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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040122028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-22
- Monat1904-01
- Jahr1904
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen onter dem Redaktionsstrich (-gespalten) 75 vor den Familienuach- richten (6 gespalten) 50 -H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Ofsertenannahine 25 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderuug ,/i 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geössuet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Ur. Victor Klinkhardt L Co.). 88. Jahrgang. Var Wcdligrir vsm Lage. * In Berlin ist ein mitteleuropäischer Wirtschaft-- verein begründet worden. * Die Sachverständigen-Kommission rur Weiterberatung der Strafprozeßreform ist wieder zusammengetreten. * Gegen den in der Presse laut gewordenen Vorschlag, einen Teil des nach Südwestafrika entsendeten Marine- expeditionskorpö in dem englischen Hafen Port Nollotb landen und durch englische- Gebiet nach dem Oranjefluß vorgeben zu lassen, w>rd von offiziöser Seite eingewendet, baß eine Reibe von politischen Momenten verbiete, diesen Weg ohne die dringendste Veranlassung zu benutzen. * Die Nachrichten aus Ostasien lauten andauernd beruhigend. Die russische Regierung verhält sich, wie verlautet, Japan gegenüber noch weiter entgegenkommend. Die Besserung der Lage hat auch bereits auf die Börse Ein fluß gehabt. politische Tagesschau. * Leipzig, 22. Januar. Zur Geschäftslage des Reichstages. Kaum hat da- Verlaufen der Hochflut von Inter pellationen die Hoffnung erweckt, daß der Reichstag di« zweite Beratung des Etats baldigst werde beginnen und im raschen Zuge erledigen können, so bereitet das Zentrum dem Hause eine große Ueberraschung und richtet ,n seiner Geschäftslage eine heillose Verwirrung an. Es bat, wie bereits in unserer heutigen Morgenausgabe kurz berichtet worden ist, die von ihm ausgegangenen zahl reichen sozialpolitischen Initiativanträge in ebensoviele sozialpolitische Resolutionen zum Etat des Reichsamts des Innern umgeschmolzen. Wie weit hierbei das Zentrum im Einvernehmen mit dem Präsidenten handelt, entzwht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls hegte Graf Ballestrem, wie aus seinen Aeußerungen im Senioren- konvLnle hervorgeht, den Wunsch, deu Etat rechtzeitig zum Abschlüsse zu bringen, uud wollte deshalb die Beratung der Imtiativ-Anträge vor Beendigung der Elatslesungen entweder ganz ausschalten oder ihnen nur je einen Tag in der Woche <den „SchwerinSrag") bewilligen. Um seine sozialpolitischen Anträge dennoch gleichzeitig mit dem Etat einzuschmuggeln, wandelt nun das Zentrum diese Anträge in Resolutionen zum Etat des Reichsamls des Innern um und durchkreuzt so eigentlich die guten Absichten des Präsidenten. Andererseits ist.es kaum denkbar, daß das Zentrum ohne Einverständnis mit dem aus seinen Reihen hervorgeganaenen Präsidenten diese verblüffende Taktik angewandt habe. Jedenfalls werden durch diese die Hoffnungen auf die rechtzeitige Erledigung des Etats beinahe vollständig vernichtet. Bei der weittragenden Bedeutung der in Resolutionen verwandelten Zentrums- aniräge werden diese eine so eingehende Beratung erfordern, daß kaum der Etat des Reichsamts deS Innern, geschweige