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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040112027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904011202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904011202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-12
- Monat1904-01
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124,78 143,80 107, 82.35 215.40 212,70 r-t. 181,40 100,10 102,80 77, 186, 153.— 138.75 tW 88,10 2372b 85.3» 216^05 Nis > io <i»r Ik- Di ll» vor- »ollilsr» 08.80 210, 25,80 82,oO 144,— 216 80 20410 208,— 208,80 110.— 108 50 161^0 104.78 103 60 134 80 1« 134.38 178.— 223.78 21OL8 1S6.— kW 206.S5 453,— 140,— 106,25 140- 78LO 62.25 188,78 234.Ü0 161.40 104 80 24 .75 >. 68.80 1184,2b rdod»n. 1475 1 375 '10000 '! — 21000 7875 600 210 45 400 5850 13600 14v5 2700 380 560 1800 3350 3000 3180 Lr» ' 1880 ZäZ8 « 8680 > 4675 18600 ' 7325 4780 > 2850 20700 21600 10700 »17500 8>l«l ss-IiSö <io o ' (ii/i,. Lid-, »?rior > V—i ,-krp-n, .N»on l/0 von ,k»n> ld»vv.» (w/1> Ul/t i» - u, >1'-l«k. u' von in', io 1) -Lv „ill-n. ,N«1n ro <S'l> - o»ek 4. ^ou o /10/I, BezugS-PreiS t» der Hauptexpedttion oder deren Ausgabe, stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» ÜL 3.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZritungSpreisliste. Kr-aktion und Lrpe-ition. Johanntsgasse 8. Fernsprecher 153 und 222. Filialerpedttiarrr«: Alfred Haha, Buchhandlg, UniversitätSstr.S, L. Lösche, Katharinenstr. 14, u. KönigSpl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstrahe 34. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. Haupt-Filiale Serlin: Carl Duncker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowstraße 10.' Fernsprecher Amt VI Nr. 4603. Nr. 2». Abend-Ausgabe. KiWger Tageblatt Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates nnd des Rolizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Pctitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich l4 gespalten) 75 vor den Familiennach« richten (6gespalten) 50 /H. Tabellarischer und Zissernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 25 (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung -M 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Ännahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die ExpedUid« -» richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Dienstag den 12. Januar 1904. 98. Jahrgang. Var Wichtigste vom läge. * Der Reichstag nimmt heute seine Arbeiten wieder auf. * Die Verzögerung in der Fertigstellung des Gesetz entwurfs über die Entschädigung unschuldig Ver hafteter hängt, wie nach dem „B. L.-A." verlautet, damit zusammen, daß er nicht nur Entschädigungen für Zivil personen, sondern auch für die der Militär- und Ma- rinegerichtSbarkeit unterstellten Personen vorsieht, deren Verhaftung zu unrecht erfolgt ist. * Prof. Lehmann-Hohenberg in Kiel wurde wegen Beleidigung seiner vorgesetzten Behörde auf disciplinarem Wege seines Amtes entsetzt. Der König bestätigte das Urteil. * Die sechs japanischen Offiziere, die sich gegen wärtig im Auftrage ihrer Regierung auf dem Kruppschen Schießplane bei Meppen aufhalten, haben dem Vernehmen nach 1oO schleunig zu liefernde 15-cm-Haubitzen bestellt. * In der österreichischen Delegation erklärte der Minister deS Aeußern Graf Goluch owski, trotz der heftigen Anfeindungen von tschechischer