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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.01.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040119014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904011901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904011901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-19
- Monat1904-01
- Jahr1904
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1.0. r o. 1.V.IM2 l.v. I.V. ». I» ».0. i.0. r v. l. o. « o. w.0i'.68 w.6p.N t.0. l.0. <»»«!> .v^7:— K1L »14»»» u.ios,s>6- i.0. i.0. -r U»rk: «-V. i. 0. 1L i.0. 18. t.0. i. o. l.0. t. o. i.v. i.0. t.v. UV. t. 0. US»«t-0. l.0. i 0 us«*t l). UL-st-v. U»r>c uoZS s. >.kl.r7.!23 -ÄL I ltdU. l»o<tu>»v Bezugs-Preis k der Haupterpedition oder deren Ausgabe» stelle« abgeholt: vierteljährlich .« 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« HauS 3.7b. Durch die Post bezogen fiir Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.Ü0, für die übrige« Länder laut ZeitungspreiSliste. Kk-aktio» und Lrprdition: Äohannisgaffe 8. Fernsprecher lü3 und 222. Fllialeeprditione«: Alfred Haha, Buchhaudlg., Universitätsstr. 3, 8. Lüsche, Kacharinenstr. 14, u. Kknigspl. 7. Haupt-Filiale Dresden: Marienstraße 34. Fernsprecher Amt l Nr. 1713. Hanpt-Filiale Serlin: Varl Duucker, Herzgl. Bayr. Hofbuchhandlg., Lützowsttaße 10. Fernsprecher Amt VI Nr. 4603. Morgen-Ausgabe. kpMrr TagMalt Anzeiger. Amtsblatt des Äönigkichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates und des Notizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzelle 25 Reklamen unter dem Redaktionssttich (4gespalten- 7b vor den Familicnnach- richten (6gespalten) LO Tabellarischer und Ztfferniatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offert,nannahme 25 («rcl. Porto). Extra »Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. ^nnahmrschlnk für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expe-tttoo zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 32. Dienstag den 19. Januar 1904. 98. Jahrgang. Var Ulicbligrie vom Lage. * In der Kapelle des Iohannisfriedhofes zu Leipzig fand die Trauerfeier sür den früheren Präsidenten des Reichsgerichts, Wirkt. Geh. Rat vr. von Oehl- schlaeger statt. Die Beisetzung erfolgte auf dem Südfriedhofe. * Die Kaiserin ist an einem leichten Futz- ü - el erkrankt. * Im Reichstage gab der Reichskanzler Aufschlüffe über die Lage in S ü d w e st a f rt k a und die zur Bekämpfung des Aufstandes getroffenen und in Aussicht genommenen Maßregeln. * Der schwedische Reichstag ist gestern er öffnet worden. * In Mailand wurde gegen den Kavallerieleutnant Silvelli ein anarchistisches Attentat verübt. Vie krMlmng äer preilrsircben Lanäiag;. —Die am 10. d M. erfolgte Eröffnung des preußischen Landtages, dem durch die Neuwahl des Ab geordnetenhauses für 5 Jakre sein politisches Gepräge ge geben worden ist, hat eine Periode parlamentarischer Arbeit eingeleitet, die hoffentlich — vielleicht dürfn wir sagen: voraussichtlich — von großer praktischer Bedeutung fiir die Entwickelung des politischen Lebens im ganzen deutschen Reiche werden wird. Ausgeprägter als im deutfchen Reichstage steht im preußischen Landtage — und zwar auch im Abgeordnetenhaus«: — ein reaktionärer Konservatismus, dsp hze Mehrheit besitzt, einer liberalen Minorität gegen über, seren politische Ausgabe und Stellung hier durch keine mit dem Wesen des Liberalis mus grundsätzlich unverträgliche sozialdemokratische Karnpsgenossenschast verdunkelt und verschoben wird. Un endlich viel hängt davon ab, wie die Vertreter des deutschen Liberalismus den Kamps für ihre Sache im preußischen Landtage in den nächsten fünf Jahren führen werden, und vor allem, wie und mit welchem Er folge die