Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190401069
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19040106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19040106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- unvollständig: S. 118/119 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-06
- Monat1904-01
- Jahr1904
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.01.1904
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
tvcziiqS'PrelS in der Hauptrzpedition oder deren Au«gabs- sieNen olgehoit^ viertel>ährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung m« Hau« » 3.7». Durch die Post bezogen für Deutsch- land u. Oesterreich vierteljährlich .41 4.50, für die übrlgeu Lander laut ZeitungtpreiSliste. Redaktion und Lrvedition: JvhanniSgasse 8. Fernsprecher tb3 und S22. Fllialeoprditionaur Alfred Hahn, Vuchhandlg., Uulverfitätsstr.^ it. Lösche, Katharinrnstr. 14, u. KönigSpl. 7. Havpt/iliate vreoden: Marienstraße 34. Fernsprecher Aull 1 litt. 1713. Haupt'/iliale Serlin: Carl Duncker, Herzgl. Bayr. Hojbuchhandlg„ Lüyowstraße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4S0S. Ueipziger TagtklM Anzeiger. NmtsMtt des Lömgtichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Nates nnd des Nolizeiarntes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Prei- die Sgespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Redakti»n«strtch stgespallen) 73 vor den Famtliennach- richten («gespalten) kv Tabellarischer und Zisternsatz entsprechend höher. — Gebühre» für Nachweisungen und Lssertenannahme ttv l«ztt- Porw). Grtra-Beilagen (gesalzt^ nur mit der Li argen-Aufgabe, ohne Postbesörderung «0.—, mit Postbesörderung 70.—. Innahmeschlub für Anreigea: Abend-Au-gabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh ö di« abend« 7 Uhr- Druck »ud Verlag voa L Polz in Leipzig Nr. 8. " ' - ! ' > > S Var ülichligrte vom Lage. * Dem Kaiser und der K a i s r r i n ist auf ihre dem Präsidcutcn Roosevelt gesendete Kundgebung deS B.'t- lcidS wegen des Brandunglücks in Chicago ein in -en wärmsten Ausdrücken abgefaßteS DankeStelegramm deS Präsidenten zugcgangen. * Die Nachricht, der Kaiser habe aulf den Groß herzog von Weimar durch den preußischen Kultus minister Or. Ltudt dahin einzuwirken gesucht, daß er dir Bildung einer Künstlerveretniyung moder ne r R i ch t u n g in Weimar nicht begünstigen und auch da» Protektorat über die Bereinigung nicht über- nehmen möge, wird offiziös dementiert. * Herzog Ernst von Altenburg ist soweit wieder hergestellt, daß er die früher üblichen Mitt- woch-audienzen wieder aufnehmen kann. * Prinz Heinrich der Niederlande kommt heute zu viertägigem Besuch nach Dresden. * Der VermittelungSversuch des Geheimrat» vr. R o s ch c r i m C r i m m i ts ch a u e r W e be r st r e i k ist gescheitert. Die in der Besprechung mit den Ausständigen vorgeschlagenen VergleichSbestimmungen wurden von den Arbeitgebern nicht angenommen. * Der Abgeordnete Paul Eremit» in Pest wurde von Bauern ermordet. Es liegt «in Rache akt vor. * Die Untersuchungen über die militärischen Ausschreitungen in Ailek (Ungarns haben er geben, daß eS sich um planmäßig« Verabredungen, also tat- sächlich um Meuterei gehandelt hat. * Die russische Antwort auf die letzte Note Japans soll eine Beratung der neuaufgestellten Punkte vorschlagen, also in friedlichem Geiste gehalten