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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040120026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-20
- Monat1904-01
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petüzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 73 vor den Familirnnach» richten (v gespalten) 30 Tabellarischer und Ziffrrnlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossertenannahme 23 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./L 60.—, mit Postbesörderung -ck 70.—. Annahmeschlus; für Anzeige«: Abend-AuSgabe: vormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Dir Erpedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von K. Palt in Leipzig (Or. Victor Xliakhardt » Lo.). 88. Jahrgang. Var Aschtigrie vom läge. * Gegen die schriftstellerische Betätigung von Offizieren soll eine scharfe kaiserliche KabinetlS- ordre ergangen sein. * In einer vom Vereine deutscher Tuck- und Wollwaren fabrikanten nach Berlin einberufenen Versammlung von Textilindustriellen wurde einstimmig die Begründung eines die gesamte deutsche Textilindustrie umfassenden Arbeitgeberverbandes beschlossen. * Der König von Dänemark ist von Gmunden nach erfolgreicher Kur nach Kopenhagen zurückgekchrt. * Die Gräfin Lonyay protestiert gegen die Schentung der liegenden Güter ihres Vaters, des Königs Leopold, an den belgischen Staat. * Die russische Antwort auf die japanische Note wird binnen Kurzem erwartet; in Korea drohen antirussischc Unruhen. politische Tagesschau. * Leipzig. 20. Januar. Das Ende des Streiks in Crimmitschau wird von der sozialdemokratischen und der demo kratischen Presse, wie vorauSzusehen war, als ein Sieg des Unrechts über das Recht angesehen und beklagt. Die „Franks. Ztg." ist aber doch einsichtig genug, den Unterlegenen zu Gemüte zu führen, daß sie wenigstens in der letzten Zeit eigensinnig einen aussichtslosen Kampf ge kämpft. DaS demokratische Frankfurter Blatt schreibt nämlich: „Wenn nun die Arbeüer unterlegen sind, so kann cs nicht Wunder nehmen. An Geldmitteln fehlte es ihnen auch jetzt nicht, aber Hoffnung auf Sieg gab es kaum mebr. Es gibt in der Tat Grenzen der Gewerkschaftsbewegung. Nicht in dem Sinne, wie mau wohl meinte, daß mit der wachsenden Organisation der Unternehmer die Waffe-des Streiks immer stumpfer werde. Das wird sie nur, wenn die Organisation der Arbeiter damit nicht Schritt hält. Aber eine Streikbewegung wird nichts mehr ausrichten, wenn eS sich nur mehr um die Frage handelt, wessen Geldmittel reicher sind — die der Arbeiter oder die der Arbeitgeber. In der Regel liegt ja doch die Sache so, daß nicht die Arbeitgeber siegen, sondern daß eS die Konjunktur tut. Zwingt die Konjunktur die Arbeitgeber nicht zum Nachgeben, dann bringen es die Arbeiter mit der schönsten Kasse und den reichsten Unterstützungen auch nicht fertig, denn die Arbeitgeber und die ihnen zur Seite tretenden Organisationen werden immer noch mehr zur Verfügung haben. So war eS auch in Crimmitschau, und darum war der Streit eigentlich schon entschieden, als er vier Wochen gedauert hatte". Bei etwas schärferem Nachdenken würde die „Franks. Ztg." gefunden baden, daß der Streit schon früher, ja von Anfang an entschieden war. Daß die Konjunktur — im weitesten Sinne des Wortes — die Arbeitgeber nicht besiegen würde, war bei dem