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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.02.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040215022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904021502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904021502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-15
- Monat1904-02
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10«» »Ltionale» Schiedsgericht« stattfindend«» Sitzungen im Haag beizuwohaen. Graf Murawiew hat diesen Auf trag direkt vom Zaren Nikolaus erhalten. Grm-Uerna» »e» Wahlrechts tu Schweden. Die Proposttion der schwedischen Regierung über die Erweiterung de« aliaemeinen Wahlrecht« zur zweiten Kammer de« Reichstage« ist den Kammern zugestellt worden. Wie zu erwarten war, ist die Regierung m der Hauptsache dem Vorschläge der KommissionSmebrheit gefolgt, soweit e« sich um die Einteilung der Wahl kreise und die Aufhebung aller zur Zeit bestehen den Berschiedeubeiteu zwischen Stadt und Land handelt. Eine wesentliche Abweichung von dem Kommissionsvorschlage besteht nur in einem Punkte. Während die Kommission vorschlug, daß e« den Wahlkreisen gestattet sein sollte, eine Form de« mittelbaren Wahlmodu« zu wählen, falls sie solche« vorzögen, bestimmt die königliche Proposition, daß die Wahlen unmittelbare ProportionSwahlen sein sollen, bei welchen jedem Wähler eine Stimme zusteht. Auch in Betreff der Garantien gegen den Mißbrauch deS Wahlrechts schließt sich der Borschlag vollständig den grundlegenden Gesichtspunkten an, welche kurz nach der Bildung der letzigen Regierung öffentlich al« da« Wahlrechtsprogramm der Re gierung angegeben wurden. Diese sind: Vollständige Abschaffung des Vermögens- oder Einkommenszensur «rd Gewährung de« politischen Wahlrechts an jeden männlichen schwedischen Untertanen, welcher da« fünsundzwanzigste Lebensjahr erreicht hah vom Beginn de« darauf folgenden Kalenderjahre» au, sofern derselbe 1) nicht unter Vormundschaft oder Konkurs fich befindet oder 2) nicht während des laufenden oder de« vorhergehenden Kalenderjahre» Armenunterstützung für sich, seine Ehefrau oder seine minderjährigen Kinder erhallen hat oder 3) nicht Staat»- oder Kommunalschulden, welche während der drei letzten Kalenderjahre zu zahlen waren, schuldig geblieben ist oder 4) nicht seine ibm bi» zum Ausgang des letzt vergangenen Kalenderjahre» obliegenden Webrpflichtübungen un- erfüllt gelassen hat. In Bezug auf den dritten Punkt wird bestimmt, daß nicht nur den Steuerpflichtigen gestattet sein soll, die unter lassene Steuerzahlung bi» zu einem bestimmten Zeitpunkt nachzu holen, sondern daß sogar bei Ablauf dieser Zeit jedem Säumigen noch eine besondere Aufforderung zugesandt werden soll, in der ihm unter Hinweis auf die Folgen der Nichtzahlung noch eine wettere einmonatige Frist gestellt werden wird. Eine dem Vorschläge beiaegebene Berechnung zeigt, daß von den 1 200 000 männlichen Untertanen über 25 Jahre mindesten« S50 000 das Wahlrecht erlangen werden, während im Jahre 1902 die Zahl der Wahlberechtigten 382 075 be trug. Die Regierung ist selber der Meinung, daß da allgemeine Wahlrecht eine Demokratisierung der Gesellschaft und ihrer Anschauungen bewirken wird, sie vertraut jedoch, wie der „Schles. Ztg." au« Stockholm geschrieben wird, auf die in der Mehrheit befindliche ländliche Bevölkerung, deren ruhige und verständige Natur am besten geeignet sei, die Gefahr eine« Mißbrauch« fernzuhalten. Sie Parteien im Katz-Parlament. Der Premierminister der Kap-Kolonie, Sir Gordon Sprigg, ist, wie wir meldeten, bei den soeben vollzogenen Neuwahlen zum Kap-Parlament im Bezirk von East- London unterlegen, aber nicht, wie der Fernerstehende aaoehmen müßte, einem