sein * In Chicago sind ungefähr 400 Lokale für die Dauer der Untersuchung, die zur Zeit dem Vaugcsetze ge mäß vorgcnommcn wird, geschlossen. vir ttanrörizcden Monarchisten. Paris, 2. Januar. Große Worte haben fast immer im Gallierlanbe noch mehr Eindruck gemacht, als große Taten. Mit der Wahrheit und Ehrlichkeit dieser rollenden Phrasen nimmt man es dabei nicht io genau. Selbst der große Napoleon, der kühne Realist, hat hohle, aber klingende Worte nicht verschmäht. Weshalb sollten denn seine Nachfolger vorsichtig soin? Der Ncfie des Korsen behauptete, das Kal erreich sei der Friede, und lebte doch fast die ganze Zeit seiner achtzehnjährigen Negierung im Krieg oder in KriegSvorbereitnngen. Der heutige Haupt vorkämpfer deS BonapartiSmns, Herr de Eassagnac, tagt: „DaS Kaiserreich (das nach Ansicht der napoleonischen Monarchisten kommen wird) wird monarchisch, christlich und konservativ sein, oder es wird überhaupt nicht sein." Mit dem Christentum und dem Konservatismus des ersten und des dritten Napoleon sah es etwa? windig auS. Und was soll daS „monarchisch"? Wie soll denn ein Kaiserreich anders sein, als monarchl ch — so denkt der deutsche Leser. Im Französischen hat aber jedes Wort einen doppelten Boden. In Frankreich läßt sich auch eine napoleonische Alleinherrschaft denken, die nicht mon archisch wäre, nnd diese etwas verwickelte Frage ist die Ur sache des Streites, der hier gegenwärtig zur Freude der Republikaner von der Farbe des Bloc zwischen den Bona- partisten tobt- Herr bc Cassagnac, dessen Vater noch mit einem bescheiden bürgerlichen Namen in dem Städtchen Cassagnac lebte, durch Napoleons Gnaden aber Baron deS Kaiserreiches wurde, ist strenger, konsequenter Monarchist. Nach seiner Meinung hat der Uebergang von der Republik zur Monarchie ganz einfach so zu geschehen, daß der jetzige Prätendent Prinz Viktor Napoleon nach Paris kommt und kurzerhand als Napoleon IV. ober V. die Herrschaft über Frankreich antritt, als ein ihm zu stehendes Recht. Das Parlament wird dabet gar nicht gefragt) eS hat einfach die Knie zu beugen und zu hul digen. Ander- ist die Politik der Leute, die auch mit Viktor Napoleon in Beziehung stoben und ihn an der Tpitze des Staates seben möchten, aber vor der offenen Er klärung eines straff-monarchischen Kaiserreiches zurück, schrecken. Diese Opportunisten werden von Herrn de Cassagnac einfach und schlechthin als „ISrämisten" ab getan, mit denen kein ehrlicher Kerl aus dem bonapar- tistischen Lager verkehren könne. Diese Jdromiste» bilden wieder zwei Flügel. Ter eine Anführer ist der Gtaf von Dion, der sich weniger durch einen sympathischen Charakter al- durch Reichtum auSzeichnet und in einer der grüßten Automobilfabriken Frankreichs 8000 Arbeiter beschäftigt, was er selbst gebührend an die große Glocke hängt. Dieser Grat von Dion ist eigentlich «in Ueverläufer auS dem royalistischen Lager. Seine Sa«i1i» gehörte zu Leu Stützen de» LegttUnttmu». Da Mittwoch den 6. Januar 1904. 