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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.01.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040112018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904011201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904011201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-12
- Monat1904-01
- Jahr1904
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Nr- iS. Dienstag den 12. Januar 1004. Haust-Filiale presdtß; Wart»,strotze 34. Fernsprecher «qü 1 Nr. 17^ Nrtzqkftfiy und EfpkhlOs«: Jahaonitggff» 8. stserpsprecher s»8 und SS2. AjsKlOVNtzPslsMHptt» GlftßßHstzp, «tzchhgndlg., ftutveps'tätßstr.^ 8. Lösche, Lathanueoftr. Ich u. Löuigspl. 7. Morgen-Ausgabe —' ' i e, IM« » Vez«g->Prei- tn der Hcmptexpeditton oder derer .'luSgaLe» stellen abgetolt. viertel lährtlck 3.—, de» Md P- Lestemsch pikst»!jährlich.4 45si, ßtr «« tdpigeo Lauder laut Zeitung^preislcste. rWMr.TagMatt Anzeiger. H,w, Ker«!,: ÄmiEalt des Äöüigstchen Land- und des Höstigkichen Ämtsgerichtes Leipzig, des Nates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Nnzeigen'Prei- die 6gespaltene Petitzerle 2S Ls. Reklamen „ter dem Rebaktiou«smch s4 gespalten) 75 vor den Familieusach- richten G gespalten) KO Tabellarischer nnv Zißerniatz entsprechend höher- — Gebühren für Nachweisungen und Ljjertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra Beilagen lgesalzt)^ nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung vo.- , mit Postbesörderung 70.—. Ännahmelchluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an di» Expedition zu richten. Die Expedition ist wochemagS ununterbrochen geöffnet von srüh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. S8. Jahrgang. t!«I I, Vs» WWgrtt v-m kss«. 1° Geheimrat vr. Rascher in Dresden hat dem königsjch sstchsischeu H i u i st e s j ss Pt üher seine Eini. guSgKoexsstche sn r t y, m i tsch g g einx» Be richt erstattet, der beiden Kammern übermittelt worden ist. " ' * Das Relchstftgsprijsidjglge bände ist vpq Lex Bauleitung amMch Rejchßsqge übxxgestxjt worden. Auch der Präfiocnt Graf Ballestrem tst eingezogen. * Aus Osngbxück wirst der „Boss. Zig." gemeldet, -aß «ine japanisch« Kommission von sechs Offi ziere« «ns dem Kruppschen Schießplpy Msrpven anwesend ist. Ks soll sich um schleunige G« sch ü tz b e st e l k u n g e n , besonoers um Haubitzen, handeln. * Dem „Reuterschen Bureau" wird nochmals pon autoritativer Seite versichert, daß Deutschland im KcEe des Ausbruches von Feindseligkeiten zchtsche« Rußland und Japan «in« stxepg neutrale Haftung ei»nsshme» ijnd Last dieselbe Hgl- tuqg auch von den stbrigen Mitgliedern des Drei- bunstes werde bewahrt werden. * Die Bereinigten Staaten protestieren neyexdisigö in einer Role gegen d»s Vorgehen Colum biens in der Pannmäsach«. Sans in sie Mgen. Gert Wochen steht die „K r e u z z e i tu n g* in lebhaftem Kampfe gegen den Epgngessschen Bund. Die „Konservative Korrespondenz" ist ihx jüngst zur Lette getreten; sie hat erklärt: „Der "„Krcuz- ziisung", die mit Freimut den von dem Evange lischen Bunde pstex vielmehr von dessen libe ralen oder liberalisierenden Seilern und Wortführern den Hopsexvatven ausgezw»nge»en Kampf angenommen Has, gebührt Dank. Die gehässigen Angriffe, mit denen das ge