Vorkämpfer de« Afrikanderbond«, sondern seinem alten politischen und persönlichen Gegner vr. Smartt, einem in der Wolle gefärbten Progressisten. vr. Smartt war bekanntlich zusammen mit vr. Iameson, der auch bereit« gewählt ist, der Führer der Gruppe, die durchaus die Suspension der Verfassung in der Kap-Kolonie durch die englische Regierung herbeisühren wollte und die den Premierminister, der sich dem Vorhaben mit Erfolg entgegen stellte, auf da« leidenschaftlichste al« „Verräter" und „Bond- Sklaven" befehdete. Er wird von der extrem-konservativen Presse al« großer Patriot gepriesen, während die Afrikander ihn al« Fanatiker und Unruhestifter perhorreSzieren. ES fragt sich nun, welche von den beiden ^Parteien als Siegerin au« den Wahlen hervorgehen wird. Sind die Progressillen, die angeblichen englischen Patrioten, in der Mehrheit, so muß der Bond sich ernstweilen still verhalten und es kommt eia Ministerium „Smartt-Iameson und Genossen" an« Ruder, ob zum Heile de« Landes, bleibt abzuwarten. Sollte die Majorität dem Bond zufallen, dann dürfte die Niederlage Sprigg« für da« Schicksal der Kolonie verhängnisvoll werden, da er der einzige Progreisist war, der dank ferner gemäßigten Ansichten und feiner geschickten Taktik vom Bond an der Spitze der Regierung geduldet wurde. Dann könnte e« doch zu Kämpfen kommen, die zu der von den Progressisten so lebhaft herbe,gewünschten Suspendierung der Verfassung führen würden. ES hat jedoch den Anschein, als sollte daS Zünglein der Wage bei den Wahlen sich, wenn auch nicht stark, zu gunsten der Progressisten neigen; sie dürften einige Mandate mehr erhalten als die Bonbleute und infolgedessen auch den Anspruch auf die Leitung der Geschälte. Allzu scharf und schneidig würden sie aber nicht zu Werke gehen können, denn schon eine Absplitterung von drei oder vier Stimmen würde genügen, ihre Mehrheit im Kolonial parlament zur Minderheit werden zu lasten. Und daß alle proaressistischen Parlamentsmitglieder einer so extremen Richtung angehoren sollten, wie die Smartt und Iameson, ist doch kaum anzunehmeu. Deutsches Reich. * Lettzzttz, 15. Februar. Vom praktischen Jahre der Mediziner. Nach den neueren gesetzlichen Bestimmunaen haben diejenigen Mediziner, welche die ärztliche Prüfuna nicht vor dem 1. Oktober 1903 vollständig bestanden haben, ein sogenanntes praktische« Jahr zu absolvieren. Von der Münchner und der Leipziger Kliniker schaft war eine Hinausschiebung de« Termin« von dem ab diese Bestimmungen in Kraft getreten sind, an gestrebt worden; der Bundesrat hat die betreffenden Gesuche jedoch, wie da« königl. sächsische Kultusministerium der medizinischen Fakultät unserer Universität mitteilt, abgelehnt. * Berlin, 15. Februar. * Der Kaiser nahm am Sonnabend unter den militäri schen Meldungen auch diejenigen de«Oberstleutnants Lauen stein und des Major« Freiberrn v. Tettow vom General-1 stabe, sowie de« Major« v. Förster vom Grenadier-Regiment I König Friedrich Wilhelm III. und des Hauptmann« Hoff-l mann vom Generalstabe entzogen, die zu den kriegführenden Parteien kommandiert sind, die ersteren beiden zu den russischen, die letzteren beiden zu den japanischen Truppen. Nachmittag« besuchten der Kaiser da« Atelier des Grafen Görtz v. Schlitz, unternahm einen Spaziergang im Tiergarten und wohnte abend« in der Königl. Hochschule für Musik in einem vom Schiller verband deutscher Frauen veranstalteten Konzert der Auf führung von Beethovens 9. Sinfonie unter Leitung von Professor Joachim bei. — Sonntag morgen besuchte der Kaiser den Gottesdienst in der Kaiser Wilhelm-Gedächtnis kirche und empfing mittags den Bischof Fischer. * Kampf gegen die Unfitllichkeit. Wie die „Germania" mitteilt, hat der Reichstagsabgeordnete