Seite werde der Dreibund, der sich glanzend bewährt habe, auch in Zukunft die Grund lage der österreichisch-ungarischen Politik sein. * Der französische Ministerpräsident Eombes und der Handelsminister betonten in öffentlichen Ansprachen neuerlich die Friedensliebe Frankreichs. Combes be zeichnet al^ größten Feind der Republik die klerikale Reaktion- * Die Engländer brachten im Hinterlande der Somali küste dem Mullah eine Niederlage bei. - * Der G e s u n d h e i t S z u st a n d der russischen Kaiserin gibt wieder Anlaß zu Besorgnissen. * Die Nachrichten aus dem fernen Orient lauten heute erheblich beruhigender; die russische Antwort scheint im allgemeinen befriedigt zu haben. politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Januar. Die polnischen Zentrumsschützlinge im Reichstage. Da auf der Tagesordnung der ersten Sitzung desReichs- lags im neuen Jahre als erster Punkt die endgültige Präsidentenwahl steht und von den Interpellationen voraussichtlich nur die erste über die Regelung der Rechts verhältnisse der Berufsvereine bezw. die Errichtung von Arbeitskammern zur Besprechung gelangt, so muß Graf Kanitz seine Ungeduld, gegen die Regierung einen scharfen Vorstoß wegen Kündigung der Tarif verträge zu unternehmen, wohl noch einige Tage zügeln. Was die endgültige Präsidentenwahl betrifft, so wird sie zweifellos ein beschlußfähiges Haus herbeiführen, denn alle Fraktionen haben ihre Mit glieder dringlich aufgefordert, zu dieser Haupt- und Staats aktion zu erscheinen. Besonders gespannt ist man darauf, ob die Polen bei der Wahl des Grafen Ballestrem abermals durch die Abgabe weißer Zettel gegen das Zentrum demon strieren. Diesem würde dadurch seine Absicht, die Anträge der Polen zu unterstützen, sehr erschwert. Es ist ohnehin eine höchst dornenvolle Aufgabe, denn selbst ein Teil der polnischen Presse läßt an den 20 Initiativanträgen der polnischen Fraktion kaum ein gutes Haar. So sagt der „Dziennik Poznanski": Die 20 Anträge der Fraktion haben unter sich keinen Zusammen hang; ein Teil von ihnen ist leibhaftig den bekannten Forderungen des Zentrums und der Sozialdemokratie entnommen. Von irgend welcher Leitidee kann nicht die Rede sein. Darum muß sich die Vermutung aufdrängen, daß eine solche Aktion nicht die wirkliche Verteidigung zum Zweck hatte, sondern daß ihr Zweck war, eine gewisse, auf die breiten Kreise der nicht aufgeklärten Wähler berechnete Sensation hcrvorzurufen." Gegen den Antrag Nr. 110, betreffend Abänderung des Absatzes 3 des ß 15 des Invalidenversicherungs gesetzes, wo das Wort „siebzigste" durch das Wort „funf undsechzigste" ersetzt werden soll, erhebt das Blatt folgenden Einwand: „Tie Redakteure dieses Antrages scheinen völlig vergessen zu haben, daß nach dem umfangreichen statistischen Material dann eine bedeutende Erhöhung der Versicherungsbeiträge eintreten müßte und daß ferner die Einführung von neuen Steuern erforderlich würde, um die Zuzahlung von feiten des Reichs zu ermöglichen. Wenn die Fraktion jetzt durch eine einfache Acndcrung der Ziffer 70 in 65 diese Frage, erledigen will, so gelänge ihr die Schaffung einer politischen Quadratur des Zirkels. Zugeben muß nun jeder, daß das Stellen solcher Anträge keineswegs von ernster Arbeit der Fraktion zeugt, daß eS uns 'im Gegenteil lächerlich machen kann." Der polnische Antrag Nr. 93 betrifft die Sprache