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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040111026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904011102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904011102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
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T." zufolge bei dem Kardinal Kopv das Souper einnehmen. — Die Kaiserin hat ihre Teilnahme an der Hochzeit der Gräfin Armgard zu Stolberg-Wernigerode mit dem Grafen Platen zu Hallermund wegen leichter Unpäßlichkeit ab gesagt. *Die Königin-Witwe Carola, die, wie wir meldeten, beabsichtigt batte, heute unserer Stadt einen mehrstündigen Besuch abzustatten, ist infolge leichten Unwohlsein» abgehalten, diese« Vorhaben auszuführen. * In dem Kölner Konflikte zwischen Kranken kassenverband und Aerrteschaft hat die Regierung einen Vermittlungsversuch unternommen, dessen Er- gebnis noch nicht bekannt ist. * Der berühmte Münchener Beichtväter-Streik bat mit einer glänzenden Niederlage der ausständigen Kuraten geendet. * Bon Straßburg aus sucht ein Gewährsmann der „Lllgem. Ztg." dieUeberhandnahmeder französischen Iagdpächter in Baden lediglich als die Folge der französischen Iagdgesetzgebung und de« Reichtum» französischer Iagdliebhaber erscheinen zu lasten. Hoffentlich schläfert dieser Erklärungsversuch die Wachsamkeit der berufenen Hüter des Reiche» nicht ein. * Die französische Regierung ist nicht gesonnen, sich an einem etwaigen Kriege zwischen Rußland und Japan zu beteiligen, da französische Interessen nur in Südchina in Frage kommen. * Der «Standard" berichtet aus Tientsin: Die Russen hätte» Ginginintim, eine Eisenbahnstation 85 Meilen nördlich von Niutschwang, besetzt. In der Nähe der Stadt seien Kosaken zur Bewachung der Eisenbahn postiert. politische Tagesschau. * Leipzig, 11. Januar. sich gegenseitig mit Beweisen ihrer Freundschaft bedenken. Zn einem solchen Austausche ist bereits der Anfang auf dem Bündlertagc in BreSlau gemacht worden durch die Aeußerung des Herrn v. Wan gen heim: „Eine Richtung der Konservativen, die junker liche, einseitige Klique, ist energisch zurückzu- weise n." Graf Limbu rg - Sti rum , der mit tagte, lwt auf diese Provokation nicht reagiert: daß diese aber in konservativen Kreisen tief verstimmt hat, kann keinem Zweifel unterliegen. Diese Verstimmung wird auch nicht beseitigt werden dadurch, daß die „Deutsche TageS- zeitung", die anfänglich die Wangcnheimsche Aeuße- rung ignoriert hatte, jetzt den Versuch macht, sie folgender maßen auszudeuten: „Frhr. v. Wangenheim ist von jeher dafür eingetreten, daß die Deutsch-Konservativen als u n - abhängige konservative Bolkspartei im Reichstage und Landtage auftreten möchten, unter Zurückweisung der gouvernemcntalen Einflüsse, die naturgemäß immer nur durch einzelne Persönlichkeiten und Kliquen zur Geltung gebracht werden." Das heißt doch wohl nichts andere-, als daß die Konservativen Oppositions-Partei werden sollen wie die Bündler. Und gegen diese Zu mutung dürfte sich ein Teil der Konservativen denn doch wohl verwahren. Weil ihm Graf Kanitz morgen nichts zu schenken gedenkt, so braucht Graf Bülow ihm auch die Aeußcrung deS Herrn v. Wangenheim nicht zu schenken und sich das kleine Vergnügen nicht zu versagen, Bündler und Konservative gegeneinander in Stimmung zu ver setzen. Verbeugung vor dem Zentrum? Am Tage vor dem WeihnachtSscst wurde bekanntlich zu Saarbrücken ein Prozeß zu Ende geführt, der mit der Verurteilung des Redakteurs einer der Da S ba ch s ch e n Zeitungen wegen Verleumdung de« der nationalliberalen Partei angchörerrden Geheimen BergratS Hilger zu OVO .L endete. Htffder sollte Wahlbeeinflussungen, versucht haben und dergleichen inehr. Im Lause der Verhand lungen stellte sich aber heraus, daß gerade die katholische Geistlichkeit d«S Wahlkreises Saarbrücken die unerhörte sten Wahlbeeinflufsungen durch Mißbrauch der Kanzel, des Beichtstuhls irsw. sich hatten »n Schulder» kommen lassen. — Kaum sind 14 Tage seit diesem Prozesse ver flossen, so wird HerrHilgernachBreslau ver setzt, anscheinend mit Beförderung in seiner amtlichen Lausbahn. Aber die Saarbrücker Ultramontanen sind den energischen liberalen Widersacher los geworden, der ihnen bei ihren Wahlmanövern so genau auf die Finger sah — die Folge davon dürfte sein, daß «das nächste Mal der Wahl kreis den Ultramontanen ausgeliefert wird! Bündler und Konservative. Tie morgen stattfirvüende erste Sitzung des Reichs tags nach den Ferien hat eine sehr reichhaltige Tages ordnung, die nicht weniger als 13 Punkte umfaßt. Zu be sonders lebhaften Debatten dürfte aber nur der letzte Punkt, die von konservativer Seite eingebrachic Inter pellation, betreffend die Kündigung der 1801 bis 1894 mit mehreren anderen Staaten abgeschlossenen Tarifver träge, Veranlassung geben. Da der Abg. Graf Kanitz, der diese Interpellation begründen wird, angekündtgt hat, er werde bet dieser Gelegenheit der Regierung nichts schenken, so wird der Reichskanzler nicht nötig haben, einen Sack voll Gegengeschenke mitzubringen. Vielleicht erlebt er sogar, das; die Herren Interpellanten Polnisches. Ter Ton, in dem die polnischen Blätter sich seit langem schon und die polnischen Alrgeordneteu zu Ende der letzten Semon gefielen, läßt für die bevorstehenden Verhand lungen des Reichstages eine erhöhte aggressive und agitatorische Tätigkeit der polnischen Fraktion erwarten. Ein deutliches Zeichen dafür ist ferner die Menge der von dieser Leite angckündigtcn Anträge. Die radtkalcre Rich tung hat eben bei den Wahlen mancherlei Erfolge er rungen imd versucht «um, in der Fraktion Ton und Tempo anzugeben, um die noch zögernden gemäßigteren Elemente mit sich zu reißen. Tic Führung hierbei dürften die new gewählten Abgeordneten KulerSki und Korsantv übernehmen, und cs ist wahrscheinlich, daß es ihnen ge lingen wird, den Einfluß der sogenannten „Versöhnungs parteiler" vollkommen lahm zu legen. Freilich kommen aus den Reihen der Bedrohten warnende Stimmen: so liest man in der „Gazeta Gdanska": „Ob es der polni chen ReichstagSfraktion nicht klar geworden ist, daß sie mit der Beschlteßung der Annahme des Herrn KulerSki das Fundament erschüttert, auf dem sie selbst steht? Daß sic gegenwärtig und zukünftig SezessionS-Haderstiftereten legalisiert!" DaS Danziger Polenblatt mag recht haben, aber seine Mahnungen sind schon früher »»gehört ver- hallt und werden auch setzt ohne Folgen bleiben. Ehamberlai« und die Arbeiter Die Delegierten der Chamberlainschen Tarifreform- Liga haben sich redliche Mühe gegeben, bei der am 7. d. M. stattgefundenen Ersatzwahl zum Unterhaufe im Bezirk Ashburton dem unionistischen Kandidaten zum Siege zu verhelfen. ES ist ihnen nicht gelungen; mit 1470 Stiinmen Majorität ist der Liberale Eve, der An hänger der FrcthandelSpartei, gewählt worden. Lagen anch die Verhältnisse in Ashburton infolge der weit über wiegenden Mehrheit der Arbeiterbevölkerung von vorn herein günstig für die Sache des Freihandels, so ist -och das Ergebnis der Wahl deshalb nicht ohne Bedeutung, weil sich die unionistische Partei bemüht hatte, den stärk sten Einwand gegen die