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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040203028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-03
- Monat1904-02
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BezugS-PreiS tu der Lauptexpedition oder deren Ausgabe stellen avg eh olt: vierteljährlich 3.—> bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus 8.75. Durch die Poft bezogen für Deutsch ¬ land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut Zeitung-preisliste. Rebattio« und Expedition: JohanniSgasse 8. Fernsprecher 153 u. 222. Atltalexpedttione«: AlfredHah n, Buchhandlg., Universitätsstr. 3 (Fernspr.Nr. 4016), L. Lösche, Katharinen straße 14 lFernsprecher Nr. 2935) u. König-- Platz 7 lFernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden: Marieustraße 34 (Fernsprecher Amt 19tr. 1713). Haupt-Filiale Berlin: LarlDunckrr, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherA>utVI Str.4603.) Abend-Ausgabe. MpWcr TllgMatt Anzeiger. Amtsvlatt des königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Rolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (-gespalten) 7b vor den Famtlunnach« richten (tt gespalten) 50 /H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Pvstbeförderuug 60.—, m t t Postbefvrderung 70.—. «nnahmefchlusz für Anzeige«: Abend-Ausgab«: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig (Inh. vr. V., R. L W. Klinkhardt). Nr. 81. Mittwoch den 3. Februar 1904. 98. Jahrgang. Var Mchtigrlr vom Lage. * Der Kaiser hat noch keinen Termin für seine Mittelmeerreise angesetzt. * Die marianischen Kongregationen sollen in Preußen wieder zügel assen werden. * DaS serbische Kabinett hat demissioniert. * Die alarmierende Nachricht, der private Güterver kehr auf der transsibirischen Bahn sei suspendiert, wird von der offiziösen „Russischen Telegraphen-Agentur" dementiert. Rußland und Japan. AuS Paris, 2. Februar, wird uns berichtet: Nach einer, wie angenommen wird, ans dem hiesigen Ministerium des Aeußern stammenden Mitteilung des „Tempo" sollen die Gesichtspunkte, die in der neuen Antwortnote Ruß lands zum Ausdruck kommen, folgende sein: In Korea weitgehende Zugeständnisse, in der Mandschurei Bekräftigung der früheren Verpflichtungen, die Rußland gegen über China einerseits und gegenüber den Mächten, die mit China einen Handelsvertrag abgeschlossen haben, andrerseits eingegangen ist.! Unter diesen Mächten befindet sich Japan aber nicht. Die Note enthält insbesondere keine besonderen Ver pflichtungen betreffs der Mandschurei, die eine chine sische Provinz ist, gegenüber Japan als einer sremden Macht. Der japanische Standpunkt sei der, daß Rußland, wenn es wirklich entschlossen sei, Japan in Betreff Koreas Genugtuung zu geben und die Mandschurei weder zu annektieren, noch dem Handel zu verschließen, sich nicht weigern dürfe, in dieser Beziehung auch eine Verpflichtung zu übernehmen. Es handle sich also, fügt die Mitteilung hinzu, lediglich um eine Formel, mittels der Rußland seine Verpflichtungen erneuern werde. Man könne unmöglich annehmen, daß es wegen einer bloßen Forniel zum Kriege kommen könnte. Lon einer bloßen Formel kann nicht wohl die Rede sein. In Tokio ist eö ebenso wie in aller Welt ein offenes Ge heimnis, daß Rußland unter allen Umständen aus der Mand schurei ein ostasiatisches Egypten machen will. Einen feier lichen formellen Verzicht aus diesen Plan wird eö nicht leisten. UebriHenS wird jetzt die zu „Krieg in Sicht"°Artikeln benutzte Nachricht, auf der sibirischen Bahn seien alle Privat- iransporte suspendiert, offiziös als falsch bezeichnet. Man berichtet unS: * Petersburg, S. Februar. Die „Russische Teiegrapheu- Agentur" erklärt: Die Meldung eines Reuterschcn Privat korrespondenten aus Petersburg vom 29. Januar, wonach eine provisorische Suspendierung kommerziellerTransporte auf der transsibirischen Bahn slattgefunden habe behufs Freilassung der Bahn für den Transport von Truppen .und militärischem Material, entbehrt jeder Begründung. Zu- sländigerseits wird uns versichert, daß auf der sibirischen Bahn der übliche reglement-mäßige Betrieb ohne jede Unterbrechung oder Suspendierung vor sich geht, da zur Zeit keinerlei größere, eine Betriebsänderung bedingende Militärtransporte stattfinden. Ueber die Lage in Korea schreibt man uns aus Petersburg, 1. Februar: Die neuesten Meldungen aus Soeul lasten keinen Zweifel darüber bestehen, daß die russen- sreuudliche Partei am Hofe des Kaisers von Korea augen blicklich geschwächt ist. Der „Kanzler" Ji - Jonk - Jk, der nach der Behauptung seiner Feinde, den Kaiser an Rußland verraten will, indem er im Falle einer Revolution oder im Falle des Ausbruches des Krieges denselben sofort unter den Schutz der russischen Armee bringen will, kann sich kaum noch ver Nachstellungen erwehren. Zahlreiche Personen sollen sich verschworen baden, den Minister zu ermorden und auch dem Kaiser drobt man das gleiche Schicksal zu bereiten, falls er Ji-Jong-Jk noch länger als Berater beibchalten wolle. Der Kaiser bat daher den bis herigen koreanischen Gesandten in Peking Peri-Wai-Sön nach Soeul berufen, damit derselbe eine „völlig neutrale Regierung" bilden soll. Wie jedoch die Verhältnisse einmal liegen, so kann die „Neutralität" des Pai-Wai-Sön nichts anderes als Gegnerschaft gegen Rußland und Parteinahme für Japan und England bedeuten. Ebenso ist die Berufung der ausländischen Lehrer als Dolmetscher an den Hof des Kaisers als ein Erfolg der rusicnfeind- lichen Partei anniseben. Diese vier Ausländer sind ein Japaner, zwei Engländer und ein Italiener, welche den Auftrag haben, den Kaiser jeden Augenblick über die Vorgänge innerhalb der hoben Politik zu unterrichten. Im übrigen inter essiert im Augenblick innerhalb wie außerhalb Koreas am meisten die Frage, wo der große Gelbschatz des Kaisers untergcbracht sei. Russische Blätter behaupten, Ji-Jong-Jk habe den Schatz verschiedenen Bankiers in Schanghai über geben, während von japanisch englischer Seile erklärt wird, der „Kanzler" habe den Schatz nach Port Arthur bringen lasten, wohin auch er selbst flüchten würde, lobald ihn der Kaiser aus seiner jetzigen Stellung entlassen würde. — Wir verzeichnen noch folgende Meldungen: * Peking, 2. Februar. (Reuter.) Ein kaiserliches Edikt lehnt die Annahme des Entlas sun gs g esuches Duanschikais als Chef des Stabes des Militärausbildungswesens ab. * London, 3. Februar. (Telegramm.) Die „Morningpost" berichtet aus Tschifu: Die Vorbereitungen zur Räumung Wei tz ai-weis durch die Engländer werden fortgesetzt. Tie Schiffe, die den Hafen anlausen, um Kohlen einzunehmen, führen die dort angehäuften Munitionsvorräte init fort. politische Lagesschau. * Leipzig, 3. Februar. Die Wahl in Osnabrück. Wam ho ff im Wahlkreise Osnabrück gewählt! Dieser erfreuliche Ausgang der Ersatzwahl für den verstorbenen Welfen v. Schete-Lchelenburg ließ sich trotz der von der nationalliberalen Partei entfalteten Rührigkeit nur hoffen, «her mit keinerlei Sicherheit ^-ransseben. gung war überaus groß; von'den 33 04L Wahlberechtigten gaben 30 640 ihre Stimmen ab, also fast 88 Prozent (87,8 Prozent), 15 303 für Wamhofs, 15 137 für den welfisch - bündlerisch - christlich - konservativen Kandidaten v. Bar. Bei der im vorigen Jahre vorgenommenen Haupt wahl wurde» 30 154 Stimmen abgegeben und zwar 12 573 für den Welfen, 8997 für den Nationalliberalen, 6371 für den Sozialdemokraten und 2213 für den Konservativen; bei der Stichwahl siegte der Welse mit 14 933 von den 29 494 Stimmen gegen den nationalliberalen Kandidaten, welcher mit nur einigen, Hundert Stimmen (372) hinter seinem Gegner zurückblieb. — Schon bei der Haupt-Ersatzwahl zeigte sich die Zunahme ver nationalliberalen Stimmen in über raschender Weise: sie betrug rund 2700 Stimmen; die sozial- demokratstchen Stimmen waren dagegen bedeutend zurück gegangen. Der Gegenkandidat Wamhoffs erhielt am 18. Januar 12 883, Wamhoff 11 665 und der Sozial demokrat Schrader 4930 Stimmen, zusammen 29 478 Stimmen. Während bei der vorigen Stichwahl die Wahl beteiligung gegenüber der Hauptwabl um 660 Stimmen zurückblieb, stieg sie bei der diesmaligen Stichwahl um N62 Stimmen! Aus dem bei der jetzigen Wahl sich er gebenden Zahlenverbältnis ist ersichtlich, daß sowohl ein großer Teil der dem Bunde augehörenden Landwirte für Wamhoff eintrat, wie auch, daß ein Teil der Sozial demokraten der auügegebcnen Parole zur Stimm enthaltung nicht folgte. ErstercS erklärt sich durch die ausgesprochene Zentrums und welfische Kandidatur des Herrn v. Bar, wie auch durch die unerhörten Angriffe, ja Beschimpfungen der Buudesleitung gegen Wamhoff. Wenn jetzt die „Deutsche Tagesztg." die Niederlage ihres Kandidaten als ruhmvoll hiiistellen und den Sieg Wam- hoffs dadurch verkleinern will, daß sie auf die sozialtemo- kralischen Stimmen hindeutet, so geht aus den Erklärungen aller nationalliberalen Redner in den öffentlichen Wablver- sammlungen des Wahlkreises Osnabrück hervor: überall fanden dort scharfe Auseinandersetzungen der National liberalen mit den Sozialdemokraten statt! In den letzten Tagen der Wahlbcwegung, als von ultramontaner Seite den Nationalliberalen unterstellt wurde, sic gingen auf Stimmenfang aus, wurde sogar von sozialdemokratischer Seite gegen diese Unterstellung energisch Einspruch erhoben! Mil Auitischung solcher Märchen macht die „Deutsche TageSztg." die Verbrüderung der Bündler mit den Sozial demokraten in Karlsruhe-Land nicht vergessen! Bo» der Mittelmecneise des Kaisers. Einige Blätter nennen bereits den Termin, an dem der Kaiser die vielerörterte Reise nach dem Mittel meere antreten werde. Demgegenüber erfahren wir an best unterrichteter Stelle, daß der Kaiser in dieser Beziehung nock keine Entscheidung getroffen hat. Zulassung ver marianischen Kongregationen. Eine für die Ultramontanen erfreuliche Kunde weiß die „Köln. Volksztg." ihren Lesern mitzuteilen: Wie in Berlin verlautet, soll der Erlaß einer Verfügung des preußischen Kultusministeriums bevorstehen, welcher die marianischen Kongregationen für katholische Schüler an Gymnasien usw. im allgemeinen wieder gestattet. Im einzelnen Falle soll jedoch die Zulassung von einer Genehmigung der Schulbehörde abhängig gemacht werden. Die Verfügung soll die Zulassung religiöser Vereine an höheren Lehranstalten gleichmäßig für Katholiken und Protestanten regeln. Das paritätische Mäntelchen, das der Sache umgehängl wird, rani ihre Blöße nicht verhüllen. Bei der Ueberlegen- heit der katholischen Kirche in allen Organisationssra^en liegt der Vorteil von der Maßregel allein auf römischer Seite. Naumanns Fabrikantenlied. Die von Pfarrer a. D. Naumann herausgegebeue „Hülse" veröffentlicht in ihrer jüngsten Nummer folgendes Gedicht: Fabrikantenlied. Ter Winterhimmel, kalt und grau, Hängt uns jetzt voller Geigen, Wir sind die Herren von Crimmitschau Und wollen es euch zeigen. Wer schwächlich oder bang geduckt Am Ösen hat gesessen Und mit der Herde nur gemuckt. Kriegt wieder was zu fressen. Doch wer beim Streike ohne Blatt Vorm Munde bat gesprochen. Und wer ein steifes Rückgrat hat, Dem wird es jetzt gebrochen. Der mach' nun alle Tage blau, Bis er am Weg vcrendel Wir wollen hier in Crimmitschau Richt Männer, sondern Händel Dieses Lied veranlaßt die „Ostsee-Ztg.", die stet- zur Freisinnigen Vereinigung gehalten hat, sich energisch von Herrn Naumann loszusagen: Herr vr. Naumann hat allein zu entscheiden, was er in seinem Blatte veröffentlichen will oder nicht, und wenn es ihm beliebt, ganz nach sozialdemokratischem Muster in Klassenbaß zu arbeiten, so ist das am Ende seine Sache. Aber Herr vr. Naumann ist auch Mitglied des geschäft-führenden Ausschusses der Freisinnigen Vereinigung, und wenn im gegnerischen Lager dadurch die Annahme wachgerufen werden sollte, e- sei dies die neue Art, in der jetzt von diesem politischen Ver bände Politik gemacht werden solle, so wird es einigermaßen schwer, sich dagegen zu wehren, denn jene eben erwähnte Tatsache (die der Veröffentlichung des Gedichtes) läßt sich nicht abstreiten. Wir möchten deshalb unsererseits wenigstens bei Zeiten Einspruch dagegen erbeben, irgendwie mit dieser Art politischer Hetzarbeit indentifiziert zu werden. . . Wenn jetzt die sozialdemokratische KampfeSart von Männern ausgenommen werden soll, die sich äußerlich zum Verbände der Freisinnigen Bereinigung bekennen, so möchten wir ihnen doch zu bedenken geben, ob es für sie und die Uebrigen nicht wirklich das Bessere wäre, offen ihren Uebertritt zur Sozialdemokratie zu vollziehen, zu der sie innerlich ja bereits zu gehören scheinen, anstatt daß sie durch ihr Auftreten eine Partei kompromittieren, die bisher wenigstens sozialdemokratische Hetzerei aufs schärfste bekämpft hat. Oder soll das jetzt anders iverden? Wir bitten diejenigen, die es angeht, um Antwort. Denn uns scheint, es wird immer dringender nötig, endlich einmal Klarheit zu schaffen! Auch die „Weser-Ztg." ist empört. Sie hat Gutes von der Verschmelzung der Freisinnigen Vereinigung mit den Nationalsozialen erhofft, allein nun ist diese Hoffnung auf ein kleines Flämmchen herabgeschrumpft, da „die Naumaau und Gerlach auftreten, als wollten sie jeden Unterschied zwischen ihnen und der Sozialdemokratie verwischen". Am Schluffe saßt das Blatt: „Herr Naumann scheint den An hang, den die Liberalen unter den Arbeitgebern haben könnten, über Bord stoßen zu wollen, um dem Phantom eines An hanges unter den Arbeitern uachzujagen". Da Herrn Nau mann von den ihm am nächsten stehenden Blättern schon so derb die Meinung gesagt wird, erübrigt sich das fttr andere Leute. Die Vermählung von den Nationalsozialen mit dem weiblichen Freisinn scheint eine „wilde Ehe" ge worden zu seiu. Die Folgen der australische« Wahle«. Aus Melbourne, Anfang Januar, schreibt unser ständiger Mitarbeiter: „Mit Hilfe des Frauenstimmrechtes haben die Wahlen zum Bundesparlament der Arbeiter partei eine Reihe neuer Mandate im Repräsentantenhause, wie namentlich im Senat zugeführt. Damit ist eine Si tuation geschaffen, auf Grund deren die genannte Partei die absolute Kontrolle über die Gesetzgebung er hält, eS sei denn, Regierung und freihändlerische Opposition verbänden sich unter Bildung eines Koalitions-MiuisteriumS zu einer gemeinsamen Front. Dazu mag es mit der Zeit LeiMeton. Zn der Lranduny. 8j Roman von Wilhelm Fischer. (Nachdruck verdaten.) „Doktor Römer, der Reklame braucht, um dem Un wert schweigenden Verdienstes Nus zu> verschaffen", sagte Wally nicht ohne einige Schärfe im Ton, „beabsichtigt sogar, wie mir seine Frau erzählte, in diesem Prozeß den Grafen mit jenen Damen zu konfrontieren, die früher mit ihm in irgend welcher Beziehung gestanden haben mochten. Ist das nicht unerhört?" Ihr Blick streifte unter den gesenkten Wimpern hervor den Baron, den tatsächlich eine derartige Indiskretion höchlichst entrüstete; das konnte man seiner finsteren Miene ansehen, und ziemlich scharf und energisch antwortete er: „Eine derartige Infamie werde ich zu verhindern iviffen." „Wenn Sie es nur können!" „Biel zu sagen habe ich allerdings nicht", erwiderte der Baron ärgerlich, „die Seele dieses Prozesses ist die Schwester des Grafen, die Stiftsdame Frieda!" „Ich weiß wohl, daß die Entscheidung nicht ganz bei Ihnen liegt, aber . . ." Er unterbrach sie. „Pardon, meine Gnädige; ich will mich in der Sache nicht zu sehr exponieren. Ich habe mich dem Beschlüsse des Familienrates einfach zu fügen. Mehr weiß ich von der ganzen Sache nichts und mehr will ich auch nicht von ihr wissen. Entschuldigen Sic, meine Gnädigste, Sie inter essieren sich in der Tat mehr für den Prozeß meiner Fa milie, wie ich selbst." Frau Wally blickte überrascht auf; sein Ton klang harmloS; sein Gesicht verriet nichts; da meinte sic gelassen: „Nur Fachsimpelei von mir, Baron. Als Gattin eines Rechtsanwaltes ist das doch selbstverständlich." — Er ver beugt« sich zustimmend. — „Noch mehr aber würde ich mich für einen Vergleich, ein anständiges Arrangement, und zwar in Ihrem eigenen Interesse begeistern können, Baron." ,Hn meinem Interesse?" fragte er gedehnt und ließ überrascht das Monocle fallen. „Nun, ich denke, daß eine derartige Lösung der fatalen Angelegenheit, di« mehr Staub auswtrbelt, al- Ihnen an genehm sein dürfte, doch nur im Interesse Ihrer bieägen glänzenden und intakten gesellschaftlichen Position liegen kann" „Meine Gnädigste!" kam es indigniert über seine Lippen. „Ich wollte Sie nicht kränken, Baron, denn ich uieine es herzensgut mit Ihnen", sagte Wally und reichte ihm die Hand. „Aber ich persönlich trete ja in diesem Prozeß kaum in den Vordergrund", sagte er, indem er die ihm darge reichte Hand an seine Lippen preßte. „Mir tut auch der Graf leid! Denken Sie nur, lieber Freund, er ist krank. Wie leicht kann der Prozeß seinen Instand verschlimmern. Tie haben ihn nicht gesehen, Baron, so wie ich. Ich aber habe den Eindruck, daß er nicht mehr viel verschwenden kann!" „Glauben Sie wirklich, meine Gnädigste", meinte der Baron nach kurzer Pause der Ueberlegung, „daß der Gras nnü ein Arrangement anbieten wird, das unseren Inter essen, die doch ersichtlich hier in Frage stehen dürsten, auch nur einigermaßen entsprechen würde? Ich nicht. Der Graf ist ein Eisenkops!" „Sie mögen recht haben!" murmelte Wally nachdenklich „Ihrem guten Herzen", sagte der Baron jetzt wärmer und seine Blicke verschlangen ihre schöne Gestalt, „macht diese Anteilnahme für den Grafen volle Ehre, aber hart, grausam hart sind die Wege, welche in dieser Welt der Mensch zu wandeln hat! Ihr Mitleid ehrt Sie, und ich könnte fast den Grafen um seine schöne Fürsprecherin be neiden." Wally schaute ihm prüfend und lange, wie traumver loren ins Auge: „Das Mitleid einer Fran, was kann es Ihnen sein, der die Frauen wenig achtet . . ." „Sie irren, Gnädigste. Sie ... ich. . ." stammelte er wonnig erschauernd und ein Blick leidenschaftlicher Liebe, vor dem sic befangen die Augen niederschlug, traf sie . . . Nur einige Sekunden kämpfte er mit seinen Ge fühlen, dann aber sagte er gelassener und mit dem alten Spott: „Ich bin nicht der, für de» man mich gewöhnlich hält. Sie wissen ja, stille Wasser gründen tief. Im übrigen aber verdiene ich, verkannt zu iverden." Wally atmete ans, sic hatte einen Ausbruch seiner Leidenschaft gefürchtet und hätte ihn nicht verletzen und beleidigen können. Sie dankte ihm innerlich für den Bc- weis von Achtung und Hochschätzung, den er ihr soeben gegeben hatte. „DaS bezweifele ich", erwiderte sie daher unwillkürlich herzlicher. „Sie sind etwas blasiert. Ja, ja, mein Freund! Und dennoch weiß ich den guten Kern zu schätzen, der in Ihnen schlummert." „Sie verkennen mich troydem", lachte er kur- aus. ,„Ich -bin nicht schlecht, aber ich weiß auch, daß ich nicht gut bin. Ich fürchte mich selbst oft manchmal vor mir und vor der Tiefe und der Gewalt meiner Leidenschaften." „Deshalb sollten Sie auch die Tiefe der Leideuschasten anderer milder beurteilen", meinte jetzt Wally und faßte ihn freundschaftlich beim Arm. ,Laben Sie also Mitleid mit Ihrem Oheim. Er ist es doch! Nicht!" „Er ist es, aber man hat uns gelehrt, ihn als solchen nicht zu betrachten." Wally erhob sich. „Treten Sie auf seine Seite, Baron." S-ie legte die Hände auf seine Schultern. ,Leisen Sie ihm, und ich werde an Jyr gutes Herz glauben. Nennen Sie eö eine Eaprice von mir, denken Sie, -aß ich Sie auf die Probe stellen will." Es klang so verführerisch. Und sie war so schön, als sie so bat. Er schwankte. „Gnädige Frau, ich gestehe . . ." Sie unterbrach ihn und sagte schnell, dringend, bittend: „Denken Sie nicht nach, mein Freund. Folgen Sie mir einmal blindlings! Ich bitte darum. Wollen Sie?" „Sie fordern viel, teuerste Freundin", zögerte er noch, indem er sich erhob. ,^Aisien Sie, daß Sie -en Verrat an meinen Verwandten von mir fordern!" „Und wenn ich forderte. Wenn ich es Ihnen be fehlen würde!" Sie reichte ihm die Hand, über die er 'ich beugte, vor Aufregung erzitternd. „Dann müßte ich gehorchen." Sie duldete die leidenschaftlichen Küffe, die er auf ihre Hand preßte. Ihr Busen wogte. Sie atmete aus. Sie hatte sich nicht in ihm getäuscht. Mit einem „Ich danke Ihnen!" entzog sic ihm ihre Hand. „Sie geben uns wohl heute abend die Ehre! Nach Ihrer gewohnten Partie, die Sie mit meinem Manne spielen, erwarte ich Sie." In diesem Augenblick öffnete sich die Tür, t« deren Nahmen vr. Werner erschien. „So, da bin ich! Na, ihr habt euch wohl gut unter halten?" „Natürlich, Freund, -eine Krau hat mir einmal wieder die Leviten gelesen", sagte der Baron. „Glaube ihm nicht, Ernst: es war nicht so schlimm!" lachte Wally. „Tm sichst etwas ermüdet aus, mein Lieber." ,LZar besonders stark in Anspruch genommen heute." bedeutende Fälle?" forschte der Baron. ,Ma, wie man's nimmt", lachte .vr. Werner. „Nur drei neue Ehescheidungsprozcsse." „Mer guten Dinge sind -rei", witzelte der Baron. „Ich nehme die Sache ernster, mein Lieber", sagte vr. Werner Platz nehmend. „Es ist etwas Schreckliches um die modernen Ehen. Die Ursache, -ie angebliche Ursache vielmehr in alle» drei Fällen natürlich -er „Hausfreund"!" ,Mohl Verstandes- urr- Geldheiraten?" fragte Frau Wally. „Natürlich", erwiderte ihr Mann kurz. „Wie viel derartige Fälle hattest du schon in deiner Praxis?" meinte der Baron und kniff das Monocle ein. „Ich könnte -a -ie Negisterarie mit einer kleinen Zu gabe schildern", lachte erst vr. Werner, dann, ernster werdend, sagte er: „Doch Scherz bei Seite! Ossssni« cmusa, co8SLt ekkeotus! sagt der Lateiner. Haben wir das Recht, uns über Unmoral zu beklagen, wenn Sie Leute, die eine Familie gründen können, schon auS der Ehe ein Geschäft machen?" „Wirtschaft, Freund Horatio, Wirtschaft", eitiertr -er Baron in fo drolliger Weise, daß Wally bell auf lachte; auch Werner schmunzelte. „Du bist und bleibst der unverbesserliche Eyniker, niein Lieber", sagte er, „aber dn haft recht." ,^Wozu auch die Emotion! Ueberlasse doch die müH- sclige und undankbare Arbeit, die Welt zu verbessern, denen, die ein politisches Geschäft daraus machen. Im übrigen heult es sich ganz schön mit -en Wolfen. Der Baron ließ sein Monocle fallen schnitt dabei ein so fatiguiert-komisches Gesicht, daß Wally sich im Stillen darüber amüsierte. „Ich bekenne mich für geschlagenl l lachte Werner auf. „Gegen deinen Gleichmut kämpfen die Götter selbst vergeben-." . . . - .Meinetwegen, auch das, aber vergesse, bitte, -le Neoanchepartie nicht, die du mir ichuldest. „Durchau- nicht, ich habe mich deshalb -eettt", sagte Werner und ergriff Hut und Tt»ch.
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