Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040208025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-08
- Monat1904-02
- Jahr1904
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis k der Hauptexpeditton oder deren Ausgabe- stellen adgeholt; vierteljährlich S.—,, bet zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau» » S.7b. Durch die Post bezogen für Deutsch- land u, Oesterreich vierteljährlich -ck 4.Ü0, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreisliste. Redaktion und Ervetztttonr Zohanni-gasfe 8. Fernsprecher 1K3 u. 223. Stltalerhetzittonen: Alfredtzahn, Buchhandlg., Universitätsstr.8 (Fernspr. Nr. 4048), L. Lösche, Katharinen- straße 14 (Fernsprecher Nr. 293ü> u. König»- Platz 7 tFernsprecher Nr. 7KO5). Haupt-Atliale Dresden: Marienstraße34(FernsprecherAnU INr. 1713). Hantzt-Atltale verltn: TarlDunck« r, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 10(FernsprecherAintV1 Nr4M3.) Nr. 7». Abend-Ausgabe. MpMrr, TagMaü Anzeiger. Ämtsvkatt des Äönigsichen Land- und des Königliche« Amtsgerichtes Leipzig, des Rates und des Votizeiamies -er Ltadt Leipzig. Montag den 8. Februar 1904. 98. Jahrgang. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Rrdaktionsstrich (-gespalten) 7b vor den Famtltrunach- richten (6gespalten) VO Dabellarischrr und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenannahme 2Ü Ertra-Veiläßtt« (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ob ne Postbrförderung Kl 60.—, mit Postbefördrrung Kl 70.—. «nnahmefchlutz für Anjet,en: Abend-Autgab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen. Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pslz in Leipzig «Inh. vr. V., R. L W. Kltnkhardt), Var WMgrtr vom rage. * Künig Georg hat der Dresdner Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft lOOO Kl über weisen lassen, die zur Linderung der Not unter den Landsleuten in Lüdwestafrika verwendet werben sollen. * Der sozialdemokratische Reichstags abgeordnete Einil Rosenow, Vertreter des 20. sächsischen Reichstagswahlkreises Zschopau- Marienberg ist gestern in Schöneberg bei Berlin nach kurzer Krankheit im Alter von 38 Jahren ge, storben. * Trotz des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und Japan haben die Feindseligkeiten noch nicht begonnen, doch macht Japan mit größter Eile mobil. Arieg in Sicht. Die Schatten de» Kriege» senken sich über die Ge wässer und Gestade des fernen Ostens. Der allgemeine Eindruck ist: e» wird gekämpft. Trotzdem finden sich nock Stimmen, die auch jetzt noch an eine lieber- briickung der abgrundtiefen Kluft glauben, die zwischen den beiden mächtigsten Rivalen vor den Toren China» (ich aufgetan hat. Die Phantasie erschrickt, wenn sie sich ausmalt, welche Unsumme von Unheil sich au« einem russisch-japanischen Zusammenstoß entwickeln kann, sie sieht schon die Fackel glühen, welche den Weltbrand entzünden wird und zurückschaudernd klammert sie sich an da« Phantom der — Vermittelung: In Pari» hat man am längsten auf einen friedlichen Ausgang de» diplomatischen Ringen« zwischen Petersburg und Tokio gehofft, in Paris gibt man sich heute, obwohl aufs Aeußerste überrascht durch den Abbruch der diplomatischen Beziehungen, noch der Illusion hin, daß das Schwert in der Scheide bleiben werde. So wird uns berichtet: Parts, 7. Februar. Die Blätter schreiben, man verhehle sich nicht den großen Ernst dieses Ereignisse«, sehe dasselbe jedoch nicht al« irreparabel an, insofern al» trotzalledem dank der guten