Roeren, Mit glied der Zentrumssraktion, eine Flugschrift in das Land geschickt, die, wie das genannte Blatt meint, Aufsehen er regen wird. ,-Sittlicher Niedergang" heißt ibr erstes Kapitel. Abgeordneter Roeren malt darin ein düsteres Bild von der Sittenlosigkeit des deutschen Volkes. Nach den weiteren Mitteilungen der „Germania" er klärt der Verfasser als wichtiges Mittel zur Besserung die Selbsthülfe deS Publikums. Das bewiesen die Er folge des Kölner Männervereins. Zweck der Schrift soll sein, eine große Organisation über ganz Deutschland anzuregen zum gemeinsamen Kampfe gegen die Unsittlichkeit, was eine sehr nette Hülfstruppe im Kampfe gegen den Liberalismus abaeben könnte. * Uniformäuderungen nach russischem Muster? Der, wie gemeldet, in PeterSbura eingetroffene Oberst v. Schenck, Kommandeur des Alexander-Regiments, der ein Handschreiben Kaiser Wilhelm« an den Zaren und eine Blechmütze de« Regiment« überbrachte, soll noch eine andere Mission haben. Dem „L.-A." wird aus Petersburg gemeldet, Oberst Schenck solle im Auftrag des Kaiser« Wilhelm Muster der russischen OffizierS- säbel mir Lederscheide sowie Uniformstücke erbitten, da man sich in Deutschland mit der Absicht trage, die stählernen Scheidendurchsolche au« Leder nach russischem Muster zu ersetzen. Die Nachricht klingt höchst unwahrschein lich in einer Zeit, in der selbst in Offizierskreisen eine starke Verstimmung über die zahlreichen Uniformänderungen herrscht. * Per Reichstag und der Tod de» Herzogs Friedrich von Anhalt. Die „Bernburg. Ztg." schreibt: „Einigermaßen ausfallend muß eS erscheinen, daß de» Ableben« weiland Sr. Hoheit de» Herzogs Friedrich I. von Anhalt im Reichstage mit keinem W orte Erwähnung getan wurde. Als König Albert von Sachsen starb, be teiligte sich daS Präsidium deS Reichstages an der Bei setzung, und nach Wiederaufnahme der Sitzungen gedachte der Präsident des Ablebens. Auch beim Tode des GroßherzogS Karl Alexander von Sachsen-Weimar geschah die» (19011, und da» Hau hörte die Ansprache stehend an. Beim Ableben de- Herzogs Alfred von Sachsen-Koburg-Gotha 1900 verhielt sich der Reichstag zwar auch passiv, doch kann dieser Fall nicht gut in Vergleich gezogen werden, da Herzog Alfred nicht zu den Begründern des Deutschen Reiches gehörte, wie Herzog Friedrich wenigsten- in gewissem Sinne, und der Reichstag damals nicht zusammen war, sondern erst 3'/, Monate später zusammentrat." * Trier, 15. Februar. Der auf den 16. Februar an gesetzte Verhandlungstermin im Prozeß HoeuSbroech- DaSbach wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. * Karlsruhe, 14. Februar. Der engere Ausschuß der national- liberalen Partei Badens hält mü den Reichs- und LandtaaS- abgeordneten am 18. Februar eine Sitzung behufs Beratung der Wahlrechtsvorlage ab. * Stuttgart, 14. Februar. Erzherzog Ferdinand Karl von Oesterreich ill in Begleitung des Hauptmann» Fraß zu einem mehrtägigen Besuche bei seinem Schwager, dem Herzog Albrecht von Württemberg, in Stuttgart eingetroffen. Bon hier gedenkt der Erzherzog, dem vom Kaiser Franz Josef ein sechs monatiger Urlaub bewilligt wurde, nach Spanien weiterzureisen. Ausland. Orient. * Balkauwirreu. Konstantinopel, 13. Februar. Das „Amtsblatt" von Adrtanopel veröffentlicht die Kundmachung, daß jenen bulgarischen Flücht lingen deS BilajetS, die trotz -er ihnen zugesicherten Amnestie infolge der Pression der bulgarischen Comtt^S noch immer nicht in ihre Heimat zurückgekehrt sind, eine weitere Frist von drei Monaten zur Rückkehr gewährt wirb. Diejenigen, die von der ihnen gewährten Amnestie in dieser Frist keinen Gebrauch machen, werden als Rebellen angesehen werben. Ihr Vermögen und ihre unbeweglichen Güter verfallen der Konfiskation, und falls