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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040123020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-23
- Monat1904-01
- Jahr1904
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Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 vor den Fainiliennach- richten (v gespalten) 50 Tabellarischer und Zifferniatz entsprechend höber. — tÄebübrrn sur Nachweisungen und Lsfertenannahme 25 Eplra-Veilagen (gefalzt), nur mit der Moraen-Ausgabr, ohne Poslbefördcrung 00.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluh für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pal; in Leipzig (I)r. Victor Klinkhardt äc Eo.). Nr. 41 Sonnabend den 23. Januar 1904. Feuilleton. Wemeyer L Lohn. 18s Roman von M. Prigge-Brook. ->ivch»ruct verböte«!. Mein Onkel wurde fuchSwild, als ich ihm damit kam; schließlich mußte er sehen, daß mit mir nichts zu machen sei, und so lieb er mich. Mir fiel ein Vetter meiner ver. storbenen Mutter ein, der in Brooklyn bei New Aork lebt. Bon dem erzählte man sich, er habe sein Vermögen größ tenteils auf Reisen erworben. Das paßte mir. Ich schrieb an ihn und erhielt die Aufforderung, ich möge kommen, zu tun habe er genug, ich könne mir seinen Betrieb hier jedenfalls ansehcn. Ich reiste hinüber und fand einen Mann, der Mit seltener Energie sich seinen Erwerbszweig erwählt, den jedenfalls nicht viele zu dem ihren gemacht, daher auch der Erfolg. Er nahm mich nach kurzer Bc- kanntschaft zu sich ins Geschäft, und meine Sehnsucht, zu reisen, erfüllte sich insofern, als ich nun an seiner Statt das große Amerika bereise, um Ernten aufzukauscn, Ern. len aller Art. Wir handeln mit NeiS, Tabak, Kaffee, mit Mehl, Getreide, Holz, wir kaufen die Frucht auf dem Halm, die Aepfel am Baum und senden alles nach Brook- lyn, von wo eS weiter geht. So komme ich überall hin, in dicht bevölkerte Gegenden, sowie auf einsam entlegene Farmen, und lerne ein gut Teil Menschenschicksale ken nen, das unterhält, das beschäftigt mich, gibt meinem Leben den ersehnten Inhalt un'd nebenbei werde ich auch noch einmal reich. Was willst du mehr?" HanS Nehfeld hatte geendet. Sein Freund reichte ihm die Hand. „Glücklicher Kerl du", sagte er leicht gerührt. „Wer auch wie du daS Leben nehmen könnte, wie einen einzigen Erntetag, aber ich?" „Nun, nun", wehrte Reüseld ab, „mach' e» nicht gar so schlimm, du siehst, weiß Gott, nicht aus, als ob dir'» fehl- gegangen, und wüßte ich nicht, du seiest bei einem reichen Farmer dessen rechte Hand, dein Aussehen verriete, daß " Rudolf unterbrach ihn rasch. „Ich wollte auch nicht klagen, ich habe jetzt gar nicht Ursache dazu. Aber", er stockte einen Augenblick, „denke ich an meinen Vater urtd —" „Laß deinen Alten seine Suppe ausessen", fiel Rehsel^ ihm ins Wort. „Wenn alles wahr ist, was man sagt, so ij er schon dabei. Geschieht ihm recht, was folgt er seinen Johannistrieb und macht euch alle unglücklich, nur un solch ein Geschöpf, eine Künstlerin zu freie,«. Als ob man nicht wüßte —" »Halt ein!" WemeyerS Gesicht war hoch errötet. „Die Frau ist rein, sie ist keine Künstlerin, sondern hat nur Musik studiert, wie hundert andere; ihr läßt sich auch nicht das geringste nachsagcn." „Gehst du so warm inS Geschirr für sie", erwiderte der Freund mißtrauisch, „und kennst sie nicht einmal! Ich rede ja nur nach, was man sich in Berlin