des Religionsunterrichts, der in dec Muttersprache den Kindern erteilt werden soll. Ohne Drehen und Deuteln erklärt hierzu der „Dz. Pozn." : „Ter Antrag der Fraktion in dieser Form und Redaktion gehört ohne Frage nicht zur Kompetenz des Reichstages. Tie Sache ist so klar, daß die Fraktion in den Verdacht gerät, sie habe sich nicht hinreichend in der Reichsverfassung orien tiert... In der vorliegenden Form kann der Antrag nicht einmal einen Achtungserfolg erzielen." Weiter heißt es in einer Kritik der juristischen Anträge: „Allein bei dem Antrag auf Beseitigung des sogenannten Kanzel paragraphen begegnen wir einer korrekten Redaktion. Der Rest der juristischen Anträge ist nicht entsprechend redigiert. Er enthält Wünsche um Vorlegung von Gesetzentwürfen, ohne daß man sich die Mühe nahm, diese Anträge zu formulieren. . . Wir haben einige Verteidiger in strafrechtlichen Angelegenheiten. Man hätte ihren Rat einholen sollen, ehe inan so vom Zaune ge brochene und unzulänglich vorbereitete Anträge einbrachte. Einen gewissen Radikalismus kann man diesen Anträgen nicht absprechen." Und so geht es fort. Mit einer einzigen Ausnahme ver wirft die polnische Kritik sämtliche 20 Anträge der Fraktion, weil sie „von Unreife zeugen hinsichtlich Form, Technik nnd Inhalt." —Es wäre kein Wunder, wenn sämtliche Mitglieder des Zentrums angesichts solcher polnischen Urteile über die Max- und Moritz-Streiche der polnischen Fraktion einander das Wort Haben, affe Sitzungen zu schwänzen, in denen polnische Anträge zur Verhandlung kommen. Freilich müßten sie dann fürchten, daß die unge ratenen polnischen Kinder die Fäuste gegen die Pflegeeltern erhöben. Fragen zur Sozialreform. Der Gedanke, die Invalidenversicherung zu einer allgemeinen Volksversicherung anszubauen, erfaßt immer weitere Kreise. In immer größeren Äevölkerungsschichten erwacht der Wunsch, sich bei der rcichsgcsetzlichen Invalidenversicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter und Invalidität zu versichern. Zu den Prrvatangestellten und den Handwerkern gesellen sich jetzt dieAerzte, soweit sie ein Einkommen von unter 3000 ./L haben. Vielfach besteht die Annahme, gerade dadurch, daß auch die Angehörigen der sogenannten besseren Stände sich nach dem Jnvalidenversicherungsgesetze versichern, werde das Gesetz an Ansehen gewinnen. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß ein Recht für die Aerzte, sich freiwillig nach Maßgabe des Jnvalidengesetzes zu versichern, schon jetzt bestehe. Nach H 14 des I.-B.-G. sind Gewerbe treibende und sonstige Betriebsunternehmer, welche nicht regelmäßig mehr als zwei versicherungspflichtigc Lohn arbeiter beschäftigen, befugt, freiwillig in die Versicherung einzutreten, so lange sie das vierzigste Lebensjahr nicht vollendet haben. Das Reichsversichcrungsamt hat bereits anerkannt, die Tätigkeit eines Rechtsanwalts sei ein Be trieb im Sinne des Jnvalidengesetzes. Sind die Tätig keiten des Arztes und des Rechtsanwaltes Betriebe, so sind, so sollte man meinen, Arzt und Rechtanwalt Betriebs unternehmer. Ties wird freilich von mancher autorita tiven Seite bestritten. Es wäre gut, wenn darüber im Reichstage eine Aussprache stattfäude. Bessere Aussichten im fernen Osten Die Antwort Rußlands muß nicht ganz unbefriedigend ausgefallen sein, denn seit gestern läutet es weit friedlicher als bisher von den