Dienste dritterMächte die Verhandlungen doch noch fort gesetzt werden könnten. Minister DclcaffS werde morgen vormsitag -en konservativen Deputierten DenyS-Cvchin empfange», welcher eine Anfrage an ihn richten werde über den russisch-japanischrn Konflikt und die etwaigen Folgen für den englisch-japanischen nnd Len französisch-russischen Vertrag betreffend Ostasien. Der „Temps" schließt seinen der neuen Lage gewidmeten Artikel mit der Bemerkung, die Aera der direkten Verhand lungen sei abgeschlossen, jetzt sei nur mehr Raum für eine Intervention — aber in welcher Form? — oder für die Kanonen. Das ist es: in welcher Form soll die Intervention erfolgen? Der gewiesene und wohl auch einzig gangbare Weg wäre der durch das Haager Schiedsgericht, aber eö ist von vornherein kein Zweifel gelassen worden, daß, wenn so vitaleInteressen zweier Weltmächte wie hier auf dem Spiele stehen, ein Dazwischen treten Dritter, selbst wenn es von den freundschaftlichsten Gesinnungen getragen ist, als unzulässig und zwecklos anzu sehen sei. Wann fällt der erste Schutz k Eine wesentlich andere Frage ist, ob die Völker bereits heute oder morgen aufeinanderschlagen, ob da« Drama, daS Feuilleton. In der Brandung. 12j Roman von Wilhelm Fischer. «Nachdruck verboten.) Elftes Kapitel. Die alte Justizrätin war nicht wenig überrascht, als Irau Wally bleich, verstört, übernächtigt, zu solch früher Vormittagsstunde sie aussuchte. Erschreckt warf die alte Dame das Morgenblatt, das sic gerade las, bet Sette. „Mein Gott was ist Ihnen, liebste Wally?" rief sie, sich jchnell erhebend. „Sie erschrecken mich!" „Sie müssen mir raten, helfen; ich kann es nicht, Krau Iuitizrat!" sagte Wally tonlos und ließ sich erschöpft auf einen Stuhl nieder. „Wenn ich es kann! Sehr gern! Sie wissen ja,- ich siehe allein in der Welt und Sie sind mir mehr Tochter, als Freundin." Die alte Justizrätin streichelte beruhigend die bleichen Hangen der jungen, wie hülflos sie anblickenden Krau. „Ich weiß es! Ich darf Ihnen vertrauen! Aber es ist eine lange, traurige Geschichte. Glauben Sie an mich, Frau Justizrat?" fragte Wally, der alten Dame voll in -ic Augen blickend. »Ich glaube an Sie, wie ich an mich glaube. Nun, seien Sie ruhig, und erzählen Tie mir, wa» es gegeben bat", beruhigte die alte Justizrätin ihre junge Freundin und schlang liebevoll einen Arm um ihren HalS. Wally schmiegte sich an sie und weinte. »Keinen Tie sich aus, mein Kind: das befreit." „Es fällt mir schwer, Ihnen alles »u sagen, aber ich kann nicht anders, wenn ich meine Kinder nicht verlieren will", schluchzte Wally auf. „So hat er Ihnen wehe getan, der garstige Mensch, seinem schönen Krauchen." „Die Spötter, Sie wissen doch, nennen mich die «Bett lerin von Pont des ArtS". Ich komme heute als Bettlerin zn Ihnen. Haben Sie Geduld mit mir." „Ich helfe gern, mein Kind, aber ich kann cs doch nur, wenn Sie mir sagen wie!" „Sie haben recht. Frau Justizrat", entgegnete Wally und gab sich einen Ruck. „Und nun hören Sie mich an. Die Sie wißen, bin ich die einzige Tochter de» Professors ja im Repertoire der Weltgeschichte erscheinen muß, sich in allen seinen Akten schon letzt abspielrn wird, oder ob wir erst da« Vorspiel zu sehen bekommen. DaS letztere ist durchaus nicht unwahrscheinlich, und in diesem Sinne äußert sich auch die „Norddeutsche Allgem. Ltg." Sie schreibt — noch vor dem Eintreffen der Meldung über den Abbruch der diplomatischen Verhandlungen — offenbar offiziös: „Sollte indessen in der Tat die