denn der gesamte Etat bis Ostern wirb erledigt werden können. Und wenn gar die übrigen Parteien — was man ihnen kaum verübeln könnte — dem Vorgehen des Zentrums folgen und auch die von ihnen eingebrachten sozialpolitischen Anträge in die Form von Resolutionen zum Etat deS Reichs amts des Innern umgießen, so ist gar nicht abzusehen, wie lange die Beratung dieses Teiles des Gesamtetats dauern soll. Klar ist unseres Erachtens nur, daß die Verantwortung für die unausbleibliche Verschleppung der Etatsberalung mit voller Schwere auf das Zentrum fällt. Der Zweck heiligt das Mittel. Da- offizielle Organ der bayerischen Zentrumspartei stellt in seiner Nummer vom 2i. d. M. auf das bündigste in Abrede, daß die ZentrumSpreffe über den bekannten Antrag des Grafen Moy in Entrüstung geraten sei: die entgegengesetzte Behauptung wäre eine Entstellung der liberalen Presse. Um diese Dreistigkeit richtig zu würdigen, genügt eS, aus dem Leitartikel desselben ^jentrumsorgans vom 19. d. M. einige Sätze wiederzugeben. Am genannten Tage schrieb daö klerikale Münchener Blatt u. a. wörtlich: „Für das christliche Bayern in seiner Gesamtheit . . must es wie ein Faustsch lag wirken, wenn man ihm zumutet, die von ihm verehrten Diener der Kirche wie Heloten zu behandeln. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird dieser Antrag gestellt, zu einer Zeit, in der gewisse Leute sich überschreien im Lobe der Freiheit uud Gleich heit vor dem Gesetze. . . All' das unter dem Beifall der Liberalen . . . Wenn uns noch etwas gefehlt hat, um den baye rischen Liberalismus in seiner ganzen Erbärmlichkeit zu charak terisieren, dann war eS dieser Antrag des Grafen Moy." Auf einen so entrüsteten Ton waren die Leitartikel der ZentrumSpreffe nicht nur an der Isar, sondern auch an der Spree, am Rhein und überall sonst gestimmt. Weshalb ver fällt aber das Münchener Zentrumöblatt auf den absurden Gedanken, einen Tatbestand abzuleugnen, dessen Zeugen alle Welt vor 48 Stunden gewesen ist? Die Antwort hierauf enthält die Ausstreuung: „Nirgends nimmt man den Antrag Moy ernst, sondern lieht ihn so an, als ob Graf Moy sich selbst eine große Blamage bereitet habe". In Wahrheit hat die Zentrumspresse den Antrag Moy sehr ernst genommen, hält es aber nachträglich taktisch für ersprießlicher, zu tun, als ob der Antrag des Grasen nur scherzhaft behandelt werden dürfe, weil sie sich von dieser Methode einen besseren Erfolg verspricht. Der Zweck mußte auch im vorliegenden Falle das Mittel, nämlich die Um kehrung von Tatsachen unter gleichzeitiger Verdächtigung der politischen Gegner, heiligen. Die nationale Zweiteilung der btzhmische« Diözesen, die in den Kreisen des deutschen Klerus kürzlich einmal wieder angeregt wurde, ist „vertagt", d. h. die maßgeben den Stellen wollen nichts davon wissen. Interessant ist die Motivierung dieser Ablehnung. Man habe mit Ge nugtuung wahrgenommen, daß das tschechische Volk sich gegen die Los von Rom - Bewegung wider standsfähig erwiesen habe und wolle diese günstigen Dis positionen nicht durch Aufrollung der Trennungsfragc verändern. Bisher hatten wir angenommen, daß die Trennung gerade auch die deutsche Bevölkerung wider standsfähig gegen die Los von Rom-Bewegung machen solle, weil sie ihr eine kirchliche Versorgung durch deutsche Priester verbürge, weshalb denn auch ganz konsequent die Alldeutschen als enragierte Nomfeinde jene nationale Scheidung der Diözesen lebhaft bekämpften. Sie er warten eben nicht ohne Grund von einer solchen Maß regel eine Stärkung des Katholizismus in Deutsch- Böhmen. Lehnen jetzt die kirchlichen Instanzen selbst den Gedanken der Trennung nach nationalen Gesichtspunkten ab, so zeigt sich damit, daß die Bekämpfung der Ucbertrittsbewegung ihnen bei weitem weniger am Herzen liegt, als die Förde rung des Tschechentums. Den Deutschen Böh mens ist diese Erkenntnis ja nichts weniger als neu. Ob aber darum die Los von Nom-»Bewegung je die Massen ergreifen wird, ist nach den bisherigen Erfahrungen leider doch wohl zweifelhaft. Von rein nationalen Gesichts punkten aus kann man es daher nur tief beklagen, daß die nationale Scheidung der Diözesen so wenig Aussicht auf Verwirklichung hat. Denn die tschechischen Priester sind in den deutschen Gemeinden die gefährlichsten Apostel der Tschechisierung. Die Krisis in Ostaste«. Die Friedensaussichten steigen. „Reuters Bureau" in London erfährt, in gut unterrichteten Kreisen sei man seit mehreren Tagen ziemlich allgemein der Ansicht ge worden, daß die vstastatische Krage friedlich geregelt werden würde. Nachrichten aus unantastbarer Ouclle, die dort cingingen, hätten cs über allen Zweifel gestellt, daß die Friedenspartei in Rußland an Macht gewinne, weil sich hcrausstelle, daß Rußiand auf einen Krieg nicht vorbereitet sei. In Kreisen, die die Noten Rußlands und Japans eingcsehen haben, werde erklärt, Rußland habe tatsächlich der Ansicht zugestimmt, die Japan gegenüber der Souveränität und Integrität Koreas einnchme. Die Frage der n e u t r a l e n Z o n e, die zu erst von Japan aufgestellt und später von Rußland in größerem Umfange von neuem aufgeworfen worden sei, sei aus den Verhandlungen verschwunden, Japan bestcl-e aber auf Anerkennung der Souveränität Chinas in der Mandschurei und verlange über diese An gelegenheit eine bestimmte unzweideutige Zusicherung von Rußland. Man habe Grund zu der Annahme, die japanische Regierung werde nicht geneigt sein, mit einer Note Rußlands an die Mächte zufrieden zu sein, in der Rußland die verlangte Zusicherung erteilt, sondern sie werde vielleicht zu der Forderung eines bestimmten Abkommens hinneigen, das ordnungsmäßig von Ruß and und Japan unterzeichnet werde. Ob Rußland in diese Forderung einwilligen werde, oder ob Japan irgendwie seine Ansicht über die Form dieser Zusicherung modifizieren werde, sei augenblicklich die Frage. * Wien, 21. Januar. Der hiesige japanisch Gesandte er klärte, er hoffe zuversichtlich auf Beilegung des Konfliktes. Deutsches Reich. * Berlin, 22. Januar. * Neichsstatistisches Amt. In unterrichteten Kreisen nimmt man, der „Nat.-lib. Corr." zufolge, jetzt an, für die Wiederbcsetzung des durch das bedauerliche Hin scheiden des vr. Wilhelmi verwaisten Posten eines Präscdcnten des reichsstatistischen Amtes komme in erster Linie der Direktor desselben, Herzog, in Frage. Seine Person war schon bei der Erledigung der letzten Vakanz in erster Linie mit in Betracht gezogen. Daß damals gerade Herr Wilhelmi als der geeignetste Kan didat angesehen wurde, erklärt sich daraus, daß er in sozialreformerischer Beziehung sich große Verdienste er worben hatte und das Vertrauen aller Parteien genoß, welche die Errichtung der arbeitsstatiftischen Abteilung begrüßten. Dabei dürfen in diesem Falle nicht einmal die Sozialdemokraten ausgenommen werden. Wenn nach seinem Ableben in erster Linie an den verdienten Direktor des Amtes, Herrn Herzog, gedacht und dieser als der vor allen für die Nachfolge in Betracht kommende Leiter des reichsstatistischen Amtes bezeichnet wird (selbst verständlich mit dem Vorbehalte, der bei all dergleichen Stellenbesetzungen zu machen ist), so ergibt sich dies nicht nur daraus, daß der Genannte als langjähriger Beamter deS gedachten Amtes sich nicht unerhebliche Verdienste um die Leistungsfähigkeit desselben erworben hat, sondern auch noch aus einem anderen Grunde. In kaum einem anderen Zweige des neueren NcichsdienstcS sind so viele Elemente vereinigt, die eine der schematischen Be handlung sich nicht immer leicht anpasscnde Entwickelung genommen haben, aber an ihrem Platze schätzenswerte Dienste zu leisten vermögen, wie im reichsstatistischen Amte. Da kommt sehr viel darauf an, daß an der Spitze desselben eine Persönlichkeit steht, die den Eifer des in mancher Beziehung wenig einheitlichen Bcamtenkürpers immer wieder auf ein Ziel zu kicksten versieht. Dazu dürste kaum eine Persönlichkeit geeigneter sein, als die des Direktors Herzog, der wegen seiner Leistungen und seiner Vertrautheit mit der Leistungsfähigkeit des Amtes von vornherein eine Autorität genießt, die ein neu in das letztere hincinkommendcr Beamter sich im besten Falle nur mühsam und schwer erwerben kann, selbst wenn er auf statistischem oder sonst einem in Betracht zu ziehenden Gebiete als Autorität geschätzt wird. * Wozu der Umweg? Die ,Lsosi. Ztg." schreibt unter« 21. dieses Monats: ,/Das Auswärtige Amt oder dessen Kolonialabteilung unterrichtet nicht gleichzeitig alle deutschen Zeitungen über die Ereignisse in unserem Schutz, gebiete, sondern speist allein die „Köln. Ztg." mit ihren Nachrichten, und das „Wolffsche Bureau" muß diese aus Köln den übrigen Zeitungen zutragen. Der ,Hüln. Ztg." bedient sich das Auswärtige Amt als Sprachrohr, die erst vor wenigen Tagen in der denkbar schärfsten Form von der „Norüd. Allg. Ztg." Liigen gestraft worden ist, als sie die Meldung von der beabsichtigten Aendcrung der Grundfarbe unserer Uniformen verbreitet hatte. Durch die jetzige Gepflogenheit des Auswärtigen Amtes war die ,„Köln. Ztg." in der Lage, ihren Lesern die hoch, wichtige Mitteilung von dem Eintreffen des LandungSkorps des „Habicht" in Karibik und von der dortigen Anwesenheit des Detachements Zülow, um dessen Verbleib man ernstlich besorgt war, schon gestern mitzuteilen, während die ganze übrige deutsche Presse ihre Leser davon erst heute früh hat unterrichten können. Glaubt Graf Bülow oder Geheim» rat Stübcl oder wer sonst der Inspirator der „Köln. Ztg." gewesen ist, daß die vielen Millionen Deutscher, die an den Vorgängen in unserem Schutzgebiete interessiert sind, ohne Leser der „Köln. Ztg." zu sein, nicht ebenfalls berechtigten Anspruch haben, die Vorgänge auf dem Kriegsschauplätze so schnell wie möglich zu erfahren? Die deutsche Presse und ihre Leser dürfen verlangen und verlangen vom Aus- wärtigen Amte, daß sie, wo cs sich um das Geschick vieler Hunderte von deutschen Ansiedlern und von An gehörigen der deutchen Schutztruppe in unserem Schutz, gebiete handelt, rechtzeitig über den Verlauf der Ereignisse unterrichtet werden." * Ter Bundesrat bat in feiner gestrigen Sitzung die Vorlage, betreffend den Geschäftsbericht der Zentral auskunftsstelle für Auswanderer auf die Zeit vom 1. Oktober 1902 bis 30. September 1W3 zur Kenntnis ge nommen. Der Ausschußantrag, betreffend Aenderung der Bestimmungen über die zollamtliche Abfertigung der zur unmittelbaren Durchfuhr durch das deuttche Zollgebiet be stimmten Passagiereffekten wurde angenommen. Ebenso die Ausschußberichte über Anträge auf Aenderung der An lage L zur Eisenbahn-Verkekrsordnung und über den Ent wurf eines Gesetzes wegen Feststellung des Landeshaushalts- etatS von Elsaß-Lothringen für daS Rechnungsjahr 1904. Feuilleton. Wrmryer L Sohn. 17j Roman von M. Prigge-Brook. >,o<d-ruck verboten. „Ich bitte mir mehr Ernst aus, wenn es sich um eine solche Sache handelt", sagte sie sehr ernst. „Ich muß sorost anncchmcn, als «eiest du dir der Tragweite deiner Hand lung noch nicht bewußt, und werde jedenfalls Papa ver- anlassen, mit seinem Jawort zurückzuhalten." Plötzlich wurde Margaret ernst. „So /ei doch gut, Mama", bat sie und faßte die Mutter um den Hals- „Freue dich mit mir. denn ich bekomme den edelsten, den besten Mann unter der Sonne, Pa nicht ausgenommen. Ahnst du denn noch immer nicht, wen ich meine? Es ist Rudolf Wem euer." „Rudolf Wemeyer?" Der erschrockene Ausruf sprach nicht von Freude, eher vorn Gegenteil. „Und er hat dich um deine Hand gebeten?" fragte sie nachdenklich. Mar- garet nickte nur. Sie war so überglücklich, weil er sic ge küßt, daß sie die Nebcnumstände vergessen, wie sie ihm ihre Liebe angetragen. So konnte sie, die Mutter heftig um- halsend, nur wieder und wieder freudetrunken schluchzen: „Er liebt nnch, Mama." Mistis Booth zog ein besorgtes Gsicht. Etwas an der Erzählung des fieberhaft erregten Mädchens verstand sic nicht, oder sollte das. was sie für brüderliches Empfinden, für freundliche Nachsicht der verzogenen Einzigen gegen über geha.ten, am Ende doch Liebe sein? Dann hätte Wenwycr die andere vergessen, das wün chte sie ihm. Hatt' er aber auch in der Tat so tief vergessen, daß für das Glück ihrer Margaret nichts zu befürchten war? Sie freiste sich, daß die weiblichen Gäste sie längst ver lassen, so blieb ihr Zeit, -n denken, und nachdem sie nicht ohne Mühe Margaret überredet hatte, zu Bett zu gehen, weil morgen wieder ein Tag und hoffentlich ein glücklicher fei. ging sie noch lange in Sorgen und Gedanken in ihrem Zimmer au« und ab Nach einer Weile erst kam ihr Mann, der seinen Freunden das Geleit gegeben, in ihr Zimmer hinüber. Erstaunt, seine Frau noch wach zu sehen, erregt, erzählte ^ihm alle-. Ein Heller Freudenschcin verklärte sein „Auf diese frohe Botschaft war ich nicht vorbereitet", antwortete er, nachdem die erste Ueberra chung sich gelegt. „Mir machte Wemeyer eher einen bedrückten Eindruck heute, er schien nicht cinnral glücklich über meine ihm zu gehende Ueberraschung zu sein." „Hat er sich geäußert, ob er annimmt?" fragte sie. „Das nicht, daran zu zweifeln wäre Torheit. Ta er doch nicht mehr nach Berlin zuriickkchrcn will, und außer dem, nun er Margarets Gatte wird, bleibt er doch jeden falls hier. Fort gebe ich mein einziges Kind nicht, das kann er sich wohl denken." Mister Booth, dem Rudolfs Bewerbung sehr gelegen kam, plauderte noch mancherlei. Es entging ihm. daß seine Frau still blieb und sich wenig einverstanden zeigte Er begriff daher auch ihre Bitte nicht, vorläufig gegen jedermann zu schweigen. Erst spät fand das Paar die ihm so notwendige Ruhe. Einer aber schlief nicht in der Nacht. Rudolf wälzte sich voll Verzweiflung auf feinem Lager und fragte sich zum yundertstcn Male, wie er es anfangs, das unselige Miß verständnis zu lösen, das zwischen ihn und Margaret ge treten war. Das Mädchen liebte ihn, und er war ihr gut. Gut wie einer Schwester oder einem lieben sym pathischen Kinde. Daß er sie aber heiraten solle, kam ihm nicht in den Sinn. Mit der Liebe für eine andere im Herzen, die er, er fühlte es mit unnennbarer Qual, immer noch nicht vergessen hatte, sv sehr er das auch gehofft. Durch Arbeit hatt« er sein Gedächtnis betäubt, durch Margarets kindliche Zärtlichkeit sich ein chläfern lassen, und als er am Abend im Pavillon ihren heißen Mund auf dem seinen gefühlt, da war es ihm für den Moment, als dürfe er die L ebe des Mädchens annehmen, selbst wenn er für sie nicht ebenso empfand. Im Dunkel der Nach: verwarf er diesen Gedanken als seiner unwert. Wenn eine, so verdiente Margaret Booth ein ganzes Herz, er hatte nickstS zu geben, nichts. Er machte sich klar, daß er am frühen Morgen, wenn alles im Hanse noch schlief, Gelegenheit suchen müsse, Margaret zu chen. Er mußte sic sprechen, ihr sagen, daß sie irrte, wenn sie annahm, er habe sich mit ihr versprochen; sie hatte ibm nicht Zeit ge lassen, ihr zu gestehen, was ihn von ihr schied. Dann wieder verwarf er die Idee als abenteuerlich und roh > Er selber sollte dem arglosen Kinde die tie'e Beschämung antuu, daß cs sein Herz, die reichen Schätze desselben wegacworseu an einen, der sie verschmäht: das konnte, durfte er nicht tun. So überlegte er, ob er sich nicht Mistis Booth anvcrtraue. Sie kannte seine Geschichte, war ihm immer gütig gewesen. Möglich, baß sie ihn auch hierin verstand. Aber nein. Sie war Margarets Mutter, ihr Herz stand zweifellos auf der Tochter Seite, sie würde ihn verachten, verdammen würde sie sein schweigendes Ent gegennehmen der Küsse ihres Kindes, verurteilen, daß er sic mehr denn eine Stunde in dem Wahne ließ, er liebe sie. Rudolf stöhnte auf. Wohin er blickte, nirgends ze'gte sich ein AuSweg dem Gequälten, er mußte fort. Die Stätte des Friedens meiden, bis bahn, wo er endlich Ruhe fand. Er nahm sich vor, den Tag über zu schweigen, erst nach dem Lunch traten die Gäste ihre Heimreise an, bis dahin gelang cs ihm, Margaret zu meiden. Nachdem ent deckte er sich ihrem Vater. Mann gegen Mann, Auge in Auge wollte er ihm alles gestehen und sich seinem Urteil unterwerfen. Es war das beste so. Ein wenig getröstet, schlief er endlich ein, der Tag graute schon im Osten und im Garten drunten sangen die Vögelein- Nach mehreren Stunden fieberhaften Schlummers erwachte er durch ein dröhnendes Geräu'ch vor seiner Tür. Er fährt erschrocken auf. „Was gibt's?" „Langschläfer Sie", brummte der Baß seines Prinzi- pals ihm durch die geschlossene Tür zu. „Wollte sehen, ob Sie sich denn heute gar nicht auS den Federn finden. Die Gäste rüsten schon zu einem Nundgang durch die Fabrik und Margaret sitzt da und macht ein trauriges Gesicht." Margaret! Der Name genügt«, um Rudolf alle Schrecken der Nacht vor Augen zu führen. Im Nu ist er aus dem Bett und auf den Füßen. „Ich komme gleich." Er hört Mister Booth vor seiner Tür ungeduldig auf und ab gehen. Warum nur blieb er und ging nicht hin zu seinen Gästen? Während der Deutsche das noch dachte und seine Toilette tunlichst beeilt, pocht der harte Finger des Pankec an die Tür. „Jst's erlaubt, einzutreten?" Rudolf mag nicht „Nein" sagen, so wenig angenehm ihm der Besuch auch ist: er antwortet „Ja", und im nächsten Augenblick steht Mister Booth im Zimmer. Er öffnet 'eine beiden gewaltigen Arme weit. „An mein Herz, Sie Duckmäu'er", sagt er mit warmem Ton. „Bon Stund' an mein lieber Sohn. Margaret hat ihrer Mutter alles gestanden, und sic begrüßt Sie m't mir als unseren, von ganzem Herzen willkommenen Schwie gersohn." „Mister Booth „Ach geh'. Weg jetzt mit dem Mister, der Vater tritt an dessen Stelle, nennen wir uns du." Er küßt Rudolf herzlich auf beide Dangen und dieser steht mit schwerem Herzen da und wagt es nicht, zu wider sprechen. Wie kann er es auch angesichts des warmen Em pfangs, der ihm zu teil wird! Die Kette zieht sich fest und fester um ihn zusammen, er sieht ein unentrinnbares Verhängnis vor sich, und er ist kampscsmüdc und sehnt sich nach Ruhe. Vielleicht, daß er an der Seite eines holden, liebenden Woibes genesen kann von feinem Weh, vielleicht. Es fällt dem eifrig Plaudernden und ein Lustschloß nach dem andern erbanenden Amerikaner «chließlich auf, daß sein zukünftiger Sohn so stumm bleibt. Er tritt ihm näher und sicht in sein Gesicht. „Fehlt dir etwas, mein Junge?" Der Ton rührt des jungen Mannes Herz. Gewaltsam nimmt er sich zusammen und sagt mit freiem Ausblick in die auf ihn gerichteten Augen: „Ich danke dir, Papa, mir fehlt nichts, ich bin nur gerührt von deiner Güte, und werde streben, sie zu verdienen." „Mach' mir die Kleine glücklich, sonst hast dn'S mit mir zu tun", scherzte Booth und verbirgt dahinter seine Bewegung. Rudolf ist unterdessen fertig geworden, mit seinem Schwiegervater verläßt er sein Zimmer. Unterwegs, auf der Treppe, neigt dieser sich zu ihm und legt den Finger auf den Mund. „Einstweilen blcibt'S unter uns, daß ihr zwei beide einig seid. Meine Frau will's so, und wenn ich für meinen Teil auch nicht begreife, weshalb, so muß ich mich doch fügen, denn in der Ehe heißt cs: 6o qus komme vcut, Oieu vout, das wirst du auch noch erfahren. - Ein peinliches Gefühl ersaßt Rudolf bei der Rede. Er we-ß, weshalb Missis Booth zögert: sie traut seinen Em pfindungen nicht für ihr Kind, und sie hat Recht. Drunten im Frtthstückszimmer findet er nur Margaret, die sich mit einem Jubelruf in seine Arme fluchtet. „Ma ist mit den anderen schon gegangen", spricht sie zu ihrem Vater. „Ich soll dir sagen, daß du folgest." „Und du?" lächelte Booth amüsiert. „Oh, wir kommen nach", antwortete sie, errötend, und ließ ihren Schatz los. „Rudi mutz erst Lafjee trinken, ich helfe ihm dabei." Sie macht gc chästig die kleine, sorgsame Hausfrau, während ihr Vater aus der Tür geht. Rudi muß sich ge stehen, daß sein jetziger ungewollter Zustand doch mancherlei AltgenehmeS hat. Er läßt sich treiben vom
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