nannte konixxvqtipe, gus evangelische Organ, sekunpiext non der kirchlich-liberalen Presie und von protestanten- oereinlichen Geistlichen, unablässig verfolgt wird, sind «havakteristisch für die Tendenzen, die heute im Evange lische» Bunde herrschen." Es ist immer rührend, wenn zwei Freunde groß von einander denken und jeder di» vortrefflichen Eigenschaften des andern rühmt. Es er- wecht stets Beijall, wepn einer dem ander» hülsxeich in dpr Kodrqngnis beispringt. Und so könnte nmn sich auch üb«r de» edelmütigen Liebesdienst freuen, de» die „Kon- s«rvatiy« Korrespondenz" der ,Meuzztg." erweisen möchte, wenn pur die Läge, durch hie jene an die Seite dieser gerufe» sein will, wirklich so wäre, wie sie geschildert wird. Abex die „KxeuZjtg ", nnabMig »,,d gehässig verfolgt vom Bunde, von der kirchlich-liberalen Presse, von vrotestanten- »«reiplichen Geistliche» — wahrssch, das ist ein phan tastisches Bild, zu dem der Künstler die Farbe» nicht aus den Tatsachen, sondern qus paxteitqktischen Rücksichten ge- «o»Men hqt. Die kv»ser'vqsiv?tt Reihen sind i»s Wanken gekommen; sie wurden mißtrauisch gegen die Leitung durch einzelne Fühler, di« durch ihre Begünstigung von Z?n- trumszweckau dem Protestantismus schaden: sie erkennen kfgx, daß ei» weiteres Mjtgehen ans diesem Wege die epqn- gekisch« Kirche und die deutsche Kultur ernstlich gefährden muh; sie erwäge» de» Gedanken, entweder die Führer ab- zufchütteln, die in vollem Widerspruche zu dem erwachten protestantischen Selbstbsstputztsein und zu 'dem, was dem Reich« »vt tut, sich verhalten o-«x ihrem unb'ilvollen Ein flüsse durch eine konservative Sezession sich zu entziehen. Dies lucht natürlich die kleine Gruppe der Kreuzzeitnng»- männsr zu hindern; sie kämpft für ihre Letbsterhaliung; sie stellt sich eine Fahne her, um die sie die Wankenden noch Pnwql »» sammel» sich getraut; sie nimmt das Tuch zu ihr aus d«v Behauptung, der Evangelische Bund wolle mit sein»? Wahrung deutsch,prutestantischer Interessen nichts «lß die innere Einheit der konservativen Partei stvren und das Geschäft der Rationallibcralen fördern. Diese Behauptung ist Sand in die Almen. Bpn der „Kreuzzeitung" darf man erwarten, daß sie ihr, Kvnderabsjcht unter eine allgemeine Flagge birgt, für di, fi« bei den gutmütigen Deutschen nicht vergebens zu werben hofft. Und sv spinnt sie für diesen Zweck den Ge danken weiter, den schon der Kölner Erzbischof entdeckte, daß cs um unseres Reiches Macht und Wohl besser stände, wenn es innerlich eins wär«, und daß allein der Evange lische Bund dies herrliche Ziel hintertreibe, „weil er sich angelegen sein lasse, den konfessionellen Zwiespalt zu schüren." Mit diesem AnSspruchc haßen „Konservativ« Korrespondenz" und „Krcuzzeitung" schlankweg den Bor wurf sich ungeeignet, mit dem der Ultramontanivmus ständig den Evangelischen Bund zu dem Zwicke ver dächtigt, mit geschickter Taktik, die er an der Fabel vom Wols und vom Lamm lernte, di« Aufmerksamkeit von feiner eigenen Hetzavbeit abzulenken. Die „Krcuzztg." ließ sich von einem bayerischen Pfarrer „Silvcstergedanken zis,» konfessionelles, Frieden" schreiben. Ich fsn-e in diesem Aufsätze keinen Punkt, dem ich meine Zustimmung versagen müßte. Auch ich frage mit ihm im Jfltexpsse unseres deutschen Volkes: „Ist es denn so ganz unmöglich, ein