Gestaden OstasienS herüber in die west liche Welt. Wie dem „Russischen Handels-Telegraphen- Bureau" aus Petersburg gemeldet wird, nehmen die Verhandlungen mit Japan einen günstigen Verlauf und wie einem Vertreter desselben Bureaus von dem japanischen Gesandten in Petersburg versichert wird, herrscht auch in Japan eine friedliche Auffassung und wird alles aufgeboten, um den Frieden zu erhalten. Die „Neue Hamburgische Börsenhalle" veröffentlicht ein Privat telegramm , das ihr aus maßgebenden ausländischen Handelskreisen Dokohamas zngegangen sei, deS In haltes, daß man dort jetzt einen Krieg zwischen Rußland und Japan für unwahrscheinlich halte. Die Politische Korrespondenz erfährt, die gemeldete Heimkehr deS japanischen Militärattaches in Wien habe keinerlei Zusammenhang mit der militärpolitischen Lage in Ostasien und entspreche lediglich der Regel, daß die japa nischen Militärattaches höchstens ungefähr drei Jahre in dieser Stellung belassen werden. — Die letzten Meldungen besagen: * Tokio, 1l. Januar. Heute nachmittag fand eine Besprechung der alten Staatsmänner mit den Ministern des Aeußern, der Marine, der Finanzen und den Oberkommandierenden des Heeres Feuilleton. Wcmeyer L Sohn. 8j Roman von M. Prigge-Brook. virdvteu. „Zwingt Sie Ihr Egoismus, alles hinzuwerfen, um ein Phantom, denn was ist die Zuneigung einer Achtzehn jährigen anders als ein Phantom ? Erna weiß noch nicht, was Liebe ist, und Sie tragen den Zwiespalt Ihres eigenen Lebens in ihr unberührtes Herz. Daß Sie das nie be reuen müssen! Nennen Sie das etwa Liebe?" „Liebe, Liebe!" Träumerisch kamen die Worte von dem Munde des Mannes. „Sie können ebensogut vom Schicksal reden, das uns zufammengeführt hat — trotz alledem! Ich sah sie ganz von ungefähr, ohne Wunsch, ohne andere Gedanken, als den, wie wohl das Weib be schaffen sein müsse, dem ein unreifer Knabe nachging. Ich sah sie und im Augenblick ging jeder andere Gedanke unter. Ich vergaß den Zweck, vergaß alles, so ist es ge blieben, was ich auch tat. Nun ist der Kamps zu Ende, sie ist mein und sollte sie gleich selbst mir zürnen, sie bleibt doch mein, es ist stärker als sie." „Herr Wemeyer, ich fürchte, Sie sind krank. Be fragen Sie Ihren Arzt." ES begann dem Mädchen zu grausen in Gegenwart des aufgeregten Mannes, den nichts von seinem Borsatze abzubringen im stände schien. Sie stand auf. „Ich störe wohl", sagte sie unsicher, wie sich ent schuldigend. „Ihre Fra» ist krank." „Meine Fran." Hugo Wemeyer kam plötzlich zur Be sinnung. „Ich sagte Ihnen schon, daß ich die Schuld trage, aber —" damit richtete er sich zu seiner ganzen statt lichen Höhe auf — „ändern kann ich es nicht, und wenn die ganze Welt mich verdammt." „Nicht die Welt, Erna genügt", gab Fräulein Leeberg mit Heftigkeit zurück. Sie ärgerte sich plötzlich sehr über den Eigensinn des Mannes. „Sie wäre nicht mein Lieb- ling, wüßte sie nicht, was hier ihre Pflicht ist, und damit Gott besohlen, Herr Wcmeyer, ich gehe zu ihr!" „Nicht ohne mich!" Mit einem Aufschrei sprang Wemeyer zur Tür. „Sie bleiben", keuchte er, „ich halte Sie; denn nur aus meinem Munde oder doch in meinem i Beisein soll Erna erfahren, was länger zu verheimlichen ich nicht im stände bin. Dann mag sie richten." „Tas wird sie!" Der Holzhändler erwiderte nichts auf die in erbittertem Tone gesprochenen Worte, er ging auf eine Tür zu. die in ein Nebenzimmer