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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040304013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904030401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904030401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-04
- Monat1904-03
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ve-«g--Pret» t» d«r Lanpt«rp«diUou oder deren «lllsgaSr- stelle« avgeholt: vterlrljahrltch S.—, bet porimaltger täaltchrr Zustell una tu« Hau« 8.7b. Lurch dt« Post bezogen für Deutsch« loud «. Oesterretch vterteljUrltch 4.50, für dt« übrige« Länder laut Zritung-prri-iist«. Redaktion und Erpesttto«: Johaunisgafie 8. Fernsprecher ISS u. 222. Ktltalertzr-ttionr«: Alfred Lahn,Buchhaudlg.,Uuiversttätsstr.S Aernspr. Nr. 4Ü4S), L Losch«, Rathartue» strah« 14 (Fernsprecher Nr 2VSV) u. Koutgü» Platz 7 (yerusprecher Nr. 7505). Hantzt-NlUtle LreSdenr vkarteustraßr »4 (Ferusprecher Amt INr. 17UY. Hantzl-Ftltale Berlin: LarlLuuckrr, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandla- Lützovstraße 10(F«rusprrcherAmt/INr.460S.) Morgen-Ausgabe. KWMr.TaMall Anzeiger. Ämtsvkatt -es ÄSniglichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales «nd -es Nolizeiamtes der Stadt Leipzig. Nr. US. Freitag den 4. März 1904. «nzeiakn-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 28 Reklamen unter dem Nedaktion-strich (4 gespalten) 7Ü zt, nach den Famürennoch- richten (»gespalten) 50 Dabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisung« und Ossertenanuahm« 2b Extra-Beilage« (gefalzt), n», mit der Morgen. Ausgabe, oda« PostbefSrdernng ^4 60.—, mit Postbesörderuag 70^—. Annahmeschlust für «nzet^n: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: nachmittag« 4 U-L Anzeigen sind stet« au di« Expedition zu richt««. Li« Eipedition ist wochentags »nnnterbroch« geöffnet von früh 8 bi» abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. Poll in Leipzig (Jrch. vr. B., R. L W. Sliukhardt). 98. Jahrgang. Var lvlchtigrle vsm Lage. *Die Wahlprüfung-kommission de« Reichs tages erklärte gestern die Wahl des Abgeordneten Blumen thal, 9. Elsaß-Lothringen, einstimmig für ungültig. * Im preußischen Herrenhause kam eS heute zu einer lebhaften Polendebatte, wobei besonders der Abg. v. KoSzcielSki eine sehr heftige Sprache führte. * Gestern begann in Paris die RevistonSverhandlung des DreyfuSprozesses. * Die Japaner landeten an der Nordostküste von Korea 2400 Mann. klar peinliche Pflicht. Um nicht in falschen Verdacht zu geraten, lassen wir einigen unbedingt notwendigen Betrachtungen folgende chronologisch geordnete Notizen vorangehen: In vergangener Woche fand in Leipzig eine Versammlung statt, t» der die Gründung eines nationalliberaleu Verein« für Leipzig und Umgegend beschlossen wurde. Einen Bericht (mit den üblichen Glossen) über diese Bersamm- lung brachte allein die sozialdemokratische „Leipziger Volksztg." — die bürgerliche Presse Leipzigs war weder eingeladen, noch überhaupt benachrichtigt worden. ' Die angezapfte „BolkSztg." erklärt, sie sei zu der Versammlung eingeladen gewesen, und ihr Berichterstatter habe sich sogar mit dem Vorsitzenden über die Abfassung des Berichts unter- hallen. Am Sonntag darauf fanden in Leipzig die öffentliche Laude-versammlung und die nichtöffentliche Sitzung des Landesausschusses der nationalliberalen Partei Sachsens statt — die bürgerliche Presse Leipzig- war nicht eingeladen. Drei Tage später, am bußtäglichen Mittwoch, berichtet die „Sächs. Natlib. Korrrsp." de« Parteisekretär« über die Landrsaus- schußsitzung in wenig, über mehrere andere Angelegenheiten in viel Zeilen — eine Aufklärung d«S Verhältnisses der sächsischen nationalliberalen Partei zur sozialdemo kratischen „Leipziger BolkSztg." enthält sie nicht. Auf diese Aufklärung warten wir heute noch. Das öffentliche Leben Sachsens hat sich daran ge wöhnt, auch ohne Anregung von der nationalliberalen Parteiseite zu pulsieren — es ging auch so. Die über schüssigen Kräfte und Interessen suchten Betätigung in andern Dingen; und soweit sie keine Betätigung fanden, begnügten sie sich mit dem Scheine einer solchen, dem Loben oder Kritisieren der Leistungen an derer. Und die Folge für die Partei? Die Reichs- tagswahlinLeipzig und an anderen Orten «nuo 1903 und die Zusammensetzung des sächsi schen Landtags. Nun sollte sich alles, alles wenden — so hieß es. Leipzig, der Sitz des Parteivorstandes, sollte sogar eine lokale Organisation erhalten — man kam aus dem Staunen nicht heraus. Aber es zeigte sich, daß dies Staunen ganz unbegründet war, denn nach den jüngsten Vorgängen sehen wir nur altes Wasser in neue Schläuche gefüllt. Wo ist mit der Bevölkerung die Fühlung hergestellt, über deren absoluten Mangel erst vor einem halben Jahre ein Entriistungssturm durch die loyalsten sächsischen Blätter ging? Wo ist die Rücksichtnahme auf die Presse, ohne die man doch, wohl oder übel, im Dunkeln tagt? Wo ist die Berücksichtigung der öffent lichen Meinung, die ein Recht auf Aufklärung der seltsamen Bevorzugung eines fozialdemokrati- scheu Organs hat? Wenn wir diese Fragen hier aufwerfen, so geschieht das nicht etwa aus Lust am Opponieren, aus persönlichen Gegensätzen oder noch böseren Motiven, sondern aus- schließlich deshalb, weil wir nicht zu Teilnehmern des be liebten und noch immer fleißig geübten Versteckenspielens und Vertuschens werden und weil wir auch nicht für stille Teilnehmer gelten wollen. So kalt uns Lob oder Tadel von Blättern ü I» „Leipziger Volkszeitung" läßt, so eifersüchtig soll uns das gut deutsch, gut säch- fisch und gut liberal gesinnte Bürger- tum auf den Ruf finden, scharf und unnachsichtig zu wachen über seine Güter. Es wäre eine Pflichtversäum nis, nicht allen, die es angeht, zu zeigen, daß hier wieder einmal alles in schönster Betriebsamkeit darauf hin- zuarbeiten scheint, eine gute und unterstützungswerte Be wegung versunipfen zu lassen. Nicht einmal von den Konservativen, diesen viel gerühmten und tatsächlich in praktischen und tak tischen Fragen rühmenswerten Vorbildern will man lernen. Bei Kaisers- und Königsgeburtstag drückt der konservative Geheimrat dem biederen, frohbewegten Jnnungsmeister die Hand, und erst, wenn beglaubigte ähnliche Momentphotogramme von nationallibcralen Festlichkeiten (kein Druckfehler, es soll F e st l i ch k e i t e n heißen) vorgezeigt werden können, ist auf ein wirkliches Parteileben Hoffnung zu setzen. Solange es aber noch für „kaufmännisch" gilt, die einzige ständig erreichbare Auskunftsperson der Partei auf eine parteioffiziöse Privatkorrespondenz zur Erwerbung eines notwendigen Einnahmezufchusses zu verweisen und dainit einen un vermeidlichen Konflikt der amtlichen und privaten Pflich ten künstlich zu erzeugen — so lange werden die besten und aufrichtigsten Freunde notgedrungen dazu gebracht, je nach Temperament mißmutig bei Seite zu stehen oder energisch gegen das System aufzutreten. Die Parteileitung ist in Leipzig geblieben — den« srsnius loc-i ist es zu danken. Damit haben die Führer der Partei eine kaum noch erhoffte Gelegenheit in die Hand bekommen, alte und junge Sünden wieder gut zu machen. Bis auf weiteres, d. h. bis zur Aenderung des Abstimmungsmodus, können sie das Schicksal des Partei ¬ liberalismus in Sachsen nach der Seite des Lebens oder des Todes lenken. Wir sind uns bewußt, nicht zu über treiben: die Fortführung der Geschäfte in der bisherigen Weise muß zum Ruin führen. 8, Der russtsch-fapauische Krieg. Japanisch« Lan-nn-en. * Petersburg, 3. März. (Tel.) Ein Korrespondent der .Rufs. Telegr. Agentur" meldet au« Wladiwostok: Man teilt aus Privatquelle vom 2S. Februar mit, daß die Japaner Lader Plocksin (Plakkin-?) Bucht, an der Nordostküste von Korea 2400 Mannvon drei Dampfern, die von drei Kriegsschiffen begleitet waren, landeten. Die Landung erfolgte in der Nacht. Die Japaner rückten auf Maoschane zu. Der Truppenteil hatte keine Artillerie. Tiefer Schnee hindert das Vorgehen. Ver Ucbergang über -en Baikals««. * Petersburg, 1. März. Nachrichten, welche nicht nur in weiten Gesellschaftskreisen der Residenz umlaufen, sondern auch mehrfach von hochgestellten russischen amtlichen Persön lichkeiten al« im großen und ganzen richtig bestätigt worden sind, besagen, daß bei den Fußmärschen über den Baikalsee die russischen Truppen mit den größten Marsch- und Witterungsschwierigkeiten zu kämpfen haben. E« sollen Schneestürme herrschen, von deren Ge walt man in Europa gar keine Vorstellung babe, die einfach den ganzen Weit rrmarsch derTruppen- und Schlittenabteilungen auf mehr oder minder lange Zeit unmöglich machen und bei einer Kälte von 35 bis 42 Grad Celsius, die seit mehreren Tagen dort herrscht, vollkommen genügen, um nicht nur ein zelne Gliedmaßen absrieren zu lagen, sondern auch das Er frieren zahlreicher Leute zu verursachen. Von einer Seile wird behauptet, eS seien bisher schon über lOOO Mann erfroren oder infolge erfrorener Glieder dauernd kampfunfähig geworden, andere wisien nur von etwa 600 Mann zu erzählen. Jeden falls haben die Truppen auf dem Marsch über den Baikalsee mit fast unüberwindlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Diese werden noch durch die für solche außergewöhnlichen Ver hältnisse gar nicht ausreichende Ernährung und Bekleidung der Mannschaften wesentlich erhöht. Die Mannschaften erhalten vor Beginn des Marsches über den Baitalsee aus der Sta tion Baikal morgens Tee und trockenes Brot, auf ter Hälfte des Weges in emer Speisebaracke eine heiße Speise, meist eine dicke Grütze aus Buchweizen, die einfach in Salzwasser ohne nennenswerten Zusatz von Fett abgekocht ist, abends nach Beendigung des Marsches auf der Station Tanckoi wieder nur Tee und trockenes Brot — und sie haben 47 km Fußmarsch auf dem Eis des Baikalsees bei Wind und Wetter zurückzulegen! Daß unter so ungünstigen Ver hältnissen schon jetzt zahllose Abgänge und Erkrankungen vorgekommen sind, ist ganz erklärlich. Weniger verständlich erscheint eS jedoch, daß vielfach Mannschaften die ihnen gelieferten Walenki, dicke, bohe und warme Filzstiefel, unter wegs sehr häufig schon vor Erreichung der Lpcisehalle gegen ein Fläschchen Wodki eintauschen und dafür nur zu oft ihre Füße erfrieren. Fälle von Trunkenheit sollen nicht selten sein. Natürlich hat man keine Zeit, sich allzulange mit solchen Maroden aufzuhalten und man läßt sie an der Straße liegen, soweit nicht mitleidige Kameraden sie in den Gepäckschlitten unterbringen. Gestern ist die Schienenlegung über den Baikalsee endlich vollendet Feuilleton. Der japanische Soldat in Krieg «nd Frieden. Von vr. Ludwig Rieß. II- Nachdruck vrrbolen Wenn die Mobilmachung anfängt und die Reservisten eingezogen werden, nehmen die Garnisonstädte sofort ein anderes Aussehen an. Tempelkomplexe und Gasthäuser, die aus der Feudalzeit noch erhaltenen Unterkunftsräume der Gefolgschaft bei den Palästen der Lehnsfürstcn und viele gemietete Privathäuser sind durch Jahnen und In schriften und oft auch durch Posten als Unterkunftsräume der Aobihei, d. h. einberufenen Mannschaften und Unter offiziere, kenntlich gemacht. Auf kleinen Handwagen wer den unablässig die Uniformen und Stiefel, Unteranzüge und Lebensnuttel herbeigeschafft. Die Obleute in den Straßen gehen von Haus §u Haus und sammeln die patriotische Gabe ihres Bezirks für das nächstgelegene Quartier oder bringen bereits den Stoff, den die weib lichen Mitglieder des Haushalts in Soldatenkleider um formen sollen; denn das überaus praktische bademantel ähnliche Nachtgewand des Mannes, das ganz ähnliche Hauskleid und der leicht wattierte Mantel sind in Japan alle nach einem Schnitt gemacht und bedürfen nicht des Maßes. Ebenso wenig wie die stark wattierten Bett decken mit weiten, ärmelartigen Röhren zum Durch stecken der Arme, wodurch die Schultern so schön geschützt werden, wir wir es gar nicht kennen. Einkleidung, In struktionen und Felddicnst lassen den Soldaten kaum Zeit, bei den Althändlern hsrumzugehen und ein preiswertes altes Schwert zu kaufen. Denn daß man im Ernstfälle diesem Stahl doch besser trauen könne, als selbst dem Muratagewehr neuester Konstruktion, glaubt mancher Soldat und glauben vor allem seine Verwandten und Freunde, die ihm das Geld zum Schwerte geben. Daß die Offiziere sich gute altjapanische Klingen zurcchtstutzen lassen, um sie m die etwas zu kurze, vorschriftsmäßige Scheide zu bekommen, ist allgemeiner Brauch. Auf den Märschen in Feindesland ist das lederne Schuhzeug bald hin. Dann fällt man auf die nationale Fußbekleidung zurück. Die Socken aus einem festen, mit Indigo dunkelblau gefärbten Baumwollgewebe miteiae- N«m Abteil für den großen Zeh könnte man mit Faust Nichts ist den japanischen Militärs so vollständig nach eigenen Ideen gelungen, wie die Regelung der Ver proviantierung im Felde. Mit Recht sind die Japaner auf ihr „Kommissariat", wie sie nach englischer Nomen klatur den Lraindienst bezeichnen, besonders stolz. Die Bestimmungen sind einfach genug. Jeder in selbständiger Bewegung befindliche Truppenteil ist mit einer Proviant- kolonne versehen, die wenigstens für drei Tage das Roh material der Speisen, also Bohnen, Rettig, getrockneten Fisch, Fleisch, Eier, japanische Sauce usw., neben Reis, Weizenorot, Gemüse und Salz mit sich führt. Sie kann für sich abzweigende Einheiten Unterkolonnen bilden, die mit ihr aber wieder in Austausch treten müssen, wenn nur noch für einen Tag Eßvorrat vorhanden ist. Woher bezieht aber die Proviantkolonne den ganzen Bedarf? Antwort: Von den wandernden Magazinen, die auf langen Reihen zweiräderiger Karren als Train den mar schierenden Truppen immer auf dem Fuße bleiben. Diesen Train beschafft man sich erst bei der Mobilmachung. Denn gleichzeitig mit den Reservisten versammelt man die sich meldenden Nimbu, d. h. Kriegskulis. Es sind berufsmäßige Wagenziehcr, Lastträger und Feld arbeiter, die durch den guten Lohn, den eigenen Patrio tismus und die in Japan weitverbreitete Wanderlust an gelockt werden. Man sucht die Kerngesunden und Kräftig sten aus und übergibt ihnen zu je dreien einen von den landesüblichen kleinen Lastwagen, die zu vielen Taufen- den von der Kriegsverwaltung angeschafft werden. Die Gestelle dieser Wagen ruhen fast im Gleichgewicht auf einer starken eisernen Achse, die durch den Mittelpunkt von zwei etwa vier Fuß hohen Rädern hindurchgcht. Der starke Rahmen ist durch viele Quer- und Längsstäbe gilterförnng eingeteilt und dadurch um so fester. Nach vorn laufen die äußeren LängSleisten in eine allmählich nach innen gebogene Schere fort, die an der Spitze von einer kleinen Querleiste zusammengcbalten wird. In diese Schere tritt der eine Kuli, während die beiden andern init Benutzung von runden Hölzern, die sie zwischen die Last und die Kante stecken, mit den Schultern nachschicben. Durch Hebung und Zuruf sorgen sie für gleichen Rhyth mus der anstrengenden Vorwärtsbewegung. Man sucht zusammenpaslende Burschen aus und übt sie in der rich tigen Oekonomik der Kraftlcistungen ein. Möglichst soll bei jedem Wagen ein gescheiterer Mann mitziehcn, der gut lesen und schreiben kann und eine natürliche Autorität über seine Genossen ansübt. Darauf, daß diese Leute ihr beste« tun, um nicht zurückzubleiben, daß sie im Feindes- I lande bei Nacht schon für ihr Unterkommen sorgen und Handschuhen vergleichen. Unter die barchentartige Sohle bindet man aus Reisstroh geflochtene Sandalen, die mit Binsen oder Strohbändern, die von der Spitze zwischen dem großen und den anderen Zehen und durch Oesen an den Seiten und hinten hindurchgezogen und etwas über den Aenkelknocben festgebunden werden. Es ist eine leichte und kühle Fußbekleidung, mit der man durch Wasser hin durchwatet wie ein barfuß Gehender. Ihr Hauptnachteil, daß die Strohsandalen, namentlich bei Regenwetter, alle Tage erneuert werden müssen, ist nicht so schlimm; denn jeder Soldat kann sich seine Sandalen selber machen. Stroh, wenn auch nur Gerstenstroh, findet er ja überall. Der Hauptvorzua dieser Fußbekleidung ist aber, daß sie im Schlamm nicht stecken bleibt; durch Feuchtigkeit saugt sie sich, sozusagen, an den Sohlen der Socken fest. Ausdauer im Marschieren und im Laufschritt ist die besondere Stärke des japanischen Infanteristen. Gegen die Hitze ist er wohl abgehärteter als wir, aber doch noch nicht so wie die russischen Soldaten, die auf dem Marsche nach Peking im August 1900 mit den Japanern wetteifer ten. Die Kälte in dem Winterseldzug vor zehn Jahren hat viele erfrorene Füße nnd Hände verursacht; sonst hat sie den Japanern keinen Schaden gebracht, sondern eher noch genutzt, weil sie die Wege verbesserte. Das kriegsmäßige Gepäck des Japaners kann leichter sein, als das der Russen, weil er keine Reservestiefel und weniger Kochgeschirr nötig hat. Denn für ihn wird ent weder im Lager gekocht, oder er zehrt von seinem eisernen Bestände, für den er nur etwas heißes Wasser gebraucht, uni ihn so schmackhaft zu machen, wie er überhaupt nur sein kann. Er besteht nämlich für zwei Tage aus gesottenem KlebreiS, der an der Sonne getrocknet ist. Etwas über 1 Liter dieser Substanz wird in festeste Form gebracht. Mit heißem Wasser angefeuchtet und mit ein wenig von den 20 Gramm «salz gewürzt, das ebenfalls zur eisernen Zehrung gehört, ist aus einem Sechstel dieses Reis- auantum« eine ausreichende und bekömmliche Mahlzeit hergestellt. Als Abwechselung dienen Klöße, die aus alt backenem Weizenbrote, das in kleine Würfelchen ge schnitten ist, mit Beimischung von Salz und kleingehäck- rem Gemüse hergestellt werden. Diese Klöße werden ge gessen, wie sic sind. In bewohnten Gegenden erquickt sich der Soldat gern an Teeaufgüssen. Kaltes Wasser trinkt er fast nie; er löscht seinen Durst damit durch ein wieder- Holter AuSspülen de« Mundes. Bei der Infektionsgefahr, die das durch die Reisfelder Ziehende Wasser mit sich bringt, hat sich die Volksaewöhnung diesen den Tieren leider versagten Schutz zu verschaffen gewußt. wordrn. Am DienStag soll der Schienenweg dem Verkehr der Truppen übergeben werden. (Ist geschehen. D. Red.) Die Leute werden dann in den kleinen niedlichen Wagen unserer Petersburger Strand-(Sekundär-)Bahn über de» See befördert werden, die mit den zugehörigen Lokomotiven vor einigen Wochen dorthin abgesandt wurden. Zunächst werden die kleinen Wagen von Pferden gezogen, daS scheint io der Hauptsache aus Vorsicht zu geschehen, denn die Erfahrungen, welche man mit einem Probezug gemacht hat, sind nicht sehr ermutigend ausgefallen. Wie die „Nowoje Wrernja" kürzlich zu melden wußte, ist ein ganzer Warenzua, weil die Loko motive nicht rechtzeitig zum Stehen gebracht werden konnte, in einer der so gefährlichen, sich plötzlich bildenden Eisspalten verschwunden. Heute erhält das Blatt eine Meldung «ms Irkutsk, daß gestern eine unweit de- Ufer- manövrierende Lokomotive plötzlich im See versunken sei. Diese sich im Eise des Baikalsees ganz plötzlich bildenden, oft 100 und mehr Meter langen, 2—10 und mehr Meter breiten Riste und Spalten bringen für den Transport der Truppen die größten Gefahren. Wo am Vormittag eia Zug noch sicher und unbehindert passierte, befindet sich oft am Mittag oder Abend eine weite, unüberbrückbare Spalte, die Schienen, Schwellen usw. mit in den Abgrund gerissen hat. Sind solche Spalten oder Riste nicht allzu bre»t und lang, so ver sucht man sie durch Einkeilen und Einfrierenlasten von dicken EiS- blöcken wieder zu schließen. Jetzt, wo eS für die russische Heeresleitung auf jeden Tag ankommt, den sie die Truppen eher jenseits des Baikalsee- hat, können solche un vorhergesehene Naturereignisse doch recht bedenklich« Folgen haben. Von dort ab soll die Eisenbahnverbindung tatsachuch gut funktionieren, was von Moskau bi- Irkut-k, abgesehen von einigen durch die Anhäufung von Militärzügen eat- stebenven Verkehrsstockungen, im allgemeinen auch der Kall sein soll. Jedenfalls verdient eine Armee, eine Truppe, die solche Schwierigkeiten zu überwinden hat und trotzdem zielbewußt und mit eisernem Willen ihren Aufmarsch ruhig weiter vollzieht, unsere größte Achtung und Bewunderung. Sie wird in den Sommermonaten ver mutlich mit noch viel gefährlicheren Feinden zu kämpfe« haben, gegen deren Heimtücke kein noch so großer Heldenmut hilft: die Eholera und der Typhus! Vielleicht wird ma« dann auch den amtlichen Dementierapparat in Bewegung setzen, wie dies jetzt geschieht. So sucht der Leiter de» Truppeu- tranSportwesenS im Bezirk von Irkut-k Oberst Domeluogsen nnterm 26. Februar in der „Nowoje Wremja" die Gerüchte zu widerlegen, wonach nach Irkutsk zahlreiche Soldaten gebracht worden seien, denen beim Marsch über den Baikals«« die Gliedmaßen erfroren sind, so daß sie amputiert werden mußten. Keine einzige Amputation, behauptet er, sei vor gekommen, während des Marsches über den See fände an zwei Punkten eine Besichtigung der Truppen statt, die mit warmer Kleidung wohlversorgt seien, ferner wird berichtet, der Uebergaug des Baikals vollziehe sich ohne Schwierigkeit und mit großer Pünktlichkeit. Die ganze Strecke über daS Eis betrage 30 km. Auf der Mitte des Wege- seien warme Baracken errichtet, wo die Truppen ein warmes Mittagsmahl erhielten, längs der Wege laufe eine Telegraphenleitung, je 4 bis fünf Mann erhalten einen Schlitten zur Beförderung ihres Gepäcks oder für Ermüdete. BiS zur Station Baikal gehe der Eisenbahnzug, welcher nachts eintrifft; nachdem sie Tee erhalten hätten, träten die Truppen früh morgen- den Marsch an, mittags speisten sie in den Baracken und abend- beim Eintreffen auf der Station Tanckoi erhielten sie das Abend brot, worauf der Zug der Transbaikalbahn bestiegen werde. Soweit der Oberst, dessen Bericht im vollen Widerspruch z» ———i bei großen Steigungen sich aus der Bevölkerung Hülfe requirieren, kann inan sich verlassen. Bei Gliederver- renkungen wissen sie sich selbst zu helfen; bei kleineren Er kältungen greifen sie zu den Volksheilmitteln, besonders zur Massage und zum Setzen von Moxa, d. i. Mark- kügclchcu, die sie abbrenncn. Sie wären ganz ideale Lastcnbeförderer, wenn sie nicht zuweilen nach einem Siege der Bevölkerung im feindlichen Lande viel über mütiger nnd schroffer entgegenträten, als die Soldaten selbst. In Formosa, das ,a als japanisches Territorium okkupiert werden sollte, machte sich diese schlechte Eigen schaft der „Herren Kulis" besonders unangenehm de- merkbar. Ter Sanitätsdienst war vor zehn Jahren ebenfalls im besten Gange. Allerdings hatte er mit Verwundungen, außer bei Chinesen, nur wenig zu tun. Um so mehr aber mit Krankheiten. Es ist besonders die Dysenterie, die m der kriegführenden japanischen Armee zu fürchten ist; dagegen scheinen die Japaner sehr wenig widerstands fähig zu sein. Erst an zweiter Stelle kommt die parasi- täre Bcri-bari-Krankheit, die bei allen Rei- essenden Völ kern ihre Opfer fordert. Bei der Marine hat man diese Volkskrankheit so gut wie ganz ausgerottet, eS gab 1899 nur noch sechs Fälle, die sämtlich geheilt wurden. Bei der Armee sind aber die erreichten Resultate noch nicht so günstig. 1895 kam die Cholera hinzu. Diesmal sind die Pocken zu fürchten, die im Amurgcbiete wüten. Natürlich werden alle Eingezogenen, auch die Kricgskulis, geimpft. Daß die Japaner schon 1877 der Genfer Kon vention beigctreten sind und eine über da- ganze Land verbreitete Note Kreuz-Gesellschaft haben, die über reiche Mittel verfügt und 1901 zwei ausgerüstete Schiffe für Südafrika anbieten konnte, sei hier nur erwähnt. Eine Feldpost und eine Feldgendarmerie gab eS im letzten japanisch-chinesischen Kriege noch nicht. Vielleicht überrascht uns Japan jetzt mit diesen neuen Institutionen. Aber auch ohne diese Zutat moderner Kriegführung er wies sich die javanische Armee im letzten Kriege als eine einheitliche, festgefügte Organisation, al» ein in allen seinen Gliedern gesunder Körper — beseelt von dem altrn Heldengeiste und der kriegerischen Tüchtigkeit, di« in allen japanischen Theaterstücken, in allen populären Lese büchern, bei allen Volksfesten al» die besondere Tmiend der Altvordercn gepriesen wird und di« dem Oftizierkorp» als der Kern ihre» GtandeSbewußtsein» in Fleisch «nd Blut übcrgegangen ist.
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