erzählt." „Lassen wir das." Wemeyer sprach sehr ernst, sein Freund, der ihn nicht verstand, lenkte verwundert ab. Sie waren in die Hauptstraße gelangt, da blieb Wc- meyer plötzlich stehen. „Hier trennen sich unsere Wege, ich muß in mein Hotel, um an meine Braut zu schreiben und —" „An deine Braut?" Das verblüffte Gesicht deS anderen reizte Rudolfs Lachlust. Er bezwang sich aber und teilte in kurzen Worten Hans mit, was sich begeben. Der wünschte ihm herzlich Glück. „Nun soll mir noch einer kommen und sagen, was eine Sache ist", sagte er zum Schluß. «Bleibt doch das Sprich wort wahr: Wo Lauben sind, da fliegen Tauden zu. Nun magst du deinem häuslichen Mißgeschick mit anderen Augen entgegensetzen. Du bist ein Glückspilz, Rudi." „Ein Glückspilz." Mit seltsamer Betonung sprach Wc- meyer die Worte nach, als er schied. Die Freunde ver- abredeten noch für den anderen Tag eine Zusammenkunft und gingen dann ihren Geschäften nach. Rudolf schrieb an Margaret. Etwa acht Tage verbrachte Wemeyer in Las Paz und in Gesellschaft seines liebsten Freundes, der itzm versprechen mußte, zu seiner Hochzeit nach Marionhouke zu kommen, führten ihn doch ohnehin seine Geschäfte bis in die Nach barschaft. Mit einem fröhlichen „Auf Wiedersehen!" schie- den sie. An das Vergangen« hatte keiner der Freunde mehr mit einer Silbe gerührt. Daheim empfing Margaret den Liebsten mit lautem Jubel. Sie war ihm eine Strecke entgegengeritten. Als sie aus der Ferne seinen Wagen sah, kletterte sic^ vom Mustang in denselben und setzte sich neben ihren Schatz. worden sind, um Garantien für die Leistungsfähigkeit der Beamten zu gewinnen. Die Sicherheit deS Betriebes fordert, daß nur Personen im äußeren Betriebsdienste beschäftigt werden, die sich im Vollbesitze ihrer körperlichen und geistigen Ge sundheit und Rüstigkeit befinden. Es sind daher von der Eijenbahnverwaitung für bestimmt abgegrenzte Benrke Badnärzte vertragsmäßig bestellt, denen die ärztliche Für sorge für die mittleren unv die unteren Beamten des äußeren Dienstes obliegt. Daneben haben sie auch die Angehörigen dieser Beamten ärztlich zu bebandeln. Außerdem haben sie in bestimmten Zwischenräumen das Hör» und Sel vermögen der im Betriebe beschäftigten Bediensteten zu untersuchen, bei Unfällen Hülse zu leisten, die Rettungskasten zu beauf sichtigen unv Gutachten abzugeben. Im Berichtsjahre batten rund 122 300 Beamte ein Anrecht auf freie Beband» U.ng. Hierfür waren 2175 Bahnärzte bestellt, deren Be züge sich auf rund 1 004 000 beliefen. Neben den Babnärzten sind auch Bahnaugen- und Bahn ohrenärzte bestellt, welche die bahnseitig für notwendig erachtete Untersuchung der Bediensteten aus das Seh- und Hörvermögen in allen den Fällen vornehmen, in denen die Untersuchung durch den Babnarzt nicht ausreicht. Die Hülse dieser Aerzte kann von den mittleren und den unteren Beamten des äußeren Eisenbahndienstes für ihre Perlon, nicht aber für ihre Angehörigen, auch bei Augen- und Ohrenerkrankungen in Anspruch genommen werden, sofern die spezialärztliche Behandlung von dem Bahnarzte für notwendig erachtet wird und soweit die Behandlung selbst in der Sprechstunde des Arztes erfolgen kann. Rumänische Finanz- und Wirtschaftspolitik Unser Bukarester Gewährsmann schreibt uns unterm 2l. Januar: Im Publikum finden die Ueberschüsse, welche seit der liberalen Aera im Staatshaushalt erzielt werden, eine