98. Jahrgang. aber Heinrich V., Graf Chambord, ohne männliche Erben starb, zogen sich anfangs diese Bourbonenanhänger ganz zurück, da sie von den Orleans, die überhaupt wenig be liebt sind in Frankreich, gar nichts wissen wollen. Auch Herr de Dion warf sich in das Lager der konservativen Nationalisten. Nach seiner Ueberzeugung muß sich der Uebergang zum Kaiserreich wie bei Napoleon III. voll ziehen, da» heißt auf dem Umweg« über Präsidentschaft ober Konsulat. Die Verfassungsänderung har durch PlebiScit zu erfolgen — und La» ist der Punkt, wo diese Iörkaristen sich mit den reinen Nationalisten berühren. Während aber die ersteren eine wirkliche Monarchie wollen, soll nach der Ansicht der letzteren die Souveräni tät beim Volke bleiben, daS seinen Willen auch weiterhin durch PlebiScit dekretiert. Herr Lasier, der Führer der bonapartesrcundlichen Nationalisten, will Viktor Napoleon al» lebenslänglichen Konsul an der Spitze des Staates sehen, aber nicht als erblichen Kaiser: Frankreich soll Republik bleiben. Noch weiter links stehen die Leute der Patriotenliga mit Herrn D 6 rouldde, für die das wichtigste das republikanische PlebiScit ist, während der Name Napoleon ihnen ziemlich gleichgültig ist. Man steht, ein ganzes Leporelloregister von in allen Farben schillernden Fraktionen und Fraktiönchcn, deren Zahl noch größer wird, wenn wir als monarchistisch« Gruppen noch die Orleanisten in Betracht ziehen, und jene sonderbaren legitimistischen Schwärmer, die für den eigentlichen Erben de» bourbonischen Lilienwappens die spanischen Bour- bonen anschen, da» Hau» de» Generals Herzog von Anjou. Al« ernsten politischen Faktor können wir aber heute nur noch die Vonapartisten ansehcn, und diese leben, wie gesagt, in Heller Fehde. Herr de Cassagnac, -er nur ein Kaiserreich will, in dem er die erste Geige f^iel., ist unzufrieden, baß man ihn mehr und mehr au« feiner Jiihrerrollc verdrängt. Wir haben hier seit etwa ändert- halb Wochen Napolconfciern nach Napolconfeiern. Der Dezember ist so der eigentliche Familienmonat des Hause- Bonaparte. Ter Hauptstreit dreht sich nun um bas große bonapartisttsche Bankett, daS am 10. Dezember unter Leitung des Grafen Dion hier stattfand. Dieses Bankett sprach sich für das Konsulat aus, und das bringt Herrn de Cassagikac in gelinde Wut. Schon die Wahl des Tage» ist für ihn eine Majcstätsbeleidigung. Der Ka^ertag ist -er 2. Dezember, der Tag deS StaatsstroichcS im Jahre 1852, die IärSmisten feiern aber den 10. Dezember, an dem im Jahre 1848 Prinz Louis Napoleon an die Spitze der Republik trat. Und nun haben wir einen Zeitungskrieg von größter Heftigkeit, in dem die verschiedenen Führer einander auf» gröbste beschimpfen. Es geschieht die» in der anmutigen Form eines offenen Briefwechsels, der uns von Tag zu Tag mehr zeigt, daß die monarchistischen Mata- dore sich mehr durch leidenschaftliches Temperament al- durch vornehmen UmgangSton auSzeichnen. Und doch wäre der Streit so leicht zu schlichten. Der Prätendent und zukünftige Kaiser muß doch eigentlich die Entscheidung darüber haben, wer von seinen Anhängern und zukünftigen Vasallen Recht oder Unrecht hat. Unseres Erachtens hat er Liese Entscheidung auch schon gegeben. Er lieb durch seinen Vertreter, den Grafen Murat, am 10. Dezember die Festversammlung feierlich begrüßen und sie zur Wahl gerade dieses TageS beglückwünschen, denn die Herren hätten dadurch gezeigt, baß sie für die wahre napoleonische Tradition das beste Verständnis hätten. Daraus kann man entnehmen, baß auch Victor Napoleon den Weg wählen würde, den Napoleon III. eirrchlug: den über ein republikanisches Konsulat nach dem Schema des 10. Dezember. Der Prätendent zeigt damit einen richtigen Blick für daS französische Volk und mehr realpolttischen