durch die Sozialdemokratie genährten Svlidaritätsgesüble der Arbeitgeber von vornherein anzunekmen. Nur die Streiiführer übersahen d«es in ihrer leidenschaftlichen Sucht nach einer lokalen Machtprobe, die eine Unternehmer-Organisation nach der anderen aus die Seite der Crimmitschauer Fabrikanten führen mußte. Diese Blindheit der Führer müssen nun die Verführten büßen. Daß dielen menschliches Mitgefühl auch auf der Seite nicht versagt wird, die von vorn herein den Streik verurteilt hat, ist löblich. Aber es ist ein einseitiges Mitgefühl, das einige bürgerliche Blätter dazu führt, von den „Siegern" zu verlangen, daß sie nunmehr schleunigst aus freiem Willen gewähren, was die Streikenden zu erzwingen suchten. Diese „Sieger", so bedeutend auch die pecuniären Unter stützungen sein mögen, die den Crimmitschauer Fabri- lanten zugestossen sind, bezahlen ihren Sieg trotzdem teuer genug und werden gar manchen Auftrag, der ihnen während des Streiks entgangen ist, nicht wieder erlangen. Sie würden doppelt gestraft sein, wenn ihnen jetzt angesonnen würde, zu gewähren, was sie vorher nicht gewähren zu können überzeugt waren. Es wäre sogar begreiflich genug, wenn jetzt alle Unternehmer - Organisationen mit Rücksicht aus die Crimmitschauer „Sieger" der eigentlich schon längst spruch- reisen gesetzlichen Einführung des Zehnstundentages für Frauen sich widersetzten oder doch einen Aufschub ^dieser Emjührung verlangten. Die Schuld siele auf die Streik hetzer, die, statt im Reichstage eine für das ganze Reich geltende und deshalb die einzelnen Fabrikationszentren nicht benachteiligende Reform mit allem Nachdruck zu betreiben, eine totale Machtprobe wagten, die scheitern mußte an der Konjunktur, die nun einmal das Auge selbst des dünkel haftesten Streikapostels nicht zu übersehen vermag. Der Antrag des Grafe« Moy, die bayerische Negierung möge erwägen, ob nicht im Interesse des religiösen und des politischen Friedens das Wahlrecht her Geistlichen aller Koie.essionen auszuschlicsien oder zu beschränken sei, wird in der Zen- trumsprcsse diesseits und jcn eits der blau-weißen Grenz pfähle mit gesteigerter Heftigkeit erörtert. Tie stärksten Register zieht dabei das offizielle Münchener Zen trum sorg an. Es bezeichnet den „Entrechtungs antrag" des Grasen Moy als einen „Faustschlag für das christliche Bayern", und wirft dem Antragsteller Miß achtung der Gebote einer guten Erziel-ung vor. Aus solcher Gemütsverfassung heraus gelangt das Münchener Zcntrumsvrgan natürlich nicht dazu, unbefangen zu prüfen, ob eS nickst tatsächlich vorhandene Mißstände sein könnten, die -em Antrags des Grasen Moy zu Grunde liegen. Daß derartige Verhältnisse in Wirklichkeit vor handen sind, gibt sogar das sührende p r e u ß i i ch e Z e n - trumöorgan zu. Die „Köln. Volköztg." bestreitet freilich, daß der konfessionelle und der politische Friede durch geistliche Abgeordnete eine „besondere" Störung er fahren habe. Gleichzeitig jedoch gibt das rheinische Zen- trumsblatt „unumwunden" zu, „daß die grotzeZahl v o n Gc i st l i ch e n in der b a y c r i s ch e n K a m m c r kein Jdcalzusrand ist". — Der Versuch, den herrschenden Zustand dadurch zu erklären, daß die Geist lichen für viele ländliche Wahlkreise die volkstümlichen Vertreter der Intelligenz seien, entbehrt deshalb der Beweiskraft, weil die „Köln. Volksztg." selbst