sie ihre Familien in den Dörfern -urückgelaffen haben, so wird denselben nur das zum Lebensunterhalte nötigste belasten. Diejenigen, die nach dem Erlasse der erwähnten Kundmachung das Land verlosten, werben, sobald man ihrer habhaft wird, den Gerichten überliefert und ohne Unterschied deS Alters oder Geschlecht- gemäß dem bestehenden Gesetze bestraft. Desgleichen werden über die MukhtarS und Dorfoorstände, die es Unter lasten haben, den Behörden von der Flucht eines Ein wohners Kenntnis zu geben, strenge Strafen verhängt werden. DaS Ministerium des Innern hat auf Wunsch deS Kriegsministers ein Etrcular in Angelegenheit der Requisitionen gerichtet, die im Falle einer Mobilisierung der Armee vorzunehmen wären. Die Verwaltungs behörden werden angewiesen, sich mit den Truppen kommandanten über alle Fragen der Truppenbewegung und namentlich über die Transportmittel, die jeder Be zirk zu liefern haben wird, zu verständigen. Der er wähnte Circularerlaß ist jedoch nicht etwa als Mobili sierungsvorbereitung aufzufasten, sondern ist eine all- jährlich zu Beginn des Frühjahres wiederkehrende ge setzlich oorgeschriebene Kontrollmaßregel. Amerika. * Eine Netze Speck v. Sternburg«. New Dork, 14. Fe bruar. Bei der am 12. d. Mt«. abgehaltenen Lincoln- Feier beantwortete der deutsche Botschafter Freiherr Speck v. Sternburg auf dem Bankett de« Lincoln-Klub- in Grand Rapid« den Kaisertoast. Er hielt dabei eine bemerkenswerte Rede über die Beziehungen zwischen Deutsch land und Amerika. In dieser führte er au«: Die Augen Deutschland« blicken mit Stolz nach Michigan, wo Tausende seiner Kinder sich niedergelassen haben, den Traditionen de» Vaterlande« treu blieben und e» groß und mächtig machten. Der Deutsche wurde dadurch in die erste Reihe der Baumeister gestellt, die den Bau dieser großen Republik au-führten. Lincoln liebte die Deutschen. M» Propbet der neuen Welt sand er bei ihnen dieeigene» Ideale: Wahrheit und Freiheit. Die Deutschen verteidigten furchtlos ihr Recht, gaben aber auch ihr Leben für ihre Adopttvhetmat hin, als sich das Vaterland in Gefahr befand. Die Ge- fchichte der amerikanischen Kriege zeigt eine lauge Liste deutscher Namen, wovon viele unsterblich sind. Die vaterländischen Ideal« stehen heut« auf demselben Pidestale wie in der Zeit, al» jene oder ihre Vorfahren au»- wanderten. Die Sprosse« de» Zollernhause«, al» unerschrockene Hüter und Verteidiger Deutschland», verkörpern die Traditionen, die die Nation groß gemacht habe». Die Welt staunt über den Fort schritt. Unter Kaiser Wilhelm entwickelte sich Handel und Indu strie in einem Grade, daß Deutschland in die erste Reihe der Nationen getreten ist. Seinen Fortschritt hat e» nicht durch da» Schwert, sondern durch sechzehnjährige Arbeit in Frieden und Eintracht mit der Welt erreicht. DeS Kaiser» Genie belebt die geistige und künstlerische Bewegung, die ebenso bewundernswert ist wie der materielle Fortschritt. Die gleichen Eigenschaften der beiden Böller ermöglichten den mächtigen Fortschritt in Handel, Gewerbe und Wissenschaft im letzten Jahrzehnt, wobei beide Böller einander Bei stand leisteten. Prinz Heinrich nahm eine warme Erinnerung von jedem Händedruck, jedem gehörten Worte mit und wurde dem kaiserlichen Bruder ein getreuer Dolmetsch de» wahren amerikani schen Geiste«. Der Wunsch de» Kaiser», der vom Prinzen Heinrich auSgestreute Same möge zur vollen Reife gelangen, begeisterte das Boll enthusiastisch, sich au der Welt ausstellung zn beteiligen. Die große Aehnlichkeit der jetzigen Oberhäupter beider Böller seien da- festeste Band und die stärkste Garantie für den friedlichen Fortschritt. teipzrg-v Angelegenheiten. 15. Februar. 