recht nüchterne Beurteilung. Man ist im allgemeinen damit einverstanden, daß gewisse Ersparnisse gemacht werden und dadurch das Budget auf eine solidere Grundlage gestellt wurde, doch findet die Praxis, wonach eine Position auf ein Minimum herabgesetzt wurde, später aus den Ueberschüsse» aber die momentan ersparten Beträge dieser Position wieder zugejührt werden, weil die Ausgabe schlechterdings mäst zu vermeiden ist, eine scharfe Kritik. So ist — um von vielen Beispielen nur eines herauszugreifen — früher für Montierungszwccke der Armee ein jährlicher Betrag von 6 Millionen Francs ausgeworfen gewesen, den man bei der Rewr"-'erung deS Budgets auf 1 Million berabgesebt hatte. Die Folge davon ist gewesen, daß die Armee alle Reserven absorbirt hat und daß man jetzt für denselben Zweck genau die Summe aufwenden niuß, die man „gespart" Halle. Auf diese Weise erscheint daS Budget wohl in einem Brillant-Feuerwerk, bietet aber doch nicht diejenige zuverlässige Basis, die seine Lobredner ihm andichten. Immerhin soll nicht geleugnet werden, daß sich die Staats finanzen gebessert haben, dies ist aber im wesentlichen auf die unter den früheren Ministerlen Earp und Eantacuzino eingesübrten und jetzt erst zur vollen Geltung kommenden vermehrten Steuereinnahmen zurückzuführen. Die wirt>chaft- lichen Verhältnisse haben in der letzten Zeit eine Stagnation erfahren. Die Umsätze im Handel sind geringer ge worden und dementsprechend haben sich auch die Ordres vermindert. Man spricht sogar davon, daß eine Anzahl schwach gewordener Häuier genötigt sein werden, ihre Zahlungen einmstellen. Die deutsche Handels kammer für Rumänien in Bukarest bewährt sich in dieser Situation als treue Ratgeberin ihrer Mit glieder. Die Ersolge, welche diese Handelskammer aufzu- wesien hat, haben auch die Franzosen veranlaßt, der Errich tung einer französischen Handelskammer in der Landeshaupt stadt näher zu treten. Während aber die deutsche Handels kammer nur auf die geringen Beiträge ihrer Mitglieder an gewiesen ist und ibre Leiter deshalb erhebliche persönliche Opfer bringen müssen, wird die französische Kammer mit einer sehr namhaften Subvention der französischen Regierung ins Leben treten, wie denn auch bereits eine Reibe franzö sischer Großindustrieller erhebliche Beiträge für den Gründungsfonds gezeichnet hat. Rußland und Japan. Der „Kölnischen Zeitung" wird aus London vom 22. Januar gemeldet: Obgleich es heute noch übereilt wäre, von einer unmittelbar bevorstehenden Einigung zwischen Rußland und Japan zu sprechen, so ist die Lage doch insofern günstig, als es allem Anschein nach sich bei dem Streit nur noch um die Mandschurei handelt, während Ruß land die Forderungen Japans auf Korea in allen wesentlichen Punkten anerkennt. Von einem neben dem japanischen Einflüsse in Korea zur Geltung kommenden Vorreckt Rußland« ist nicht mehr die Rede und auch die Idee einer neutralen Zone ist aufgegeben worden. Die Schwierigkeit liegt nur noch in der Mandschurei, und zwar gehen hier die >apanischen und russischen Ausfassungen weit auseinander. Japan verlangt eine ausdrückliche Anerken nung der chinesischen Souveränetät über die Mandschurei, welche Rußland aber nickt geben will, da eS glaubt, daß diese Frage durch direkte Verträge mit China in ausreichender Weise geregelt sei. Im Grunde erscheint dies nach Lage der Dinge als eine Doktorfrage, über die