Sinn. a!S auf der einen Seite Herr de Cassagnac, der ein absolutes Feubal-Kaiserreich will, und auf der anderen Seite Herr Lanes, der glaubt, man werde mit einem vorübergehenden Präsidenten Napoleon, der nicht mehr Hoheit-rechte hätte als Herr Loubct, genug getan haben. Nein, wenn über haupt eine Gefahr für die Republik vorliegt, und tatsäch lich ist sie noch immer keineswegs beseitigt, dann kommt sie von der Sette der verspotteten J6r5mistcn und der PlebiSeitäre. Vielleicht ist der republikanische „Temps" nicht ganz im Unrecht, wenn er sagt, die augenblickliche Ueberspannung -er Politik nach der äußersten Linken werde als Reaktion eine Dtrektoriumluft zurücklassen und in einer solchen Atmosphäre gedeiht monarchische An- wandlnng am Vesten. Man glaube doch nur ja nicht, daß das französische Volk von -er Schönheit der jetzigen parlamentarischen Verfassung so sehr durchdrungen sei! Man glaube doch nur nicht, daß es auS -en betrübenden Erfahrungen der beiden Kaiserzeiten gelernt habe! Alle Lehren der Geschichte nützen nichts, wenn diesen Franzosen das Temperament durchgeht. Für uns wäre aber die französische Monarchie nicht der Friede, sondern der Krieg, und de-halb sind wir gezwungen, nach wie vor der bonapartistilchen Bewegung in allen ihren Aeußc- ruugen mit gespanntester LufmerOamkett zu folgen. I'. IV. Deutsches Reich. * Berlin, 5. Januar. Eine schwere innere SrisiS in Aussicht? Dem Reichs tage sind in seiner ersten Session die großen politisch, kritischen Aufgaben einer Heeresvorlagemit starken Mchrsvrderuiigcn und einer Erweiterung des jetzt gelten den Flotteuge eyes erspart geblieben, in wohleiwigener Absicht, wie man weiß. Die leitenden Stellen wollen erst den neuen Reichstag sondieren und sehen, wie der Hase läuft. Die sogenannte ReichSsinanzreform als finanz elle Vorbedingung für größere Mehrsorderungen für Heer und Marin« soll erst unter Dach gebracht werden. Wahr, scheinlich hat man auch damit gerechnet, daß inzwischen neue Handelsverträge zu stände kommen. Ob das h S »um nächsten Herbst geschieht und ob die ReichSsinanzreform durchacht, ist sehr fraglich. Die neue Heeresvorlage und jedenfalls neue Martneforderungen werden länger als bis zur nächsten Sesion, also bis -um nächsten Herbst, nicht aujgeschoben werden. Die „Freis. Ztg" hat im Hinblick auf diese unausbleiblichen Vorlagen Be- trachtungen angestellt, in denen sie zu der Folgerung kommt, daß eine s ch w e r e innere Krise in Au», sicht stehe, weil die Mehrheit deS Reichstage» rtnschließ- lich deS Zentrums diese Forderungen nicht bewilligen werde, worauf eS zur Auslosung kommen müsse. Weniger pe fünistisch ist die „Frankf. Zt g.". Hält sie e- auch für wahrscheinlich, daß die unausgesetzten Verstärkungen der Macht zu Lande und zu Wasser mit der Zeit einmal zu einer Krisis treiben werden, so unsicher bleibe doch zunächst jede Voraussage, so lange man die Höhe der nächsten For. derungen nicht kenne. Ein ganz unsicherer Faktor in solchen Berechnungen sei daS Zentrum, dessen starkes In- tercsse, die Nolle der ausschlaggebenden Partei nicht zu verlieren, und dessen kirchliche Interessen die Haltung gegenüber HeereS- und Marineforderungen ganz wesent- lich beeinflussen müßten. Jedenfalls sei es gewagt, schon jetzt Voraussagen zu wollen, was im nächsten Jahre an- genommen und was abgelchnt werden wird, und ob sckl'eßlick» die Mehrt"'! - 