Einstellung der Unter handlungen erfolgen, so würde auch sie noch keineswegs not wendig eine Wendung der Dinge zum Kriege bedeuten, viel- mehr ist e» sehr wohl denkbar, daß Japan alSdan» zur Ausführung gewisser Unternehmungen in Korea schreiten würde, für die die Vorbereitungen längst getroffen sind. Rußland würde sich durch solche Unternehmungen vermutlich nicht aus der seither beobachteten Reserve hinausdrängen lassen, wpfern Japan seine Aktion nicht zu einem Angriff auf die Stellung Rußlands in Nordkorea und namentlich am Palustusse auSdehnt. Im übrigen braucht man auch bei einer solchen Ent- Wicklung der Dinge, wie wir sie soeben skizzierten, nicht unbedingt mit großen japanischen Truppentransporten zu rechnen: in Gestatt der zahlreichen japanischen Ansiedler, Händler und Arbeiter, di« in Korea anlässig sind und di« sich auf den Rus de» Heimatlandes tn Korea selbst sofort zu den Waffen stellen würden, hätte Japan eine ziemlich zahlreiche Wehrmacht zur Verfügung, die unter Umständen ausreichte, Japan die angestrebte Stellung in Korea zu sichern. Selbstverständlich ist es gegenüber so hohen Spannungen, wie sie sich in Ostasien herausgebildet haben, nicht möglich, die Eventualität kriegerischer Zusammenstöße als völlig ausgeschlossen zu erachten. Doch sprechen alle Anzeichen für die Auffassung, daß eine solche Wendung, wenn sie in Wirklichkeit überhaupt eintreten sollte, nicht plötzlich Platz greifen, sondern sich langsam voll ziehen würde. Wer trägt die Schultz? Daß beide Kontrahenten sich die Schuld an den kommen den Ereignissen zuschieben würden, war vorauszusehen, das ist ja stet« so, wenn die Kriegsfurie entfesselt wird. Die „Verantwortung vor dem Forum der Weltgeschichte" will Keiner tragen. Zur Sache liegen folgende Meldungen vor: * London, 7. Februar. Dem Reuterschen Bureau wird vom japanischen Gesandten, Hayascht, amtlich mitgeteilt: Der japanische Gesandte in Petersburg, Kurino, sei am letzten Freitag angewiesen worden, die russische Regierung zu benachrichtigen, daß die d'plo- matischen Beziehungen unmittelbar abgebrochen werden würden, weil Japan eS ablehne, irgend langer auf Antwort zu warten. Hayaschi fügte dieser Erklärung die Mitteilung hinzu, bis heute abend habe er keine Nachricht erhalten, daß die russische Antwort übergeben worden fei nnd er glaube nicht, daß dies geschehen sei. jWdrhlt.) * Tokio, 7. Februar. Ueber die übereilte Flucht der etwa 3000 Seelen betragenden japanischen Staatsangehöriaen aus Wladiwostok wird hier folgende auf amtliche Berichte basierte Erklärung gegeben: Der kaiserlich japanische Handelsagent in Wladiwostok wurde von dem Garnisons-Kommandanten bereits am 3. Februar amtlich davon in Kenntnis gesetzt, daß, da die Erklärung des Belagerungszustandes nach den Ihm zuge gangenen Befehlen dort binnen kurzem zu gewärtigen sei, er ihn auffordern müsse, bezüglich der Entfernung der Japaner die nötigen Schritte einzuleitrn. Laß ein solcher ganz unerwarteter Befehl unter der japanischen Bevölkerung eine Panik erwecken mußte, war un vermeidlich. * Pari-, 7. Februar. Der „TempS" hatte eine Unterredung mit dem hiesigen japanischen Gesandten, welcher erklärte, der japanische Minister des Aeußrren habe gestern noch keinerlei Antwortnote von der russischen Regierung erhalten. Japan habe sich ebendeshalb zu einem kräftigeren Handeln ent- schlossen. Die japanische Regierung kenne den Inhalt der russischen Note nicht. Die Ursache drS Abbruchs der Be ziehungen liege erstens in den Verzögerungen