Gebiet der Gemeinsamkeit zu schassen und auszubauen, in welchem wir uns fühlen als Bürger eines Vaterlandes, als Kinder eines Gottes und Heilandes?" Ader wer macht -iesdcnn unmöglich? Niemand anders als der UltramontassismstS. Er lchnf jede Anerkennung des GottesspexfeS in der Reformation gb; er brandmarkt das gewaltige religiöse Leben und die großen religiösen Kreise isn Protestantismus als „Abfall pom Glauben"; er be schimpft, perlepmdet, verzerrt alles, was uns Evange lischen teuer und wert ist — es sei nur an die neuesten Schandwerfe üher Luthex erinnert —; er hält zähe an dem Irrtum fest, die katholische Kirche sei die einzige gott gewollte, dje wahre Gestalt des Christentums, während sie doch uux eine unter den vielen Formen »nd lauge nicht die reifste ist, die das Evangelium sich gegeben hat. Bon diesem Jxxtume ans hgt er, wo xr die Macht daz» harte, die evan gelische Kirche unterdrückt; von diesem Irrtnmx aus ringt er jetzt um politischen Einfluß ans das Reich, um dadurch minhestens die freie Entfaltung des protestantischen Geistes lahm zu legen und das deutsche Vvltstum aus seiner Vorderftcllnng inevangelischerKulturzu verdrängen. Dies Ziel kann doch der „Krcuzztg." nicht unbekannt sein; weiß si« aber, wgS der lfltramontansSmus bezweckt, so gibt es keinen „Standpunkt der allgemeinen Gesetzespolitik", der es rechtfertige» könnte, jenem irgendwelche Handlanger dienste zu leiste,,, ssnd solcher scheißt sich die Gruppe der KreuzzeitUsigSmämier nicht zu enthalten. Niemand legt d«r Nebung katholischer Frömmigkeit Hindernisse in den Weg; wenn die römische Kirche sich auf die Pflege dieser beschränkte, wenn es ihr nur darauf ankäme, ein in ihrer Weise frommes Volk zu erziehen, so hätten mix schon längst den begehrten Frieden. Aber sie hat den Kampf gegen deu Protestantismus begonnen; zur Führung dieses will sie den freien Gebrauch aller Waffen habe», di« ihr zur Verfügung stehen; vor allem solle,, alle ihre Özden, obenan die Jcftuten, vfseueu Zugang zu un serem Reiche besitze». Die Nltramotanen hierbei in der Hoffnung zu unterstütze», sic so zu deutscher Vaterlands liebe zu gewinnen, ist ebem'v unbesonnen, als wenn wir de» Franzose» b«istehen wollte», ihr« Rüstung zu bester» und zu vervollständigen; täten wir dies, jo reizten wir sie sicherlich zum Kriege. Das deutsche evangelische Volk ist sich darüber klar, daß zum Heile »nfereS Reiches endlich mit der romfrenndlichei, Politik gebrochen werden muß; konservative wie liberale Mä»»«r, beide i» großer Zahl, verlangen, daß man mit den stete» Verbeugungen vor den, Papismus und seinen Vertretern und mit den Konzessionen an das Zentrum aufhöre. Wen» die Gruppe der .Fkrenzzeitnng" diese mächtig anwachseirde Strömung der deutsche» Protestanten nicht beachtet, so wird sic von dieser verdientermaßen hin- wcggeschwemmt werde,,. Der Mtramontanismus ist eine ernste Gefahr, sobald in fein Gefolge die konservative Partei eintritt. Ader die 'Mehrzahl konservativer Männer ist dazu nicht mistig. Nm diese »»„ ans der Bahn der bisherigen Parteileitung festztchalten, wird von der „Kreuzzeitung" der Evangelische Bund als Popanz auf gerichtet und ihm uorgeworfen, er wolle den liberalen Parteien zur Herrschast verhelfe». ES ist denkbar, daß der Stratege z» diesem Manöver im Palais des