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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.02.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040227011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904022701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904022701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-27
- Monat1904-02
- Jahr1904
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AnzriflkN-PretS die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklame» »»irr dem Rrdaktiontstrich l»gespalten) 73 4. »ach de» Fomitiennach» richte» (6 gespalten) SO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen n»d Offertenannahme 2ü >4- Ertra-Veilage« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, odn, Postbeförderung ^ll 60.—, mit Postbesörderuug 70.—. Annahmeschlutz für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormltlag» tO Uhr. Marge »-Ausgabe: nachmittag« 4 Uhr. Anzeigen sind slrt» an die Expedition zu richte». Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Palz i« Leipzig (Iich. vr. B., R. L W. Kiiathardt). Sir. 1Ü5. Sonnabend den 27. Februar 1904. 98. Jahrgang. Var Aichtigrle vom Lag«. * Der jüngste Sohn Heinrich de» Prinzen Heinrich von Preußen ist gestern nachmittag in Kiel an den Folgen seiner Berletzung durch einen Fall gestorben. * Die NeichStagSlommislion für die Vorlage zur Entschädigung unschuldig Verhafteter milderte gestern die Ausnahmebestimmungen der Vorlage erheblich. * Der bekannte Breslauer Kunstgelehrte Oskar Litz- mann hat gegen den Hauplvorstand der deutschen Kunstgeuoslenschaft einen Beleidigungsprozeß angestrengt. Aus den persönlichen Angriff in der Broschüre Antön v. Werners will Litzmauu demnächst antworten. * König Eduard soll der „Daily News" zufolge durch den Grafen Jenkendorf in Petersburg erklärt haben, jede Atlion Frankreichs zu gunsten Rußlands werde Eng land sojort an die Seite Japans rufen. * Nach einer Laffan-Meldung aus Shanghai soll Japan in Korea zur Ueberwachung des Kaisers eia Bizekaiser- tum errichtet haben. Vie Vorbereitung list «len höheren ZuriirOienrt in Zacdren. Don geschätzter juristischer Seite wird uns geschrieben: Nach dem Vorgänge anderer deutscher Bundesstaaten hat man sich jetzt auch in Sachsen entschlossen, die Vor bereitung für den höheren Justizdienst neu zu ordnen. Bisher galt dafür eine Verordnung vom 17. September 1879, die gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der Rcichs- justizgesetze erlassen worden war. Sie ist ersetzt worden durch die dieser Tage veröffentlichte Verordnung vom 1. Februar 1904, zu der noch eine Ausführungsverord nung vom 2. Februar 1904 ergangen ist. — An wesent- lichen Neuerungen bringt die Verordnung folgendes: Die Referendare, die mindestens 3s/2 Jahre studiert haben, brauchen nur einen Z'/sjährigen Vorbereitungsdienst zu leisten. Wer nur 3 Jahre studiert hat, muß mindestens 4 Jahre Referendar sein. Bisher dauerte der Vorbe reitungsdienst ohne Rücksicht auf die Länge der Studien zeit 4 Jahre. Davon waren zwei ununterbrochene Jahre bei den Gerichten abzudicnen. Die neue Verordnung verlangt nur noch eine 18monatige Dienstzeit bei den Gerichten. Das Reichsgerichtsvcrfassungsgesetz verlangt, daß der Referendar auch bei einem Rechtsanwälte arbeite, ohne jedoch die Dauer dieser Beschäftigung vorzuschreiben. Früher