hinznfügt: „In Zentrumskreisen wird schon lange das Bedürfnis erörtert, in Zukunft mehr gebildete Laien in die Kammer zu entsenden." — Hier findet sich demnach wenigstens annähernd das Eingeständnis, daß der Antrag des Grafen Moy auf dem Boden wirklich vorhandener Mißstände erwachsen sei. Im Hinblick auf diese Miß stände allein, deren Verewigung nur von einem herrsch süchtigen Klerikalismus mittelbar und unmittelbar an gestrebt werden kann, begreift mau. daß ein Mitglied des bayerr chcn Oberhauses, ein Mann, der nach der aus drücklichen Feststellung des klerikalen „Badischen Beob achters" kein „liberaler Kulturkämpfer", sondern kon servativ gerichtet ist, einen so weitgehenden Antrag gestellt hat. Anstatt der unzulässigen Rolle, welche die Geistlichkeit in der bayerischen Kammer spielt, die Auf merksamkeit zuzuwenden, greift das Münchener Zen trumsorgan zu dem verbrauchten Mittel, den Klerus als Bollwerk wider Revolution und Umsturz anzupieisen. Empfehlungen solcher Art sind aber gerade in München um w weniger eindrucksvoll, je lebhafter die Erinnerung daran ist, daß das Landtagsmahlbündnis zwischen dem bayerischen Zentrum und der Sozialdemokratie unter geistlichem Segen und fast an geweihter Stätte abge schlossen worden ist. Die Angelegenheit der französischen Jäger in Bade« Hal Anlaß zu der Feststellung gegeben, daß auch im Ncichslande zahlreiche Franzosen, wie de Wendel, de Gargan, Gras Hunoltstein, ausgedehnte Jagdreviere be sitzen, aus denen namentlich auch französische Offiziere jagen. Ferner besitzt Graf Corny, aktiver französischer Offizier, in Eorny bei Metz Jagden, die fast den ganzen Gürtel der neuen Forts umschließen. Weiter Graf Ber sten, Oberleutnant im 25. französischen Dragoner-Regi ment, über vier Gemarkungsjagden in der Umgebung von Dicdenhofcn und über einen Waldkomplex von 700 Hekt aren, in dessen Bereich das wichtige neue Fort auf der Gentringcr Höhe liegt. Außerdem wurde ihm auch die Glacisjagd der Festung Diedenhofen gegen eine Jahres pacht von 100 ./k übertragen. Demgegenüber stellt die „Ttraßb. Post" die berechtigte Krage auf, ob die den fran zösischen Jägern gegenüber geübte Toleranz nicht zu weit gehe und ob es nicht angezeigt wäre, Ausländern grundsätzlich die Ausstellung von Jagdscheinen zu verweigern. Die „freie" Schweiz. Aus Bern, 19. Januar, schreibt man uns: Der schweizerische Bundesrat zählt sieben Mitglieder, die in großer Mehrheit der radikal-demokratischen Partei an gehören. Ihr Jahresgehalt beträgt je 15 000 FrcS., der jeweilige Präsident, der PräscntationsauSgaben zu be streiten hat, bezieht ein Gehalt von 18 500 Frcs. Der schweizerische Bundespräsident ist von dem Präsidenten der französischen Republik und der nordamerikanischen Union f-r^d'mental verschieden. Hier liegt di« oberste Exekution in der Hand des Präsidenten, in der Schweiz aber im Bundesrat als Gesamtkollcgium, und wenn dort der Präsident eine Monarchenstellung cinnimurt. ist der schweizerische Bundespräsident weiter nichts als der Präsident des Bundesrates, nicht des Lchwcizervolkcs. Dafür aber schaltet jeder Vorsteher eines Departements so ziemlich selbständig und unabhängig, obwohl ver- sassungsgemäß das Kollcgialsystem besteht. Dieses Direktorialsystcm, welches äo kaew besteht, schafft viele Unzuträglichkeitcn, läßt die Einheitlichkeit der Staats aktionen