Reichskanzlers sitzt. Die „Norddeut che Allgemeine Zeitung" hat gern von den Angriffen gegen de» Evangelischen Bund Kenntnis ge nommen Dieser darf ans besondere Liebe deö Grasen Bülow nicht rechnen, der in dem Bunde den Störensried seiner inneren Politik sielst, weil durch den Bund das pro testantische Gewissen »ttd -ex evangelisch* Geist lebendig werde» und fordern, daß das deutsche Volk im Sinne seiner großen Vergangenheit regiert werde; eine bcaneme Staats kunst aber möchte sich zur Erreichung ihrer augenblicklichen Zwecke ans Zentrum und Konservative stützen. Dazu muß alles hintaugehalten werden, ums die Eintracht zwischen beiden schädige« könnte. Dazu,« muß vor allem der Evan gelische Bund, der die Prvtestante» aller Parteien um seine religiöse Fahne, um das große reformatorische Erbe sammelt und unablässig mahnt, dies Erbe als das kost barste und zukunftsreichste Gut unseres Volkes nicht zu Verschienern, gl» der »»leidige Hev»r chavakt«risiert und der Versuch gemacht werden, den Anschluß größerer Massen des Polles an ihn zu hemmen oder wenigstens die Konservativen von ihm adztKpregg«». Aber dieser Besuch wird mißlingen. Er ist ungeschickt in Teene gesetzt. Der Vorwurf, der Bund treibe Partei politik, ist Saud in die Augen Er fällt schon deswegen in sich zusammen, weil von unserer Veite es immer abgewehrt wurde, etwa an die Bildung eines „evangelisch«« Zen, trumis" zu gehen. Freilich, das Recht lasten wir uns nicht nehmen, das öffentliche Leben an der Höh« d«s evaiktz«, ltfchen Getstes yi meß«», va» dt«f«r am» 4«orteikt -ar Bund die Maßnahmen der Regierung und die Haltung aller Parteien, der konservative» wje der liberalen. ES ist seine Aufgabe, „deutsch-protestantische Inter essen zu wahren". Dieser Ausgabe wird ex auch ferner sich widmen, mag darüber die „Krenzzeitung" zetern. In seiner Arbeit rechnet er stark auf die Mithülfc der Konservativen, besonders in Lachsen. Bon diesen sind wir überzeugt, daß sie sich nicht an den Wagen der .„Krenzzeitung" spannen lassen; sie wissen zu genau, daß das sächsische Volk stramm protestantisch ist, daß eS mit tiefem Mißtrauen und Unbehagen der den römischen An sprüche» holden Berliner Politik zusicht n»d daß es von jeder Partei sich lossage,, würde, die römische Tendenzen fördert. Der Bund ist der „Kregzzeitung" dankbar, daß sie die Fehde gegen ihn begonnen hat. Das klärt die Lage. Aus den Aiissührnngen der „Kreuzzeitung" geht hervor, daß die Männer, die hinter ihr stehen, sich den Bestrebungen des Mtramontanismus ,licht eutgegenstemmeu werden; sie werden „von dem Standpunkte der allgemeinen Geietzes- pvlitik" aus nichts tun gegen die Aufhebung von 8 2 des Iesuitengcsetzes, die doch nur der Anfang seiner gänzlichen Beseitigung ist, nichts t„n gegen die ungeheure Ver mehrung römischer Orden, nichts mn gegen die Besitz ergreifung der Schule durch den Klerus, nichts tun, was die Sättigung des Zentrums erschweren könnte. Das ist n»n dem Volke zu deutlichem Bewußtsein gebracht morden. Wir hegen die Hoffnung, daß konservative nnd liberale Männer jetzt um so energischer die Arbeit des Evange lischen Bundes zur Wahrung deutsch-protestantischer Interessen unterstützen werden. I). Meye r. Deutsches Neich. * Berlin, 11. Ianuaz. Azbeiferschaj» »pd Dreittasicuwahlsnstem Nach dem Ausfälle der Wahle» zum preußischen Abgeordneten hause wird r»it Vprtiebe ä»r Bekämpfung des preußischen Drciklasscnwahlsustems die Behauptung ausgestellt, daß dasselbe eine Vertretung der Znteressen der Arbeiterschaft, insbesondere der industriellen Arbeiterschaft, gänzlich aus schließe. In Wirklichkeit aber haben gerade umgekehrt die Vvrga»ge bzi de» letzte» Wahlen z»m Abgeordneten Hause den Beweis geliefert, daß auch unter der Herr chast des Dreitlasienwahtstzstcino eine starte Vertretung der Fnter- esscn der Arbeiterschaft in, Abgeordnetenhansc zu erreichen ist. Allerdings ist es der Sozialdemokratie trotz ihrer all gemeinen Beteiligung an den Landtagswahlen nicht ge lungen, auch nur ein einziges Mandat zu erlangen. Ganz abgesehen von der Frage, ob die Sozialdemokratie an sich als Wahlvertretern, der Interessen der Arbeiterschaft an- gcsehx» werde» sa»n, was billig zu bezweifeln sein wird, liegt die Ursache dieses Mißerfolges aber doch keineswegs in dein Wahlsystem. Hätten die freisinnigen Parteien das Anerbieten der Sozialdemokratie, ihnen in denjenigen Wahlkreisen, in denen sie die Entscheidung ziviswcn ihnen und den rechtsstehenden Parteien in der Hand öatten, gegen Abtretung eines Mandats Wahlbülfe zn leisten, an genommen, so würde die Sozialdemokratie in beträcht licher Stärke im Abgeordnetenhan' e vertreten sein. Daß die freisinnigen Parteien dieses Anerbieten rundweg ab lehnten, obwohl ihnen bei Annahme desselben die Mög lichkeit geboten war, die weiter rechts stehenden gegne rischen Parteien empfindlich zu schädigen, hat natürlich mit dem Wahlsnsteme nicht das mindeste zu tun, sondern war lediglich in der Natur der Sozialdemo kratie als einer gk l a ss e n p a r t c i begründet, welche die Erringung der absoluten Herrschaft der von ihr miß leiteten Maßen über alle übrigen Teile der Bevölkerung sich zum Ziele gesetzt hat Wäre ein solches Anerbieten, wie es die Sozialdemokratie den Freisinnigen beider Rich tungen vor den Wahlen gemacht hat, von einer radikalen, aber auf -em Boden der jetzigen Staatsordnung stehende,, Arbeiterpartei gemacht worden, so wäre an denen Annahme nicht zu zweifeln gewesen und die Arbeiter chast würde in dem preußischen Abgeordnetenhause eine harte direkte Vertretung ihrer Interessen erhalten haben. Nicht also das Dreiklasscnwahlsystem, sondern allein der Um stand, daß die Arbeiterschaft, insbesondere die industrielle Arbeiterschaft, die Vertretung ihrer Interessen im Ab geordnetenhaus? lediglich durch die sozialdemokra tische Bewegung zn erreichen inchte, ist die Ursache, daß diese» Bestrebungen der Erfolg vcr agt blieb. Wie in zahlreichen anderen Fällen In» also die Arbeiterschaft, In dem sie der sozialdemokratischen Fahne folgte, nicht nur ihre Interessen nicht gefördert, sondern dieselben geradezu ans das empfindlichste geschädigt. * „Dsr Masseakampi -er Arbeit im Iadr« tvvrt uu- die AMttahe d«r Gewerkswasten." Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht das »prrespvnüenzblatt der General kommission der Gewerkschaften Deutschlands einen inter essanten Artikel, in dem u. a. auf die Ausgaben, welche die Gewerkschaften demnächst zn erfüllen haben, hingewiescn wird. Bekanntlich hat die genossenschaftliche Arbeiter bewegung, deren Mittelpunkt die K o n s u m v c r e i n e bilden, jahrelang nur recht langsame Fortschritte gemacht. Eine genoffenschastltche Gründung nach der andern ver krachte und ost genug mußten die sozialdemokratischen Führer einseben, wie unendlich schwierig es ist. ein ge nossenschaftliches Unternehm«« zu leiten Oft genug brachen tu dicken gcnl'ssensck>aftli<s>eii Unternehmungen Atr«iks ans. bei denen die Arbeiter bittere Klagen über ihre Ausbeuter erhoben Fn den letzten Jahren sind nun die fa)iald«mskratischen Konsumvereine bedeutend er- stark» und i» zahlreichen Versammlungen haben die ge- »««rschaftkichen tzühre« betont, daß «» dringen» notwendig sei. das KvnsumvereinSwesen noch mehr auszubaue», da diese Wirtschaftsorganisationen die Gewerkschastsorgani- sationen wesentlich unterstützten und bei großen Lrrciks eine scharfe Waffe bildeten, welche den Arbeitgebern pein lich fühlbar würde. Es ist nun bemerkenswert, daß das „Korrespoiidenzblatt" sich diese Gründe zu eigen macht und aus ihnen die wärmst? Unterstützung der Konsum vereine durch die Gewerkschasten empfiehlt. Das Blatt schreibt: „Welche Ausgabe» der neuen konsumgcnosscn- schaftlichen Zentralisation harren, zeigt ein Blick auf die Entwickelung des englischen Genossenschaftswesens, das »ahczu lOllvll Arbeiter im Jahre 1901 in der Eigen produktion beschäftigte und für 2l>3 Millionen Mark Waren selbst erzeugte. Es ist klar, daß an einer solchen Wirtschaftsorganisation auch die Gewerkschaftsbewegung einen starken Rückhalt gewinnen muß; das gewerkschaft liche Fnterefse gebietet daher, diese Organisationen zu för dern, was namentlich auch in größerem Matze durch die Zuführung von Kapitalien, die bisher fast ausnahmslos durch kapitalistische Banken die private Ausbeutung be fruchteten, geschehen kann."—Mitdem weiteren Ausbau des Kvitsumvercinsmesens wird zweifellos die gewerkschaft liche Bewegung sehr erstarken, leider aber auch der kleine Handwerker- und Kaufmannsstand noch mehr gefährdet werden. * Die Kriminalität der Jugendliche» zeigt trotz aller Mittel, die »»gewendet werden, um das Heranwachsende Geschlecht vor den ersten Schritten auf der Bcrbrecher- lanfbahii abzuhalten und damit dem Verbrechertums d«n Nachwuchs zu entzielzen, leine durchgreifende Besserung; vielmehr ist die Zahl der nnter 18 Jahre alten Personen, die jährlich in Deutschland wegen Verbrechen und Ver gehen gegen Reichsgesetze verurteilt worden sind, in den letzten drei Jahren um 3500 gestiegen und ihr Antesl an der Gesamtzahl der Bestraften ist nicht gesunken. Es fiird nach der amtlichen Statistik im Jahre 1U02 wegen der genannten Verbrechen und Vergehen 50S60 Jugendliche unter 18 Fahren verurteilt worden gegen 40 528 im Jahre 1001, 48 020 im Jahre lOOO, 47 470 im Jahre 1890, 47 97b im Jahre 1898, 45 251 im Jahre 1897 und 44 212 im Jahre 18!,6. In sechs Jahren hat also eine Zunahme der jugend lichen Verurteilten um 0754 oder 15,3 v. H., ftattgejunden, während die Gesamtzahl der Verurteilten im gleichen Zeiträume nur um 12,3 v. H. gestiegen ist. Bon 100 Ver urteilten waren im Durchschnitte der Jahre 1891 bis 1895 M.4O jugendlich, im Durchschnitte der Jahre 1896 bis lOOO 0,05, im Fahre lOOl 0,06 und im Jahre 1902 ebenfalls 9,06. Das günstigste Jahr war 1896 mit 9M, das ungünstigste 1892 mit 11,02 v. H. Jugendlichen. Der Anteil der Fngendlichen an der