war in Sachsen auch landesrechtlich dafür eine Frist nicht bestimmt; doch nahm man gemeiniglich an, daß der Referendar mindestens 3 Monate beim Anwälte ar- besten niüsse. Die neue Verordnung erstreckt die Frist auf 6 Monate. Für Sachsen völlig neu ist es, daß ein Teil des Vorbereitungsdienstes, aber nicht mehr als 6 Monate, bei einer öffentlichen Anstalt oder einem Unternehmen, das für eine gedeihliche Fortbildung Gewähr bietet, ab geleistet werden darf. Als Beispiele solcher Anstalten und Unternehmen führt die Verordnung Versicherungs anstalten, Berufsgcnossenschaften, Handels- oder Ge werbekammern und größere Fabriken an. Man ist in dieser Beziehung dem weimarischcn Vorgänge gefolgt. Während andere Bundesstaaten, z. B. Preußen, genau vorgeschricbcn haben, in welcher Reihenfolge der Referendar seinen Lehrgang bei den verschiedenen Behör den durchmachen muß, bestanden dafür in Sachsen bisher keine Vorschriften. Die neue Verordnung begnügt sich daniit zu bestimmen, daß die Zulassung zum Landgericht erst nach einer einjährigen Tätigkeit beim Amtsgericht, die Zulassung zum Oberlandcsgerichte erst nach Ablauf von 2^/s Jahren des Vorbereitungsdienstes erfolgen solle. Eine wesentliche Neuerung für Sachsen bedeutet auch das nach preußischem Muster eingeführte Geschäftsver zeichnis; in diesem hat der Referendar alle bedeuten deren Geschäfte, die er bearbeitet, ersichtlich zu machen. Es ist dem Gesuche um Zulassung zur zweiten Prüfung beizufllgen. Eine gleich bedeutsame Neuerung ist es, wenn die Verordnung vorschreibt, daß der Referendar bei der Meldung zur zweiten Prüfung 6 größere schriftliche Arbeiten vorlegen soll, die er im Dienste bei einer Justiz- behörde angefertigt hat. Schließlich sind in der Verordnung auch die Dis- ziplinarverhältnisse der Referendare geregelt. Hierfür fehlten bisher die Vorschriften. Der Referendar ist der Disziplin des Justizministeriums un terstellt. Dieses kann ihm eine Verwarnung oder einen Verweis erteilen; es kann auch aus einem wichtigen Grunde die zeitwestige oder dauernde Entlassung aus dem Vorbereitungsdienste verfügen. Welche Früchte die neuen Vorschriften tragen werden, läßt sich schwer absehen. Kommt es doch nicht so sehr auf den Wortlaut der Vorschriften, als auf ihre Handhabung an. An der gleichen Stelle kann der eine sehr viel, der andere gar nichts lernen. Es kommt auf die Lust am Lernen, die Art der Unterweisung und die Art der über tragenen Arbeit sehr viel an. Bisher wurden viele Stun den Arbeit mit der gleichförmigen Arbeit des Ausfüllens der Druckformulare, des Niederschreibens von Ver nehmungsprotokollen nach Diktat, des Kollationierens vieler gleichlautender Schuld- und Pfandverschreibungen verwendet. Es kam vor, daß der Referendar, der das Protokoll in der mündlichen Verhandlung vor dem Amts gerichte führte, von dem Inhalte interessanterer Prozesse am Schlüsse der Sitzung deshalb keine Ahnung hatte, weil er über dein Ausfüllen der Druckformulare und dem scharfen Vergleichen der in diese einzurückenden Zahlen und Namen nicht dazu kam, auf das Materielle der Ver handlung zu achten. Sehr häufig kam es vor, daß Richter sich die Schreibarbeit dadurch erleichterten, daß sie ihrem Referendar größere Ausarbeitungen (Urteile, Beschlüsse) in die Feder diktierten. Ob das nun anders werden wird? Die Ausführungsverordnung vom 2. Februar 1904 hat die besten Absichten. Sie sagt, der Referendar solle von jeder nicht durch den Zweck seiner Ausbildung gerecht fertigten, wesentlich auf Aushülfe oder Erleichterung anderer abzielenden Tätigkeit freigehalten werden; auf Diktat ein Protokoll zu schreiben, solle ihm nicht angeson nen werden. Nun, das letztere wird sobald nicht unter bleiben. Dafür bcstehep gewisse Gründe, vor allem die Bequemlichkeit. Den» Richter wie dem Referendar ist das Diktieren häufig bequemer. Der Referendar braucht die Akten nicht zu studieren; der Richter erhält leichter die Fassung der Niederschrift, die er für die von ihm aus zuarbeitende Entscheidung braucht. Aber ferner gestattet die Ausführungsverordnung Abweichungen von dem Hauptzwecke der Beschäftigung der Re ferendare „in dringenden Fällen", sowie bei solchen Referendaren, die Remuneration be ziehen. Dringende Fälle werden wir immer haben; denn die Verordnung läßt sich ihrem Geiste nach nur durchführen, wenn die Stellen der Subaltern beamten sehr erheblich vermehrt werden. Dazu aber fehlt dem Staate das Geld. Tie nicht remunerierten Referen dare sind in der überwiegenden Mehrzahl die Dienstjüng- sten, die zunächst nur Schablonenarbeit verrichten und im allgemeinen nur verrichten können. Haben sie mehr ge lernt ,so erhalten sie Remuneration, und es bleibt bei der Schablonenarbeit. Trotz alledem ist die Verordnung und die gute Absicht, die aus ihr spricht, warm zu begrüßen. Die Verhand lungen der Zweiten Kammer über den Justizetat haben doch einige, wenngleich zunächst nur papierene Früchte getragen. vr. jur. 8. R. Der russisch-japanische Krieg. Arthur. k'. London, 26. Februar. (Eig. Meldung.) Die japanische Botschaft teilt offiziell mit, der Zweck de» Angriff» am 24. Februar sei vollkommen erreicht; die zur Blockierung der Hafeneinfahrt bestimmten Dampfer seien plangemäß versenkt; alle Offiziere und Mannschaften seien unversehrt zurückgekehrt. Wir sagen Wohl richtiger: Der japanische Botschafter bat ein Interesse daran, die Sache so darzustellen. Nach dem amtlichen russstchen Telegramm war die Hafeneinfahrt frei geblieben, der Zweck der Versenkung also nicht erreicht, Russisch« Aach«? - London, 26. Februar. (Tel.) Ter „Standard" ersährt aus Tientsin, nach Briesen von Eingeborenen nahmen die Rusten fürchterliche Rache an den Dorfbewohnern in der Nähe des Sungariflusses nach dem Versuche, die Brücke zu zerstören. Die Truppen brannten ein großes Dorf nieder und veranstalteten ein entsetzliches Gemetzel, wobei selbst Frauen und Kinder nicht ver schont wurden. Greueltaten der russischen Soldateska gehören zu den Spezialitäten der englilchen Presse» ebenso die natürlich höchst „zuverlässigen" Eingcborenen-Meldungen. Wir werden der artigen Schauergeschichten, deren Tendenz ja offen liegt, während des Krieges noch öfters begegnen. Deutschland und -er Arieg. In ihrer jüngsten Ausgabe schreiben die „Grenzboten" über den ostafiati scheu Krieg, im Interesse der neu tralen Mächte, namenilich Deutschlands, wäre es weder, wenn Rußland Japan völlig niederkämpfte, noch wenn Japan die russische Stellung in Ostasien zerstörte — denn im ersteren Falle würde Rußland dort ein erdrückendes Uebergewickt gewinnen und sicher zur Sckutzmacht Edinas werden; wir Deutsche aber konnten nicht wünichen, daß sich das Gewicht einer der drei Weltgroßmächte noch verstärke. Ein Sieg Japans aber würde Ebina unter dessen überwiegen den Einfluß bringen. Japan würbe diese schwerfällige Masse politisch, milikänich und wirtschaftlich so organisieren, daß ste eine schwere Bedrohung für alle abendländischen Mächte würde („Gelbe Gefahr"). Die „Grenzbolen" schließen: „Eine für uns günstige Folge des Krieges zeigt sich schon jetzt in Europa. Offenbar hat sich das Verhältnis Rußlands zu Frankreich gelockert, das zu Deutschland intimer gestaltet. Frankreich hat erkannt, daß e» für feine Revanchehoffnungen vom Zaren gar nichts zu erwarten hat, Rußland, daß Frankreich ihm in Ostasien schwerlich helfen wird, und daß die ebrliche, bl» zu einem gewissen Grade wohlwollend« Neutralität Deutschlands ihm höchst wertvoll ist, weil r» damit jeder Sorge über seine Weftgrenzr enthoben wird. Da» kann zu einer neuen, unsrreStellung wesentlich erleichtern den Gruppierung der europäischen Mächte führen." England nnd -«» Art«g. * London, 25. Februar. Oberhaus. Auf eine Anfrage von Lord Spcncer erklärte der Erste Lord der Admiralität Earl of Selborne, er furchte, daß irgend rin Einfluß mit Bemühungen am Werke sei, die HaltungEnglaud» fatsch darzustellen und zu zeigen, daß die englische Floite nicht dir Haltung ftrewaer Neutralität bewahre. Es sei kein wahres Wort an der Geichiwte, daß die Kreuzer „Nioshin" und „Lasuga" Erlaubui» gehabt hätten, Genua unter englischer Flagge zu verlassen. Lin an den englischen Konsul in Genua gerichtetes Gesuch, daß sie Er laubnis erhalten tollten, die englische Flagge zu führen, sei sofort ab gelehnt worden. Ebenso sei kein wahres Wort an der Erklärung, daß die englische Admiralität zwei Marineoffizier« gestellt habe, um den Befehl über die Kreuzer zu übernehmen. Die in Frage stehrudeu Offiziere seien früher bei der Marine gewesen und halten auf der Liste der im Notfälle zur Verfügung stehenden ehemaligen Offiziere gestanden. Sie hätten aber weder Gehalt noch Pension bezogen und der Admiralität nicht unterstanden. Al» die Admiralität erfuhr, daß sie von der japanischen Regierung auSgewählt worden seien, habe sie sofort beschlossen, sie von jener Lifte zu streichen. Earl of Selborne stellte ferner nachdrücklich in Aorede, daß die Kreuzer auf ihrer Fahrt durch das Mittelländische Meer von englischen Kriegs schiffen begleitet wurden. Er wisse nicht» davon, daß die Kreuzer auch nur von einem englischen Kriegsschiffe gesehen worden wären. Tie Behauptung, dag wir bezüglich des Docken» von fünf oder sechs russischen Torpedobootszerstörern in Malta die Courtoisie verletzt hallen, beruht aus einem höchst be- bäuerlichen Mißverständnis. Einige Zeit, bevor der Stand der Dinge zwischen Rußland und Japan kritisch wurde, de- willigte die Admicaralilät mit Freuden das Ersuchen der russischen Regierung, daß den Torpedobootzerstörern gestattet werden solle, in Malta zu docken. Al» diese Schiffe aber auf dem Wege nach Malta waren, standen die Dinge kritisch, und wir kielten es nun für billig dem die Schiffe beiehligenben Offizier in Erinnerung zu bringen, daß nach dem Völkerrecht beim Ausbruch eine» Krieges ein fremdes Kriegsschiff einen neutralen Hafen binnen 24 Stunden verlassen oder aber während der Dauer de» Kriege» dort sesrgehaltcn werden mutz, denn sonst würde der Befehls haber jener Schiffe möglicherweise in eine solche Lage ge raten sein, daß er den Hafen nicht innerhalb 24 Stunde« halte verläffeu lünncn. Was uns zu diefer Eiinnerung veranlaßte, mar nur die Absicht, jeder etwaigen künftigen Andeutung au» dem Wege zu geben, daß wir eine Mahnung, die wir hätten erteilen können, nicht gegeben hätten. Leider ist ein Mißverständnis ein getreten, für Las ich keine Erklärung finde, und der russisch« Kon ml hatte die Auffassung, daß die Torpedobootzerstörer an gewiesen wurden, den Hafen binnen 24 Stunden zu verlassen und nicht, daß sie daraus aufmertsam gemacht würben, daß sie im Falle des Kriegsausbruchs den Hafen in dieser Frist zu verlass«« haben würden. Dieser Sachverhalt ist der russischen Regierung dar gelegt morden. Es lag nichts vor al» ein bedauerliches Miß- Verständnis, das aus unserem Wunsche entstand, sicher zu jein, daß der russische Offizier sich über die Lage klar war. Es laßt sich nichts denken, was der gewöhnlichen Praxis unserer Flotte mehr widersvräche, als Unparteilichkeit gegen fremde Schiffe. Während des verflossenen Jahres haben wir rusiischen Schiffen in 79 Fällen Gastfreundschaft gewährt. Watz die Nachricht betrifft, daß die Japaner Wei-hai-wei als Operationsbasis be nutzt Hütten, so ist die- eine böswillig verbreitete Unwahr- heit. Gerade zu der Zeit, wo diese Geschichte mit der vor bedachten Absicht in Umlauf gesetzt wurde, die russische öffentliche Meinung gegen England zu entflammen, lag der engliiche Kreuzer „Taldol" in Tjchemulpo und widmete alle feine Einrichtungen und seine Gaslsreundjchaft den russischen Matrosen, die bei dein dortigen Gefecht in Not geriete«. »Bei fall.) Hierfür hat uns die rusmche Regierung ihren Dank ausgesprochen. Der bisherige russische Vertreter in Korea hat Zeugnis für die sympaihlfche Ausnahme abgelegt, welche die Raffen an Bord der französischen, italienischen und englischen Schiffe ge sunden haben. Der Kreuzer „Talbot' würde das Gleiche, wie für die Russen, in ähnlichem Falle für die Japaner getan haben, da die Haltung der britischen Flotte gegenüber der russi schen und der japanischen Flotte die der Bewunderung und der Hochachtung ist. Da» Ziel, La» die Flotte Feuilleton. Land und Leute in Dcutlch-Lüdwrstatnka. Von Oberleutnant (im Eisenbahnrcgiment Nr. 2) Kell. Eine Fahrt aus der Eisenbahn durch die Namib-Wüste. Während wir die prächtigen, glutroten Blüten der unförmlichen Stachelkakteen nn Khan noch bewundern, hat sich eine zweite vierachsige Maschine vor unfern Zug gelegt und wir müssen Abschied nehmen von dem breiten Flußtale mit seinen seltsamen Felsgebilden von zerwasche- nem Granit, mit den hellgrünen Salzbüschen, altehr würdigen Ana- und Kanieldorn-Bäuinen, Binsen und Gras. Hier im Tale ist es im Sommer manchmal ganz enorm heiß und 41 Grad Celsius, im Schatten gemessen, sind keine Seltenheit. Daß jedoch nach einem besonders »eißen Lag die Hühner des Stationsvorstehers hart gekochte Eier gelegt hätten, das halte ich doch für über- trieben! Die Steigung beträgt beim Aufstieg an» Ostufer des Charis 45,1 pro Mille, d. h. auf etwa 22 Meter Länge kommt 1 Meter Steigung. In» ganzen ist dis hinauf zur östlichen Namib ein Höhenunterschied von 200 Meter zu überwinden. Höher und höher kommen wir empor und immer mehr nimmt das Gelände wieder den Charakter der Wüste an, den cs vor dem Khanfluß gehabt hatte. Die Büsche sind schon verschwunden, nun ist auch kein Gras mehr vorhanden, und nur hier und da sehen wir die krausen, gerollten Blätter der VVk-Irvil«.>Ki« rrrirudili», jener wunderbaren Pflanze, die in keine Klasse unserer Flora ihrem Aeußeren nach sich einrcihen läßt. Es ist eine Konifere, sie trägt also Zapfen - ohne sonst irgend wie die charakteristischen Merkmale der Koniferen aufzu- weisen. Nirgends wächst sie sonst aus dem ganzen Erd ball, nur hier. Die Pflanze erzeugt in ihrem, wohl nach Jahrhunderten zählenden, langen Leben nur zwei große, bis etwa 1,50 Meter lange und vom Winde zerfetzte schilf ähnliche Blätter, die aus dem kohlkopfartigen, holzigen Stamm direkt hervorkommen. Es sind dies die Sonnen blätter selbst. Die >VeIvitsesii« bleibt also während ihres ganzen langen Lebens im Entwickelungsstadium einer keimenden Pflanze stehen. Sie gehört zur Flora der Stcinkohlenperiode, als deren fremdartigen Rest wir sie zu betrachten haben. (Vgl. auch Sievers-Hahn, Afrika.) Nach einer letzten Wendung ist der Aufstieg vollendet und weithin dehnt sich wieder vor uns die gelbe, glühende Wüste aus, mit ihren flimmernden, unsicheren Konturen, ihren steilen, einsam ragenden Felskuppen, überspannt von einem tiefblauen, vollkommen wolkenlosen Himmel! Hier oben liegt die Station Welwitsch, so genannt nach dem Entdecker jener eben beschriebenen wunder baren Pflanze. Doch sieh — am Horizont dehnt sich, nach und nach aus dem Flimmern der Luft deutlicher hervortretend, ein weiter See aus. Klar spiegeln sich die nahestehenden Felsen in dem blaugrauen Wasser. Die Täuschung ist eine vollkommene! Wie oft mögen solche Luftspiege lungen einsam Verirrte zur Verzweiflung gebracht haben! Während unserer Fahrt in der östlichen Namib können wir diese Erscheinung vielfach beobachten: Seen und Bäche, bald hier, bald da, — bald sehen wir auch em wild zerrissenes Felsgebirge weit, weit am Horizont, gleichsam losgerissen in der Luft schwebend. Eine Luft- spiegelung zeigt uns, was hinter dem Horizont verborgen ist. So kann man an klaren, heißen Tagen in Swakop- mund durch die Luftspiegelung deutlich die 35 Kilometer weit entfernten Anlagen der Walfischbai erkennen. Dort ist diese Fata Morgan« gewöhnlich das Anzeichen eines am nächsten Mittag einsetzenden Sandsturmes. Weiter geht unsere Fahrt durch glühenden Sand, wir durchschneiden ein weißes, sich lang auSdehnendes Kalk- gebirgc, die Geiesseb-Berge, und haben mit ihm in einer Entfernung von etwas mehr als 80 Kilometer von der Küste die eigentliche Namib-Wiiste überwunden. Landeinwärts durch die Busch-Savanne. Zwischen der reinen Wüste und der Savanne liegt ein schmaler Gürtel, in dem Euphorbien und wenig Gras gedeihen — Akazienbüsche finden sich hier noch nicht. Tiefen Gürtel sehen wir vom Paß des Geiesseb-GebirgeS, dessen Höhe unsere Bahn mit zwei Spitzkehren nimmt. Rechts und links des Gleises sehen wir diese Euphorbien, hier Milchbüsche genannt, nach dem Saft, den sie ab sondern, wenn man einen der binsenähnlichcn grünen Zweige abbricht. Im Schatten dieser boskettartigen Büsche wächst bereits Gras, und nun können wir in der Nähe der Station Jakalswater, die in einer Entfernung von 10 Kilometer, vom Geiesseb-Gebirge an gerechnet, vor uns liegt, schon einige Bäumchen (Kameldorn: ^cnei« dorricla) unterscheiden. Hier am Gebirge sieht man auch gewöhnlich das erste Wild; morgens und abends äsen