Rußlands, welche Japan als Beleidigungen ansah, zweitens in den Drohungen, welche die militärischen Maßnahmen Rußlands in der Mandschurei und Korea für Japan bedeuteten. Auf der russischen Botschaft wurde einem Mitarbeiter de« „Temps" erklärt, nicht weil die russische Note gestern nicht in Tokio eingetrossen, seien di« Beziehungen abgebrochen, tatsächlich habe Japan die Beziehungen abgebrochen, um di« russische Note nicht »u empfangen. Wenn Japan drei Wochen wartete, hätte eS auch noch 24 Stunden warten können, aber Japan wolle den Bruch um jeden Preis. Schon die Zirkulardevesche, die Graf Lambsdorff an di« Vertreter des russischen Reiches im Auslande erlassen, schiebt ja die Verantwortung für die Folgen, die aus dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen entstehen müssen, also die Schuld an dem Kriege, der japanischen Regierung zu und wirft ihr vor, sie habe nicht einmal die letzte Ant wort Rußlands abgewartet. Aber nur kindliche Naivität kann annehmen, daß die Machthaber in Tokio den Inhalt dieser Antwort nicht schon gekannt haben, bevor sie sich zu ihrem folgenschweren Schritte entschlossen. Schon das Wort des Laren, das jüngst bei einem Hofball in der Newa-Residenz verbreitet wurde: „Alles hat leine Grenzen!" bewies, daß die Dinge ans des Messers Scheide standen, daß sowohl Rußland an der Grenze seiner Nachgiebigkeit angelangt war, wie in Japan kein Zweifel bestand, daß ohne größere Konzessionen der Krieg unvermeidlich und jedes weitere Verhandeln, jeder weitere Notenwechsel nur einen Zeitverlust, eine Verschlechterung der Situation für Japan bedeutet. Darum ist die Frage hier müßig, wem die Verantwortung für das beginnende Blutvergießen zufällt; wenn Japan es als Pflicht der Delbsterhaltung betrachtet, seine Hand auf Korea zu legen und die Integrität der Mandschurei als Bestandteil des chinesischen Reiches zu wahren, Rußland aber als Gebot der nationalen Wurde und Ehre empfindet, sich seine asiatische Einflußsphäre ungeschmälert zu erhalten, dann gilt hier TreitschkeS Charakteristik des Krieges als die einer sittlichen Notwendigkeit und die Schuldfrage hat kaum mehr als dekorativen Wert. „Erkennt der Staat, daß die bestehenden Verträge nicht mehr der Ausdruck der wirklichen Machtverbältnisse sind, und kann er den andern Staat mcktt durch friedliche Verhandlungen zum Nachgeben bewegen, dann tritt der Völkerprozeß ein, der Krieg. Die Kriegserklärung eines Staates in solcher Lage erfolgt in der Ueberzeugung einer notwendigen Pflicht. Die Gerechtigkeit de« Kriege« beruht einfach auf dem Bewußtsein einer sitt lichen Notwendigkeit." Zweifellos haben aber zwei Umstände dazu beigetragen, dieseiz- Prozetz zu beschleunigen: Die Ere.igniss« des Jahres 1895, die mit ihren leichten, fast mühelosen Erfolgen der japanischen Waffen über einen ungeübten, milnärisch durchaus minderwertigen Gegner, einen nationalen Chauvinismus, einen Großmachtkitzel in Japan geweckt haben, der den Blick für die realen Macht- verhältmsse völlig getrübt und das UntersckeibungSvermögen zwischen einem Gegner wie dem erstarrten China und einem Feinde wie dem mächtigen Rußland mit seinen schier unerschöpf lichen HülfSquellrn gänzlich verwischt haben muß. DerSieg,ben die strebsamen Japaner über da« altersmorsche, an Arterienver kalkung leidende Chinesenreich errungen haben, hat deik nationalen Hochmut im Lande der Sonne wachgerufen, da« Bündnis mit England 1902 hat ihn großgezogen und was noch gefehlt hat, dreses Selbstbewußtsein