres Gewährsmannes beruht. Zunächst soll ich nicht im Auftrage meines Kollegen, deS RecktSanwalt« Dr. Zehme-Leipzig, die Vertretung der Gräfin in Dresden übernehmen, sondern Ihre Kaiserliche Hoheit Prinzessin Louise von ToScana hat mich gebeten, in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Zehme ihre Interessen zu wahren und unter Vorbehalt ihrer endgültigen Entschließung Verhandlungen mit dem Vertreter Seiner Majestät des Königs zu führen. Wenn Sie sodann über den Inhalt der Wünsche der Prinzessin Louise bereits Angaben bringen, so bedauere ich, auch dies als irrig bezeichnen zu müssen, kann Ihnen aber Näheres nicht angeben, da ich pflichtgemäß über den Inhalt der Verhandlungen zunächst Stillschweigen zu bewahren habe. Es genüge Ihnen zu wissen, daß ich zunächst heute — Sonnabend, den 18. März, — mit Herrn Dr. Zehme ein« Konferenz in Leipzig haben werde". * Berlin, 18. Marz. * Ter Kaiser unternahm heute morgen den gewohnte« Spaziergang, konferierte dann mit dem Reichskanzler, besichtigte später in der Bildergalerie de« Kgl. SchiofseS 52 Linien- und 76 Landwehrfahnen und hörte hierauf den Vortrag de- Kriegsministers und die Marine-Vorträge. Später besuchte der Kaiser da» neue Kasernement de» Garde- Pionier-Bataillon« und nahm daS Frühstück beim Offizier korps de» Bataillons ein. * Tie Grohherzagtn-Mutter Anastasia van Meeklenburg- Tchwertn wird, wie da» „B. T." „von zuverlässiger Seite" au« Cannes erfährt, aller Voraussicht nach der Vermählung ihrer Tochter, der Herzogin Cecilie, mit dem deutschen Kron prinzen am 6. Juni in Berlin nicht beiwohnen. Al« Grund wird angegeben, ihr Gesundheitszustand dürfte sie ver- anlassen, ihren seit vielen Jahren gewohnten Aufenthalt im Süden bi« in den Sommer auSzudehnen. DaS dürfte den Gerüchten Uber eine Spannung zwischen Berlin uud Cannes neue Nahrung zuführen. * Ter Bundesrat hielt heute eine außerordentlicke Sitzung ab, in der nicht weniger al» 4 NachtragSrtat» verab- sckiedet wurden Es befinden sick darunter 2 Nachtrags etat» für Sükwestafrika, wovon der «ine im Betrage von rund 27 Millionen noch zum Rechnungsjahre ISO«, der ander« i» Betrag« von 33 Millionen zu« Rechnmigchatzna
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