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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040301026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904030102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904030102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-01
- Monat1904-03
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Vezvg-iPrets N«»«kttt« mtt ExpeStttt«: Fohmmitgaff« 8. Fernsprecher 153 «. SSS. FittalettwtztttOUeU: Alfred Hahn,Buchdandla., Univerfitättstr.S O«isspr.Ftt.-OtS^L. Lösch,, Katharine«, -raß« 14 (Fernsprecher Nr. 2985, u. Königs- Platz 7 tFmchnecher Nr. 7505). H«tzttFM«le Dre-de«: Maeiwstraß« S4 (Fernsprecher Amt l Nr. 1718). H«chte-w«Ie vettt«: LarlD«»cker, Herzg l-LayrHofb nchbandlg., Lötzowftreß« 10(Fer»sprech«A«t vl Nr.4S0L) Abend-Ausgabe. MpMerIagMatt Anzeiger. Lmtsvlatt -es LönigNchen Land- und des Häniglichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aajes und des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen nater dem RedoktionSstrich (4grspal1en) 78 nach den FamUunaach- richten (8 gehalten) SO Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Ossrrtenannahme 2ü ^j. Grtr«-Vetla,e« (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Aa«ah»eschl«ß für Auzetge»: Lbend»Au-gabe: vormittag» lO Uhr. Morgeu-Ausgab«: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen stud stet» an die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck uud Berlag von E. Paiz in Leipzig (Jnh. vr. R. L W. «ltnkhardt). Nr. 111. MSRSSSSW-SSS-S--SSS——S—SS-S- Var lvitttigrte vo» Lase. * Kür -aS von nattonallkberalcr Seite vovgeschlagene Plural «ah tty st em für-iesächslscheZweite Kammer macht sich in einflußreichen Kreisen gute Stimmung bemerkbar. .'^««läßlich -er Affäre Göhre hat sich im 20. sächsischen Wahlkreise Marienberg-Zschopau eine antiso-ialvemokratische Arbeiter- »rganisation gegründet. * E- wirb ein offiziöser Fühler ausgestreckt, um zu erfahren, «sie -ie Stimmung in -en Einzel st aaten bozüglich einer gewissen Gemeinschasttlicb keilt ihres Eisenbahnbetriebe- mit den preußisch« -essifchenGtaatS bahnen nach dem Borvtlde der Syntdtkate ist. *^Der Kommandant des Kanonenbootes Habicht", Korvettenkapitän Gudemill, ist tu Swakopmund erkrankt und daher des Kom mandos enthoben worden. G«tn Nachfolger ist Kapitän, leutoant Kühne. * Man nimmt in BundeSratskreisen an, die Vorlage zur teilweisen Herabsetzung der Börsen st euer werde an den Reichstag so zeitig gelangen, daß ihre Be ratung gleichzeitig mit dem Etat der Zölle und Verbrauchs steuern und -er kleinen Ktnanzreform in der Budget kommission erfolgen könne. * Ueber die etnzubrinqenden Wasserwirtschaft- kichen Vorlagen herrscht noch immer Ungewißheit Man erwartete ihre Einbringung eigentlich schon am Sonnabend, und glaubt jetzt, sie werden am Mittwoch an bas preußische Abgeordnetenhaus gelangen. * Bor Port Arthur fand, englischen Blättern zu- folge, am 2V. Februar wieder ein unentschieden geb'iebenes Seegefecht statt. — Jn-erPoßjetbai, südlich von Wladiwostok,, sind kleine japanische Lan» dnn - en «ksolgt. « 6a »es« eli»mitrcbau erleben wir jetzt in unserer eigenen Stadt Leipzig. Zwar ist eS nur ein kleiner Kreis, der durch denStreikder hiesigen Schriftgießer in