vermissen und öffnet der Willkür der einzelnen DepartcmcntSvorstcher Tür und Tor. Dem Bor st eher des Post- und Telegraphen wese ns, dem katholisch-konservativen Vertreter, Herrn vr. Josef Zemp, wird der Borwurf gemacht, daß in seiner Ver waltung die Bureaukratic üppig gedeihe und Maßnahmen getroffen werden, welche von untergeordneten Amtsstellen ausgehen und in ihren folgen verhängnisvoll sind. Ganz besonders haben die Entlassungen lange Jahre im Dienst stehender Telegraphisten in Zürich allerorts große Aufregung hervorgerufen und den lebhaftesten öffentlichen Widerspruch hcrausgesordert. Vor ein paar Wochen wurde der Telegraphist W. Ruckstuhl Knall und Fall entlassen, weil er in einer Broschüre auf notorische Uebelstände in der Tclegraphcnverwaltung hinwics, und dieser Tage ereilte dasselbe Schicksal die beiden Telegraphisten K. Späni und O Roner, welche im Namen des Telcgraphistenvcrcins Zürich eine Rechtferti gung zu Gunsten des gemaßregelten Ruckstuhls erließen, obwohl ihnen von den Vorgesetzten in Zürich das beste Zeugnis hinsichtlich Tüchtigkeit und Pflichttreue aus gestellt worden war. Diese Fälle sind Wasser auf die Mühle der Volksinitiative, für die Volksmahl deS Bun desrates, und mehrere radikale Blätter fordern kategorisch den Rücktritt Zcmps. Zemp sitzt aber ruhig weiter und denkt gar nicht daran, diesen Blättern einen Gefallen zu erweisen. Für das Ausland hat dieser ausfallende Vor gang, der in der Schweiz in dieser Schärfe nickst häufig ist, insofern Interesse, als er zeigt, daß die Freiheit der Ge sinnung und der politischen Ucbcrzeugung in der Schweiz nicht diejenige Anerkennung und denjenigen Schutz findet, wie man außerhalb der schweizerischen LandcSgrenzen an zunehmen pflegt, und daß es Deutschland auch in dieser Beziehung mit der Schweiz sehr wohl aufnehmen kann. Rnssifizierung FinlandS. Vor einiger Zeit wurde den finländischen Eisen bahnbeamten anbesohlen, sich mit der Erlernung der russischen Sprache zu beschäftigen, weil demnächst die Kenntnis des Russischen im Dienste obligatorisch sein würde. Soeben hat nun der Direktor der finländischen Staatsbahnen eine Rundfahrt durch das Grobfürstentum gemacht, um sich zu überzeugen, ob seiner Anordnung Folge gegeben und ob die finländischen Bahnbeamten jetzt genügend Russisch verstehen. Er hat indes seine Er wartungen nicht bestätigt gefunden. Die StatkonSchefS beherrschten allerdings zum groben Teil die russische Sprache, wenigstens konnten sie sich in dienstlichen An gelegenheiten verständigen. Mit allen übrigen war aber der Minister durchaus nicht zufrieden. Weder unter den Bureaubeamten, noch unter den Schaffnern, Zug führern usw. war die Kenntnis des Russischen soweit verbreitet, wie es der Generalgouverneur und der Direktor Dratschewski wünschen. Infolgedessen ist es wahrscheinlich, daß Maßregelungen der finländischen Eisenbahnbeamten vor sich gehen, daß viele von ihnen entlassen und durch Nationalrnffen ersetzt werden. In den beteiligten Kreisen herrscht infolgedessen große Unruhe. . Rußland und Japan. Die russische Antwort auf die letzte japanische Note wird binnen Kurzem erwartet. Wie das „Reutersche Bureau* in Tokio erfahren haben will, „glaube" „man", daß sie mehr oder weniger Zugeständnisse machen werde, „zwezfle" aber, ob diese weit genug gehen werden. DaS ist natürlich Gerede, darauf berechnet, die öffentliche Meinung in Japan nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Jetzt übrigens, wo eS scheint, daß Japan und Rußland persönlich miteinander ins Reine kommen werden und die krassen Hetzversuche der englischen Presse nicht verfangen haben, wird versucht, die koreanische und die russische Regierung gegeneinander scharf zu machen und in dem viel umworbenen und umstrittenen Lande die Bombe zum Platzen zu bringen. Es ist wieder „Reuters Bureau", da über New Jork berichtet, ein dort aus Söul eingegangenes Telegramm melde, Rußland bezichtige die koreanische» Soldaten, schuld an den Unruhen i» Korea zu sein. Die koreanische Negierung habe auf die Anschuldigung erwidert, Rußland könne nicht das Recht zugestanden werden, sich in die koreanischen An gelegenheiten zu mischen. In dem Telegramm heißt eS weiter, die einheimische Presse schlage einen heftigen Ton gegen die Ausländer an, die Spannung nehme in Söul zu. — Es braucht also bloß zum faktischen Einschreiten einer der beiden Feirilletsn. Wrmryer L Zolin. 15) Roman von M. Prigge-Brook. i urf verboten. „Wird Ihnen das nicht aus die Dauer zu eintönig?" „O nein, ich habe Papa und Mama und jetzt auch Sie, La wird uns die Zeit nicht lang und im Winter reisen wir." „Margaret!" Die Stimme ihrer Mutter stört das Mädchen, gewandt schlüpft es durch die Lücke im Gezweig. Der Wagen hält unfern vor ihr am Woge. Missis Booth schalt heftig auf die Tochter. ,SZie nun. wenn Böb ohne euch weiter gefahren wäre, du unnützes Kind, hättest dich vielleicht bis Elinsthal ge- funden, wo wir näckstigen wollen, und denke dir nur den Eindruck aus, den es erregt hätte, kamen wir ohne euch!" Rudolf, der näher gekommen, glaubte eintrcten zu müssen. „Verzeihung, Missis Booth", bat er. „mein Enthusias mus trägt die Schuld, ich war im Urwalde zum ersten Male und fand nickst zurück aus dieser Märchenwelt, noch einmal, verzeihen Äe mir." ,Hch irre nicht, wenn ich die Fee, die Sic ins Märchen land entführte, in meiner Tochter sehe", gab Missis Mary besänftigt zurück. Ein Blick in daS melancholische Gesicht Rudolfs stellte ihr Gleichgewicht wieder her. Wie er sic dauerte! Schweigend bestiegen die Zwei den Wagen und schweigend fuhren sic wohl zwei Stunden lang, bis sich di« Aussicht auf ein weißes, langgestrecktes Haus auf- tat, daS von einer Anzahl Wirtschaftshäuser und Hütten umgeben war. „Elmsthal" stellte Booth seinem Gaste vor, „die Farm meines Freundes Phillips. Die Eltern waren ebenfalls Deutsckx von Geburt." Der Wagen näherte sich aus hundert Schritt« dem Hause, als es vor demselben lebhaft wurde. Zwei junge, in Helle Gewänder gekleidete Mädchen, sowie ein etwas älterer Herr, der wohl der Bruder sein mochte, verlicßen die mit Grün mnranktc Veranda und eilten den Gästen entgegen, wobei sie ihre Tücher zum Willkommen schwangen. Sin älterer Herr und eine Dame blieben auif der Veranda stehen und blickten erwartungsvoll den Weg entlang. Die Drei hatten inzwischen den Wagen erreicht, und eine herzliche Begrüßung folgte, an der Miß Margaret den Löwenanteil erhielt. Sie konnte sich schier nicht retten vor all' den Fragen, die auf sie cindrangen: ,/Hast du dich in Deutschland amüsiert? Es war wohl alles recht klein dort drüben?" Und: „Wie war cs bei Astors in New Aork? Sahst du auch Corny Bandcrbuilt dort? Der soll eine Europatour antreten auf seiner neuen Jacht „Meteor"." So schwatzten die beiden Mädchen wie die Elstern durch einander. während ihr Bruder sich bemühte, die Eltern Margarets willkommen zu heißen. An Rudolf dachte keiner, wie es diesem schien. Unterdessen fuhr der Wagen im Schritt auf den Hof. Mister Phillip, der Aeltere, stand schon am Schlag. „Will kommen, alter Freund, willkommen, Missis Booth", sagte er warm und bot beiden die Hand. Mister Booth nannte Rudolfs Namen ein fester Händedruck hieß ihn will kommen. Tie Gäste betraten die Veranda und wurden von der Hausfrau ebenso freundlich empfangen. Man gruppierte sich sofort lmi einen großen runden Tisch, der mit allem, zum Vesper Erforderliche» bestellt war. Die jungen Leute zögerten noch an der Treppe. Mister Phillip ries ihnen zu: „Laßt nun doch endlich mal das arme Ting, die Margaret, los, laßt sie in Frieden. Sie soll durchaus erst Tee trinken und sich stärken nach der langen Fahrt in der heißen Sonne. Ein wenig später mögt Ihr sie dann auf ihr Zimmer führen. Willkommen, Margaret." Das Mädchen flog die Stu'en hinan nnd erwiderte herzhaft den Gruß, den Mister Phillip ihr bot, dann eilte sic auf Missis Phillip los und bot ihr die Wange. „Jane und Gerty", rief sic dann den beiden Mädchen zu, die an dem Tische Platz genommen, „laßt Euch hier unser» Mister Wemener vorstellcn. Le sind doch der unsere?" fügte sic zu diesem lächelnd hinzu. Die Mädchen kicherten und Rudolf mußte lache» über die kindlich« Art. mit der das liebliche Mädchen sich gab. Der junge Phillip, Rolf genannt, kam auch herbei und machte die Bekanntschaft des jungen Deutschen, blieb aber wortkarg, während jene Schwestern munter scherzten. Auch als nach eingenommener Vesper die Reisenden der Ruhe gepflegt und Margaret später den jungen Leuten beim TenniLspiel sich zugesellt, blieb er ungewöhnlich schweigsam- Rudolf aß unwett des Platzes und sah zu, als fünfter fand er keine Verwendung beim Spiel und hatte, um nicht zu stören, abgesagt unter dem Borwand, er spiele zu schlecht. Margaret neckte den ungeschickten Partner. „Was ist mit Ihnen. Mister Rolf?" rief sic ihm zu, „daß alle Bälle fliegen? Haben Sie während meiner Abwesen heit die edle Kunst verlernt, oder was ist in Sie gefahren?" Tie Mädchen kicherten und wollten sich ausschütten vor Lachen. Jane, welche d e Uebermütigere der beiden Mäd chen schien, rief überlaut: „Soll ichs ihr sagen, Rolf?" Ein finsteres: „Daß du dich unterstehst", verwies sie und Margaret erhielt auf ihre Frage keine Antwort. Nach dem sehr späten Diner hörte Rudolf, wie der ihm unsym pathische Amerikaner Miß Booth zu einem Spaziergang in den Garten cinlud. Sie kam seinem Wunsche mit der ihr eigenen Ungezwungenheit nach, blieb aber nur kurze Zeit fort. An ihrem Gürtel zitterte eine blutrote Rose von seltener Pracht, doch ihr Äuge blickte trüb und für den Rest des Abends vermißte Wemeyer ihr sonst ge wohntes herzeriri chcndcs Lachen. Sie blieb einsilbig in sich gekehrt. Früh am Morgen, der Tag graute noch kaum, setzten die Reisenden ihre Fahrt fort, die sie am Abend in die heimische Farm führen sollte: die ganze Familie Phillip gab den Scheidenden das Geleit. Nur Rolf fehlte. Er kam nach langem Rufen im letzten Moment aus dem an den Garten stoßenden Walde und trug in seiner Hand einen Strauß fremdartiger Orchideen. Mit stummem Gruß legte er ihr denselben in den Schooß und murmelte halblaut, nur ihr zu Gehör: „Auf Wiedersehen zu Ihrem Fest im August, Margaret, vergessen L'e nicht!" Was sie antwortete, entging dem Deutschen, der mit stillem Staunen den Vorgang beobachtet hatte, während die Uebrigen, mit sich beschäftigt, nichts bemerkten. Auch ihm galten die herzlichen Grüße und Wünsche des älteren PaareS, sowie der srcnndlichc Händedruck der Töchter. Mister Rolf vergaß, wie cs schien, den Aüch ed. Die Pferde zogen schon an, da lüstete er stumm den Hut. Am Abend kehrte de Familie Booth nach vier monatiger Abwesenheit in ihre Heimat zurück. Da.' langgestreckte niedrige HaiiS erglänzte im Schein vielfarb ger Lampions, welche genügend Helle verbreiteten, «m Rndolf erkennen zu lassen, wie behaglich der Landsitz seines neuen Freundes beschossen war. Um die ganze Vorderseite des Hauses zog sich eine grün berankte, ge räumige Veranda, die mit buntfarbigen, feingeflochtene» Strohmatten und zierlichen Bambusmöbeln aus daS Kom fortabelste eingerichtet war. Unm ttclbar aus der Veranda führten hohe bis zur Erde reichende Glastüren in das Innere, in dem alles von dem Geschmack sowohl als von dem Reichtum der Besitzer zeugt«. Neben stilvollen Poly. sandermöbcln und solchen von altem, tiesbunklem Eichen holz hingen wertvolle Gemälde an den Wänden, breiteten sich mächtige Hirsch- und Elchgemeihc in der Halle auS, zeigt das ganze HanS, daß ein verfeinerter Geschmack das selbe eingerichtet. Er dehnt sich auch über die beiden Gast zimmer aus, die Rudolf Wemeyer aufnehmen und die, wie ihm der Mulatte, den Mister Booth ihm zu feiner speziellen Bedienung zuerteilt, sagte, schon von der Reife aus für ihn bestimmt worden waren. Nachdem der junge Deutsche seine Habseligkeiten, die mehrere große Kofser umfaßten, mit Hülfe des Dieners ausgepackt und alles an Ort und Stelle geschafft, dünkte es ihn bereits so heimisch, als l>abc er Wochen und Monate im Kreise der Familie verlebt, selbst seine trüben Gedanken stellten sich nicht, wie sonst an jedem Abend, ein. Vielleicht, weil ihn das Neue und Fremde zu sehr beschäftigte, vielleicht der Kontrast zwischen gestern und heute. Denn während er gestern bis in die sinkende Nacht im Kresse der ihm fremden Menschen zugcbracht und ihren Gcfpräck-en gelauscht, verlöschten die Lichter im Boothschen Hause sehr früh. Tie Damen schienen von der gestrigen Fahrt ermüdet zu sein, an Margaret vermißte Rudi schon den ganzen Tag die gewohnte Frische nndFrühlichkeit,- irgend wer oder was bei den Gastsrcunden des vorigen Tages hatt« ihr den frohen- Sinn verscheucht, und Rudi ertappte sich auf dem Gedanken, daß er diesem jemand, kannte er ihn, darum gram sein müsse. Denn Margarets Heiterkeit, ihr sorgloser Kindersinn hatten ihm, ohne daß er eS bis jetzt ahnte, wohlgetan, sehr wohl, in ihrer Gegenwart konnte er am ehesten vergessen. Wie nun, wenn sie für immer so unfroh blieb wie beute? Ob ihr der gelbgesichtige finstere Amerikaner etwas zu Leid getan? Der Deutsche ertappte sich daraus, daß er den nnsyinpathischen Menschen hassen müsse, erfuhr er, daß er ihr etwas getan; allein cr lachte sich selber aus. Was konnte das wohl sein? Man liebte Miß Booth überall, sicherlich in Elmsthal, das bewies der Empfang, bewies vor allem die Begeisterung, mit der sie vorher von de»
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