nationalliberale Partei im preußischen Abgeordnetenhäusern diesem ihr hauptsächlich obliegenden Kampfe der großen Aufgabe, vor die sie gestellt ist, gerecht zu werden verstehen wird. Denn es ist in der Tat eine große Aufgabe, vor der die preußischen Nationalliberalen hier stehen. Vor einem Menschenalter haben «sie als die Vertreter des nationalen Gedankens 'sich Verdienste erworben, die der Geschichte «»gehören, wenn auch die Gegenwart sie nicht nach Gebühr würdigt; heute und in der nächsten Zukunft haben sie den liberalen Gedanken wieder zu Ehren und zu der Geltung zu bringen, ohne die eine gesunde poli- ti che Fortentwickelung Les national geeinten deutschen Volkes schlechterdings unmöglich ist, trotz allen Ge redes von -em Siege -es sogenannten Imperia lismus über den Liberalismus. Sollten die preußischen Nationalliberalen nach weiteren fünf Jahren nicht über ein erfolg- und richtungsloscs Fortlaviercn und Fort wursteln hinausgekommen sein, dann — fürchten wir — müßte der Liberalismus freilich in Deutschland die Waffen strecken und dem Kampfe zwischen der altpreußischen und ultramontanen Reaktion auf der einen Seite und einem kommunistisch und ochlokratisch gesinnten großen Haufen auf der andern Seite es überlasten, über des Reichs und der Nation Zukunft zu entscheiden. Diese allgemeinen Betrachtungen vorauszuschickcn, schien uns um so mehr am Platze, als die dem Erösfnungö- akte vom 16. Januar äußerlich seinen Charakter ver leihende Thronrede — wie das ja auch nicht anders er wartet werden konnte — den Ernst der politischen Lage in keiner Weise erkennen läßt, sondern sich mit einem recht knappen Hinweis auf einige wenige, zunächst zur parla mentarischen Bearbeitung zu stellende praktische Gesetz- gebungsanfgaben begnügt. Nach kurzer Erwähnung der günstiger gewordenen Finanzlage Les Staates, die eine glatte Durchberatung und Verabschiedung des Etats und namentlich auch im Staatseisenbahnwesen die Durch führung einiger Verbesserungen erhoffen läßt, und nach dem Ausdruck der Befriedigung darüber, „daß die land wirtschaftliche Bevölkerung aller Provinzen tatkräftig be- strebt ist, die Errungenschaft von Wissenschaft und Praxis zu nützen und so in hartem Kampfe die Erträge des heimatlichen Bodens zu mehren", kündigt die Thronrede in erster Linie die Einholung der Genohmtgung für die infolge der jüngsten PSasserkatastrophe nament lich in Schlesien erfolgte Bereitstellung von Staatsmittel» an. In »weiter Linie wird ein Gesetzentwurf erwähnt, worin für eine Ver- besseruug der Borflut an -er un tere« Oder und Havel, fowte an der Spree die Mittel gefordert werden. Auch eine allgemeine gesetzliche Regelung der Frethaltung des Uebcrschwemmungsgebietes wird in Aussicht gestellt. Darauf folgt in der Thronrede — in besonderem Ab sätze — die Ankündigung einer neuen Vorlage zur Be willigung der Kosten „für die notwendigste Er gänzung des Neyes der Btnnenwasser- st raßen", als welche der Ausbau Les Groß- schiffahrtsweges Berlin —Stettin, sodann die Kanalisierung der Oder von der Mündung der Glaycr Reiste bis Breslau, die Verbesserung der Oder- Weichsel-Wasserstraße einschließlich der Warthe und end lich die Herstellung eines Schiffahrts weges vom Rhein bis nach Hannover" be zeichnet werden. Weiter sagt die Thronrede gar nichts. Weder die vielbesprochene Neuvorlage eines Schnkdotationsgesetzes, noch die seinerzeit von Miquel an die Wand gemalten, zum Teil schon im vorläufigen Entwürfe veröffentlichten grundstürzendcn Umwälzungen des preußischen Agrar erbrechts stehen danach unmittelbar in Aussicht. Ter neue preußische Landtag wird sich also in der ersten Tagung, vom Etat abgesehen, ausschließlich mit de» Wasserfragen zu beschäftigen haben, d. h. mit Vorlagen, die ihrem Wesen