vis zur Hellen KriegS- lust aufzuveitschen, da« hat, wie wir schon sagten, die eng lische Presse zumal in den letzten Monaten reichlich getan. Daß der natürliche Konflikt zwischen zwei in ihrer Macht- sphare rivalisierenden Reichen früher zum Ausbruch kam, als es in seiner historischen und politischen Notwendigkeit liegt, ist zum größten Teile das Werk Englands und seiner die Welt leider immer noch beeinflussenden Presse. Wir verzeichnen noch folgende aktuelle Nachrichten: * Söul, 7. Februar. Der japanische Schiffsverkehr zwischen Tschemulpo und Fusan ist eingestellt. * Port Arthur, 7. Februar. (Ruff. Telegr.-Agentur.) Seit 3 Tagen sind hier keine telegraphischen Meldungen aus Japan ein- gelaufen. Es liegt hier eine Meldung vor, daß die Absendung chiffrirter Telegramme au« Japan verboten ist. Auf der Insel Susima, 40 Mellen von Masampho, ist «ine japanische Ab teilung zusammengezogen, die bei dem Abbruch der Beziehungen schnell an die koreanische Küste befördert werden soll. * Lontzon, 8. Februar. (Tel.) Den „Times" wird aus Tokio gemeldet, da- russische Kanonenboot „Mandschur" liege im Dock von Nagasaki und werde wahrscheinlich außer stand« sei«, den Hosen vor dem Ausbruch der Feindseligketten zu verlassen. * Lontzon, 8. Februar. (Tel.) Der „Standard" meldet aus Tokio, in Japan herrsche eine rührige Tätigkeit. Die Eisenbahnen schassten mit großer Beschleunigung Truppen nach den Einschiffungshäfen und die Straßen der Hauptstadt wimmelten von Soldaten. - Nach der „Daily Mail" werden der russische Gesandte, Baron Rosen, das Gesandtschaftspersonal und der Generalkonsul in Uokohama am Freitag ab reisen. — Am Sonntag fand i« Tokio eine lange außer ordentliche Sitzung de« Kabinett« statt Der russische G esandte soll vor seiner Abreise vom Kaiser nochmals in Audienz empfangen werden «Daily Telegraph" meldet au» Tokio, ein dem „Jijtschimpo" au» Schanghai zu gegangenes Telegramm besage, daß die Russen den chinesischen Assistenten des Zollkommtssars entfernt und an seiner Stelle den russischen Beamten Stepanofs angestellt hätten. ES ver lautet, daß russische Truppen bereits die Grenze über- schritten hätten. — Die Vertretung der russischen Interessen in Tokio ist demselben Blatte zufolge dem österreichisch, ungarischen Gesandten übertragen worden. * London, 8. Februar. (Eigene Meldung.) Die Marine behörden haben die Reserve-Offiziere aufgefordert, sich zur Be mannung derjenigen Schiffe bereit zu hatten, für welche sie im Falle einer Mobilmachung bestimmt sind. Politische Tagesschau. * Leipzig, 8. Februar. Mehr Sachlichkeit, weniger Rhetorik! Im Parlament ist man jetzt sehr witzig. Wir sind weit entfernt, es zu tadeln, daß die Volksvertreter die bis weilen etwas unschmackhafte Kost der Debatten mit at tischem Salz zu würzen suchen. Wer ernste Dinge mit einem Scherz erledigen, das ist eines gewissenhaften Mannes eigentlich nicht ganz würdig. Einige Beispiele: Der Abgeordnete vr. Müller-Meiningen spricht über die Prostitution, eine Krage, bei der wirklich das Scherzen dem platten CyniSmuS überlasten bleiben sollte. Lonrad; bin sein einzige» Kind. Mr hatten unser gutes, reichliches Auskommen, aher Reichtümer verstand weder mein Vater, noch meine Mutter zu sammeln. Auch ver- schlang meine Erziehung viel. Außerdem waren wir ge- zwungen, zu repräsentieren. Die kleinen Ueberschüsse, die mein Vater gemacht hatte, im Laufe der Jahre etwa 30- bi st) 000 meine Mitgift, gingen bei einer Bankkalastrophc verloren. Ich war damals