'S Rci.hSK,.jcs mit der Negier«»- tu einen Konflikt gerate. Immerhin ist eS interessant, daß ein für alle nationalen Forderungen eintretendes Organ, wie die freikonservative „Post", vor einen« Konflikt warnt und vor allen Dingen auch vor einer Auflösung de» Reichstages und neuen Wahlen und daß es in diesem Zusammenhänge schreibt: .Auch die Negierung muß wissen und weiß, daß mit einem Reichstage von ungefähr derselben Zusammensetzung wie der jetzigen nach menschlicher Voraussetzung unter ollen Um ständen gerechnet werden muß. Die Weitz ferner sicher auch, datz in der Bevölkerung di« Opferwilligkeit für HeereS- und Flottenzwecke zur Zeit besonders gering ist, und zwar zum Teil durch Schuld der HeereS- und Flottenverwalrung selbst. Luch die konservative und die nationalliberale Presse läßt deutlich er kennen, wie stark in der öffentlichen Meinung die Verstimmung über die Zersplitterung der finanziellen und persönlichen Kräfte auf daS Notwendige und die Erreichung der erstrebten Ziele mit einem möglichst geringen Aufwande von persönlichen und finanziellen Opfern nach Lage unserer Verhältnisse das allein Richtige ist. Bei richtiger Würdigung allcr dieser Umstände wird die Negierung sich in Bezug auf ihre Forderungen für HeereS- und Flottenztvecke sicher auf da» unbedingt Notwendige beschränken und dieselben so der ihr bekannten Tragfähigkeit der Reichstagsmehrheit anzupassen wissen. Da» wird ja natur gemäß nicht ohne Schwierigkeiten abgehcn; denn eS werden dabei ein« ganze Reihe von Wünschen der HeereS- und Flotten verwaltung zurückgestellt werden müssen. Allein die «lirs necersetLs wird dem verantwortlichen Leiter der Reichspolitik die Kraft zur Ueeürwindung solcher Widerstände verschaffen." Das ist ein verständiger Rat und die verantwortlichen Leiter der Netchspolitik werden ihn als solchen gowiß an erkennen. Es fragt sich nur, ob sie stark genug sein wer ben, die von anderer Seit« entgegenstehenden Einflüsse zu überwinden. Vielleicht ist der in diesem Jahre erfolgte Aufschub der militärischen und maritimen Neufordcrungcn zum Teile mit dadurch veranlaßt, daß man sich Uber ihre Höhe nicht hat einigen können. Die Reichstagsersatzwahl in Sschwege. Der durch die Verurteilung und die Mandatsniederlegung des Abg. Seyboth vor die Notwendigkeit einer Ersatzwahl gestellte ReichStagS- wahlkreiS Esckwegc-Schmalkalden-Witzenhausen gehört zu den wetterwendischsten im deutschen Reiche. Er war vom Jahre 1871—81 nationallibcrai vertreten, der Abgeordnete für die Legislaturperiode 1881—84 gehörte ter liberalen Bereinigung an, von 1884—90 gehörte der jüei« der freikonservativen Partei, von 1890—93 den Freisinnigen, von 1893—98 den Antisemiten, von 1898—1903 wieder den Freikonservativen, um bei den letzten allgemeinen Wahlen in der Stichwahl von den Frei sinnigen erobert zu werden. Nachdem der Wahlkreis schon so vielen Parteien angchört hat, ist eS leider gar nicht aus geschlossen, daß er diesmal in die Hände der Sozial demokraten fällt, obwohl eS ein überwiegend ländlicher ist und obwohl in ihm die Bevölkerungszunahme eine vergleichsweise langsame gewesen ist. Trotz dieser lang samen BevölterungSzunahme nämlich hat sich die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen schnell vermehrt. Bis zum Jahre 1887 war eine verhältnismäßig größere Zahl von sozialistischen Stimmen überhaupt noch nickt abgegeben