nach nicht von parteipolitischen, sondern von volks wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus er örtert und entschieden werden müssen. Die am 16. eröffnete Landtagssession würde danach von Rechts wegen einen unpolitischen Charakter haben. Trotz der hohen Bedeutung, die wir von den Landtagsarbeiten der nächsten fünf Jahre gerade in politischer Hinsicht erwarten, müssen wir doch dringend wünschen, daß die in der Thronrede angekündigten Waffervorlagen recht unpolitisch behandelt werden, mag der bedauerliche Verlauf der beiden letzten Kanal kampagnen es auch den liberalen Mitgliedern des preu ßischen Landtages nicht leicht machen, die Politik ganz aus dem Spiele zu lassen, und mögen die jetzt an gekündigten Vorlagen auch noch so ausgesprochen sich als Unterwerfung der Regierung unter eine reaktionäre politische Opposition darstellen. Ein näheres Eingehen auf die angekündigten Bor flutregulierungsprojekte und die im Inter esse der Landeskultur überhaupt liegenden Vor lagen verbietet sich heute ebenso von selbst, wie die Er örterung der in Aussicht gestellten neuen Kanal vorlage. Aber jedenfalls ist es schon mit Freuden zu begrüßen, daß die Negierung den großen «Fehler, den sie in der letzten großen wasserwirtschaftlichen Vorlage ge macht batte, indem sie die Borflutregulierungen mit den Kanalprojekren gleichsam als Kompensationen" — oder wenn man es grob ausdrücken will: zu Kuhhaudelszweckcn — verkoppelte, jetzt vermeiden zu wollen scheint. Sie hat danach der rein sachlichen und unpolitischen Beurteilung der landes kulturellen Forderungen die Wege geebnet und ihre An- nalpne — die an sich volkswirtschaftlich gar nicht an gezweifelt werden kann — so gut wie ganz sichergestellt. Wenn, was anzunchmen ist, die jetzt für die Borflutprojekte vorgcschlagcneu Staatsbeihülfen den in der letzten Bor lage beantragten annähernd entsprechen, so werden den landwirtschalichen Grundbesitzern in den betreffenden Flußgebieten privatwirtschaftlichc Gewinne von bisher in derlei Fragen nicht üblicher Höhe zugewendet, wogegen die Mehrheit des Landtages sicher nichts haben und die Minderheit nichts vermögen wird. Auch die ost elbischen Kaualprojektc, die die Thronrede in Aussicht stellt, dürften wohl von der Landtagsmehrheit nicht allzu scharf bekämpft werden. Dagegen scheint uns der ge wissermaßen zu einer Sackgasse bis Hannover ein geschrumpfte frühere Mittellandkanal für die Kanal freunde so erheblich an Wert zu verlieren, daß den Kanal gegnern die Ablehnung dadurch wesentlich erleichtert wer- oen dürfte. Man muß auf die Begründung dieser Ab änderung der früheren Vorlage, die doch gerade auf die Verbindung des Ostens mit dem Westen, der Weichsel mit dem Rhein, und zwar auch im Intereste der ostelbischen Landwirtschaft, besonderes Gewicht legte, gespannt sein. Vorläufig scheint uns dieser Punkt noch recht dunkel. Wenn die Regierung ihn genügend aufzuhellen vermag, soll cs uns freuen. Wenn übrigens das Organ des Bundes der Land wirte schon am 16. Januar abends sich bitter darüber be schwert, daß die Thronrede zwar die Fortschritte rühme, die die Landwirtschaft gemacht habe, um die Bodenerträge zu steigern, aber „der immer noch in »«geschwächtem Zsiaße sortbestol>enden Not der Landwirtschaft keine Erwähnung getan" habe, so kann man wohl hoffen, daß diese Manier derSonderinterestenvertretung, selbst soweit dteIntereflen an sich berechtigte sind, nicht nur von den Konservativen im preußischen Landtage, sondern auch von der Mehrzahl der gebildeten deutschen Landwirte endlich als unwürdig, I widerwärtig und gemeinschädltch erkannt und verdammt werden wird. Die preußische Regierung kennt, ebenso wie die übrigen deutschen Regierungen, die Notlage der Landwirte genau und ist ihr abzuhelfen seit Jahren nach Kräftcn bemüht. Wer das heute noch bestreitet, belügt die Landwirte. Es wäre sehr zu wünschen, daß gerade im preußischen Landtage dieses agitatorische Treiben allseitig die verdiente, weithin wirkende Zurückweisung fände. Das deutsche Kolonial-Weißbuch und der Herero-Aufstand. Das deutsche Kolonial - Weißbuch 1902 3 ist beute der Oeffentlichkeit übergeben worden und wird natürlich in erster Linie auf seinen Inhalt an Mitteilungen über Südwest afrika durchsucht werden. Die Ausbeute ist gering, soweit man direkte Aufklärungen über die Ursachen des recht be drohlichen Herero-Aufstandes erwartet haben sollte. Man liest da unter dem Titel „Deutsch-Südwestafrika": Verhältnis zu den Eingeboren: Entsprechend der fried lichen Entwickelung des Schutzgebietes war auch das Verhältnis zu den Eingeborenen im Berichtsjahre ein gutes. Sehr zu leiden hatten letztere unter der schon seit mehreren Jahren an dauernden großen Dürre. Erst mit dem Eintritt der diesmaligen Regenzeit im Dezember und Januar besserten sich die Ver hältnisse im mittleren und nördlichen Teile, während die Hoffnungen des Südens auch in diesem Jahre nur spärlich in Erfüllung gingen. Zu verwundern war es unter diesen Umständen nicht, daß an mehreren Stellen des Schutzgebietes Klagen über zunehmende Vichdiebstähle seitens der Eingeborenen laut wurden. Das Befremden, das dieser über das „gute" Verhältnis zu den Eingeborenen zufriedene Bericht Hervorrufen könnte, muß sofort verschwinden bei der Erwägung, daß das Etats jahr vom 1. April 1902 bis zum 31. März 1903 läuft und daß die aufständische Bewegung der Herero allerneuesten Datums ist. Wußte doch noch nicht einmal der Reichskanzler in seiner beute im Reichstage gegebenen, höchst dankenswerten Er klärung die Ursachen der Erhebung anzugeben! Also einen direkten Aufschluß über diesen Aufstand darf man in dem Weißbuche nicht suchen, aber eS ist wobl erlaubt, aus fol genden Angaben unter der Marke „Stand bergmän nischer Unternehmungen in den einzelnen Ge bieten" einige Schlüffe zu ziehen: Im Hererolande sind die Kupferfunde von Ongoatti bei Karibik gleichfalls von Goerz ür Co. erworben worden. Die Funde von Otjizongattt bet Okadandja sind gegen das ver gangene Jahr noch um einige neue bereichert, befinden sich jedoch in verschiedenen Händen, wodurch die Entwickelung nicht gerade begünstigt wird. Schwierigkeiten allgemeiner Natur, deren eingangs Erwähnung getan wurde, hindern gerade in diesem Falle augenscheinlich ein flottes Weiterkommen. Die geringen Schürfarbeiten, welche vorliegen, zeigen, daß es sich um eine Reihe gangartiger Vorkommen handelt, welche teil weise allerdings nur von geringer Längsausdehnung sind, aber bei reichen Erzen und sonst günstigen Verhältnissen geeignet erscheinen, ohne große Kapitalsanlage be arbeitet zu werden. Kürzlich sind etwa zwölf Tonnen Erz, welche aus den Schürfarbeiten gewonnen wurden, zur Verhüttung nach Deutschland geschickt worden. Wie verlautet, sind auch von den anderen Interessenten Arbeiten begonnen worden, um eine größere Erzprobe zur Verschiffung gelanaen zu lassen. Von den Schürfungen, welche sonst noch im Hererolande bczw. im Eigentumsgebiet der Kolvnialgesellschaft vorgenommen sind, verdienen ein Vorkommen von Kupfererzen bet Kain- kachas am untere» Khan und einige der in großer Zahl bei der Farm Ubib bekannt gewordenen Kupfererzvorkommen nähere Be achtung. Es bandelt sich hier um sehr reiche Erze, aber an- scheinend um wenig zuverlässige Lagerstätten, welche zum Teil weiterer Aufjchlußarbeitcn würdig erachtet werden. Wer die blutige Geschichte Südafrikas auch nur ober flächlich kennt, wird beim Lesen dieses Berichtes den Gedanken nicht los, daß es sich ebenso wie bei den Hottentotten kämpfen in der Kapkolonie und bei dem großen, erst jüngst beendeten Volksdrama des Boerenkrieges auch hier am letzten Ende um Treibereien im Dienste englischen Kapitals bandeln könnte. Darauf läßt auch der höchst verdächtige Eifer schließen, mit dem englische Quellen den Ausstand als noch gefährlicher hinzuftellen versuchen, als er leider so schon ist, und die verblüffend sichere englische Information über die Borgänge in der deutschen Kolonie. Kupferminen sind manch mal auch „Goldgruben", und nach Golve drängt bekanntlich alles. Deutsches Reich. * Berlin, 18. Januar. * Zur Geschichte »es ZeugniszwangS der Presse erinnert die „Franks. Ztg." an folgendes Vorkommnis: „Bor vier, fünf Jahren veröffentlichte die „Frankfurter Zeitung" eineu harmlosen Auszug aus dem Militär-Etat, der zwei Tag« später dem Reichstage vorgelegt wurde. Bauz harmlos, und wir wollens nachttäglich gestehen, eigentlich langweilig. Natürlich konnte kein Geheimnis darin stehen, denn rS stehen im Etat überhaupt keine Geheimnisse. Der Verfasser war, jetzt kann man- ja auch sagen, ein ehemaliger höherer Offizier, der sich die Sache zusammengestellt hatte, nebenher Mitarbeiter eines konservativen Berliner Blattes. Der Kriegsminister v. Boßler, oder wohl richtiger der damals bei ihm beschäftigte Oberst Bäbe, kam auf die unglaubliche Idee, daß hier der Berttauensbruch eines Beamten vorliegr. Er requirierte den Reichskanzler, und Herr v. Börtlich er unterzeichnete in Ver tretung d«S Reichskanzlers einen Strafantrag, Untersuchung gegen unbekannt, ZrugniSzwang gegen den verantwortlichen Redakteur der „Frankfurter Zeitung", und drr mußt« wirklich sitzen. Da erfuhr zufällig in einem Privatgespräch der Reichs- kanzler Fürst Hohenlohe von der Sache. Sie war dem alten Herrn doch zu dumm, um bayerisch zu reden. Er zitierte Herrn v. Boetticher und gab ihm auf, dies« Zcugniszwangshaft so schnell wie möglich zu beendigen. Der hatte nun auch ein gutes Herz, wollte eine goldene Brücke bauen. Der Frankfurter sitzende Redalteur sollte nur irgend etwas beschwören, z. B. daß kein Reichsbeamter den Etatsauszug gemacht habe. Herr v. Boetticher war aber sehr erstaunt und wollte zuerst gar nicht glauben, als ihm erklärt wurde, der Herr Redakteur werde gar nichts beschwören, er werde einfach sitzen bleiben, zum Trotz und zur Strafe für die Regierung. Er blieb sitzen, aber nicht lange, nur noch zwei Tage, denn nun wurde dem alten Fürsten Hohenlohe die Sache doch gar zu dumm, und eines schönen Sonntags telegraphierte er selbst kurzerhand nach Frankfurt und zog den ohne sein Wissen gestellten Strafantrag zurück, und der Redakteur war frei. Unter des Fürsten Taten hat uns die nicht am schlechtesten gefallen." Obwohl wir den Zeugniszwang gegen die Presse im Allgemeinen als eine greuliche Institution betrachten und ihn auch in diesem Einzelsalle nicht billigen, können wir es doch beim besten Willen den event. betroffenen Behörden nicht verdenken, wenn ihnen eine solche vorzeitige Ausplauderei zum mindesten ebenso greulich ist. Wenn insbesondere eiu höherer Offizier, um uns ganz milde auszudrücken, die Taktlosigkeit so weit treibt, die ihm dienstlich zur Kenntnis gekommenen positiven Nachrichten zu verwerteu und sogar mit einem ausgemacht militärunfreundlichen demokratischen Blatte in Handelöverbindung zu treten, so ist die Entrüstung der amtlichen Stellen darüber gar nicht al so furchtbar „dumm" zu betrachten, wie die „Franks. Ztg." sich den Anschein g'ebt, es zu tun. Was würde das so merkwürdig tolerante Blatt sagen, wenn einer seiner Redakteure in ähnlicher Weile mit dem Zeitungs material verführe? * Am prcnßischen Krönnngs- «nd Ordensseste sind im Ganzen 2850 Orden- und Ehrenzeichen nach dem Verzeichnis im „Reichs- und