3«« Nachfolger tze» ko«maudiereutzen General« von Trettschke ist der Kommandeur der 40. Division Graf Vitz thum von Eckstädt in Aussicht genommen. Die Veränderung soll Ende März diese« Jahre« eintrete». Dem Antzenkeu vr. Richartz Richter», Rektor» tze» König!. Albert-Gymnasium». E« ist vielfach der Wunsch ausgesprochen worden, daß die am Sarge de« unvergeßlichen Rektor- de« König Albert-Gymnasium«, vr. Richard Richter, am 30. Mai 1901 von Pfarrer v. Buchwald gehaltene Gedächtnis rede in Druck erschiene. E« wird den zahlreichen Freunden jene« Schulmanae« lieb sein, zu erfahren, daß dieselbe in den „Pastoralblättern" (C. Ludwig Ungelenk, Dresden und Leipzig) soeben zum Abdruck gelangt ist. * Auszeichnung. Die KreiShauptmaunschaft Leipzig hat dem seit 17. März 1874 ununterbrochen in der Dürrschen Buchhandlung in Leipzig, Querstraße 14, beschäftigte» Markthelfer Herrn Johann Friedrich Wilhelm Merker in Leipzig-Reudnltz eine Belobigungsurkunde verliehen. Selbstmord zmeier Liebenden. Bet Böhlitz- Ehrenberg wurde, wie wir schon meldeten, ein junges Liebespaar tot aufgesunden. Nach den aufge- sundene» Papieren ist der junge Mann der ledige Kauf- mann Altwein aus Zeitz, zuletzt in einer Buchholzcr Möbelposamentenfabrik beschäftigt gewesen. Lebensmüde. In einer Lustscheune an der Delitzscher Straße in Eutritzsch wurde am Sonntag abend ein unbekannter Mann erhängt aufgefunden. Der Tode wurde nachmals al» ein hier wohnhafter 40jähriger Tischler erlannt. Was den Unglücklichen in den Tod getrieben hat, ist unbekannt. verbrüht. Am Sonnabend abend hat sich in einer Woh nung der Seeburgstraße da» IHjährige Kind eine» dort wohnhaften Schneiders mit heißem Kaffee verbrüht und ist heute morgen den erlittenen Verletzungen erlegen. Da» Kind hatte an der Decke de» Tische», auf dem eine Kanne Kaffee stand, gezogen und dabei war die Kanne umgefallen, der heiße Kaffee aber auf da» Kind geflossen. Polizeibericht. Vermißt wird seit de« 9. d. M. aus der elterlichen Wohnung in der Aeuheren Bayerischen Straße der Kaufmannslehrling Paul Richard Bös se rt, geb. am 17. September 1888 in Leipzig. Er ist etwa 1,53 Meter groß, schmächtig, hat dunkelblonde» Haar, rundes gesundfarbiges Gesicht und trug dunkelblauen Ueber- zieher, graues Jackett, dunkle Weste, dunkelgraue Hose, Stiefe letten und schwarzen weichen Filzhut. — Wegen Ungebühr mußte ein 29 Jahre alter Buchdrucker aus einem Restau rant in der Gutenberg st raße gewiesen, werden. Aus Aerger darüber zertrümmerte er mit emer Bierflasche eine große Schaufensterscheibe de» Lokales im Werte von 100 <ck. Er wurde deshalb zur Verantwortung gezogen. — Zur Rechenschaft gezogen wurden zwei Arbeiter im Alter von 37 und 39 Jahren, die in einer Fabrik in der Ost- Vorstadt in Stellung waren und dort Rotguß im Werte von mehreren hundert Mark entwendeten und an einen Roh produktenhändler verkauften. — In Haft kam ein 18 Jahre alter Arbeiter au» Reudnitz, der dringend verdächtig ist. eine Anzahl Einbruchsdiebstähle in Baubuden in der Umgebung Leipzigs verübt zu haben. — Unter Vor legung gefälschter Papiere versuchte em 30 Jahre alter Arbeiter au» Wesel Unterstützungen ^u erlangen und kam deshalb in Haft. — Aufmerksam gemacht wird auf einen unbekannten etwa 16 Jahre altenBurschen, der bei hiesigen Herr schaften mit Bettelbriefen erscheint, die von einer an geblichen Frau Moser in der Brandvorwerkstraße geschrieben sind. Die Frau gibt es aber gar nicht. — In der Nacht zum Sonntag hat ein Dieb an einem Schaufenster eine» Uhrengeschäftes in der Süd st raße, nachdem er den Rolladen emporaeschoben, ein Stück ausgeschnitten und gestohlen 6 goldene Herrenuhren, Nummern 42 756, 193 502, 1 846 546, 142 448, 147 389, 144 027; fünf silberne Herren- uhren, Nummern 57 488, 59 385, 7266, 516, 1841/23; eine Goldine-Herrenuhr Nr. 354 868; eine schwarze Stahl-Herren- remontoiruhr Nr. 36 und eine Damenuhr Nr. 6 im Gesamtwerte von 625 -ck. — Ein etwa 18 Jahre alter Knabe nahminder Kirch ft raße zu V o>l k m a r S d o r f einem jüngeren Knaben einen Geldbetrag ab. Der junge Dieb trug dunklen Jackettanzug, rotbraune Schuhe und schwarzen weichen Hut.