sechzehn Jahre alt. Ich sah in dem Unglück, das meine arme Mutter fast zur Berzmeif. lung brachte, einen Kingerzeig des Schicksals, mich selbst ständig zu mache». Aber welchen Beruf ergreifen? Zur Lehrerin oder zur Gouvernante war ich zu schön, zum ge- lehrten Beruf hatte ich so wie fo weder Äust noch Neigung! Meine ganze Seele hing an der Kunst. Ich wollte be rühmt werden! Und so nahm ich denn bet einer, wie ich heute weih, gewissenlosen dramatischen Lehrerin drama tischen Unterricht. Mr wurden näher bekannt, und fo sagte sie mir etnnral: „Am Theater spielt Arauenschönheit die größte Rolle, eine größere als die Genialität. Eine schöne Schauspielerin ohne besonder« hervorragende» Talent kann am Theater Partien machen, um die sie hun dert Erbinnen beneiden. Ich errötete damals nur, aber heute weih ich, was das gefährliche Weih sagen wollte." „Nun, so ganz unrecht hatte sie trotzdem nicht, meine Beste. Aar mancher Prinz von Geblüt hat sich eine Theaterprinzessin geholt", warf hier die Justizrätin ein. „Mag sein, aber die Wogen fluten an der Bühne meist zwischen Scylla und Äharybbi». DaS Weib war mir nur deshalb gefährlich, weil sic mehr meine Schönheit, als mein Talent feierte. Hätte sie mir die Wahrheit gesagt, und kurz heraus erklärt, daß eine talentlose, aber berückend schöne Tchauspielerin am Theater nur ihre Schönheit zu Markte trägt und Gefahr läuft, dementsprechend be- handelt zu werden, ich hätte mir die Sache vielleicht ander» überlegt. So aber glaubte ich an mein Talent und wagte gegen den Wunsch meiner Eltern den Schritt. Ich hatte viel gelernt, besah einige Routine und hatte kein Lampen fieber: ich war mit einem Wort« gut dressiert. Die ersten Enttäuschungen, die ich an kleinen Bühnen erlebte, nahm ich nicht ernst. Ich glaubte an mich und an mein Talent, und al» ich nach Wien kam, war ich von meiner Mission überzeugt. Man feierte mich, und die Kritik sprach nur von mir, als der schönen Merlin. Die Kavaliere sandten mir, so ost ich austrat, Blumen in bi« Garderobe und Kränze auf die Bühne: selbst Erzherzog Johann zeichnet, mich aus. DaS erregte selbstverständlich -en Neid meiner Kolleginnen. Ich war zu harmlos, um das zu merken. Eine unter ihnen, Selma Schlüter, schien mir ergeben; wir wurden bald vertraute Freundinnen; ich hatte kein Geheimnis vor ihr. ülnd gerade an ihr sollte ich mich täuschen. Ich wohnte weit vom Theater. Eines Abends nach Schlich der Vorstellung brach ein furchtbares Unwetter los. Ich stand hülflos unter dem Portal. Kein Wagen weit und breit! Da nahte sich mir ein eleganter Herr. Tief zog er den Hut. „Mein gnädiges Fräulein", sagte er höflich; nickst arrogant und aufdringlich, sondern selbstbewußt, männlich, so daß ich unwillkürlich erwiderte: „Sie wünschen, mein Herr." ,-Jch sehe gnädiges Fräulein in Verlegenheit und bin gekommen, Ihnen mein Loup<? für -en Abend anzubieten. Ich bin «» gewöhnt, auch einmal solchem Unwetter zu Kuße zu trotzen." Sein ganzes Auftreten flöhte mir Vertrauen ein. Ich kannte den Namen nicht, den er nannte, als er sich mir vorstellte,- er gehörte nicht zu den arroganten Herren, die mich mit ihren Blumen und Kränzen belästigten. Ich nahm sein Anerbieten an!" „Hätte ich auch getan", sagte die alte Dame energisch. „Der Gott, der einen wolkenbruchartigen Regen schickt, schickt nicht immer einen Wagen mit." „Ich fuhr also in dem eleganten Coup» des Grafen Treuberg nach Hause." Wally betonte jedes Wort und lächelte reskgiitcrt, als sie die Wirkung des Namen» auf