allgemeinen Kriminalität zeigt eine starke Ablxängigkeit von der Zahl der Verbrechen und Vergehen gegen das Ver mögen, an denen die Jugendlichen viel stärker be teiligt sind als an den übrigen Teliktsgrnppen. Im Fahre 1902 waren unter den wegen Verbrechen und Ver gehen gegen das Vermögen Verurteilten 18,0 v. H. Fngendliche, dagegen unter den wegen Verbrechen usw. gegen die Person Verurteilten nur 6,0 v. H. un unter den wegen Verbrechen usw. gegen Staat, Reki - g i v n und öffentliche Ordnung Verurteilten nur 2.6 v. H. Sehr stark sind die Jugendlichen am Dieb- si a h l beteiligt, am einfachen mit 22,6 nnd am schweren sogar mit 30Z v. H. aller Verurteilten. Nicht weniger als 18,1 v. H. aller jugendlichen Verurteilten sind wegen Diebstahls verurteilt morden. Auch bei einigen Sitt lich k e i t s v e rb r c ch e n «88 175, 176 Nr. 2 und 177 St.-G.-B.) beträgt der Anteil der Jugendlichen 26 bis 80 v. H. Bei der fahrlässigen Brandstiftung sind unter den Verurteilten 25,1, bei der vorsätz lichen sogar 42,1 v. H. Jugendliche. Wegen Tot schlages sind im Jahre 1902 12, wegen Kindes «Nordes 14, wegen Mordes 18 Jugendliche ver urteilt. Neber die Zahl der V o r b e st r a s t e n aibt die vorläufige amtliche Statistik nur bei einigen Delikten Zahlen. Nnter den 24 516 wegen Diebstahls verurteilten Jugendlichen waren 952 wegen Diebstab'S vorbestraft, darunter 29 nicht weniger als sechs- bis zehnmal. * Was hat die Amerikmahrt des Prinz?» Heinrich ge kostet^ Einen Anbalt zur Beantwortung dieser interessanten Frage bietet folgende New Yorker Korrespondenz des „B. T.": Au-> dem jetzt dem Reichstage vorliegenden Rechenschaftsberichte über den DiSposilionssond deS Reichskanzlers interessierte in den Vereinigten Staaten der Posten von 56,655 -st. den die bekannte Amerikareise deS Prinzen Heinrich dem deutschen Reiche gekostet bat. Obgleich der königlichen Kronkasse der gleiche Posten zur Last fiel, so gibt das doch nur einen Ausgabenetat von noch nicht 38 000 Dollars für eine Verhältnis mäßig große Reise eines kaiserlichen Prinzen mit großem Gefolge. Bisher find noch keine Aufstellungen erfolgt, was dieser Besuch den Bereinigten Staaten gekostet bat. aber ganz gewiß ist diese Rechnung mit dem Zebu. ja Awanzigfachen der fraglichen Summe noch nicht annähernd ausgeglichen! Fanden doch einzelne Feste statt, die ,edrs allein medr verschlangen als 28000 Dollars, gar nickt zu reden von dein luxuriösen Fxtrazugr, den die amerikanische Regierung stellte, um dem Prinzen während der ganzen Dauer seiner Anwesenheit fLI. Februar bis 11 N-arz« auf seinen Reisen dis tief in das Innere des Landes zu dienen UebrigenS ließ sich der Prinz sofort nach seiner Antunft von seinem Bankier noch die Kleinigkeit von 20000 Dollars al« „Taschengeld" auszahlen, und eS icheinl nickt, daß er viel davon noch mit nach Hause ge brückt hm. Das Reifen >n Amerika ist eben selbst für sparsame Leute ein reckt kostspieliges Vergnügen! * In das preußische Hcnenhans drrusci, wurden: auf Präsentation des Brandenburger Domkapitel« der General stabschef Generaloberst Graf v. Schliessen, auf Prüfen tation des befestigten Grundbesitzes in Masuren der Ritter gutsbesiyer Kullak, ferner al« Vertreter Fr ankfurt« a. O. Oberbürgermeister Richter.
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