— Gestohlen wurde au» Bodenkammern im Brühl und in der Nordstraße eine Anzahl Betten, 4 Schal» Gardinen, ein ziem lich neuer großer Reffelorb, sowie ein Winterüberzieher von brau nem glatten Äoff, mit blauem, weißkarriertem Futter, 4 Frauen blusen von buntem Wollstoff, 2 weiße Unterröcke und verschie dene andere Sachen; au» einem Grundstück in der Bergstraße ein Rover mit der Firmenbezeichnung „Nestler L Skaoock m Chemnitz", wahrscheinlich Nr. 7321, im Werte von 120 aus Buchhändlerwagen in der Ostvorstadt 6 Barpakete. Der Dieb, ein unbekannter Bursche im Alter von ca. 16 Jahren, löste die Pakete sofort ein; auS einer Hausdienerstube in der Gerber st raße eine silberne Remontoiruhr, Nr. 6260, im Deckel die Abbildungen der drei deutschen Kaiser eingraviert; an der Markthalle ein weißer Handkorb, enthaltend 1^4 Schock Eier, geräucherte Aale und verschiedene andere Waren: durch Einsteigen verschaffte sich ein Dieb Ein gang in ein Restaurant in der Süd st raße und ent wendete nach gewaltsamem Oeffnen eines Grammaphon» eine» Geldbetrag von 15 außerdem wird eine Platte zu dem In strument — Rosen aus dem Süden — vermißt; abhanden g^ekommen ist am 7. d. M. ein goldener Rmg, oben in eine Schleife auslaufend, in der sich ein Brillant befindet, ein Damenring mit einem Rubin, einem größeren und einem klei neren Brillant, ein goldener Damenring, Marquisform, mit einem eckigen Smaragd und um diesen steine Brillanten. Auf die Wiedererlangung der Ringe ist eine Belohnung von 800 ausgesetzt. — Verhaftet wurde ein 20 Jahre alter Stall schweizer aus Tragwitz, der sich bei einer Familie in Neustadt «imnietete und unter unwahren Angaben Kredit erlangte. Aus -er Umgegend. * Leutzsch, 15. Februar. Nach dem aufgestellten HauS- jaltplane auf das Jahr 1904 für die Schulgemeinde hat sie Gemeindekaffe einen Fehlbetrag von 59479,18 ^t! gegen 56 134,18 ^t! tm Borjahre) zu decken. Der Gr am t b e d a r f an 89 225,93 (94 552,33 setzt sich auS olgenden Posten zusammen: 12 758,41 für Verzinsung un- Tilgung der aufgenommenen Anleihen, 63 657,52 ^t! für Besoldungen, 1500 für Unterhaltung der Gebäude, 3000 für Unterhaltung und Vermehrung deS In ventars und der Bibliothek, 600 Miete an den Turn verein für Benutzung der Turnhalle, 1200 für Ver waltungsaufwand, 100 für Staats- und Gemeinde abgaben, 5400 für Heizung, Beleuchtung und Reinigung der Schullokalttäten, 510 Aufwand für die Feuilleton Theater. Da» dunkle Tor. Schauspiel in 4 Aufzüge» von Felix Philippi. Erstaufführung tm Leipziger Schauspielhaus am lS. Februar 1S04. Felix Philippi gekört zur Schule Victorien Sardou«; er wählt Stoffe im aktuellen Interesse und arbeitet mit starken Theatereffekten wie dieser. „DaS große Licht" beschäftigte sich mit Problemen de« künstlerischen Schaffens und batte einen sensationellen Abschluß, der auf starke Nerven berechnet war. „DaS dunkle Tor", welche« vorgestern hier zur Aufführung kam, schließt mit einer Explosion, welche an diejenige Björnson« „Ueber unsere Kraft" erinnern mag. Offenbar schwebte da« norwegische Stück dem deutichen Autor vor, wenn er auch nicht die große Wirkung damit erreicht wie Björnson. Da geht die fieberhafte Aufregung der dem Tod geweihten Opfer voraus und die Explosion bildet die entscheidende Katastrophe de« Drama«, während sie bei Philippi eigentlich nur einen theatralischen Knalleffekt für einen wirksamen Ab schluß bildet. Der Konflikt zwischen Kapital und Arbeit liegt beiden Stücken zu gründe, doch ist er bei Philippi nicht zu jener traguchen Höhe gesteigert wie bei Björnson. Der Ge heime Kommerzienrat Wandenberg ist der Unternehmer eine« großen Bahnbaue« im Gebirge. Der technische Leiter ist der Obrringenieur Johanne« Falkenried, welcher dem Geheimen Kommerzienrat al« einem väterlichen Freunde sehr viel zu ver danken dal: Erziehung, Bildung, ja feine Existenz und jetzige Stellung. Nun ergibt e« sich aper, daß der Bau aus einmal durch elementarische Eingriffe schlimmster Art, durch einen un abwendbaren Einbruch der Bergwasser nicht bloß bedroht wird, sondern nach der Ueberzeugung de« Ingenieurs unrettbar verloren ist. Daran knüpft sich nun der Konflikt. Der Geheime Kom merzienrat hat eine Sitzung mit den Finanzministern, welche sein Unternehmen stützen; wenn sie von neuem Geld dazu hergehen sollen, muß ihnen die aussichtsvolle Fortentwicklung de« Unternehmens gesichert erscheinen. DaS soll durch da sachverständige Urten de« Ingenieur« entschieden werden. Dieser hat aber vorher dem Kommerzienrat ausdrück lich erklärt, daß da« Unternehmen verloren ist, daß der Tunnel zusammenbrechen und die Arbeiter begraben wird. Jener aber beschwört ihn, in der Sitzung der ver sammelten Finanzgrößen diese drohende Gefahr zu ver schweigen, sonst sei er selbftzugrunde gerichtet und müsse sich da- Leben nehmen. Nach schwerem innern Kampf gibt Falkenried nach, bringt in der Sitzung stotternd die nur halbverkleidete Lüge hervor. Doch al« der Fackelrua der Arbeiter erscheint, um den Kommerzienrat und seine Gaste zu ehren, al« er diesen Zug der Morituri sieht, welche denen zujubeln, die sie in« Unglück stürzen wollen, da kann er nicht bei der Lüge länger beharren, da ruft er zum Fenster berau ben Arbeitern die volle Wahrheit zu, während der Geheime Kommerzienrat ihn Lügen strafen will und ibn für unzurechnungsfähig erklärt. Im letzten Akt sucht Falkenried die widerstrebenden Arbeiter zu über zeugen ; ja er droht sogar, den Tunnel in die Luft zu sprengen, ehe er in seinem Schlund die Arbeiter begräbt. Es gelingt ihm durch eine feurige Ansprache und indem er sich an die Einzelnen wendet, den Widerstand zu brechen. Der Tunnel aber entgeht feinem Schicksal nicht — hier setzt ein Motiv ein, das au« den Kapiteln eines Hintertreppenromane« entnommen zu sein scheint. Ein halb blödsinniger Alter, besten Familienglück durch einen wüsten Burschen, den Dominik, zerstört worden, vollbringt aus Rache gegen diesen das Zer- störungSwerk. Dominik bat sich an die Stelle begeben, Weiche Falkenried in seiner Ansprache als geeignet für eine zerstörende Tynamitexplosion angegeben bat. Dominik will da« hindern, aber der Alte vollsührt die Tat und opfert sich und den ver haßten Feind. Eine nebensächliche Episode, die mit dem eigentlichen Konflikt nicht« zu tun bat, führt den ganz äußer lichen sensationellen Abschluß herbei. Wird schon dadurch die dramatische Handlung abgestumpft, so fordert ihre Führung und Motivierung noch ein andere« Bedenken heraus, der innere Kampf de« Oberingenieur« ist in seiner widerspruchsvolle» Entwickelung keineSweg« un berechtigt, wenn einmal die Frage so gestellt ist, wie sie der Autor stellt; aber gerade hierin liegt da- Unwahrschemliche. Der Kommerzienrat ist ja überzeugt, daß Fallenried mit seinem Sachverständigenurteil recht hat; aber er soll e« verschweigen. Warum? Damit die Finaozmächte da« Geld für da« Unternehme» nicht verweigern. Doch wa« ist denn damit gewonnen, wenn da- ganze Unternehmen in den nächsten Tagen zusammenkracht? Ob Falkenried spricht oder schweigt — die Tatsachen werden ja sprechen. So ist da« Ganze eine haltlose theatralische Fiktion, ein dramatische« Scheingefecht, hinter dein sich keine ernstgemeinte Leben«- Wahrheit verbirgt. Im übrigen ist da« Stück voll lebendiger Bewegung, sceuisch gut aufgebaut, nicht ohne Spannung und Steige rung, mit allerlei Effekten durchsetzt, die förmlich an da« starke Gewürz der Kriminalromane gemahnen. Die Inner- lichkeit kommt dabei ru kurz, die psychologischen Schattierungen sind matt und flüchtg, der Dialog ist wenig geistreich und bewegt sich oft in Gemeinplätzen. Um die Vorstellung hatte sich die Regie de« Herrn von Gerwitz Verdienste erworben, die Masten, die eine nicht unbedeutende Rolle spielen, waren gut designiert. Die Hauptrolle lag in den Händen de- Herrn Mehnert, sein Ingenieur Falkenried hatte etwa« Naturwüchsige«, Kräftige«; die innere Gebrochenheit de« Charakter«, al«er zu lügen verspricht und dabei in Kampf gerät mit dem WahrbeitSgefühl, da- er nicht zu ersticken vermag, kam gut zur Anschauung; seine Ansprachen an die Arbeiter hatten Kraft und Mark. Wenn er un« al« Liebhaber weniger interessierte, so war die« di« Schuld de« Dichter«, der die Lene Maurer trotz aller Bemühungen zu keiner sympathischen Frauengestalt zu machen wußte. Mar,e Eisen Hut gab ihr Kraft und Frische, aber sie war oft mehr laut, al« innerlich; der Gefühl-au-druck kam bei den Ausbrüchen de« Affekte« nicht zu seinem Rechte. Der Geheime Kommerzienrat Wandenberg de« Herrn Bornstedt war ein alaubwürdigr Großkaufmann, spielte die Hauptscene mit Falkenried im zweiten Akte trefflich und führte un« die innere Bedrängnis bei der Beratungsscene mit feinen Zügen vor. Herr Vollmer al« Dominik gab ein scharf ausge prägte« Charakterbild und Herr Liebmann al« Hihi be währte wiederum sein Talent für die Darstellung solcher sonderbaren pathologischen Gestalten. Der Wirt de« Herr« Wirth und die Briefbotin von Agne« Wenkhau« brachten etwa« Humor in die VolkSscenen. Die Herren Eggeling, von Gerwitz, Wildenhain, Berthold undHofmann gaben den beratenden Finanzmännern gute Charakterköpfe und auch die Gäste de« „Himmelreichs" und die Arbeiter suchten den skizzirten Umrissen de« Dichter« nach Kräften Blut und Leben zu verleihen. Luäolk von 6tottscd»U. ä Arthur Schnitzlers Schauspiel „Der einsame Weg" hatte im „Deutschen Theater" zu Berlin keiuen Erfolg. Nur mühsam kamen einige Hervorrufe zu stände, warm befürwortet von einem Häuflein, da» in Schnitzler, auch wenn er ein miß glücktes Stück geschrieben, noch immer einen liebenswerten Poeten sah. Der Kritiker de» „Berliner Tageblattes" schreibt: Ein mißglücktes Stuck? Ein Stück überhaupt? Schon „Der Schleier der Beatrice" zeigte diese Neigung de» Dichters, mit >euer hier und da sür genial gehaltenen Absichtlichkeit klare Gedanken bi» zur Unkenntlichkeit einzudüllen. Man glaubt ein Ibsen zu sein, indem man sich in Nebel einspinnt und nur durch dicke Wolkenwände, die jeden Schall und jeden Sinn verändern, zum gemeinen Volke spricht. Gerade Schnitzler, der nicht nur ein starker ' Empfind«, sondern auch eine große Intelligenz ist, hätte nicht auk diesen Weg geraten sollen, nicht aus Modesucht, auch nicht in dem ehrlichen Streben, an das gern geglaubt sei, über sich selbst binauszukommen und die letzten Firnen der Kunst zu ersteigen. Seine Persönlichkeit, mit ihr« Weichheit und dem Anflug von weltkundigen Cynismus, war bedeutend genug, um unverkünstelt durch sich selbst zu wirken. Nun wollte « wieder einmal in die tiesste Tiefe steigen und geriet in die breiteste Breite des Epo». Nun wollte « letzte psychologische Fineffen geben und wurde für die schaulustige Menge unverständ lich, ganz oder beinahe. Mit Mühe nur entziffert sich die Runen schrift in der « fei»e Charaktere beschreibt; mit Müh« »ur löst sich
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