die Justizrätin bemerkte, die sprachlos, mit offenem Munde, ein Bild de« Schrecken», der Ueberrasch-ung und des Erstaunens dasah. „Habe ich recht gehört. Graf Treuberg?" rief die alte Dame im Tone des höchsten Zweifel» aus. „So lernte ich den Grafen Treuberg, damal» einen Herrn in der Blüte seiner Jahre, kennen. Ich fühlte mich ihm zum Danke verpflichtet, und al» ich meiner Freundin das Abenteuer erzählte, redete sie mir zu, ihm meinen Dank brieflich mit ein paar Zeilen abzustatten. Ich tat da». Als wir einige Tage darauf im Stadtgarten lust- wandrlten, begegnete un» der Graf und änderte die Bitte, sich un» anschließen zu dürfen. Sin andermal begleitete er un» in die Konditorei. Der Verkehr gestaltet« sich in allen Ehren freundschaftlicher. Leine Vertraute war Sekma Schlüter, und sie mar «» auch, wie ich später erfuhr, die ihm erklärte, daß der Weg zu meinem Herzen nur über den Altar führe. Drei Wochen nach der Regennacht bot mir der Graf unter der Vodtngung, daß ich dem Theater entsage, Herz und Hand an. Ich sagte zu und sand es begreiflich, dah unsere Verlobung so. lange eine geheime sein müsse, als ich noch der Bühne verpflichtet sei." Wally machte, von -er Erinnerung überwältigt, eine Panse. Die Justizrätin lehnte, wie traumverloren, in ihrem Sessel. ,Hch habe ihn' nicht leichtsinnig mein Wort gegeben; ich brachte meiner Liebe ein Opfer, als ich mich entschloß, meine Kunst aufzngebcn, um sein Weib zu werden, denn ich liebte ihn." Wieder schwieg Wally erschüttert. „Armes Weib", murmelte die alte Justizrätin, denn sic ahnte da» Herzeleid, welches diese Verlobung und ihr Zu sammenbruch über -le Aermste vor ihr gebracht hatte und noch bringen würde. „Meine Beziehungen zu dem Grafen, ja sebst mein Verkehr mit ihm waren derart, dah sie nicht einmal in den Theaterkreisen und was drum und dran hängt, auffielen", Hub Kvau Wally mit mlider Stimme wieder an. ,Jch gc- stattetete meinem Verlobten nicht einmal da» Betreten meiner Wohnung. Sie dürfen mir glauben, ich war nie mals mit ihn, allein." „Ich glaube Ihnen, mein Kind", sagte die alte Damc und reichte Wally die Hand. „Als BcrlobungSgeschenk sandte mir -er Graf einen Schmuck. Ich kannte feinen Wert nicht und trug ihn einige Male auf der Bühne. Da» erregte den Neid meiner Fach, kvllegin, einer tttchi mehr jungen, aber interessanten Dar stellerin. „Echt, Kleine!" meinte sic einmal malitiö» zu mir. „Nein, nur geschminkt!" gab ich unter dem Gelächter aller, die auf -er Bühne waren, schlagfertig zur Antwort. Ich hatte sic zur Feindin! Un- sie rächte sich, indem sie mir meinen sensationellen Verehrer, den Erzherzog bin- wegkaperte. Sie tat mir damit nur einen Dienst. Der Graf gehörte zum intimen Freundeskreise de» Erz herzog»; e» war mir tn seinem eigenen Interesse deshalb lieber, dah mich Hoheit mit ihren Aufmerksamkeiten ver schonte. So vergingen einige Wochen eingebildeten Glückes. Meinen Eltern, die sich inzwischen mit meinem Beruf ausgesöhnt hatten, verschwieg ich meine Ver lobung, ich war ,u stolz, ihnen elnzugestehen, daß sie nur eine geheime sei. Eine» TageS fuhr die Geliebte des Erz herzog», meine malitiöse Kollegin, bet mir vor. Ihrer Gefühle kaum Herrin, stürzte sie tn mein Zkmmrr. „Kleine, nimm dich in acht, sie wollen -ich Verkäufen! Mett, Galan, der Erzherzoa, und unser sehr ehstcenverter Hcrr Direktor! Der Erzherzog will -ich in einer Hosenrolle sehen, und hat den Direktor »estern abend 'rum gekriegt.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite