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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040226019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904022601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904022601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-26
- Monat1904-02
- Jahr1904
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4.- i.v. e^7: 1.0 SS ?? 1.0 I.o. I.V t-v. «.v 1.0 I.V 1.0. rv I.V 1.0. l.v 1. 0 pv. t.0 UV. t.v 1 v w.Lp.W lv.6p.37 -^,40 4. l »dl.. «o<Uu»v K «l»r>o ». v. 1.0. «.0. 1.0. 1.0. t. o. u o. u o. 1.0. 1.0. 1. o. UV. 10. 1. v. 1. o. u o. us-t-o. uv. 1. o. ov^L-v. » »«rt: UV UV UV. 19".' 1.0. VezugS-PretS 1« der Haoptexpedition oder deren AuSgabe- strllen ap geholt: vierteljährlich 3.—, bet zweimaliger täglicher AusteNnna inä tzan- 3.75. Durch di« Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.50, fllr di» übrigen Länder laut Zettvn-SprriSltst». »ebittttn« «,tz Sr»«ditinn: zohanniägass« 8. Fernsprecher 153 n. «A Stlt«ler»e»ttt»«e»: Alfred dah », Buchdandig. Untversttätästr.» (Frrnspr. «r. 4046>, L. Lösche, Katharine»- -raß« 14 (Fernsprecher Sir WL5) u. ÄSatgs- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). -»«pl-FUlale Prr»tzea: Warirnstratz, 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-FUtal« verli»: LarlDnncker, H«rzal.Baqr.Hofbuchdandla„ Lützowsttaß« 10(Aer«sprkcherAmtVt Nr.4S0S.) Sir. 1V3. Morgen-Ausgabe. MpMerTaMM Anzeiger. Amtsblatt -es ASniglichcn Land- und -cs Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales und -es Nolizeiamtes der Lta-t Leipzig, Freitag den 26. Februar 1904. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 28 Reklamen nnt« dem Redaktionäflrtch (4 gespalten» 75 4. nach den Famüiuulach» richten (S gespalten) 50 >4- Labellarischrr und Ziffernsatz entsprech«»- Hüber- — Gebühren für Nachweisung«« und Offerteoanuahme 2Ü >4- »rtr«-vetlagrn (gesalzt), nur mit d«e Moraea-Au-gobe, obn« Postbef-rderung 60.—, mit Postdesvrdrruag ^l 70.—. Annahmrschlus, für «»zeige»: tzlbrnd-Ausgabe: vormittag« lO Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind stet« au dir Ezpeditioa zu richte». Dir Expedition ist Wochentag« ununterbroch« geöffnet von früh ö bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Pal» in Leipzig (Inh. l)r. «„ R. L W. LUnthardt). 98. Jahrgang. Var llsicbtlgrtr vsm rage. * Der Reichskanzler bat sich dem „Petit Parisirn* zufolge einem Franzosen gegenüber im Sinne der Aufrecht» erhaltuna guter Beziehungen zu Rußland, aber auch der strengste« Neutralität im rujstsch-japanischen Kriege ausgesprochen. * Fünf sozialdemokratische Agitationükomitee« Sachsen» haben eine Erklärung gegen die Kandidatur Göhr es im 20. sächsischen Wahlirtise erlasse». Göhre wird aufgefordert, die Kandidatur abzulehne». * Tin neuer Angriff der Japaner auf Port Arthur hat gestern stattgefunde», wurde aber abgeschlagen. Var Semeinllerieueriveren in 5a»ren. I. * Mit Vorlegung des Gcmeindesteuergesetzes sind den Ständen zugleich eingehende Mitteilungen über das Ge- meindestcuerwcsen in Sachsen zugegangen. Erhebungen hierüber hatte die Regierung schon in Aussicht gestellt, als sie dem vorigen Landtage eine Denkschrift über das Ge- meindesteuerwesen vorlegte. Diese Erhebungen haben nun stattgefunden, und zwar sind sie angestellt worden für die Jahre 189V, 1900 und 1901. Für uns in Betracht kommt in der Hauptsache nur das letztgenannte Jahr, weil es uns — zurückgcrechnet — am nächsten liegt, und so mit die Ziffern den heute geltenden am nächsten kommen. Ehe wir aber auf Einzelheiten eingehen, müssen wir noch ein Wort der Anerkennung über die Statistik selbst sagen. Sie dürfte wohl die vollkommenste sein, die ein deutscher Bundesstaat aufzuweisen hat. Deshalb ist ihr auch ein bleibender Wert zuzumessen, und zwar nicht nur für den Statistiker (denn das wäre das wenigste), sondern für die Maßnahmen, welche bei einer späteren Regelung des Go- meindesteuerwesen» zu treffen wären. Also wenn auch der von der Regierung vorgelcgte Gesetzentwurf, wie wahrscheinlich ist. abgelehnt werden sollte: dieArbeit war nicht umsonst. Sie wird der Zukunft von Nutzen sein, und das möge den Herren am grünen Tische eine gewisse Befriedigung gewähren. WaS nunmehr die Ermittlungen über daS Gemeinde- steuerwescn betrifft, so haben sie sich erstreckt auf 3215 Ge meinden mit insgesamt 4 117 704 Einwohnern. Sie bieten also ein fast vollständiges Bild, denn da Sachsen nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung 4 202 216 Einwohner hatte, so sind 98 Prozent der gesamten Bc- wohnerzahl statistisch behandelt worden. Die Summe der Gemeindesteuern in diesen 3215 Gemeinden stellte sich auf 64 421 000 <^. Da bei der letzten vorangegangenen statistischen Erhebung über die Gemeindesteuern, die im Jahre 1890 erfolgte, die Summe dieser Steuern rund 35,5 Millionen betrug, so ergibt sich, daß in dem elf jährigen Zeiträume von 1890 bis 1901 die Steuern um fast 29 Millionen Mark oder um 81,7 Prozent gestiegen sind! Betrachten wir demgegenüber das Wachsen des Einkommens, so zeigt sich, daß dasselbe im Jahre 1890 für ganz Sachsen auf 1495,9 Millionen Mark, im Jahre 1901 aber auf 2263,4 Millionen Mark geschätzt war. Die Steigerung war also ganz ansehnlich, denn sie betrug 767,5 Millionen Mark; allein Verhältnis- mäßig berechnet bezifferte sie sich doch nur auf 51,3 Pro ¬ zent. Die Steuern sind also um 30 Prozent mehr gestiegen als das Einkommen — das ist das Fazit des Exempels. Bei den fortwährend in geradezu un geahnter Weise sich mehrenden Bedürfnissen der Ge- meinden, im großen wie im kleinen, kann da» nicht wunder nehmen. Ueber die einzelnen Dteuerarten nach ihrer Der- breitung und ihrem Ertrage gibt folgende Uebersicht Auf schluß. ES sind die nachstehenden Steuern erhoben worden: In mit und hab«» G«- »tn. erdrichl »clnden «ohnern Mart Einkommensteuer Grundsteuer Köpfst»»«« , . . Mietsten« Schanksteuer Abgabe vom Kleinhandel mit Spiri tuosen Umsatzsteuer vor» Großbetrieb im Llnnhandel Dandergewerbesteuer Kapttalporsjeuer vesitzstechselabgabe» Hundesteuer Abgabe von Vergnügungen . . . Biersteuer Allg. Verbrauchsabgaben . . . . Schlachtsteuerzuschlag Braumalzsteuerzuschlag . . . . Sonstige Geldabgaben . . . . 1790 8 756 408 44 809 323 2914 34»6 30» 9 235 746 I 19S4 1238294 1593 273 27 18S33 17 967 6,1 1245 6^ 177 402 118 6864t» 44396 25 170692 107 001 20 1026746 10486 1 5 790 1985 2562 4 012735 3 928 329 3177 4 111338 752781 2311 3 959 133 712 872 321 1717 534 1207 587 2 422 170 1630 208 4 34 531 11415 1 3 676 719 31 182 516 179 473 Summe: 64 420 963 Aus der vorstehenden Uebersicht läßt sich ersehen, daß zu den allgemein verbreiteten Steuern nur die Ein- kommen-, Grund-, Kopf- und Hundesteuer, sowie die Ab- gäbe vom Besitzwcchsel und die von Vergnügungen zu zählen sind. Alle andern Steuern kommen, mit alleiniger Ausnahme der Besteuerung des Bieres und des Schank- gewerbcs, mehr oder weniger nur vereinzelt vor. Am verbreitetsten ist die Hundesteuer; nur 48 Gemeinden im Lande hatten eine solche nicht cjngefnhrt. Dann folgt die Grundsteuer, die von 90,8 Prozent aller Gemeinden er- hoben wurde. AuS der Zahl brr Gemeinden, die eine Steuer er heben. und der Zahl der Einwohner läßt sich natürlich auch ein Schluß auf die Größe -er Gemeinden ziehen. So ergibt sich, daß nach Abzug der drei Groß städte (die ein richtiges Bild wesentlich beeinflussen wür den), diejenigen Gemeinden, die eine Einkommen- steuer erheben, durchschnittlich 1510 Einwohner haben, die G r u n d st e u e r - Gemeinden nur 806 und die K o p f st c u e r - Gemeinden sogar nur 435 Einwohner im Durchschnitt zählen. Es läßt sich daraus ohne weiteres ersehen, daß die Kopfsteuer die Steuer der kleinen, der rein ländlichen Gemeinden ist, während umgekehrt die Einkommensteuer dort am wenigsten anzutrefsen sein wird. Am ertragreich st en sind: die Einkommensteuer, die Grundsteuer und die Besitzwechselabgaben. Sie brachten 69,56 bez. 14,34 und 6,10 Prozent, zusammen also gerade 90 Proz. deS Gesamtbetrages aller Steuern. Man kann also mit Recht sagen, daß im allgemeinen als die Hauptsteuern der Gemeinden nach dem gegenwärtigen System nur die genannten drei Steuern in Betracht kommen. Mehr als eine Million Mark erbrachten dann noch die Kopfsteuer, die Bierstcucr und die Verbrauchs abgaben. Zu benierken ist, daß diese Steuerarten, die man bei uns in Leipzig nicht kennt, in der Residenz Dresden anzutrefsen sind. Erwähnt sei hierbei, daß die Tabellen der Denkschrift in diesem Punkte insofern fehlerhaft sind, als sich im Jahre 1901 der Ertrag der Bier st euer in Dresden nicht auf 121 778 .4t, sondern auf 396 125 stellte; der Irrtum rührt daher, daß in den Tabellen der Denkschrift nur der Steuerbetrag für einheimisches Bier berücksichtigt, der des eingeführten Bieres aber (274 347 -A) unter Verbrauchsabgaben be rechnet wurde. Letzteres ist offenbar falsch und ist auch nicht absichtlich geschehen, denn sonst hätte für alle Städte eine solche Trennung durchgeführt werden müssen, was nicht der Fall ist. Wir haben also an dieser Stelle die Denkschriftsangaben berichtigt. Ueber die seltener vorkommenden Steuern sei noch folgendes bemerkt: Die einzig vorkommende Kapital vorsteuer wurde in Thalheim bei Stollberg, der Braumalzsteuerzuschlag in Pausa erhoben. Schlacht- steuerzuschläge erhoben Bautzen und Hainichen , so- wie zwei kleine Landgemeinden. Allgemeine Verbrauchs abgaben bestanden in Dresden und Bautzen. Von den „sonstigen Geldabgaben" (in Summa 181 458 <M kommen 172 431 -F auf die Städte Zwickau und Werdau. Welche Abgaben das sind (etwa in Zwickau die Gcmeindegewerbesteuer u. a. m.) läßt sich aus der Denkschrift nicht ersehen. Wenn wir übrigen» an dieser Stelle Gemeinden namhaft machen, so haben wir stets die Ermittlung der betreffenden Gemeinde auf Grund der angeführten Einwohnerzahl vorge nommen; in den Tabellen fand sich nämlich stets nur die letztere. Auf das gleiche Verfahren waren wir angewiesen bei der folgenden Uebersicht, die das Steuerauf bringen der drei Großstädte betrifft. In den Tabellen sind ebenfalls nur Angaben über die drei Groß städte zusammen enthalten. Da uns die Ziffern für Dresden und Leipzig zur Hand waren (Verwaltung»- berichte), so ließen sich demgemäß die für Chemnitz be rechnen. Darnach gelangten wir zu nachstehenden Er gebnissen: Uesämtertrag sür «Remelnd», Schul« und Mrch« in LeN'-ig in Dresden in Che i tz 1) Einkommensteuer . 10 185 178 .et 6 795 836 3 951 Ü26 2) Grundsteuer . . . 2142 425 - 1315011 - 686 687 - 3t Kopfsteuer . . . — 291 534 - —- 4) Wanderlagersteuer. 5) Besitzwechselabgaben 200 - 1040 - —E» 727 459 - 987 633 - 368143 - 6) Hundesteuer . . . 128019 - 87 609 - 38 615 - 71 Vergnügungsabgaben 8) Biersteuer . . . 105 219 - 107 689 - 396125 - 43 818 - 136 773 - 9) Verbrauchsabgaben — 1595 707 - — InSgeiamt: 13 288 500 11 578 214 5 225 662 V« oder pro Kopf der Bevölkerung . davon nur direkte 29,10 29,20 ^ll 25,25 ./L Steuern (1—4) . 27,00 - 21,20 - 22,40 - Von den gesamten in Sachsen erhobenen Gemeinde steuern entfielen also 30 092 376 oder 46,6 Prozent auf die drei Großstädte des Landes, während sich die Zahl der Einwohner derselben auf 25,6 Prozent stellt. Die Belastung der großstädtischen Bewohner ist also im Durch schnitt viel höher als die der übrigen Gemeinden des Landes. Sie betrug auf den Kopf der Großstadtbevöl kerung 28,40 auf den Kopf aller anderen Gemeinden 11,22 -.6. In der Hauptsache sind es wohl die zahlreichen Landgemeinden mit ihren geringen Bedürfnissen, die zu der niedrigen Bclastungsziffer führen. Für die mittle ren Städte dürfte das Bild ein anderes sein. In der Belastung des Einzelnen stehen Leipzig und Dresden auf fast ganz gleicher Stufe, während Chemnitz erst in einem immerhin bemerkenswerten Abstande kommt. Nimmt man aber nur diedirekten Steuern, so steht DreS - denam günstigsten da. Es hat das seinen Grund in dem ausgebildeten indirekten Steuersystem dieser Stadt. Würde Dresden in Gemäßheit der vom Reichstage bei Beratung des Zolltarifs gefaßten Beschlüsse vom Jahre 1910 ab keine Verbrauchsabgaben mehr erheben dürfen, so würden rund 1 600 000 «4k an Steuern mehr aufzu bringen sein. Daß sich Dresden hiergegen zu wehren sucht, ist begreiflich. Mit den einzelnen Steuerarten werden wir unS in einem zweiten Artikel beschäftigen. K. Der russisch-japanische Kriegs. <r^. Die japanische Flotte ist von Port Arthur nicht weit nach Osten gefahren. Die erlittene Schlappe ließ de« Höchst kommandierenden, Admiral Tag» nicht ruhen. Er versuchte einen dritte« Angrift ans p,rt Arth»», worüber uns folgendes Telegramm zugeht: * Petersburg, 28. Februar. (Tel.) Amtlich wirb ^meldet: General Pflug berichtet au» Part Arthur vom 28. Februar: vou 1 bi» '/,4 Uhr worgru« griff der Feind »ou neuem Part Arthur a». Der An griff würbe auf »er ganze» Linie «hgeschlaie». Einzelheiten fehlen noch. Dafür entschädigt unS mittler- weile, wa« ein französisches Blatt über ein Intcrvierv mit -en» deutschen Aeichakanzter zu melden weiß. Man berichtet un«: * Paris, 25. Februar. (Eigene Meldung.) „Petit Parisi«" veröffentlicht eine Unterredung, die der deutsch« Roichg- kanzler Graf Bülow kürzlich mit einem Franzos«« gehabt habe. Der Reichskanzler soll gesagt dabe«: Mit AuSnabm« der Sozialdemokraten sind alle Parteien im deutschen Volke darin «inig, daß die guten Beziehungen zu Rußland aufrecht er halten bleiben müssen. Darin liegt keine Feindschaft gegen über England und auch keine Verkennung de« japanischen BolkeS. Das gute Einvernehmen mit Rußland ist eine alte Tradition Preußens und Deutschlands. — Dir von verschiedenen Seiten ausgestellte Behauptung, daß die deutsche öffentliche Meinung Rußland feindselig gesinnt sei, bedeutet eine Uukrnntnis unserer Bergangeuheit und Gegenwart. Auf die Be merkung, daß mißtrauische Leute der reservierten Haltung Deutschlands geheime Ziele und eigensüchtige Pläne in Ostasien zuschieben und darin einen dunklen Punkt am europäischen Horizonte erblickten, erwiderte der Reichs kanzler: Ein solcher Verdacht läßt sich nur aus geradezu krank haftem Mißtrauen erklären. Man verdächtigt uns, daß wir un» der Provinz Tschili und anderer Teil« China« be mächtigen wollen. Wir sind der Erklärung betreffend die Ne u tralt - sirung China» mit Ausnahme der Mandschurei bei- getreten. Wir wollen also Neutralität und wir wollen nicht er obern. DaS sind Dinge, die einander ausschließen würden. Bald schreibt man uns geheime Ziele in Ostasien, bald irgend welche geheimnißvolle Pläne im Orient, bald Prätensionen in irgend einem Teile der neuen Welt zu. Anstatt sich politischen Phantasien hinzugeben, würde man da klüger tun, die Dinge zu nehmen, wie sie liegen. Mau hält uns wirklich für dümmer alS wir sind, wenn man un« derartiger Pläne für fähig hält. Auf die Bemerkung, der Reichskanzler habe in seinen Reden oft von „Weltpolitik" gesprochen, erwiderte dieser: „Unter Weltpolitik haben wir niemals eine Politik der Eroberung verstanden. Deutschland ist friedlich, und die Aktion, die es in der Welt auSübt, ! ist eine friedliche. Wir erzeugen und verbrauchen Güter in großem Maßstabe. Nicht als Eroberer, sondern al- Kaufleute kommen wir I zu den nahen, wie zu den entfernten Nationen." Auf die weitere Feuilleton. Der Schnrehandel. Von HansSiegert. Nachdruck verboten. Im gaiizen Unterlandc hatte es keinen rechten Winter gegeben. Dem Kalender, den Seidenschwänzen und Schneegänsen nach hätte es schneien, stöbern und gefrieren müssens daß die Zaunlatten krachten, aber „diedruh m" — damit meint der Erzgebirger die himmlischen Wetter- macher — „hatten ihrn Kopp für sich!" Im Dezember schlugen die Obstbäume aus, und um Weihnachten herum kamen die ersten Maikäfer aus ihren finstern Betten gekrochen und schwärmten dem falschen Frühling entgegen, den ihnen die milde WinterSsonne vorgctäuscht hatte. Tie Brauereien im Niederland waren in großen Nöten. Tie Eisbestände schmolzen zusammen, künstliches Eis war in den gebrauchten Mengen nicht aufzutreiben — da kam eine Dresdner Brauerei auf den klugen Ge danken, statt des Eises hartgefrorenen Schnee aus dem Gebirge zu erwerben. Es dampfte also eines schönen Tage» ein Gesandter besagter Brauerei hinauf nach der Eisenbahnhaltestelle Fichtenhayn, um die vorhandenen Schneemassen auf ihre Verwendbarkeit zu prüfen. Die Besichtigung fiel günstig aus. Der Schnee, an seiner Oberfläche von der Mittagssonne mehrmals er- wärmt und geschmolzen, durch die nächtliche Kälte aber wieder zu körmaem Eis gehärtet, hatte eine vorzügliche Dichte erhalten, so daß er sich gar wohl als Kühleis wenden lallen konnte: äußert a war er s"hr billig. Der ochneehai worb: c 'so emacrichtet. Als Hauptschneelieferant, al» Schneeaufkäufer, wurde der Gemeindevorstand Gottlob Viertel eingesetzt, der für jede Lowry Schnee drei Taler zehn Neugroschen erhalten sollte. „Sobald ich telegraphiere, fangen Sie an zu laden und lassen an Wagen abgehen, was möglich ist!" So hatte der Gesandte vor seiner Abreise gesagt. Offenbar ge traute er sich nicht, das Geschäft auf eigene Faust abzu schließen, sondern wollte erst die Genehmigung seiner Ge bieter einholen. Noch an demselben Tage wurden die Schaufeln und Handschlitten zurecht gemacht, und einige der ganz Klugen begannen bereits, schöne würfelförmige Stücke aus dem Samee auszustechen und aufzutürmen, damit nach An- kunft des Telegramms keine Zeit verloren würde. Am andern Tag begab sich Gottlob Viertel in eigner Person zum Postagenten. „IS noch kaa Depesch' aus Draasend do?" fragte Gottlob. „Bi» itze noch net!" meinte der Beamte bedauernd. „Do müssen mer sich halt noch a wink gedulden", er- widerte der Vorstand. Nun suchte er den Bahnmeister auf und forschte nach, wieviel leere Güterwagen auf der Haltestelle vorhanden wären. „Vier stehen Ihnen sofort zur Verfügung", sagte der Bahnmeister, „drei Stunden später können Sie so viel haben, wie Sie wollen." „Also viere", wiederholte Gottlob nachdenklich, „nu, ich gebrauch' epper a Stucker zaahne." „Die können Sie erhalten, wenn Sic sie rechtzeitig be stellen." Das letztere versvrach Gottlob, dann ging er beim. Unterrmg» griff er hier und da einmal in den Schnee. „Sch,euer 'Schnee!" sagte er befriedigt. Merkwürdig, wa» die kalte Hiwmelsaab« plö'-li^ 'ür "i "n Wert in den A ig n d r rechn:ntn Mensck mkinder n hartes Auch die andern Bewohner des Dorfes lebten in Spannung. Sie beobachteten Himmel, Wind und Wolken; die ganze Reihe der Naturkräfte wurde mit kritischen Augen gemessen — „Wenn när der Schnee über Nacht net epper gar wag- taat!" sagte der Lcih-Heiner-Danel zum Kommu-Teich- Rösel-Trauaott. „To hob när kaa Sorg'", erwiderte Traugott, „hörst du da net, wie der Schnee schnorpst un wie sich de Kranne zamscharen?" Der Danel war einer von den Sinnierlichen. Er hatte herausgesundcn, daß die Welt schlechter wurde von Jahr zu Jahr, weil „niemand nischt meh gelabbt." „Gär mir auf mit denn Kranne! Früher kunnt mer noch awos do drauf gaam, oder itze trifft nischt meh zu!" versetzte er trüb. Gleichwohl klang ihm das Schnorpsen des Schnees gar lieblich in die Ohren. Am folgenden Morgen saß das Ortsoberhaupt im Dienstzimmer und studierte im Wochenblatt mit heißem Bemühen die Bekanntmachungen der königlichen Bo- Hörden. Da erschien der kaiserliche Postbote. „A Depesch, Harr Fürstand!" Der Ortsodrigkeit klopfte das Herz. Sie öffnete das inhaltsschwere Briefchen, entfaltete es und las mit tiefem Ernst: „Können Schnee liefern!" Einen Augenblick war Gottlob Viertel still. Dann sagte er nut der Stimme eines Jeldherrn zu der kaiser lichen Post: „Anton, der Schneehannel kah lusgiehl" Vor der Haustür hatte sich unterdessen eine große Zahl ! schaufeltragender Männer eingefunden. Es war rasch I ockanr. geworden, daß d c Briefträger eine „Dcvcsci ' für den „Fürstand" hatte — um was hätte cs sich handeln können, außer dem Schneehandel?! Sie hatten sich nicht getäuscht. Kinner", sagte der Vorstand, nachdem er heraus getreten war, „Kinner, 's kah lusgieh!" „Hurra!" schrie einer, „Hurra! Hurra!" hallte e» aus vierzig Kehlen nach. Gottlob machte eine beschwichtigende Geberde. „Pscht! — stiller! — halt amol Ruh!" ging eS durch einander. „Härt ihr'sch, ihr Leit", begann der Schneeverleger, mir machen die Sach' asu: Der Bahnmaaster Hot itze när vier leere Woong dostieh — itze ginne mer nunter un do taal ich eich in vier Parten, dcrnooch macht jede Part ihrn Woong vull. Ober doS sog ich eich: 's muß när guter, harter Schnee sei, daar waache Quark taagt nischt!" „Verstießt sich — när guter, harter Schnee!" bestätigte der Kommu-Teich-Rösel-Traugott. „Heit nochnnttig komme noch sechs Woong", fuhr Gottlob fort, „die waarn aa noch vullgemacht." Tie Ansprache fand verständnisvolle Aufnahme. In wenigen Minuten wußte jeder der Männer, zu welcher Lowry er gehörte, und dann entfernten sich die Parteien nach allen Richtungen, um mittels fester Hand schlitten die gefrorenen Sckmcemassen herbeizuschaffen. Inzwischen saß der alte Lcih-Heiner-Danel rittlings auf der Schnitzbank und bearbeitete eine Rcchcnforkel. Ta stürzte seine Frau herein und rief, als wenn das Feuer zum Dache hinausbrännte: „Danel, der Schneehannel is lusgangc!" „Du bist net gescheit!" schrie Danel. „Gaah naus, wie se überol schoren un stachen!" er widerte die Frau. Der Alte crbob sich und trat vor die Lür. Richtig — überall, wobm er blickte, sah er fleißige Männer, die mit ih72n Schaukeln prächtiaa Würfel au» ^er rosidanm
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