Staatsanzeiger" ver liehen worden. Außergewöhnlich groß ist die Zahl der Parlamenta rier, die in der Liste verzeichnet stehen. Die national - liberale Partei ist unter ihnen vertreten durch die Ab geordneten Or. Sattler, Or. Hackenberg und Geh. Bergrat Prictze (Königlicher Kronen-Orden 3. Kl.), von Eynern (Roter Adler-Orden 8. Kl.), und Landgerichtsrat a. D. Schmieding, sowie den bei den letzten Wahlen unter legenen früheren Reichstagsabgeordnelen Graßmann (Roter Adler-Orden 4. Kl.). Von der freisinnigen Volkspartei haben Prof. Eickhoff, Mitglied des Reichstages (für Mühlhausen-Langensalza-Weißensce) und des Abgeordnetenhauses, und der Landtagsabgeordneie und Ber liner Stadtverordnete Kreitling den Adlerorden 4. Klasse erhallen. Ob mit dem Kaufmann Blellin Brandenburg, der mit demselben Orden ausgeführt wird, der freisinnige Reichs tagsabgeordnete oder sein Bruder, der bei den letzten Wahlen in Brandenburg als freisinniger Kandidat auftrat, gemeint ist, ist nicht ersichtlich. Von der freisinnigen Vereini gung erscheinen der Reichtstagsabgeordnere Jusrizrat Riff aus Straßburg und der frühere Landtagsabgeordnete Pohl für Königsberg i. O.-Pr. (beide mit dem Roten Adler-Orden 4. Klasse) in der Liste. Herr Pohl wird freilich, da er sich bei den letzten Landtagswahlen von den Konservativen gegen die m Königsberg verbundenen Freisinnigen und Nationallibcralcn aussrellcn ließ, von der freisinnigen Vereinigung wohl nickt mehr als Mitglied betrachtet iverden. Von den konservativen Parlamentariern haben Orden erhalten nur der Oberstleutnant a. D. von Normanu, der jetzige Vorsitzende der Reichs- tagsfraktion, die Gutsbesitzer Hirt und Scholz aus Schle sien, Graf v. Mirbach, Mitglied des Herrenhauses und früherer Reichstagsabgeordneter, aus Sorquincn, und Professor vr. Kropatscheck, der bis zum vorigen Jahre Reichstag und Abgeordnetenhaus angehörte und setzt nur noch als Chef redakteur der „Kreuzzeitung" Politik treibt. Am zahlreichsten ist das Zentrum bedacht worden: Juslizrat Trimdorn, Gutsbesitzer Herold, der agrarische Sachverständige des Zentrums Johann Hoheisel aus Schweidnitz, die Amts gerichtsräte Fritzen, Krebs und Opfergelt, der Re ligionslehrer Glatt selber, die Gutsbesitzer Graw aus Ostpreußen, Pingen aus der Rheinprovinz und Klose aus Schlesien, sie alle gehören dem Zentrum im Reichstage oder im Abgeordnetenhairse oder in beiden an; dazu kommen noch der Amtsgcricktsrat Broekmann, der bis zu den letzten Wahlen Landtagsabgeordneter war, und der Erbmarschall Graf von und zu Hoensbroech, der früher im ReickStag in den Reihen des Zentrum« saß. — Von sonst in der lehren Zeit öfter genannten Personen seien noch als neue Ordensritter er wähnt der Oberregierungsrat Gcsch in Altona, früher in Posen in der Provinzialsteuerdirektion zur Zeit der „Affäre Löhning", und der Amtsvorstcher Schröter in Laurahüttc. * Der Bundesrat stimmte in seiner heutigen Sitzung den Vorlagen betreffend den Entwurf eine« Gesetze« wegen Fest stellung de« Nachtrages zum ReickSbau«balt«etat für das Rechnungsjahr k9O3, eines Nachtrages zum Reicks- hauShaltSetars für die Schutzgebiete auf taS Rechnungs jahr 1903, betr. die Ergänzung des dem Reichstage vor- liegenden Entwurfs des ReickSbauskaltSetatS für 1904 und de« HauShaltsctalS für di« Schutzgebiete auf da« Rechnungs jahr 1904 zu. * Der Reichskanzler verließ unmittelbar nach seiner heutigen Rede im Reichstage da« HauS. Wie in den Wan delgängen verlautete, war er durch di« süvweftafrtkanische Fra«« nock außerhalb de« Hause« in Anspruch genommrn. * Der Kaiser machte heute morgen den gewohnten . Spaziergang im Thiergarten, sprach beim Reichskanzler I Grafen v. Bülow vor und hörte dass im königl. Schloff«
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