Mitleidenschaft ge zogen wird, der Kampf aber tobt deshalb nicht minder heftig. Auf keiner Seite will man etwas von Frieden wissen, obwohl schon volle 15 Wochen seit Beginn des Streiks verflossen sind. Arbeitgeber und Arbeitnehmer glauben sich in ihrem guten Rechte, und eine jede Partei will zeigen: Ich bin -er Stärkere! Ein Ende ist nicht ab- zufehen — es wird kommen, wie in Crimmitschau. Und aus welchen Gründen entbrannte bei uns der streik? Angeblich gab es eine ganze Anzahl strittiger Punkte: Festsetzung einer Lehrlingsskala, Beschäftigung „ungelernter" Arbeiter, Mindestlohn und Verkürzung der Arbeitszeit. Wie die Verhältnisse lagen, hätte man sich über sämtliche Forderungen leicht einigen können, wenn nicht — wie immer unter guten Deutschen — ein Differenzpunkt zuguterletzt geblieben wäre. „Die A r - Dienstag den 1. März 1904. 98. Jahrgang. beitszeit darf keinesfalls verkürzt werden", sagten die Prinzipale. Antwort der Gehülfen ^Es wird gestreikt. Das Programm deS letzten Kongresses muhte endlich auch in Leipzig durchgeführt werden. Die Leipziger Prinzipale waren ja so wie so in sozialer Beziehung äuherst rückständig! Hatten sie doch sogar bei vorherigen gemein- samen Beratungen an eine Veränderung des jetzt bestehen- den Schriftgiehertarifs gedacht (borridilv äiotu!). Und die durfte unter keinen Umständen kommen! Denn eS war von vornherein eine ausgemachte Sache: Eine Tarif revision ist gleichbedeutend mit einer Tarifreduktion. Ehrlich genommen lag für die Arbeitnehmer keine Notwendigkeit zum Streike vor. Viele von ihnen ver- dienten 40—60 die Woche. Man sollte meinen, mit solch einer Einnahme liehe sich ein ganz annehmbares Leben fristen. Also über die pekuniäre Seite konnte man sich nicht beklagen. Wohl aber war und blieb die Verkürzung der Arbeitszeit unbedingt nötig — schon aus Gründen der Hygiene. Der Schristgieher- beruf nlußte als besonders ungesund hingestellt werden. Und das besorgten die Gehülfen in ihrer Presse redlich. Trotzdem würde sich der Laie wundern, wenn er die vielen stattlichen Personen unter den Schristgiehern sähe, denen man die „schädliche Beschäftigung" durchaus nicht an merkt. Man kann es daher wohl verstehen, wenn die Arbeit geber ihrer Anschauung Geltung zu verschaffen suchten und von einer ZMiindigen Arbeitszeit vorläufig nichts wissen wollten. Ist erst einmal in den übrigen graphi schen Zweigen eine gleiche Arbeitszeit eingeführt, so können die Schriftgieher sicher damit rechnen, daß man sie ihnen auch gewähren wird. Aber so lange durfte unmöglich gewartet werden. Der Streik wurde kraft der Organisation entfesselt; und gegen wärtig schürt man ihn mit allen nur denkbaren Mitteln. Man versucht Streit unter den Prinzipalen zu entfachen, setzt die Waren herunter — selbst bei solchen Firmen, die gar nicht vom Streik betroffen werden, und bemüht sich, Leipzig zu boykottieren. Uebrigens der Gerechtig keit die Ehre: ein ganzer Teil der Streikenden ist nicht mit den Manipulationen -er Streikleitung einverstanden. Aber in der „freien" sozialdemokratischen Partei gibt es keinen Widerspruch. Was sollte Wohl aus der Organisa tion werden, wenn jeder seine eigene, oft gar nicht un- vernünftige Meinung äußern dürfte? In glühenden Farben wird den Gehülfen ein endlicher Sieg geschildert, um sie über ihre traurige Lage hinwcgzutäuschen. Denn so viel steht fest, fast sämtliche Stellen in den vom Streik bettoffenen Betrieben sind bereits durch „ungelernte" Arbeiter ersetzt worden. Was die Gehülfenpresse auch schreiben mag, ein intelligenter Mechaniker läht sich in kurzer Zeit zum Schriftgieher anlernen. Er arbeitet bald ebenso gut, wie ein gelernter Gehiilfe. Der Beweis dafür ist in Leipzig längst erbracht. So wird auch dieser Streik sang- und klanglos verlaufen und die Tatsache ergeben, dah man selbst mit einer vorzüglichen Organisation die Verhältnisse nicht bezwingen kann. Nicht nur in der Statur gibt es Entwicklungsgesetze, sondern auch im sozialen Leben. Wer denselben zuwider handelt, muh stets den Kürzeren ziehen. Der rnsstfch-japanischr Krieg. Nachdem am 27. und 28. Februar vor pvvt Arth«» Ruhe gewesen, soll am 29. dort wieder gekämpft worden sein, ohne daß der Sieg sich auf die eine oder die andere Seite geneigt hätte. Man meldet unS: * L-nbou, L. März. (Tel.) De« „Daily Telegraph" wir» aus Inkan vo« LS. Februar berichtet: Morgens erschieueu 15 japanische Kriegsschiffe vor Port Arthur und eröffnete« ein heftige» Feuer. Die Kreuzer „Nabil", „«Stoltz" und „vajan" liefe« aas dem Hafen «tt vier Tarpebabaate» au», u« »ie Japaner anzugreife«; sie würbe« gezwungen, sich zurück- zuztehe«. Der „«Stalb" befiubet sich in finkende« Zustaube, ber „Novit" wurbe schwer beschädigt, ein Tarpebabaat ist gesuukeu. Der „Netwisau" erlitt wteber Beschädigungen. Nach zweistündigen» Feuer zag sich bie japanische Flotte in voller Ordnung zurstck. Die russische Artillerie ging nach ber Ptgeanbay ab. Ein au» Pott Arthur am letzten Freitag ausgewiesener Direktor einer englischen Firma, der letzte der dortigen Engländer, traf am Sonntag, den 28. Februar in Niutsch- wang .ein und berichtet: Der „PetropavlovSk" und die „Sevastopol" sind im Marinehasen repariert worden, ihre Beschädigungen waren auf Deck und im Vorsteven. Die Marineverwaltung läßt jetzt ein Schlamm-Dock konstruieren und zwar neben der Eisenbahn-Station, zwilchen der alten und neuen Stadt, um dort den „Zare witsch" auSbesiern zu könne». Der „Retwisan" sitzt noch immer fest in der msttleren Hafeneinfahrt und sperrt diese soweit, daß Schiffe nuttPoischea seinem Ster« «ud der Ost seite der Einfahrt hindurch löuaen und auch da» nur bei voller Flut. Alle Pferde uud Ponie» sind requiriert und wurde« mit 250 ^2 da« Stück bezahlt. Nur noch wenige Droschken und Rickscha« sind vorhanden. Korn und Büchsen-Proviant find reichlich vorhanden, ebenso große Vorräte von Cardiff und Japankohle, etwa 60 000 Tonnen. An Mehl sind 250 000 Sack vorhanden, einige Geschäfte dürfen noch Handel treiben. Die Verkaufspreise find indes von der Regierung festgesetzt. Truppen strömen fortgesetzt in die Stadt, deren Garnison jetzt a«S 10,000 Mann besteht. DaS Kommando führt General Stößel. Außer den Kriegsschiffen befinden sich nur 9 Schiffe im Hafen, 3 Norweger, 2 Russen von der Freiwilligen Flotte, 3 Dampfer der Chinesischen Ostbahn und 1 Brite, dessen Kapitän und Mannschaften indessen Port Arthur verlassen haben. Die offiziellen russischen Berichte, nach denen die Japaner bei Pott Arthur und Dalnij Landangriffe gemacht, sind unwahr. Nichts derartiges hat sich ereignet. weshalb der Nachtangriff auf Port Arthur scheitert«. (Bericht der überlebenden Offiziere der versenkten Dampfer.) Leutnants Saito und Torisaki, welche die versenkten Dampfer „Dschinsin" und „Biu-fchin Waru" kommandierten, trafen mit zwei Maschinisten und 25 Matrosen in einer chinesischen Dschunke in Tschifu am 27. Februar ein. Sie waren in zwei Booten trotz der Suchlichter und Schein werfer der russischen Fort« nnd Schiffe und deren vernich tenden FeuerS glücklich aus dem Hafen von Port Arthur ent kommen, und nach furchtbaren Entbehrungen und nachdem sie 16 Stunden lang bis zur Erschöpfung mit Sturm und Meer gekämpft, fortgesetzt in Gefahr, in deu Golf von Pet schi-li getrieben zu werden, batten sie schließlich am Spätabend die Miotao-Jnsel» erreicht und von den Bewohnern im Austausch gegen ihre Boote eine Dschunke erhalten, mit der sie am 25. Februar in Teng-tschou (westlich von Tschifu) landeten. Die Ursache des Scheiterns jenes Versuches, die Hafen einfahrt Port Arthur zu blokieren, erklärten sie, war aus schließlich die furchtbare Blendung, welche die von allen Seite» auf unS gerichteten Scheinwerfer hervorriefen. Tiefe binderte unS zu erkennen, wo wir unS befanden. UeberdieS stellte sich heraus, daß unsere Dampfer für den Zweck zu klein waren. DaS wütende Feuer des „Retwisan" und der Forts tat unS nicht- und binderte unS nicht, wir verloren nur einen einzigen Mann. Wir gingen ruhig vor Anker, setzten die Boote au«, stießen mit denselven ab und ließen erst darauf deu Draht spielen, welcher die Schiffe in die Luft sprengte. Die Blendung der Suchlichter allem hinderte unS auch die auf unS wartenden Torpedoboote zu erreichen. Vorpsftengesecht« i» Nsrbk-rea. Eine der „Ruff. Telegr.-Agentur" au» Lianjang vom 87. Februar zugegangene Meldung bestätigt, daß die Kavallerie der russischen Avantgarde etwa 200 Werst ins Innere von Korea vorgedrungen ist und japanische Bortruppe«, die von Pjoengjang kamen, in einem Gefecht geworse« hat; ferner, daß General Liniewitsch Infanterie zur Verstärkung der Kavallerie und der Positionen der Russen in Nordkorea abgesandt hat. Dementi. * Petersburg, 2d. Februar. Der „Ruff. Telegr.-Agentur" ist folgende Meldung zugegangen: Wladiwostok, 29. Februar: Die Nachricht, daß die Japaner in d« Pofsjet-Bucht Trnppen gelandet hätten, hat kein« Bestätigung gefunden. Ariegaka^tnebcnab«. * Washington, 29. Februar. (Reuter.) Bezüglich der russische« Erklärung über Nahrungsmittel al» KrtegSkontrebande sprach sich da» Staatsdepartement dahin au», daß Nahrungsmittel je nach der Bestimmung behandelt werden müßten. Wen« sie für Armeelieferuugeu bestimmt seien, seien sie Koutrebande, wen» sie für Privatleute bestimmt seien, ausgenommen für belagerte Städte, dürsten sie nicht beschlagnahmt werden, sie müßten denn bejahst werden. — Rußland hat gestattet, daß amerikanische Offiziere da» russische Heer auf den Kriegsschauplatz begleite». weitere Nachrichten. * Tokio, 29. Februar. (Reuter.) Der koreanische Hof stiftete 20 000 Pen für das Hospital de» Roten Kreuze».— Der britische uud der amerikanisch« Gesandte in Söul stehe» dem japanisch-koreanischen Vertrage günstig gegenüber. DK Regierung wies die LrtSbehörden an, dem russische» Konsul in Fusan weitgehenden Schutz und Erleichterungen zu gewähre», der heute nach Most aufbricht und von dort nach Nagasaki reist, um sich dort zur Heimreise einzuschiffrn. * London, 29. Februar. Einem Telegramm aus Liverpool zufolge, ist der britische Kohleudampser „Oriel" auf der Fahrt von Cardiff nach Siagapore von den Russe» im Rotheu Meere beschlagnahmt worden. * Brest, 29. Februar. Der Kreuzer „D'Assab" und vier Torpedobootzerstörer sind nach Ostasien iu See gegangen. Feuilleton. Sj Dir FreunLm aus NuUch-Polen. Vo« Elsbeth Meyer-Foerster. Nachdruck vcrbolen. Mr saßen beide schweigsam UN- lauschten aus die Schritte der Davongehenden; rings um un» -ie unappetit- liche Verwüstung eine- nächtlichen, plötzlichen Aufbruches von voller Tafel. Entkorkte Bier, und Weinflaschen, hawleere Gläser, Speisereste auf Tellern, an deren Rändern da- Fett geronnen war, standen überall umher. Dazwischen ballten sich unter der Decke TabakSwolken, die -en rohen GtuckfrteS un- die schreckliche Wandmalerei des Saale-, die brandroten Höben und -ie grünlichen Land schaften mit grauem Nebel überzogen. Da» Klavier stan- geöffnet, am Fußboden trauerte ein offenes Notenbuch, ein Ehoptnscher Walzer, in -er Eile -es Gefechts zu Boden gefallen. Hella ist ihrem langen rosa Schleppkltt- mit ihrem blaffen, lieblichen Gesicht, -a- eine mitte Barrison- Arssnr etnrothmtc,. sah wie eine entthronte Caft-Ehantant- Königin aus inmitten dieser Verwüstung. Sie machte aber durchaus leinen verzweifelten Eindruck, im Gegen teil, bas Intermezzo schien auch ihre Sensationslust anzu regen. So saßen wir eine Weile, wahrscheinlich bette mit -en aberüeuerUchsten Mutmaßungen Über die interessanten Folgen der nächtlichen Episode beschäftigt. Ein Polen- prozeßk «nd wir beide al- Zeugen auftretend, entlastend, die Harmlosigkeit de» Aben-S im Angesicht -«S zitternden Ehepaare» «nd de» gesamten -Gerichtshofes mit herz bewegenden Worten schildernd. Mn- nur ist bet -er Sache eklig", sagt« Hella erttltch auS ihren Gedanken her aus, und fuhr damit im Ststne meiner eigenen Mur- «aßungen fort, „daß dieser Pan Lubowsky unter den Gäste« «ar, dieser Schreier, der da oben ans der Tribüne ohne Unterlaß behauptete, da» Königreich Polen her- stelle» zu müssen. Meine Ettern sind gewarnt worben, iß» Antritt Hü gewähren; aber er ist ein sehr reicher Ä>»»ge, einer der ersten Grundbesitzersöhnc au» dem Kr«U»e» Kress«. Man»« und Papa Haven ihm, als den Prüft de» des hiesigen Polenvereins, nicht vor den Kopf stoße» wolle«. Fetzt habe« ste di« Bescherung, mit -er GoK-o«Sk»ngossio« wir- e» wohl »ach diese« Vorfall« an» sein." An diesen Punkt hatte ich selbst freilich noch nicht gedacht, meine Kenntnisse in dergleichen Angelegenheiten waren gleich denen aller junger Mädchen, die vom Leben so gut wie gar nicht- wissen. „Was werden ste aber dann machen, -ein« Eltern, wenn sie da» Restaurant wieder aufgeben müssen", fragte ich ganz entsetzt. Hella zuckte die Achseln: „SchtSko jedna. Mir geht alles wie ein Mühl rad im Kopfe. Was werden ste machen? Was werde ich selbst machen? Ich weiß eS nicht." „Du wirst zu deinem Manne zurückkehren und nimmst deine Eltern mit." Doch sie schüttelte mit heftiger Energie den Kopf: ,Me- malS! Im ganzen Leben nicht! Meine Eltern zu Herrn Mattwart! Meine arme, muntere, ungebildete Mama. Da- gäbe heitere Famtltenscenen. Nein, niemals! Ich bleibe btt ihnen, hier ist mein einziger Platz auf -er Welt." Ste wurde gefühlvoll, legte den Kopf auf die Arme und begann zu weinen. Ich konnte sie nicht trösten, ihre Tränen kamen mir dumm und erkünstelt vor. Ich saß da, vom Aerger übermannt — über diese ebenso unnütze und törichte Freundschaft, -ie gar keinen Sinn oder Zweck mehr hatte, denn Hellas Eigensinn schloß jede Be- ttnflufsung nach wie vor aus. Ja, was wollte ich eigent lich noch hier, bet den GleScankyS? Ich war ein gan- unerbetener Gast, eine überflüssige Abgeordnete des Herrn Markwart — -ie zärtlichen TraLittonen der gemeinsamen PensionHeit hatte» mit dem realen Leben nichts mehr zu tun. Mochte der geduldige Ehemann selbst sehen, wie er zu seinem Rechte kam. Mich ging -ie Familie nicht- mehr an. Ich war sehr dumm, mich hier hinetngemtscht zu haben, was würden ste nun diese Nacht in -er Pension von mtr denken, wenn ich vor Morgenfrühe nicht nach Hause kam? Ach nein, dies Abenteuer war -och im Grunde weniger interessant, als mir im Anfang schien.. Ich >var einfach i« die berüchtigte polnische Wirtschaft binetngeraten. Und ich zog meine Hand aus -er Hellas zurück, die sie im Ueber- schwang ihrer Gefühle ergriffen und auf die sie ihre weiche Wang« gelegt hatte. Ich saß mit einer wahrscheinlich sehr erhabenen Miene da. Nein, nein, -er ganze Kram paßte mtr nicht mehr, dies« Leute -waren e» wahrhaftig nicht wett, daß man sich ihrethalben gesellschaftlich so tiof hinabschraubte. Derlei unberechtigte uud plötzliche lbedankcusprüngc bringen die impulsiven neunzehn Fahre lieber als jode- andere Alter mit sich. Denn «an fängt in ihnen an, schon etwas wie eine Weltanschauung haben zu «ollen, un- so sagte ich mir: mit dieser Hella verkehrst -u nun nicht mehr länger. Die Freundschaft mit ihr war ein gesellschaftlicher Irrtum. Inzwischen schlief Helka, die Wange auf meinem Arme, ein. Auch ich fühlte ein unbezwingliches Schlafbedürfnis. Die Luft im Raume schien schwerer zu werden mit jedem Augenblick. Ich bttnkerte gegen das Licht ber Gaslampen, riß die Lider immer wieder auf, ließ sic immer wieder nie-erfallcn und lauschte, schon hakb im Traume, gvdancken- los auf die Straße hinaus. Der darauf sorgenden Vorgänge entsinne ich mich nicht mehr recht. Schlaftrunken, wie ich beim Erwachen war, Hütte und fach ich alles, was nun noch geschah, wie im Traume. Es waren auch keinerlei aufregende Momente mehr, bie jetzt in Erscheinung traten. Die GleScankyS kehrten zurück, mit ihnen der Polizetleutnant und der Schutzmann, die sie zur Wache begleitet hatten. Das Wiedersehen zwischen Tochter und Eltern gestaltete sich nicht weniger feierlich, als der 'Abschied gewesen war. Die Beamten begannen mit der Haussuchung, bei der sie da- Ehepaar mit dem begreiflichen Ausdruck tiefgekränkten persönlichen Stolzes auf Schritt und Tritt begleitete. Ich hatte mir die allgemeine Wichttgtuerei zu Nutze gemacht und mich auf französisch empfohlen. Niemand von den Beteilig ten -achte daran, mir bis zu einem Wagen das Geleit zu geben. Hella schien dem zuerst so streng austretenden Polizetleutnant jetzt bei näherer Bekanntschaft ein mehr menschliches Entgegenkommen abgowonnen z« haben, denn ich hörte ste beim HtnauSgehen von der dicht am Flur liegenden Küche aus mit ihm angelegentlich konoeosieren. Wahrscheinlich hatte sie auch 'hier halb un- halb schon wieder gewonnenes Spiel. Ich ging die dunkle Straße entlang bis zum Dünhoff- platz, ganz iu meinen großen Theatermantel vergraben, nnd alle Augenblicke angstvoll um mich sehend. Fch sah aber nirgend- einen Verfolger in -er men, schcnleeren Kommandantenstraße. Ganz ungehindert er reichte ich ein« Nachtdroschke, die -ort verschlafen und auf dem großen Platze gleichsam wie verloren stand. Sie brachte mich rasch in mein sogenannte» Heim, in -ie Pension — und für heute war mein interessante» Erleb nis mit den GleScankyS beendet. Fch hörte lange Zeit nichts von der Freundin. Be- mii-tc mich auch nicht darum. Fch hatte in der Pension, um mein nächtliches Aus bleiben zu erkläre», einen Teil -e» Abenteuer- berichten müssen, und man hatte mir mit der Andeutung, daß ich leicht btt dieser Angelegenheit als Miwerdächtige „in Teufels Küche" hätte geraten können, solche Angst gemacht, daß ich es nachträglich für geraten hielt, -en Verkehr mit den GleScankyS abzubrechen. „Des Teufels Küche", das war ein Ort, der mtr nicht sehr verlocken- schien. Angstvoll erwartete ich von Tag zu Tag irgend eine Bot schaft auS ihr, eine Vorladung zu Gericht, eine- jener gelben, in "der Art altmodischer Liebesbriefe ineinander gefalteten, mit dem blauen Stempel versehenen Schrift stücke, die man nicht ohne Herzklopfen öffnet. — GS kam keinS, nur ein Britt von Hella langte eine» Tages an, rotgolden, pergamenten-und patschouliüuftend, in dem sie mich bat, -och einmal wieder -en Tee bet ihr zu trinken, sie sei zu „Conrad Markwart" zurückgekehrt und lang weile sich „unsterblich". Aus dem ganzen Ton -e- BriefeS ging hervor, -aß „dieser Rückkehr keine lebenS- bindende Bedeutung betzumeffen fei, und La ich nicht recht Lust hatte, mich abermals in» Wespennest ihrer ehe lichen Streiche zu wagen, beantwortete ich den Brief führ kühl mit einem Hinweis auf eine 'der kommenden Wochen, in -er eS mtr vielleicht möglich sein würde, trotz meine angestrengten TageSpensumS usw. Bor Ablauf dieser angedeuteten Wochen aber reifte ich ab. E» war mtr ein große» Glück ^schehen: Mei« erster, kleiner dramatischer Versuch, ein Einakter, war von einer bescheidenen, kleinen Provinzbühne angenom men worden. Die Direktion rechnete auf die „Gegen watt -er Autorin" anläßlich der Aufführung! — Tag -er Seligkeit! Zeit der königlichsten Träume. „Der Himmel voll Geigen" ist nicht -aS richtig« Wort, er bin» v»I Pauken und Trompeten, voll mächtiger Harfe», und obenan die große, feiste Hoffnungs-Bratsche, vo« der e» in Liedern und Tönen tropfte, unaufhörlich, ohne Er müdung, Kraatzfidlevumm, Kiblebnmm. Fetzt geht e» » los, das Leben! Jetzt steuerst du dem Land -er veralt heißung zu! FMebumm. Kraatzkraatzfidlebmm»!! W (Fortsetzung folgt.) 18! Lm sm-nlth«es Lrbe. , Roman von Viktor «ow UKFGHtztz. Das hätte noch einen Sitzl^EMtzt, «wttMsßt MW» an den Ufern entlaas ge-MWirväm, «ßer fett i-M^ier- «nglSckie« »ahapartte WM ffedott nie ücheber eine menschliche Seele erhsEAn-Fvä« wtrkkMba» ko«m
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