führte. Durch diese entfernte er sich, und das Fräulein hörte ihn in derselben den Schlüssel drehen. Sie mar gefangen. Die Gefangenschaft dauerte nur kurze Zeit. Kaum drei Minuten waren vergangen, da trat Wemeyer wieder ein, zum Ausgehen angekleidet. „Kommen Sie", sagte er kurz. Und Kränze Seeberg, die Willensstärke, Energische, der inan nachsagte, daß sic nur ihrem eigenen Kopfe zu folgen gewohnt iväre, schlich wortlos und bedrückt hinter dem Vorangehenden die Treppen hinab, nur eines einzigen Gedankens fähig. Wie würde Erna entscheiden? Sic wagte nicht zu denken, alles in ihr zitterte dem Augenblick entgegen, der dem betrogenen Kinde Klarheit gab. Der ersten ihm begegnenden Droschke rief Wemeyer ein lautes „Halt!" zu. Der Rosselcnkcr hielt. Der Holz händler half seiner Gefährtin einsteigcn und nahm neben ihr Platz. Er redete kein Wort, und auch dem Fräulein versagte die Zunge den Dienst; sic atmete auf, als eine halbe Stunde später der Wagen vor dem Hause in der Genthiner Straße hielt. Mit wankenden Knien erstieg Franziska die Treppe, sic mußte sich am Geländer halten, ihr schwindelte plötzlich. Am liebsten wäre sie umgekehrt, aber das durfte sic Erna nicht antun, die ohne Hülfe zu lasten in der entscheidenden Stunde ihr Sünde schien. Hinter ihr keuchte Wemeyer, dem sicherlich nicht bester zu Mut war. Das Ziel war er reicht Ein Druck auf den Knopf der Klingel, und schon ließ fick ein leichtes Schlürfen vernehmen. Im nächsten Augenblicke öffnete sich die Tür. „Frau Pastorin ist nicht zu Hause", meldete das Mäd chen, doch Franziska hörte nicht auf sic. Ohne sich um- zusehen, schritt sie auf das ihr wohlbekannte Empfangs zimmer der Pensionsinhaberin zu und öffnete die Tür. Zum Glück befand sich niemand in dem Zimmer. „Bitten Sic Fräulein Helt hierher", befahl sie kurz. Todmüde vor Aufregung und Angst ließ sie sich in den nächsten Sessel gleiten, während der Holzhändler stehen blieb. Plötzlich begann er zu zittern. Schritte tönten, die Tür ging auf und Erna, vor freudiger Aufregung rot, trat über die Schwelle. „Fräulein Seeberg und du, Hugo?" rief sic erschrocken aus. ,Was ist geschehen? Sind meine Eltern —" sie schwieg plötzlich, die Lippen bebten und große Tränen flössen aus ihren Augen. Bevor Wemeyer ein Wort zu reden wagte, stand Fran ziska zwischen den Beiden. „Beruhige dich, mein Kind, die Eltern sind wohl, aber dir, dir selber droht Gefahr! Du mußt mich hören." „Und mich." Im Antlitz des Mannes wechselten Röte und Bläste ab, er hob wie beschwörend seine Hände und lenkte dadurch Ernas Aufmerksamkeit von der Freun din ab auf seine Person. Unbekümmert um Franziska- Anwesenheit, erfaßte sie die Hand des Mannes und fragte angsterfüllt: „Um des Himmels willen, Hugo, spanne mich nicht auf die Folter, sondern sprich. Was ist geschehen?" Er zog sie sanft an seine Brust und barg ihr liebliches Köpfchen. Vergebens suchte Franziska Seeberg das Mäd- chen zu befreien, der Mann ließ seine Beute nicht, über sie weg tauschte er mit seiner Widersacherin feindliche Blicke. Sie verstand die Blicke nur zu gut. „Ich bleibe Sieger", sagte er stumm. „Du siehst, hier endet deine Macht, drum laste mir das Mädchen." Aber sie ließ sie nicht. Es gelang ihr endlich, Erna zu sich selbst und zur Erkenntnis der Situation zu bringen. Errötend löste sie sich von Wemeyer ab und wandte sich dem Fräulein