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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.01.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040123012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904012301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904012301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-23
- Monat1904-01
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Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzcile 25 Reklamen unter dem RrdaktionSstrich (-gespalten) 75 -4, vor den Familtennach. richten (vgrsvaltrn) 50 Tabellarischer und Ziffernlatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 25 -4. Ektra-Bkilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgab«, ohne Pvstbesörderung 60.—, mit Pvstbesörderung 70.—. Vnnahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Au-gabr: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an dir Expedition zu richten. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von S. Pak; in Leipzig (1-r. Victor Kltnlhardt äc Co.). Nr. 4V. 98. Jahrgang. Sonnabend den 23. Januar 1904. Var MMigrtr vom Lage. * In der Budgetkommission des Reichs tage» sprach sich der preußische Eisenbahnmintster Budde für die Beibehaltung der vierten Wagenklasse aus. * Die Einigungsver Handlungen zwischen Krankenkassen und A e r z t e n t n K ö l n sind gescheitert. Die Regierung will einschreiten. * Die Pforte bezichtigt neuerdings Bulgarien bei Len Machten, daß es die makedonische Be wegung ermutige und unterstütze und Vorbereitungen für den Kriegsfall treffe. * Japan läßt in Korea (Tschemulpo) beträchtliche Mengen Kriegsmaterial landen, da Unruhen befürchtet werben. Die Fremden in der Landeshauptstadt Söul befinden sich in Sicherheit. Kein mScenirch' Mer dlvdte Die Leute sagen, wenn Exc. v. Menzel statt Preußenkönige was anderes gemalt hätte, so hieße er heute noch schlechtweg Menzel, aber er wäre trotzdem ein ganz guter Maler ge worden, und in München, wo die Menschen nur boshaft werden, wenn sie von Berlin sprechen, beißt e» sogar, die Preußen hätten doch zu großes Glück: der ein zige Maler, den sie nach Verdienst behandelt hätten, könne zufällig auch malen. Ein solcher Ruf ist nur schwer zu bekämpfen; selbst dem Grafen Posadowsky, diesem SachversländigkeitSsekretär, der an Sachkunde doch manchmal sogar Eugen Richter und August Bebel über ist, war es in dem Raume de- „Gipfel« der Geschmacklosigkeit", wo die Budgetkommission tagt, nicht beschieden, die Welt von der reichs-offiziellen Kunstfreudigkeit zu überzeugen. So ein Staatssekretär deS Inneren ist schlimm daran: seine täglichen 100 muß er sich jedes Jahr von Neuem mit dem Munde verdienen, die soziale Frag» soll er lösen und dann soll er sogar den Abgeordneten noch Rcichsgclder zur Förderung derjenigen Kunstrichtung, die am hübschesten als die Tüssclbörfler bezeichnet wird, abnehmen. Der Graf tat, waS er konnte —er ging beinahe über die Grenze des Erlaubten, indem er die Sezessionisten, die ihm in seiner AmtSseelc mindestens so gräßlich sind wie seinem Kulturkollegen Studt, uur sanft mitleidig als Querköpfe behandelte. Sie waren so freundlich eingeladen worden, doch mit auszustellen in der Stadt des heiligen Ludwig, wo zur nächsten schönen Sommerszeit kein Mensch auf einen Dollar herausgeben kann auS Mangel an kleinerem Gelde — sic wollten nicht. Man hatte das von dem tönigl. sächsischen Professor Klinger so scharf nach gerechnete Rechenexempel von Paris im Jahre 1900, nach welchem jeder Organisation so und so viel „laufende" Meter und noch einige Eentimeter dazu, je nach der Mitgliederzahl, zugemesfen wurden, gar nicht wieder anzustellen gewagt, man hatte sogar eine Zentraljury eingesetzt — die Sezessionisten wollten nicht. Und bloß deshalb nicht, weil die Auswahl der von den Lolalorganisakionen eingeschickten Gemälde dem Haupt vorstande der deutschen Kunstgenosseuschaft übertragen worden war. Die Weigerung war in der Tat unverständlich, denn die Juroren waren doch sämtlich durch Verleihung von hohen Auszeichnungen amtlich auf ihren Kunstverstand geaicht, so daß Fehlurteile ganz ausgeschlossen waren. Kein Mensch zweifelte daran — nur die Sezessionisten. Sie wollten eine eigene Jury und eine ganze Anzahl Meter für sich und don dem Hauptvorstande sagten sie: Die janzc Richtung paßt uns nicht. Wenn wir nicht den stattlichsten aller Staatssekretäre hochschätzten, könnte es uns ja gleichgültig sein, aber so schmerzt eS uns tief, daß er sich solche Mühe um die rinn- steinrüchigen Künstlerbündler gegeben hat. Das hätte ihm schlecht bekommen können, und LucanuS reitet schnell. Man braucht sich nur vorzustellen, was geschehen wäre, wenn die Weimaraner „ja" gesagt hätten. Zwar nach St. Louis wären sie ebensowenig mit gekommen wie nach Pari» — aber die Scherereien vorher! So ist ja noch alles glatt abgelaufen, und die Eisen-, Silber-, Schaf- und Schweinemillionäre drüben bekommen doch nun wenigstens nur echte deutsche Kunst zu sehen: alle Porträts von Menschen in Uniform oder wenigstens mit Orden, die Gesichter hübsch glatt, ohne Runzeln, weiß und rot, die Arme sind über der Brust gekreuzt, aber so, daß die Orden nicht verdeckt sind (außerdem sind die Hände sonst so eklig schwer zu zeichnen), überhaupt einfach tadellos. Auch die mit Recht so sehr beliebten sinnigen Genrebildlein iverden all«, alle da sein. Und Nacktes wird es nicht geben, oder ein fein säuberlich gebreiteter Schleier wird da» Auge der Ladies und Gentlemen darauf aufmerksam machen, daß sich „so was" eigentlich bei uns nicht schickt. Alles wird programmmäßig ver laufen, ein Berliner wird die große, ein Mann aus Düsseldorf die kleine Medaille bekommen, der Reichskommissar Lewald wird un» im nächsten Jahre erzählen, daß unsere heimisch« Kunst einen ebenso großen Erfolg errungen hab« wie damals in Pari» — und dabei schallt ei« nagcheures Gelächter an allen nichtdeutschen Kunststädten: Gan; Europa wundert sich nicht wenig! — Das ist zwar rin wenig übertrieben, aber so ist nun einmal die Stimmung bei den „anderen". Mußte es denn wieder einmal sein, daß gerade die im Innersten kulturfeindlichen, banausischen Sozialdemokraten sich die ganze junge KUnstlerschaft im Deutschen Reiche durch ihre wohlberechnete Attacke auf die Verwendung der Reich» Kunstgelder verpflichtete? Warum in aller Welt schließen denn nur alle anderen Leute so krampfhaft die Augen bei den Dingen, die nicht unmittelbar das Portemonnaie oder das ureigenste Parteiinteresse berühren? Es ist gerade, als ob man nichts lernen wollte von dem Gegner. Da grübeln die erfahrensten Parteiführer Uber die drei Millionen Wähler deS Umsturzes, aber das fällt ihnen nicht ein, in gleicher Weise wie die Sozialdemokratie auf das Volk einzuwirken. Hier war wieder eine verpaßte Gelegenheit, für ein echtes und hohes Volksinteresse einzutretcn und der Dank wäre nich: ausgeblieben. Es ist dem nationalliberalen Grafen Oriola und fast noch mehr dem Zentrumöabg. Spahn schon hoch anzurechnen, daß sie wenigstens im Prinzip die methodische Begünstelung der Düsseldörflerei tadelten, aber den Ruhm tragen die Roten davon, denn auf ihrer Seite war die Initiative. Gibt es denn im ganzen Reichstage nicht einen bürgerlichen Politiker, der mit ganzer» Herzen und ganzem Gemüte auf der Seite der Prügelknaben steht? So lange diese kleingeistige Unterschätzung von allen Dingen, die mit der Kunst und mit der — Presse Zusammenhängen, d. h. mit der unmittelbaren Einwirkung auf das Volk, nicht weicht» so lange wirb allein der Singer-Bebelschen Herrschaft das Ver gnügen beschieden sein, sich mit ihrer Gefolgschaft durch deren intensivste Teilnahme an allen öffentlichen Vorgängen in ununterbrochenem Kontact zu wissen. Tas gilt für die Parteien, wie für die Regierungen. Man mag Millionen für Kunstzwecke stiften, man mag in Berlin so viel Denkmäler aufstellcn, daß eine unerhörte Hausse in Marmor anhebt — es wird uns so lange kein mäccnisch' Alter erblühen, als man der Kunst die Freiheit versagt, die sic braucht. So lange man sie in Richtungen drängt und nach Richtungen abschätzt, anstatt das Gute aus allen Lagern zu nehmen, so lange wird die Kunst politisch nicht staatsfreudig wirken können. Sie wird anstatt echt national, nur oppositionell oder gar staatSzerstörcnd zu sein gezwungen, und das ist daS eminent politische Moment an der Sache. 8. Deutsches Reich. * Berlin, 22. Januar. * Das Thoma vom Luxus iu der Armee schneidet auch ein ehemaliger Offizier — unü eö scheint wirklich kein fingierter zu sein — im „Vorwärts" von einer neuen Seite an: Oüorostor la sorninv. „Linen großen Teil der Schuld tragen die Offiziers damen. Seit die Offiziere sich daran gewöhnt haben, fast ausschließlich Finanzhciratcn zu schlichen, übertrugen die betreffenden Damen das im Vaterhaus«: unerzogene LuxuS- bcdürfnis auch auf die neuen Verhältnisse. Um die» äußerlich zur Geltung zu bringen, mußten die an und für sich schon ge steigerten gcsellsctiaftlichcn Verpflichtungen herhaltcn." Insbesondere fühlten die Kommandeusen sich häufig zum Luxus verpflichtet kn falscher 'Auffassung ihrer Re- präscntanzpflichtcn. Dazu komme der Wettbewerb der Regimenter untereinander. Ferner: Jeder der aus einem Regiment«: Scheidenden werde zu einem ÄbschicdS-LiebeS- mahl geladen und bei dieser Gelegenheit überreiche man ihm daS obligate, gar nicht billige Abschiedsgeschenk. Jeder neu hinzukommende werde wiederum mit einem LicbeSmahl begrüßt. Wenn ein älterer Offizier, der — oft schon lange a. D. — vor vielleicht 20 und mehr Jahren eine kurze Gastrolle tm Regiment gegeben habe und den meisten« kein Mensch mehr kenne, vom „Militär-Wochen blatt" als gestorben registriert werde, so fühle sich das OfftzterkorpS verpflichtet, auf allgemeine Unkosten eine Deputation mit einem prachtvollen Kranze zu dem Leichen- begängniS zu senden und dann noch einen Nachruf in der „Kreuz-Zeitung" zu erlaßen. Ter natürliche Wunsch, immer tadellose Uniformen zu tragen, sei ebenfalls riesig kostspielig zu erfüllen, so daß dagegen die Aufwendungen für Uniformänderungen weit zurückstehen müßten. — Ls ist ein peinliches Gefühl, das in dem sozialdemo kratischen Hauptorgane lesen zu müssen. Daß ein ehemaliger Offizier zur Flucht in die Ocfscntlichkeit sich dieser Strickleiter bedient, läßt auf eine recht tiefgehende Mißstimmung auch in Kreisen schließen, die früher den „Vorwärts" nicht in die Hand nahmen, geschweige denn zu Kundgebungen benutzten. * Die Wirkungen der Gleichberechtigung in Preußen. In dem Januarhefte der „Monatsschrift für höhere Schulen" (Köpke und Matthias) veröffentlicht Geheimrat Tilman eine Reihe zahlenmäßiger Angaben über die Teilnahme an den Kursen zur sprachlichen Einführung in die Quellen des römischen Rechts und an den Anfänger- knrsen im Griechischen, sowie über die Reifezeugnisse der preußischen Studierenden Läßt sich aus diesen Angaben auch noch kein Schluß ans die spätere Wirkung der Ein führung der Gleichberechtigung der höheren preußischen Schulen ziehen, so beweisen sie immerhin, baß schon eine erhebliche Benützung der neuen Berechtigung stattsindet. Im Sommerhalbiahre 1008 haben tm ganzen 10.8 Stu dierende der Rechtswissenschaften an den la teinischen Sprachkursen teilgenommen, darunter 10 vom Gymnasium, 72 vom Realgymnasium, 12 von der Oberrealschule. Der Kursus in Berlin Halle 47 Teil- nehmen, der in Bonn 14: Kiel, Münster unü Königsberg hatten keine Kurse. Im erste« Semester standen nur 44 Teilnehmer. An den griechischen Anfangskursen, die in Greifswald, Kiel und Marburg auösielen, nahmen 101 Studierende teil, unter denen nur 50 Juristen waren, 48 der philosophischen Fakultät angehörten (besonders Neuphilologen). Wieder hatten Berlin und Bonn die höchste Tctlnehmerzahl (03 und 12) auszuwciscn. Von den 88 Studierenden der Rechtswissenschaften mit Ncalzcug- niS, die im Sommer im ersten Semester standen, nahmen nur 25 an dem griechischen Kursus teil. Den Ergebnissen der Erhebung über die R c i f e z e u g n i s s e der Stu dierenden an den preußischen Universitäten entnimmt die „Köln. Ztg.", welche die vorstehenden Angaben zusammen stellt, nur die auf das erste Semester bezüglichen, da sie am ehesten ein Bild von dem Einflüsse geben können, den die Veränderungen in den Berechtigungen bisher anSgcübt haben. Tic in Klammern daneben gestellten Ziffern aus einer anderen Tabelle geben die jedesmalige Zahl der überl-aupt immatrikuliert gewesenen Studierenden des Faches an: Im Sommer 1003 standen im ersten Semester 407 Theologen, alle vom Gymnasium; 865 Juristen, 777 vom Gymnasium, 71 (195) vom Realgymnasium, 17 (40) von der Oberrcalschule; 244 Mediziner, 226 (1995) vom Gnmnasnnp, 18 1108) vom Realgymnasium; endlich in der pbilosovhisckien Fakultät 750 (8959) vom Gymnaünm, 184 (1036) vom Realgymnasium, 133 (446) von der Obcrreal- schule, und unter ihnen waren 324 Alt philologen und Germanisten, davon 14 (50) vom Realgymnasium, 4 (15) von der Oberreal- schnle; 218 Neuphilologen, davon 124 (770) vom Gymna sium, 60 1336) vom Realgymnasium, 34 (87) von der Ober- realfchnle; 43 Historiker, davon 3 (11) vom Realgymna sium, 2 (2) von der Oberrcalschule; 373 Mathematiker (und Naturwissenschaftler), davon 222 (1282) vom Gymna sium, 78 (498) vom Realgymnasium, 73 (282) von der Ober realschule; 118 Studierende der Philosophie und sonstiger Fächer, davon 60 >473) vom Gymnasium, 29 (141) vom Realgymnasium und 20 (60) von -er Oberrcalschule. * Sozialistische Roheit. Wir wollen an dieser Stelle nicht in Erörterungen darüber eingchen, ob die preußische Regierung in der Frage der Ueberwachung bezw. Aus weisung russischer Untertanen richtig verfahren ist oder nichi, wir müssen aber eine Ausgeburt der Roheit festnageln, die wir in einem StimmungSbildc der „Sächsischen Arbeiterzeitung" über die bc- trrficnde Reichstagssitzung finden. Ta heißt cs: „Mit hochgcrötetcm Antlitze lauschte den Worten unseres Ge noßen der Freiherr v. N i ch t h o s e n. Diesem Burcaukraten wird einst ein Schlaganfall den Zutritt zur ewigen Seligkeit ver schaffen ; auf massigem Körper und kurzem Halse sitzt ihm der vierkantige Kopf, dem noch nie ein origineller Gedanke entsprang." Tiefe persönliche Pöbclci gegen einen Gegner kickstet sich selbst. * Ter Kaiser kehrte gestern nachmittag nach einem Jagv- imbiß im ForstbauS von der Wildparistation nach Berlin zurück. Zur Abenvtafel im königl. Schloß war Admiral Hollmann geladen.— Heute morgen unternahm der Kaiser den gewohnten Spaziergang im Thiergarten mit dem Prinzen Eitel Friedrich, hatte eine Unterredung mit dem Reichs kanzler Grafen v. Bülow und hörte einen Vortrag des Kultusministers Or. Studt. Später wurden zwei dem An denken der Königin Victoria von England und der Kaiserin Friedrich geweihte große Bronzetafeln in Gegenwart deS Kaisers in der englischen St. Georgs-Kirche im Parke von Monbijou feierlich enthüllt. Der Kaiser, welcher englische Generalsuniform trug und in Begleitung des Generaladjutanten v. Scholl und deS Flügeladjutanren Major Graf Schmetlow erschien, wurde vom großbritannischen Botschafter Sir Frank LaScelleS empfangen und in die Kaiser loge geleitet, in welcher bereits der Kronprinz und Prinz Eitel Friedrich anwesend waren. — Heute abend gedenkt der Kaiser, in der Kriegsakademie einem Vortrage des Obersten und Abteilungschefs im großen Generaislab v. Lindenau über die Schlacht bei KessclSdorf bcizuwohnen. — Verboten bezw. beschlagnahmt wurden in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1903 in 08 Fällen Druckschriften von herrischen Gerichten. — In derselben Zeit wurden 145 Personen (darunter 24 weibliche) al» l ä sti ge A u s l ä n d e r sowie 9 Anarchisten auS dem Deutschen Reiche auSgewiesen. (DDsnadrück, 22. Januar. (Telegramm.- Amtlich ermitteltes Wablresnltat: Bei der Reichstagsersatzwahl im 4. Hannoverschen Wahlkreis erhielten Landwirt von Bar lHosp. d. Zentr.) 12 883, Hofbesitzer W amH off (natl.) N665 und Arbertersekretär Schrader (Soz.) 4930 Stimmen. Es ist also Stichwahl erforderlich. <5 Dessau, 22. Januar. In sehr stark besuchter Versammlung beschloß der bisherige„Wahlverein des reichStreucnBürger- tum» für Anhalt 1" seinen Namen in „Nationalliberaler Wadlverein für Anhalt I" zu ändern. Der Name „Verein reicbStreurr Wähler" erscheine, wie der Vorsikcndc Oberlehrer vr. Leonhard aussübrte, nicht mehr opportun; es bandele sich nicht nur um Aenderung de» Namen», sondern auH des politischen Standpunktes Mit dem Kampfe gegen die Sozialdemokratie allein fei es nicht getan; neben dem nationalen sei in Zukunft der liberale Standpunkt stärker zu betonen, wenn positive Erfolge auf politischem Gebiete errungen werden sollten. Mehrere Redner gaben icharse Absagen an die rechtsstehenden Parteien deü Wahlkreiics; auf dem Gebiete der Handelspolitik könne eine Gemeinschaft mit diesen nicht mehr bestehen. In den Vorstand wurden u. a. gewählt die Herren vr Leonhardt, vr. Döring, Leziu», Lux, Pfaußlrr, v. d Weth, Bardenwcrpcr, vr. v. Oechelhäuser. * vlnnkenburg, 21. Januar. Zur Beisetzung de« Prä- sidenten Vr Wilhelm«, dir am Dienstag hier stattfand, war eine auSrrlrsrne Trauerqesellschaft herbeigreilt. Im Traurrgefolge befand sich u. a Scaalsiuinisier Vr v Berlepsch, tlntrrstaatchelretär vr. Hops vom RrichSamte drs Innern, der Vorsitzende de« Ober- Seeamte« Geh. Oberregierungsrac Werner, der Geh. Lberregierung«- rat vr. Dönhoff vom preußischen .Handelsministerium, sowie der Landeshauptmann der Provinz Lachsen, Geheimer Ober- regierungsrar I-r. BarielS Bom lästerlichen Statistischen Amte waren der Direkcor Geheimer Regierungsrat Herzog, und mehrere höher« Beamte erschien«. Pastor Stieven au- Halberstadt gedachte in seiner Aniprache ganz besonder» der Aufopferung und Hiuaebung mit welcher der Verewigte im Dienste de» Vaterland« fein« Kräfte für das Wohl der Lrdeüerklaffr und die Hebung des Handwerkerstandes eingesetzt hab». Im Namen de» Gtatistychen Amt»« und zugleich tm Austra»« de« Beirates für Arbritersiatistik entbot Littklor tz«rz»g dem ««wiglen den letzt« Aratz * Köln, 22. Januar. In der gestern abend erfolgten EinigungSverhandlung zwischen den Kranken kassen und Aerzten erklärten die Vertreter der Aerzte, daß diese an weiteren Verhandlungen nicht mehr trilnebmcn würden. Daraufhin teilte der Regierungsvertreter mit, daß sich die Aufsichtsbehörde nunmehr gezwungen sehe, einzuschreiten, da nicht in genügender Weise für ärztliche Hülfe gesorgt sei. Die Krankenkassen batten in mehreren Versammlungen, die vorher in einigen Lokalen slattgefunden halten, eine Resolution angenommen, daß die von den Aerzten verlangte freie Arztwahl entschieden abzulebnen sei. Die Bäcker zwangSinnung beschloß, den Krankenkaffenvor- ständen größere Geldsummen zur Verfügung zu stellen. Oesterreich-Ungarn. Die Lage der Jungtschcchen wird immer peinlicher. Wie da« mährische Tschechenblatt, der „Po^or", meldet, herrscht im Jungtschechenklub eine starke Strömung gegen die Fortsetzung der Ob struktion im Reichsrat, doch fürchten die jungtschechischen Abgeordneten, daß ihre Wähler eine Aenderung der Taktik nicht billigen werden. Die Führer begreifen eben, daß sie sich in eine Sackgasse verrannt haben und daß die deutsche Obstruktion im Landtag ihre Obstruktion im Reichs rat durchaus im Schach hält. Es ist zweifellos, sie sind in diesem Moment einer FriedenSaklcon, mag dieselbe ausgehen von wem sie will, geneigter wie seit langem, aber — und da liegt der Haken — es muß eben ein Friede sein, bei dem sie sich als Sieger fühlen oder wenigstens auf spielen können. Sonst können sie nicht wagen, vor ihre Wähler zu treten. Haben sie doch — ein Symptom der all gemeinen Stimmung — erst vor wenigen Tagen von der Prager Studentenschaft wegen ihrer „verunglückten Politik" ein ausdrückliches Mißtrauensvotum erhallen. Wer hälft ihnen aus diesem Dilemma? Hoffentlich weder ein Fehler der Deutschen noch der Regierung. Magyarisches nn» Deutsches Theater in Prcßburg. * Pest, 20. Januar. Es ist zum Erbarmen, wie bitter die magyarische Presse sich beklagt über die schwachen Eroberungen des magyarischen Nationalstaates in Preßburg. Obwohl die dortigen Deutschen sonst gerne als Muster patrioten ins Treffen geführt werden, die sich mit Wonne in die „Nation" einschmclcen lassen, will« mit der Magyarisierung des deutschen Theaters nicht recht flecken. „Pesti Hirlap" gesteht, daß die Regierung „ungeheure Summen" für die magyarische Spielzeit gebe und daß trotzdem kein Tkcaterdirektor mehr Lust habe, sich in Preßbura im Dienste der nationalen Idee ruinieren zu kaffen, da der Zulanf während der deutschen Spielzeit ein un verhältnismäßig größerer sei. Selbst die magyarischen Mag naten blieben von den magyarischen Vorstellungen demon strativ fern, während sie sich zu den deutschen Theaterabenden drängen und drei Viertel der Logen mit Beschlag belegen. Das Blatt appelliert deshalb an den Patriotismus deS neuen Obergcspans, ter soll alle- in Ordnung bringen. Der wird ja freilich nach bewahrtem Muster die Beamten ins magyarische Theater kommandieren, aber ob damit viel ge holfen sein wird, ist die Frage. So lange nicht ein Erlaß berausgegeben und durch geführt wird, der die deutsche Sprache und Bildung und die Lust daran einfach abickafft, wird die Arbeit am einheitlich magyarischen Nationalstaat selbst unter den verachteten Preßburger „Kraxekhubern" immer Stückwerk bleiben. Frartkreich. Tclsor. * Paris, 22. Januar. (Telegr.) Kammer. Der Saal und die Tribünen sind dicht besetzt. Corrard des EssartS lNationalisb begründet seine Interpellation über die Ausweisung des Abbe Dcisor. Redner sührt aus, der Vorfall in Lunevillc sei eine nationale Angelegenheit, und bespricht die Vorgänge, die sich vor der Ausweisung TelsorS abspielten. Er erzählt, wie ein Spezialkommissar Delsor, der bei ihm (Redner) wohnte, aussuchte, um ihm den Ausweisungsbefehl bekanntzugeben und wie Telsor sich weigerte, das Schriftstück zu unterzeichnen, wobei er versicherte, daß er nur von guten Absichten beseelt nach Frankreich gekommen sei. (Beifall in der Mitte und auf der Recht«.) * Parts, 22. Januar. (Telegramm.) Ministerpräsident Combcs legte in dem heutigen Ministcrrate die Grundzüge der Antwort dar, mit der er die Interpellation über die Ausweisung Delsors heute beantworten wird. Russische «chcimpolizet; Ferret; Prinzessin Mathilde. * Parts, 22. Januar. (Telegramm.) In einer zahl reichen Versammlung hier studierender Russen wurden vier anwesende Russen als Agenten der russischen Geheim polizei entlarvt, aus die Bühne geschleift, festgeballeii, während alle Anwesenden an ihnen vvrüberzogen, um sie sich genau anzuscben, photographiert, und dann lausen gelassen. — Der des Befehls über den „Sully" enthobene Kapitän zur See Ferret ist irrsinnig geworden. Man nimmt an, daß er schon von Wahnvorstellungen verfolgt war, als er in düsteren Berichten sein Schiff für völlig dienstunfähig erklärt«. — Prinzessin Mathilde Hal fast gar kein Varvermögen, nur Schmuck- und Kunstwerke, ein Stadt- und ein Landhaus hinterlassen. Haupterbe ist Prinz Louis Bonaparte. Die Museen erhalten einige Bilder und Bülten. Belgien. Lchulzuständc. Es gibt wobl kaum noch ein Land ans der Welt, wo der UnterrichtSnunister der Feind de« DtaatS- unterrichte« ist, der ihm unterstellt ist. Dies ist der Fall in Belgien. Vielfach herrschen im offiziellen Unterricht noch die liberalen lleberlieferungen au« der Zeit, da d,e Liberalen am Ruder waren. Daher der Haß der Klerikalen gegen die staatlichen Schulen; da sie außerdem in srührrerZeit au« eignen Mitteln Schulen errichtet haben nud zwar mit großen Geld- opfern, haben sie seit den 20 Jahren, wo sie am Ruder sind, alle« daran gesetzt, um die Privatschulen auf Kosten de« Staate- unterhalten zu lassen. Besonders auf de« Laad« hatten sie leicht«» Spiel, den liberal« Schal-
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