Wahl ihres Kandidaten, die Be sorgnis vor einer Besteuerung der Nahrungsmittel, aus dem Wege zu räumen. Ein in allen Bezirken bekannt ge machter Wahlaufruf der Tarifreform - Liga besagte, daß die Gehauptnngen der Gegner betreffs einer Erhöhung der Preise für Nahrungsmittel unwahr seien, daß die Ehamberlainsche Politik die Kosten -er Lebens haltung nicht steigern, anderseits aber bessere Arbeits gelegenheit und höhere Löhne für alle Arbeiter deS Be zirks herbetführen werde, daß neue Industrien entstehen, die Zahl der Beschäftigungslosen sich vermindern ust viele Tausende, die setzt Not litten, vor dem wirtschaftlichen Ruin 'bewahrt werden würden. „Wir sind bereit, diesen Grundsatz überall und zu fsder Zeit zu vertreten." Mit diesem Schlußworte forderte der Ausruf zur Unterstützung -es unionistischen Kandidaten auf. Wenn man nicht wüßte, -aß man in politischen Kämpfen noch häufiger al» sonst ungerade gerade sein läßt, könnte man auS dieser Erklärung des Wahlaufrufs entnehmen, -aß Chamberlain die Hoffnung aufgegeben habe, seine Politik unter Äuf- rechterhaltungdervorgeschlagenenZölle auf Nahrungsmittel -urch-usctzen, ivie er ja auch mit dem Zugeständnis, daß di e eine oder «die andere Kolonie sich von dem Reichszoll- ocrbandewürdcanSschlicßenkönnen, einen Schritt zurückgewichen ist. Wie dem auch sei, die Arbeiter wähler von Ashblnion, obwohl sic das Gespenst -er Er höhung -er LebcuSmittelpreise nicht schrecken konnte, haben die Chamberlainschen Vorschläge ver worfen, indem sie sich für den liberalen Kandidaten entschieden, wobei zu beaäsien ist.'daß die liberale Mehrheit gegen die Hauptwahl von 1900, in der der verstorbene Parlamentarier Scale-Hanne 4487 Stimmen erhielt, von 771 auf 1476, also über das Doppelte, gestiegen ist, während die Zahl der stimmberechtigten Wähler nur von 8203 auf 8592, also um 389 zugenvuimen hat. Demnächst wird in zwei weiteren Arbeiierbezirken über die Politik deS Herrn Cl-amberlatn entschieden wenden. Fällt auch da «die Wahl zu Gunsten der freihäudlerischen Kandi daten aus. so dürfte damit in Arbeiterkreisen das Urteil über die Ehamberlainsche Politik gesprochen sein. Frei lich ist damit keineswegs gesagt, daß das Ergebnis der Wahlen bei den bevorstehenden Neuwahlen ein gleiches sein wird, da bis dahin die ununterbrochen betriebene Propaganda für die Sache des Schutzzoll« auch unter den minder bemittelten Klaffen der Bevölkerung sehr erheb lich an Boden gewonnen haben kann. Rußland und Japan. In Pariser diplomatischen Kreisen glaubt man, wie uns von dort gemeldet wird, ungeachtet der andauernden Geheimhaltung der Antwort des Petersburger Kabinetts auf die Forderungen Japans doch im Besitze gewisser Anhaltspunkte zu sein, welche den Schluß gestatten, daß durch Ton und Inhalt der russischen Erwiderung die Möglichkeit zur Fortsetzung der Ver handlungen geboten werde. Einzelheiten, die über -ic äußeren Vorgänge der diplomatischen Tätigkeit in Tokio berichtet werden, deuten nach der Ansicht der erwähnten Kreise darauf hin, daß die japanische Regierung von der russischen Note nicht den Eindruck erhalten habe, als ob weitere Bemühungen zur Herbeiführung einer Ver ständigung der Aussicht auf Erfolg fast vollständig be raubt wären. Gestützt auf die Ueberzeugung, baß die Regierungen beider Staaten von dem ernstesten Ver langen nach Erhaltung des Friedens erfüllt seien, glaubt nian auch die skeptische Auslegung, wonach es sich nur mehr um eine diplomatische Scheinauseinandersetzung zum Zwecke -es Zeitgewinnes handeln würde, als un zutreffend abweisen zu dürfen, und hält an der Meinung fest, daß -aS Motiv für die zu erhoffende Weiterführung der Verhandlungen zwischen Petersburg und Tokio nicht in irgend welchen Hintergedanken, sondern im ehrlichen Friedenswillen der beiden Mächte wurzeln werde. — Man meldet uns noch: * Port Arthur, 10. Januar. Amerika und Japan be stehen auf der sofortigen Ratifikation der »er trage mit China Da» chinesische Ministerium deS Aeußern befindet sich im .Hinblick ans die Wahrscheinlichkeit, daß Rußland nicht einwilligcn wird, die Häfen der Mandschurei zu öffnen, in einer schwierigen Lage ?. Paris, 11. Januar <PrivatteIrgramm> Wie au» zuverlässigster diplomatischer Quelle verlautet, ist die hiesige Regie rung fortwährend angelegentlich bemüht, nach allen Richtungen für die Erbaltnng des Friedens zn wirken. Die Interessen der streitenden Parteien sind dabei viel weniger bestimmend, als die Rücksicht auf die innsaffrnden Anlagen französi schen Kapitals in russischen Papieren, die im Falle eines Krieges einrr starken Entwertung ausgesetzt würden. Im übrigen liegt ein guter Grund zu der Annahme vor, daß, wie immer auch die Sprache der französischen Blätter lauten möge, die Regierung nicht gesonnen ist, sich au einem etwaigen Kriege zu beteiligen, da französische Interessen nur in Südchina in Frage kommen, der in der Note vom März 1902 vorgesehen» Fall der Erwägung gemeinsamer Interessen somit ausgeschlossen und Frankreich deshalb in keiner Weise gebunden ist. (Köln. Ztg.s * Petersburg, 11. Januar. (Telegramm.» Die „Russische Telcgrapben-Agentm" meldet: Infolge der Zeitungsnachrichten über ein Wetteifern Rußlands mit Japan im Ankauf von Kriegs schiffen und Dampfern bei verschiedenen Firmen und Regierungen SSMMWMsSS Feuilleton. Wemeyer L Sohn. 7j Roman von M. Priggc-Brook. !/u »«Uli P'N elttt. „Fügr dich ihr, sie meint es gut mit uns", flüsterte Erna ihrem Liebste» zu. Im Lichtschein -er Laterne sah sie sein erblaßtes Gesicht und bemerkte mit Unruhe den ge quälten Zug in demselben. Wie konnte er nur die unbe deutende Beschränkung so herb empfinden? Er antwortete nicht, aber im Schutz der Dunkelheit, die kn Flur herrschte, zog er sic an sich, rach, ohne daß Fräulein Scebcrg Ein spruch tun konnte. „Bleib mein, du süße, Einzige", flüsterte er erstickt an ihrem Ohr. „Bleibe mein." Er ging und hatte vergessen, Fräulein Seeberg zu grüßen. „Ter ist rcchtsckmsfen in dich verliebt", lächelte die ohne Empfindlichkeit hinter ihm her. „Doch das gefällt mir an ihm. Auch sonst ist er nicht übel." Sic unterbrach sich, weil sic dock) dem Mädchen unmöglich sagen konnte, -aß sic den Bräutigam fast für zu alt für sie halte. Das mußte Erna mit sich selber crbmachen. Zum Glück schien sie nichts von ihren letzten Worten gehört zu haben, sic hatte bereits begonnen, die Treppen zu ersteigen, während die Lehrerin sich Zeit dazu ließ. Oben blieb sie nur kurze Zeit bei dem Mädchen, er mahnte sie noch einmal, reinen Mund zn halten, auch gegen die Pastorin, der man am anderen Tage sagen würde, Wcmeyer sei ein auswärtiger Agent, vor dem Erna singen solle. Im übrigen solle sie daS ihrige dazu tun, daß dem unerquicklichen Zustande der Heimlichkeit möglichst rasch ein Ende gemacht werde. Nach herzlichem Dank ließ Erna die Gütige gehen und blieb nun wieder allein mit ihrem Glück. Mit Sehnsucht dachte sie ihrer Lieben. Sie konnte schon auS eigenem Antriebe die Zett nicht mehr erwarten, bis diese etn- geweiht waren. An ihrer Bereitwilligkeit, sie ihrem Schatz zu geben, zweifelte sic keinen Moment, und so waren «S wonnige Träume, die sie mit wachem Auge vor ihren Sinnen erstehen ließ. Kränze Seeberg betrat unterdessen die nun in völliger Dunkelheit vor ihr liegende Straße. Zwar wart der Schein der Laternen genüge:»- Licht, um die Umgebung erkennen zu lasten, mechanisch schritt sie an den Häusern vorbei. Da henmtte plötzlich ein großes Namensschild ihren Fuß, ein plötzlicher Gedanke erstand in ihrem Hirn. Das alte Fräulein stand still und sah nach der Uhr. „Schon acht Uhr!" murmelte sie, „und seine Sprech stunden dauern nach der Anzeige bis sieben. Ob ich es dennoch wage, als alte Lehrerin und Freundin?" Sie hält in ihrem Selbstgespräch inne und tritt in das Hans, vor dessen Tür sic die Aufschrift hatte zögern lasten. Im Treppenhaus« brennt das GaS, eS war tages hell in demselben. Ohne sich zu besinnen, stieg sic die teppichbclegten Stufen hinan bis in den ersten Stock, wo eine kleine Tafel airgebracht war. Sie besagte, daß Herr Iüstizrat Eckenstccn, Rechtsanwalt uud Notar, -es nach mittags von 5 bis 7 seine Hülfe jedem leihe, der ihn aus suchen komme. Die Tür war verschlossen. Franziska Seeberg klingelte resolut. Sic wartete einige Zeit, kein Schritt lieb sich vernehmen, und seufzend drückte sie zum Weiten Male den Knopf. Diesmal rührte sich was. Ein schlürfender Schritt kam langsam näher und eine ärgerliche Stimme murmelt unverständliche Worte, die kaum einen Willkmmnensgrnß für die draußen Harrende entlnrlten mochten. Dann drohte sich der Schlüssel im Schloß. Die Tür sprang auf und eine alte, häßliche Magd in peinlich sauberer Kleidung stand auf der Schwelle. ,^verr Iüstizrat dal-elm und zu sprechen?" „Daheim ist er schon, aber zu sprechen nur bis sieben: wenn die Leute nur bester lesen wollten, was hier steht", sagte die Alte ärgerlich und zeigte auf die Tafel. „Gelesen hätt' ich'« schon und warten würd' ich auch bis morgen, nur -aß mein Anliegen keinen Aufschub duldet", gab Fräulein Seeberg lächelyd zurück. „Wenn Sie mich deshalb melden wollten und dem Herrn Justiz rat sagen, eine alte Bekannte warte auf ihn. Franziska Seeberg ist mein Name." „Da laß ich mich doch gleich hängen, wenn das nicht Tante FränzeS Stimme ist", ließ sich jetzt jemand hören, und ehe die brummige Alte noch ein Wort hatte erwidern können, war »schon ihr Herr auS seinem, -er HanStür zunächst belcgenen Zinnner gekommen und hatte ihrem Zögern ein Ende gemacht. Mit sichtlicher Freude faßte er icke Hand deS späten Besuchs und führte sie mit einem herzlichen: „Aber nun einen schönen guten Abend und herein mit Ihnen in meine Klcursc, der Drackße aber ver schwinde in seine Höhle", in sein Gemach Es war ein ort gehörter Scherz, -er langst aufgehürt hatte, der alten Haushälterin peinlich zu fein, heute zog sie sich indes doch brummend in den Hintergrund zurück, denn für gewöhnlich liebte der Herr Iüstizrat keine Stö rung, wenn er mit seinem Tagewerk fertig war, »nd er hielt nichts von Frauenzimmern, sie mochten alt oder juna sein. Fräulein Seeberg aber mußte im Zimmer ihres Freundes Platz nehmen und umständlich erzählen, rvaS sie zu ihm gcsüchrt. Nachdem sic vorerst in kurzen Worten ihres persönlichen Ergehen« gedacht, von ihrem Neffen berichtet, erzählte sie, daß sie eigentlich «in Zufall hersühre. ,Ljch laS plötzlich Ihren Namen, und da fiel mir ein, Sic könnten mir gewiß Auskunft über einen Mann er teilen, der fett dem heutigen Nachmittag mein Haupt- tntereffe tn Anspruch ninnnt." „Sie werden doch nicht, Fränze", der alte Herr drohte lächeln- mir dem Finger, „nachdem Sie mir zur Zett ein ganz artiges Körbchen gaben, das durch nichts weiter be gründet wurde, als durch -en Hinweis auf Ihr Alter?" „Scherzen Sic nur!" Für den Moment vergab Fräu lein Seeberg ihre Sorge. „Aber hören Sie mir dann auch gut zu, ich habe Vieles zu fragen." In kurzen Worten erzählte sie das, was Erna ihr von Wemeyer anvertraut, und sprach ihr Befremden aus, daß ein Mann, der augerrschcinlich den oberen Zehntausend der RcichShauptstadt angehöre, cs nicht unter seiner Würde gehalten, mit einer ihr unendlich lieben und teuren Schülerin gleichsam inkognito anzubändeln. „Fragt sich, was dieser Herr für Absichten hat", er- widcrte Eckensteen trocken. „DaS ist'S ja gerade. Allem Anschein nach -te soli desten. Er will das Mädchen, das übrigens auch nur für die allerernstcsten Absichten zu Haden ist. heiraten." „Na, alSLann —" Der Iüstizrat machte eine Pause und sah Franziska Seeberg erwartungsvoll an. „Man möchte doch gern Näheres über den Mann rvissen, besten Namen ich als alte Berlinerin heute zum ersten Male gehört", meinte fie. „Im Kall der Vater der Kleinen Auskunft haben will." „Die er, handelt es sich wirklich um ein« finanzielle Größe, wie Sic mich glauben machen, aus erster Hand in jedem Bankhause haben kann. Im übrigen will ich Ihnen gern mit meiner, auch nicht geringen Personal kenntnis helfend zur Seite stehen. Der Name?" „Wemeyer, Hugo Wemeyer, so stellte er sich mir vor." „Na, sehen Sic mal an! Da bin ich freilich die bestem Quelle. Der Holzhänüler Wemeyer Ist mir keineswegs fremd. Ich luttte mehrfach für ihn zu tum, wenn auch nicht in der letzten Zeit." „Und Sie misten über ihn?" „So ziemlich alles. Nur. -aß mein Wemeyer unmöglickr auch der Ihrige sein kann. Der meinige ist allerdings ein schwer reicher Selfmademan, im besten Alter, und leb« mit feiner Frau, einer schlicht bürgerlichen Frau vom alten Schlage, tn friedlicher Ehe, ich glaube, seit mehr als achtundzwanzig Jahren." „Unmöglich", antwortete Fräulein Seeberg betreten. Aber sie erholte sich schnell von ihrem Schrecken. „Kann es nicht sein, daß die Wemeyer«, von denen Sic sprechen, einen Sohn haben?" fragte sie hoffnungsvoll. „Stimmt, sogar auffallend. Rudolf Wemener ist ein prächtiger Kerl und seines Naler« rechte Hand." „Sic sagen Rudolf, der Wcmeyer, der meine Schülerin uurwirbt, heißt Hugo, Hugo Wcmeyer." „Sind Sic Ihrer Sache auch ganz sicher, Fräulein Fränze?" „Todsicher, ich sah sein Bild, am welches er die Auf schrift geschrieben: „Seiner Erna ihr Hugo Wemeyer Der alte Herr griff schweigend hinter sich in ein Regal, tn -essen Ctcfach sich daS Adreßbuch befand. Er blätterte in Hast. „Da haben ivir's!" rief er nach einigem Suchen: „Wemeyer. Sehen Sie her, meine Gnädige. Hier steht'«' Wemeyer, Hugo, Holzhändler und Besitzer von Fabriken in Spandau, Jüterbog und Pankow, und weiter: Rudolf Wemeyer, Prokurist." Die Augen seiner Nachbarin mrschlangen «ast die kleine Schrift. „Und weiter steht nicht« da, ich meine, niemand deS NamenS?" fragte sie bang. „Wie Sie sehen, niemand." Die beiden sahen sich plötzlich "schreck« einen Augen- blick schweigend an. Ein einziger (Sedanke dämmerte ihnen. DaS alte Fräulein faßte sich Zuerst: „Unmöglich" tagte sie ^Ger heftigen Hand- bcwegung, als icheuche sie das «chreckiiche so von sich ab „Und doch schon alle« dagc-wescn nach Yen Akiba", erwiderte Sckensteen ernst „DaS junge Din« sollte mir leid tun, erweist sich unsere Angst al- berechtigt." ,^So wohnt er?" rief die Teeberg plötzlich au«. „Ick» gehe zu ihm, gleich jetzt, und stelle ist» zur Rede." „Das werden Li« bleiben lasten, folgen Sie meine« Rat", wehrte er ihr. „Was auch geschehe» ist, sich zu
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