zu. „Verzeihung!" Sie barg ihr Köpfchen jetzt an deren Schulter und flüsterte an ihrem Ohr: „Ich hab' ihn lieb, o, so lieb!" „Mein armes, armes Kind!" Wider Willen sprach Franziska diese Worte laut. „Willst du mich jetzt nicht hören, Kind?" setzte sie hinzu und erzählte, von Wemeyer mit keinem Worte unter brochen, dessen Geschichte. „Er hat dich betrogen, Kind", schloß sie betrübt. „Das ist nicht wahr!" Der hochrote Kopf des so schwer Beschuldigten tauchte plötzlich neben Franziska auf. „Glaube ihr nicht alles, Liebstes, sie irrt!" „Ja, Erna", begann er, sich mühsam zur Ruhe zwingend, „ich kann's nicht leugnen, ich sündigte an dir, aber so schlecht, so bodenlos schlecht, wie mich das Fräulein schildert, bin ich doch nicht. Mein Fehler ist zugleich meine einzige Entschuldigung, die große, nicht zu überwindende Liebe zu dir, die mich gc-martert und geplagt bat, bis ich mich ihr ergab. Sieh, Kind, du ahnst ja nicht, was für und der Marine statt. Der Ministerpräsident war krankheitshalber abwesend. Zu morgen werden die alten Staatsmänner und die Minister in das Palais berufen werden. * Washington, 11. Januar. (Meldung des Reuterscheu Bureaus.) Dem Staatsdepartement ist die Nachricht zugegangeu, daß die Russen ihre Schutzwache in Söul täglich ver stärken; auch FrLnkreich habe Vorkehrungen getrosten, dort eine Schutzwache zu errichten. * SyrakllS, 11. Januar. Hier find zwei russische Tor pedoboote heute eingetroffen. * Manchester, 11. Januar. Ministerpräsident Balfour hielt hier eine Rede, in der er ausführte, er wolle nichts äußern über die Aussichten des Friedens oder Krieges im fernen Osten. Nie mand könne die Möglichkeit eines Krieges zwischen zwei große» civilisierten Mächten ohne das Gefühl der Gedrücktheit und Niedergeschlagenheit, das jeder Friedensfreund empfinden muffe, betrachten. Er hoffe, es werde unnötig sein, zu versichern, daß England in vollem Maße gegenüber allen feinen Verbündete» alle seine Verpflichtungen erfüllen werde, die sich auS den Verträgen ergeben. Es würde der Sache des Friedens, setzte Balfour hinzu, keinen großen Dienst erweisen, wenn er die russisch japanischen Streitigkeiten öffentlich erörtern würde. Deutsches Reich. * Berlin, 11. Januar. * Die Eröffnung des preußischen Landtages, die bekanntlich durch den Kaiser und König in Person erfolgen soll, wird am 16. Januar um 11 Uhr stattfinden. Man nimmt an, -aß eine Stunde nach der Eröffnung die ersten Sitzungen der beiden Häuser des Landtages stattsinden werden. Die Sitzung des Herrenhauses wird, weil sic die erste in dem neuen Gebäude ist, in feier licherer Weise als gewöhnlich abgehalten werden. Auch dürste wie bei der ersten Sitzung in dem neuen Abge ordnetenhause der Ministerpräsident die Einweihung de- neucn Ge chästsgebäudcs mit einer Ansprache an da- Herrenhaus vollziehen. Nachdem der bisherige erste Prä. sidcnt, FürstzuWied, eine Wiederwahl endgültig ab gelehnt hat, wird der erste Vizepräsident, Freiherr v. Manteuffel, den Vorsitz in dieser Sitzung führen. Wer anstelle des Fürsten zu Wied zum erste» Präsidenten gewählt werden wird, ist noch nicht entschieden. Kriegcroereine und Sozialdemokratie. Der Vor stand des preußischen Landes-Kriegerverban des hat vor einigen Monaten zwei Äriegervercine de- Kreises Landeshut in Schlesien, Schwarzwaldau und Rothenbach, aus dem Landeskriegcrverbande ausge schlossen, weil sich herausgesteüt hatte, daß ein Teil der Mitglieder Sozialdemokraten waren. Diese Maßnahme hat auf die betreffenden Vereine einen tiefen Eindruck gemacht. Auf Veranlassung der Bcrcinsvor- stände sind die betreffenden sozialdemokratischen Mit glieder teils freiwillig aus dem Verein ausgcschie- den, teils sind sie von den Generalversammlungen der Vereine ausgeschlossen worden. Nachdem die Ver eine sich auf diese Weise von sozialdemokratischen Elementen befreit hatten und nachdem die Vorstände Bor» bcugnngsmaßregeln getroffen haben, durch die das Ein dringen ungeeigneter Mitglieder für die Zukunft ver hindert wird, hat der Vorstand des Landcskricgcrver- bandes dem AntragaufWiederausnahme beider Vereine gern Folge gegeben. ein Loben ich geführt habe, bevor ich dich gesehen. Ich kannte nur die Arbeit und außer ihr den Erfolg. Den beiden Götzen lebte ich, sie nahmen mich ganz ein, und so vergaß ich, daß ich außerdem ein Mensch war mit Leib und Seele, mit Blut und Sinnen. An jenem Abend, au dem ich dich sah, wurde ich wach. Und ich erkannte, wie arm der reiche Mann gewesen, wie bettelarm, und daß er nur genesen würde können an dir, Geliebte. Lang dachte ich nicht einmal, daß das Gefühl, das mich zu dir hinzog, Sünde sein könne, war ich doch ein verheirateter Mann, der Vater eines Sohnes, doch was hatte ich mit Weib und Kind gemein? Nichts. Außer dem Namen nicht-, denn neben ihnen hatte ich gedarbt, war ich so arm geworden, daß ich die Liebespärchen beneiden mußte, die sich im Schutz dunkler Torwege trafen. — Es überkam mich wie ein förmlicher Hunger nach Glück. Ich schlich dir nach, und es glückte mir, in deine Nähe zu kommen. Wer war seliger als ich? Von Tag zu Tag wuchs meine Liebe immer größer in mir, bis sie zuletzt vor nichts zurückbebte. Ich traf dich im Tiergarten allein und scheinbar Unglück- lich. Da mußte ich sprechen, und ob es mir gleich auf die Lippen drängen wollte, dir ehrlich zu gestehen, daß ich noch nicht der Deine sein kann, bis ich mich frei gemacht, schwieg ich doch. Es war zu süß, von deinen Lippen das Ge ständnis zu hören, daß auch du mir gut bist, das wollte ich mir durch nichts verderben. Dami aber trennten wir un-, nachdem du mir gesagt, nun müsse ich mich deinem Vater entdecken, es laste dir nicht Ruh', bevor er uns gesegnet habe. Kannst du begreifen, was da in mir vorging, wein geliebtes, reines Kind? Du kannst eS nicht, denn deine Liebe ist rein und hehr, wie die meine zur sunde wurde an dir und einer anderen, die nichts ahnte. "P >?vte den Entschluß, es mußte nun zu Ende sein. Und als 'ch flenn kam, entdeckte ich mich der Frau, mit der ich fast ein Menschenalter in Einigkeit gelebt, wenn auch nicht im Glück. Sie faßte es nicht, denn wahrend Ich gedarbt an ihrer Seite wähnte sie mich einen glücklichen Mann, de» nichts zur Seligkeit fehle. Ihr gestehen, daß sch dich liebe, mehr als mein Leben, und daß dir entsagen härter für mich denn der Tod sei, Kind, es war hart, eine böse, böse Stunde, und wenn ich Strafe verdient für mein? Heimlich» feit, an dem Abend ist sie mir geworden. Denn nicht nur, sau meine Fran sich ganz entschieden weigert, von mir zu gehen, wurde sie auch noch krank infolge der Erregung, un» ich trage das beschämende und peinigende Bewußtsein mit mir herum, an dieser Krankbeit schuld zn sein."
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