hier unter den Milch busch-Euphorbien Rudel von Springböcken, die ganz enorm stark sind. Hat man Glück, so kann man hier auch Zebras und Strauße sehen. Das mittlere Tainaraland ist übrigens noch so reich an Wild, an Antilopen und hauptsächlich an Federwild, daß man es sicher für Jäger latein halten würde, wollte ich hier ausführlich davon er zählen: da gibt es Perlhühner in starken Völkern, Sa vannenhühner, Zwerg- und Riesen-Trappen (der „Pau" der Afrikander), viele Arten von Tauben, Papageien, Koranen — alles Vögel, die gar trefflich munden, sei'8 gebraten, oder, wie man es da gewöhnlich macht, direkt im Reis mitgekocht. Tas Wild steht oft dicht an der Bahn und die im Wagen angebrachte Bekanntmachung: „Das SchießenausdenfahrendenZügenistver- boten", hatte ihre völlige Berechtigung. Außer dein ! graziösen Springbock haben wir im Damaraland noch andere Antilopen, die landläufig, wie folgt, bezeichnet werden: Steinböcke, Blauböcke, Klippböcke, Säbel-Anti lopen und schließlich die KuduS, das Hirschwild AfkrikaS. Ferner finden sich noch: Schakale, Hyänen, wilde Hunde, » Luchse (Noikatz), Wildkatzen und in den Bergen zahlreiche Äffen und Leoparden. Löwen kommen rm mittleren I Tainaraland nicht mehr vor. An Schlangen hat Herr Oberstabsarzt vr. Lübbert allein 75 verschiedene Cobra- Arten nachgewiesen. Es fehlt also nicht an Tieren aller Art! Früher in den 60er Jahren soll der Wildreichtum noch größer gewesen sein. Damals kamen, wenn man den Erzählungen Glauben schenken darf, auch im Mittlern Damaralande noch der Elephant und das Rhinozeros vor; (— der in Höhe von Karibik, etwa 200 Kilometer von der Küste ab gelegene Ort Okongaoa bedeutet junges Nashorn). Landungsagent Koch in Swa- kopmund, einer der ältesten weißen Bewohner des Landes, wußte sich auch noch der Zeit zu erinnern, da in Walfisch bai am Meeresstrande große Stapel vonElephantenzähnen lagen, des Abtransportes harrend. In der früher sumpfigen Swakopmündung sind noch in den neunziger Jahren zahlreiche Wildenten und Fla- mingos vorhanden gewesen. Gegenwärtig ist das Land ersichtlich trockener geworden und wobl dieser Trockenperiode ist es zuzuschreiben, daß sich so viele Wildarten nach den» mehr wasserreichen Norden zurück gezogen haben. Allerdings haben dazu auch die vielen Jagdzügc der 60er Jahre das ihre beigetragen, bei denen in wilder Habgier alles zusammengeschossen wurde, Wa den „Jägern" vor den Lauf kam. So sind z. B. einmal an einem Nachmittage, nach Schwabe, 120 Elephanten, die man in einen Sumpf gedrängt und umzingelt hatte, ohne Ansehen des Geschlechts und Alters erbarmungslos niedergeschossen worden. Gott sei Dank ist dieser Art von Jägerei nun durch die Jagdgesetze ein Riegel vorgeschoben worden. Mit Jakalswater, Kilometer 98, treten wir in da- AufstandsgcbietderHerero ein. Hier findet wiederuni Maschinenwechsel statt und wir haben Zeit, das Mittagessen einzunchmcn, das telegraphisch vom Zugführer vorausbestellt wurde, sowie uns auf der Station umzusehcn. Hier steht ein Stationsgebäude mit vielen und großen Räumen, daneben ein Beamten hau- mit 12 Wohnungen,eine kleine Reparaturwerkstatt, Maschinen schuppen und Kohlenbiihne. Es sind hier vier Brunn«, gesprengt worden, Schächte, 2 Meter im Geviert, die aber alle nicht genügend Wasser geben. Go war man ge-
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