man in der einen oder anderen Weise wohl zu einer Einigung ge langen tonnte. Ernster und schwieriger zu regeln ist die japani sche Forderung, in der Mandschurei Settlem entS zu errichten, eine Forderung, auf der Japan jetzt mit um so größerem Nachdruck besteht, als dieses Recht neuerdings durch den chinesisch - amerikanischen Handelsvertrag den Vereinigten Staaten eingeräumt worden ist. Die Wichtigkeit dieser Angelegenheit ist nicht zu übersehen, andererseits aber ist doch nicht zu verkennen, daß bereits zwischen dem russischen und japanischen Standpunkt eine verhält nismäßig große An nährung erreicht worden ist. — Nach Nachrichten aus Petersburg gewinnt die Friedens partei andauernd an Boden und es wächst somit die Hoffnung auf einen friedlichen AuStrag. Diese gegen früher gebesserte Lage ist lediglich durch direkte Verhandlungen zwischen Japan und Rußland geschaffen worden »nd -s mit nick' silr wahr- sckeintrch, oaß sich die eine voer andere der Mackie oder gar ihre Gesamtheit nunmehr noch entschließen sollte, sich ver mittelnd in den Streitfall einzumischen, der anscheinend auch ohne sie zu einem befriedigenden Austrag gebracht werden kann. Das Reuterscke Bureau in London erhält von amt licher Seite die Nachricht, daß, obwohl zur Zeit noch kein Vermittelungsanerbieten gemacht worden sei, Japan den Regierungen in London, Washington und Berlin mit geteilt habe, daß eine Vermit telun g unannehmbar sei. — Der japanische Gesandte in London erklärte einem Vertreter des Reuterfchen Bureaus bei Erwähnung der Gerüchte, daß Japan seine Forderungen modifizieren würde, Japan habe von vornherein nicht noch einzuschränkende Minimalforde rungen erhoben. Was die Gerüchte von einer Landung der Japaner in Korea betreffe, so schenke er ihnen keinen Glauben. * Suez, 22. Januar. Da» russische Geschwader, bestellend aus den Schiffen „Dmitri Donskoj", „Aurora" und 6 Torpedo jägern, ist von hier in See gegangen. Tie Kreuzer „Osljabja" und „Saratoff" bleiben hier, um die Ausbesserung eines Torpedojäger» abzuwarten, welcher gestern Beschädigung erlitt und docken muß. * Peking, 22. Januar. ^Meldung des „Reuterschen Bureaus".) Die chinesische Regierung hat in Befolgung ihrer neutralen Var Mchiigrte vsm Lage. * Der Herzog Friedrich von Anhalt ist gestern im Schlosse zu B a l l e n st e d t von einem neuen Sch lag an fall getroffen worden. Sein Bewußt sein ist getrübt, sein Zu st and bedenklich. * Dem preußischen Abgeordnetenhause ist ein Gesetzentwurf über ärztliche Schieds gerichte zugegangen- * In Paris fanden anläßlich der Delsor-Tcbatte in der Kammer auf dem Konkordienplatze vor der Straß burg-Bildsäule nationalistische Demonstra tionen statt. * Der Gesundheitszustand derZarin hat sich wesent lich gebessert. * Selbst in London gibt man jetzt zu, daß zwischen Rußland und Japan — und zwar direkt — eine „verhältnismäßig große Annäherung" zu stande gekommen sei. In Korea bleibt die Lage be drohlich. * Ein heftiger Wirbelwind suchte die Stadt Mounds- ville in Alabama heim; 37 Personen wurden ge- tötet, 800 Privathäuser und sämtliche Geschäfte sind ver nichtet; viel Vieh ist umgekommen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 23. Januar. Südwcstafrtka und klerikaler Partik ularismus. Nicht selten wird in katholischen Kreisen der Vorwurf gegen die liberale Presse erhoben, diese trage nicht un wesentlich zu der Verschärfung der beklagenswerten kon fessionellen Gegensätze dadurch bei, daß sie auf politi schem Gebiete es an Gerechtigleit gegen bas Zentrum fehlen lasse und an diesem auch bann herumnörgele, wenn eS, ohne die geringsten kirchenpolitischen Konzessionen zu verlangen, also aus reinem Patriotismus, Forderungen der verbündeten Re gierungen bewillige, welche die Sicherung des Reiches bezwecken. In manchen Fällen mag dieser Vorwurf begründet sein; aber er würde wohl auch in solchen Fällen nicht erhoben zu werden brauchen, wenn nicht klerikale Blätter den patriotischen Taten de» Zentrum» Auslassungen folgen ließen, welche di« Vermutung begründeten, die Leser kreise dieser Blätter hätten ganz andere Taten vom Zentrum erwartet. Solche Auslassungen zu kenn zeichnen und ihnen entgegenzutreten, ist um so mehr die Pflicht der liberalen Presse, je mehr die ton angebenden klerikalen Zeitungen sich scheuen, ihrerseits das Wort zu einer Abwehr zu ergreifen. Gerade jetzt wäre z. B. für die „Germania", die „Köln. Volksztg." und das Haupt organ der bayerischen Klerikalen eine solche Abwehr geboten. Bekanntlich bat das Zentrum die zur Bekämpfung der Wirren in Deutsch-Südwestafrika erforderlichen Kredite nicht nur ohne Anstand bewilligt, sondern sich auch in der sehr nabe liegenden Kritik der überraschten Behörden die größte Zurückhaltung auferlegt und dadurch bewiesen, daß cs trotz eines wahrscheinlich nicht ganz unverschuldeten Miß erfolges der deutschen Kolonialpolitik diese zu unterstützen bereit ist. Was aber läßt nun der klerikale „Wendel stein", ein in Oberbayern recht einflußreiches Blatt, dieser ZentrumStat folgen? Den Ruf: „Jetzt haben wir die Bescherung mit unserer Kolonialpolitik; in Deutsch- Südwestafrika ist der Teufel los!" Und diesem Rufe folgt die Selbstberühmung, vorauSgesagt zu haben, daß wir mit unserer Kolonialpolitik nach und nach auf den Standpunkt der Engländer und der Franzosen kommen würden, die das ganze Jahr über irgendwo einen kleinen Krieg hätten. Da der „Wendelstein" ein höhni'ckes „Nur so zu!" ansügt, so wird selbst das Zentrum es einem liberalen Blatte nicht verübeln können, wenn dieses ein Wort der Entgegnung sich gestattet. Bor allem ist unbestreitbar, daß die deutsche koloniale Ent wickelung sehr weit entfernt davon geblieben ist, jahraus jahrein das Einschreiten mit bewaffneter Hand erforderlich zu machen. Je weniger diese Tatsache abgeleugnet werden kann, um so kleinlicher ist es, wenn beim Eintritt einer kriegerischen Verwickelung sofort die Hände gerungen und mit einer Art von Verzweiflung Ausblicke in die Zukunft getan werden. Gerade die beiden vom „Wendelstein" heran gezogenen Beispiele Englands und Frankreichs beleuchten schlagend, wie wohl vereinbar mit einer vorteilhaften kolonialen Entwicklung die Notwendigkeit ist, zum Schutze bedrohter kolonialer Interessen mit bewaffneter Hand einzugreifen. Mit dem Zentrum direkt deshalb anzubinden, weil es augenscheinlich in dieser Auffassung mit den übrigen Fraktionen, die für die Kredite stimmten, einig ist, wagt der „Wendelstein" nicht. Aber nun sollte die maßgebende Zentrumspresse «S wagen, dem Parttiblatte wegen seines Seitensprunges entgegenzutreten. Ihr könnte man nicht den Vorwurf machen, sie verschärfe dadurch die konfessionellen Gegensätze; im Gegenteil. Diese Gegensätze würden gerade dann nicht ohne Not verschärft werken, wenn die führende klerikale Presse die politischen Entgleisungen von Parteiblättern energisch rügte und nicht durch ihr Schweigen die liberale Presse nötigte, aus nationalen Gründen katho lischen Organen den Text zu lesen. Uebcr die BetriebSergcbntsse der prcufzkschcn und hessischen StaatSctscubahuen im Rechnungsjahre 1902 sind dem preußischen Abgeord- netenkause Berichte vorgelegt worden, die in mehr als einer Hinsicht Beachtung verdienen. Vom allgemeinsten In teresse ist der Beweis, der durch die Darstellung der auf die einzelnen Wagenklassen entfallenden Reisenden für die Steigerung der Wohlhabenheit erbracht wird. Während von 1901 auf 1902 die Zahl der Reisenden, die auf die vierte Klasse entfielen, sich um 2,85 Prvz., die in der dritten Klasse um 1,48 Proz. gesteigert hatte, nahm die in der zweiten Klasse um 4,34 Proz. und die in d" ersten Klasse gar nm 0,33 Proz. zu. — !ie Ein nahmen aus dem Rückfahrverkehr batten sich von 1901 auf 1902 um 12,7 Millionen Mk. gesteigert. Tie Ein- nahmeerböhung war einerseits die Folge der in der all- gemeinen Wirtschastslage eingetretenen Verbesserung, anderer seits aber auch dadurch hervorgerufen, daß die diesem Ver kehr vorteilhafte Einführung der 45tägigeu Gültigteilsdauer der gewöhnlichen Rückfahrlarten für das Jahr l'.)>)2 erst malig ein volles Jahr in die Erscheinung trat. Ungünstig wirkte die neue Einrichtung auf die Ausgabe zusammen bestellter Fahrscheinhefte zurück. Der Rückgang in diesen Heften betrug nickt weniger als 22,9 Pro;. — Die Einnahmen aus dem Schlafwagenverkehr sind wiederum und zwar diesmal um 10,7 Proz. gestiegen, die Anzahl der Reisenden in den Schlafwagen um 8,0 Proz. — Aus den Platzkarten wurden über 200000 -»c oder 6,8 Proz. mehr vereinnahmt. Ende März 1903 verkehrten D-Züge aus 27 Linien. Au« der Verpachtung des Wirt schaftsbetriebes in deu Zügen, der zur Zeil auf 41 Linien besteht, sind rund 136 000^ vereinnahmt worden. Engeren Kreisen ist die Beachtung der Mitteilungen ,u em pfehlen, die über die Maßregeln gemacht werden, die getroffen Daß ich dich wiederhabe!" jauchzte sic und drückte ihn nieder und wieder. ,-Tu, mein geliebter Ruhr!" Er ließ sich küssen und erwiderte den Druck der zarten Lippen. Ach, nun tat ihm die schrankenlose Hingabe des Mädchens wohl, und das Gefühl süßen Geborgenseins überkam ihn wieder in ihrer Nähe, als schütze sie ihn vor sich selbst. Sv saß er eine Weile in sich versunken, Mar garets gvldschimmernües Köpfchen an seiner Brust. Ta richtet sie sich plötzlich auf. „Ehe ich's vergesse", sie nestelte an ihren Taschen herum uns brachte nach geraumer Frist einen Brief zum Vorschein, der, nach dem Zustand des Umschlags zu urteilen, schon längere Zeit in seinem Ver steck gelagert haben mochte. Rudolf warf einem flüchtigen Blick auf die Schrift und wollte ihn einstecken, doch Mar garet fragte neugierig: „Von wem?", sodaß er ihn einer genauen Besichtigung würdigte. Der Poststempel lautete von Berlin, und Rudolf erschrak. Wer konnte ihm von dort auS zu schreiben haben? Die Handschrift seiner Mutter war cs nicht, auch nicht die ihm vertraute der Dienerin, die beiden kannte er nur zu genau. Es lieb ihm keine Ruhe mehr, und freundlich in daS neugierige Mädchenantlitz blickend, fragte er Margaret: „Erlaubst du?" Ob sie eS tat! Im Nu flog der Umschlag -u Boden, Rudolf entfaltete den Brief und las. Je länger er laS, desto mehr verfinsterten sich seine Züge, beim Schluffe schlug er die Hände vor's Gesicht und schluchzte. Tödlich erschreckt, beugte sich »Margaret zu ihm nieder. „Erbarmen, Rudolf", sagte sie, „was ist dir?" Er konnte nicht antworten, die Aufregung versetzte ihm Stimme und Atem. Stumm reichte er den Brief dem Mädchen hin, welches halblaut laS: „Mein lieber Rudolf! Ohne Borwissen meiner teuren Freundin, Ihrer ge liebten Mutter, richte ich diese Zeilen an Sie mit der Bitte: Kommen Tie, aber kommen Sie gleich. Gefahr liegt im Verzüge, und warten Sie länger, so könnte es sein, Sie fänden die geliebte Mutter nicht mehr unter unS. Trotzdem gebe ich die Hoffnung nicht auf, sie noch einige Zeit zu erhalten, wenn cs mir gelingt, ihr jede Aufregung zu ersparen. Leider gelang mir das in letzter Zett nur lchlecht. Sic werden wissen, daß Herr Hugo »Wemeyer mit seiner jungen Gattin das Noicneck bezog, seit vierzehn Tagen etwa, so lange lebte das Paar auf Reisen. Ich wollte nur, sie wären dort geblieben, dann müßte ich höchstwahrschein lich nicht diese Zeilen schreiben; denn so seltsam es klingt. Krau Elisabeth verfällt von dem Tage an mehr und mehr. Wer ihr die Nachricht überbrachte, habe ich nicht er mitteln können, sie selbst geht nicht aus, verläßt seit Mo naten den Rollstuhl nicht, doch hat sie oft Besuch. Die alten Freunde, die sich Ihrem Vater sämtlich abgewandt, glauben der bedauernswerten, verlassenen Frau ihre Teil nahme nicht besser zu beweisen, als indem sic ihr alles zu tragen, was sie über das Leben der Neuvermählten in Erfahrung bringen. Das ist nun, wie zu erwarten stand, nicht nur Gutes und Erfreuliches, und will es mir scheinen, als ziehe Ihre Mutter sich das zu Gemüt. Denn nur so kann ich mir den rapiden Verfall der Kräfte erklären, der mich lebhaft zn beunrnchigen beginnt. Ich bitte Sie, machen Sie sich ungesäumt aus. Vielleicht hätt die Freude über Ihre Ankunft, die Ihrer lieben Braut, die nun wohl schon Ihr Weibchen ist, §as Un- abwendbare auf. Freulde tötet nicht, und Ihr Besuch ist noch die einzige Freude, die die arme Dulderin von dieser Erde erhofft. Sie sollten nur wissen, wie glücklich sic Ihre Verlobung gemacht, sie wurde fast gesund damals bi^zu dem bewußte» Tage. Ich schließe jetzt. Auf keinen Fall darf Krau Elisabeth von diosem Briese erfahren. Sic muß denken, Sie kommen aus geschäsklichcn Gründen her, viel leicht ist darum auch die Heirat zu beschleunigen, wenn sie nicht vollzogen ist, denn jedenfalls mochte Ihre liebe Mutter die Frau ihres Lohnes sehen. Machen Sie das, wie Sie wollen und können, ich wiederhole nur: Kommen Sie bald! Immer Ihr F. Sanden, Sanitätsrat." Margaret begriff. Ihre kleine Hand fuhr kosend durch bas dichte, dunkle Haar ihres -rcrlobtcn, der in sich zu. 'ammengesunken war. Er rührte sich nicht. Ta zog sie seinen Kopf zu fick heran „Mein Rudi!" Er fuhr ans, wild, verstört, mit einem Ausdruck, so er- starrt in Schmerz und Weh, daß das Mädchen erschrak. „Was willst du?" fragte er brüsk. „Dich trösten, mein armer Schatz." „Wer sollte mich wohl trösten können, verliere ich auch das Letzte auS meinem Leben, da« Beste!" „Rudolf!" Zw'-t braune Augen salben ihn voll flehen- der Klage an. Galt sie ihm denn nichts? Er raffte sich auf. „Hab' Nachsicht mit mir", sagte er matt. „In mir ist alles wund und weh, ich habe sic sehr geliebt."
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