worden, m diesem Jahre brachten eS die Sozialdemokraten auch nur auf noch nicht ganz 1500 Stimmen. Schon bei den folgenden Wahlen hatte sich di« sozialistische Stimmen,ahl mehr al» verdoppelt, blieb bei den Wahlen von >893 ziemlich stabil, um im Jahre 1898 auf über 5000 emporzuschnellen. Bei den letzten allgemeinen Wahlen betrug die sozialdemokratische Stimmenzifser schon nahezu KLOO und damit stand die Sozialdemokratie bei weitem au der Spitze der Parteien, denn der Kandidat, der nächst ibr die meiste» Stimmen erhalten batte, eben Herr Seyboth folgte «n einem Abstaude von nahezu 2000 Stimmen Ein Die- der Do-ialdemolratie bei der Ersatzwahl ist aber um so möglicher, als die Konstellation der bürgerlichen Parteien eine sehr ungewisse ist. Es ist anzunehmen, daß die Frei sinnigen, obwohl sie ja natürlich an der Verfehlung Sey boths nicht die mindeste Schuld tragen, doch eine gewisse Ein buße an Stimmen erleiden werden. Dann würden, wenn im übrigen die Stimmenverhältnisse so blieben, wie sie am l8. Juni gewesen sind, die drei bürgerlichen Parteien de» Wahlkreise«, näm- lich die Freisinnigen, dir Freikonservaliven und die Antisemiten, nahezu gleichviel Stimmen erhalten. Bei dieser Konstellation ist es durchaus nicht ausgeschlossen, daß die Antisemiten, die ja auch den Wahlkreis schon einmal inne gehabt haben, m die Stichwahl gelangen. Dann aber würde vielleicht ein Teil der freisinnigen Wähler sich entweder der Stimme enthalten oder gar für den Sozialdemokraten eintretea und damit dessen Sieg herbeisübren. Um diese Möglich keit zu Verbindern, Ware eS wünschenswert, wenn ein« ge wisse Konzentration der bürgerlichen Parteien eiitträte. Es ist freilich nickt anzunehmen, daß die Antisemiten von einer selbständigen Kandidatur Abstand nehmen, eS ließe sich aber vielleicht ermöglichen, daß Freisinnige und Freikonservative sich auf «ine zwischen ihnen stehende, also e,ne gemäßigt liberale Kanditatur einigten. Käme eine derartige Kandi datur zustande, so würde dieser Kandidat die meisten aller Stimmen erhalten und dann zweisello» auch in der Stich wahl siegen. Die Möglichkeit »ine- sozialdemokratischen oder eines antisemitischen Wahlsiege» würde dann aus geschlossen erscheinen. * Beim Kaiserpaare waren zur gestrigen Mittagstafel geladen der Ebes deS Civil'abinetts Dr. v. Lucanus, HauS- minister v. Wedel, Finanzminister Freiherr v. Rheinbaben, General-Intendant v. Hülsen, Polizei-Präsident v. BorrieS. Nach der Tafel hörte der Kaiser den Vortrag des Finanz ministers und machte später einen Spaziergang un Parke von Sanssouci. — Heute vormittag hörte der Kaiser de» Vortrag de» EhefS des Militärkabinetts Gras v. Hülsen- Haeseler. * Siu Dementi, da» Le» Kaiser, Le» vrotzherzog vo» Weimar »ud die «oder»« -»»strickt»»»- betrifft, bringt Heute abend die „Nordd. Allg. Ztg. in folgender Form: „Die Welt am Montag" behauptet, von vertrauens würdiger Seite zu wissen, daß Seine Majestät derLaiser und König unmittelbar nach Bekanntwerden der Nach richt, nach der in Weimar eine neue Künstler- vereihiigung deg: modernen, Richtung sich unter dem Protektorate deS Grobherzog- gebildet habe, den preußischen Kultusminister dorthin entsandte, nm vor Seiner Königlichen Hoheit bah'n vorstellig zu werden, daß von dem Plane Ab st and genommen werde Der Großhcrzog habe sich dem Minister gegenüber in sehr kräftigen Worten gegen jede Einmischung in seine Bestrebungen nachdrücklichst verwahrt. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß die gesamte Darstellung der „Welt am Montag" ans Erfindung beruht." * Die Antwort deS Präsidenten Roosevelt an da» Tele gramm deS Kaisers anläßlöch daS Brandun glückes in Chicago lautet nach der „Nordd. Lllg. Ztg": Washington, 2. Januar. An Ihre Majestäten den deutschen Kaiser und die deutsche Kaiserin zu Berlin. Ihre ans Herzensgrund und edlem Genius redende Depesche bezüglich deS schmerzvollen Unglücks, das die Einwohner von Chicago betroffen hat, habe ich erhalten und den Behörden der Stadl Ihr tiefes Mitgefühl ausgedrückt. Empfangen Die meinen und des amerikanischen Volkes herzlichen Dank un beste Glückwünsche, und möge der gütige Gott Sie und Ihr Boll sowie das unsere vor ähnlichen schweren Unfällen möglichst bewahren." * Eine Konferenz sämtlicher preußischer Oberprästdentc« sand heute beim preußischen Minister de» Innern, Frhrn. v. Hammcrstein, statt. — Die gemischte Deputation der Berliner Gemeinde behörden zur Erschließung neuer Einnahmequellen hat am Montag beraten. U. a. wurde vorgeschlagen, die Selbst - etnschatzung auch auf die Zrnsiten mit weniger al« 30<X) Ein kommen auszudehnen. Ta indes diese und ähnliche Fragen nur gelöst werden können, wenn die Bestimmungen im Kommunal- abgabengeseye geändert werden, so wurde vorgeschlagen, den Gemeindebehörden zu empfehlen, eine Eingabe an die Regierung und gesetzgebenden Faktoren zu richten, mit der Bitte, diese» Gese» entsprechend zu ändern. — Das im Vorstand« de» Deutschen KriegrrbundeS alljährlich zum Weihnachtsfeste in Tätigkeit tretend« TomitS zur Unterstützung der Witwen und unversorgten Töchter Heimgegangener Kämpfer der Befreiungskriege 1813/lb lvorsiyender General d. Ins. z. D. von Spitz) war am vergangenen Weihnachtsfeste in der glücklichen Lage, 687 allen, teilweise schon hoch in den neunziger Jahren stehenden armen Frauen den Weihnachtstisch zu decken. ES konnte zu diesem Zwecke auS den vrranstaUeten Sammlungen eine Summe von 10000 Verwendung finden. --- Altenburg, 5. Januar. Von morzer ab nimmt Herzog Ernst die früher üblichen aber seit Jahresfrist unterbliebenen Mittwochs-Audienzen wieder auf. Au» dieser Thatsache darf man wohl einen günstigen Schluß auf de» Herzogs Gesundheitszustand schließen. * Gotha, 5. Januar. Der Herzog, welcher aus Ein ladung des Königs von England während der Neujahr», tage mit seinen Verwandten, der Herzogin Helene von Al- bany und der Prinzessin Alice von Großbritannien, in Schloß Sandringham Aufenthalt genommen hatte, wird am S. d- M. nach Bonn zurückkehren, um seine Studie« wieder auszunchmen. — Der Regent begibt sich heute mit seinem Vater, dem Fürsten-Dtatthalter Hermann zu Hohenlohe, von Schloß Langenburg nach Straßburg 1. Els. Dort gedenkt der Regent kurze Zett au verweilen, um al», dann keine Gemahlin und seine beiden jüngsten Töchter nach DavoSzu begleiten. Dort mtrd die Grbprinzessin, dem dringenden Rat der Aer»te folgend, einige Monate der klimatischen Kur tn dem schweizerischen Höyenorte ob- liegen, während der Regent im weiteren verlaufe deS Winter» hier auf Schloß yriedenstein zu residieren gedenkt. -r Greiz, 5. Januar. Tar Landtag umere« Fürstentum» trat gestern zur Fortsetzung seiner Beratungerr zusamrnen. Dia P-sitte»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite