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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040311027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904031102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904031102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-11
- Monat1904-03
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BezugS-PreiS tu der Hauptexpedition oder deren Ausgabe» stellen abgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau» 3.75. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich 4.K0, für die übrigen Länder laut Zeitung-preisliste. NeSaktion und Expedition: Johannisgasse 8. Fernsprecher 153 u. 222. Silt-lerpeditt-nen. Alsredtzahn, Buchhandlg., UniversitätSstr. 3 (Fernspr. Nr. 4046), L. Lösche, Katharinen» siraße 14 (Fernsprecher Nr 293k) u. König»« platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale DreSde«: Marienstraßr 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale verltn . CarlDuncker, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandla.. Lützowstraße 10(FernsprecherAmtVI Nr 4603.) Abend-Ausgabe. ripMer TaMalt Anzeiger. Ämtsölatt -es Königlichen Land- und des Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und des Votizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Pret- die 6 gespaltene Petitzeile 2S Reklamen unter dem RrdaktionSstrich (»gespalten) 7b nach den Famillrnnach- richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und Aiffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Srtra-Vetlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbtförderung .^l 70.—. Auoahu»eschlutz für Anzeige«: Abend-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stet» an die Expedition zn richten. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. P»lz in Leipzig (Inh. vr. B.,R. L W. »ltnkhardt). Nr. 12S. Freitag den 11. März 1904. S8. Jahrgang. Var Wchtigrte vom Lage. * Die Zweite sächsische Kammer nahm heute das Lotteriegesetz in der von der Ersten Kammer beschlossenen Fassung ernst immig an. Damit hat das Gesetz alle par lamentarischen Phasen durchlaufen. Seine Veröffentlichung mit Geltung vom 1. April d. I. ab ist in den nächsten Tagen zu erwarten. * Wegen des Gesetzentwurfs zur Entlastung des Reichsgerichts sollen Verhandlungen mit den Führern und Juristen der größeren Parteien des Reichstags stattfinden. * Der „Vorwärts" will erfahren haben, die Reichsregie rung beabsichtige, noch in diesem Frühjahr den Reichstag auszulösen unter der Parole: Gegen die Sozial demokratie. d Der Maerrpenstigrn Lähmung. Jenseits der Leitha im österreichisch-ungarischen Kaiser- Königreiche ist das Unerwartete geschehen: Nach monate langen hitzigen Kämpfen, die daS Parlament förmlich zum Schlachtfeld machten, hat auch die letzte Freischärlertruppe der Obstruktionisten die Waffen niedergelegt. Der starken Hand des großen Tisza war es gelungen, die liberale Partei geschlossen um die Regierung zu scharen und — allerdings auf Kosten der Einheit der Armee und mit rücksichtsloser Hintansetzung der gesamtösterreichischen Interessen — die Unabhängigkeits partei zur Einstellung der Obstruktion zu bewegen. In dessen blieb noch ein Häuflein von Exaltados übrig, die von der Obstruktion nicht lassen wollten und dadurch die Erledigung der militärischen und handelspolitischen Staatsnotwendigkeiten unmöglich machten. Am schwersten litt unter der Obstruktion die Bevölkerung des Königreichs, deren junger Nachwuchs übermäßig lange in den Garnisonen gehalten werden mußte, da das Parlament die Geldmittel zu neuen Aushebungen ständig verweigerte. Da griff Tisza zum Aeußersten. Er brachte einen Antrag ein, der eine end gültige neue Hausordnung für das Parlament schaffen sollte und den die liberale Partei sofort einstimmig annahm. Die diskretionären Vollmachten, die der Graf dem Präsi denten des Reichstages hiermit übertragen wollte, bedeuteten eine Knebelung der Minorität, und zwar nicht blos sä Koo, sondern sür immer. Dieser Hieb des „harten Landgrafen" zerbrach der Opposition den Rücken, sie knickte zusammen, und nun kann die ungarische Staatsmaschine wieder normal funktionieren. Anders in Cis-Leithanien. Hier ist Herrn v. Körber die Zähmung der Widerspenstigen nicht gelungen und wird ihm wohl schwerlich je gelingen. Der Ministerpräsident kämpft nun schon seit seinem Amtsantritt gegen diese Hydra, der immer neue Köpfe erstehen. Er „kämpft", so wie eS ihm sein mildeS, friedliebendes Temperament und die leidenschaftslose Beharrlichkeit, die er selbst gern an sich rühmt, eben vorschreiben. Seine Kampfmittel sind beschwichtigende Erlasse, versöhnliche Reden, Punktationen Feuilleton. 2gj Ein angenehmes Erbe. Roman von Viktor von Reisner. Nachdruck verboten. Frau von Höchstfeld schüttelte nur den Kopf und plötz. lich in krampfhaftes Schluchzen ausbrechend, rief sie voller Entsetzen: „Er ist Räubern oder Wilddieben in die Hände ge fallen — sie haben ihn sicher schon ermordet!" „Nein, gnädige Frau, das ist ausgeschlossen, hier gibt es keine Räuber" — mutzte sogar Szabo, obgleich wider- willig, der Wahrheit die Ehre geben — „wenn es indes zu Ihrer Beruhigung dient, will ich sofort mit den Leuten die Waldungen abstreifen." »Ich gehe mit" — erklärte Frau von Höchstfeld in voller Aufregung. Erich hatte alle Mühe, sie davon abzubringen, und nachdem er Erna eingeschärst, die Mutter keine Minute allein zu lassen, stellte er sich an die Spitze der Männer und Wirschen, die sich mittlerweile mit alten rostigen Flinten, Dnnggabeln und Hacken bewaffnet hatten, und unter dem flackernden Licht der Kienspäne zog man gruppenweise in verschiedenen Richtungen ab. Um Mitternacht kehrte die erste, gegen zwei Uhr morgens die letzte Abteilung — resnltatlos — zurück. Erich, nunmehr selbst in höchster Aufregung, die er nur schwer vor der Mutter verbergen konnte, lieb sofort anspannen. Bisher hatte er absichtlich gezögert, in Mariance oder Ttepcnavze anznfragcn. Menn sich der Vater wirklich dort befand, dann war vorauszuschen, datz er das Suchen nach ihm falsch auffassen und so auslegcn würde, als ob «,an ihn dadurch in der ganzen Gegend lächerlich gc- macht hätte — Schon der Mntter wegen durfte er es aber nun nicht mehr länger hinausschieben, und so schnell c« die Dunkelheit gestattete, fuhr er alsbald gegen Mariance. Vor dem Psarrhans angelangt, warf er dem Burschen die Zügel zu, sprang behende vom Magen herab und stürmte durch das weit ofscnstehendc Tor gegen die Eingangstür Die Glocke schrillte durch das Haus, und bald daraus er schien, ein flackerndes Talglicht in der Hand, schlürfenden Schrittes Frau Mara und erkundigte sich durch die ge- schloflene Tür, wer denn im Sterben liege? und Konferenzen. Soeben hat er wieder bei der Eröffnung des österreichischen Reichsrates das ihm so geläufige hohe Lied des Optimismus gesungen. Mit Schiller kann man von ihm sagen: Noch am Grabe pflanzt er die Hoffnung auf. Immer wieder mahnt er zur Arbeit, immer wieder glaubt er den Tag anbrechen zu sehen, an welchem Wolf und Lämm- lein friedlich neben einander weiden werden. Wirklich, Mit leid mit dem begabten und gewandten Manne muß den Betrachter erfassen. Seit Jahren schiebt er den Block mit unsäglicher Mühe den steilen Berg hinan und immer kurz vor dem Gipfel entrollt ihm der tückische Marmor. Auch seine diesmalige Rede hat zwar im Parlament jenen lebhaften Beifall erregt, der den wohlgelungenen rheto rischen Leistungen des sprachgewaltigen Ministerpräsi denten niemals zu fehlen pflegt; dennoch läßt sich schon jetzt Voraussagen, daß sie praktisch ohne jede Wirkung bleiben wird. Schon die erste Sitzung gehörte der tschechischen Obstruktion, die bereits 170 Dringlichkeitsanträge eingebracht hat. Natürlich ist auch die Stimmung der Deutschen eine äußerst gereizte und die neuesten Vorfälle in Prag sind nur allzu sehr angetan, die Konfliktsneigungen auch auf dieser Seite noch zu verschärfen. Nun ist es freilich unberechtigt, dem Minister von Körber Vorwürfe zu machen und ihm ein „Landgraf, werde hart!" zuzurufen. Zu der Politik der starken Hand fehlt es dem leitenden Staatsmann Oesterreichs an dem notwendigen Rückhalt bei Hofe und bei der Krone selbst. Der Aristokratie, die es an Rückständigkeit mit dem verbissensten Junkertum Ostelbiens aufnimmt, ist der Minister mit seinen liberalen Allüren schon lange ein Dorn im Auge. Diese Herren be trachten Oesterreich als ein Versuchsfeld für die berüchtigte Kavalierspolitik, sich selbst aber als die „geborenen" Führer der Menge. Ihre durch keinerlei Sachkenntnis getrübte Un befangenheit hat denn auch im Wesentlichen alle die Katastrophe» verschuldet, die in den letzten Jahrzehnten über das bedauernswerte Land hereingebrochen sind. Und Kaiser Franz Josef, der dem Minister von Körber per sönlich ein weitgehendes Vertrauen entgegenbringt, kann sich doch nicht dazu entschließen, den staatsrechtlichen Aspira tionen der Tschechen endgültig Einhalt zu gebieten und die geforderte Wiederherstellung der böhmischen Krone und ihrer Rechte ein für alle mal in daS Gebiet der Romantik zu ver weisen. Ein solcher Entschluß aber, eine solche prinzipielle Entscheidung der in Oesterreich fast allmächtigen Krone wäre daS einzige Mittel, um die Tschechen über die praktische Aus sichtslosigkeit ihrer Bestrebungen definitiv zu belehren und dem Streit der Nationalitäten ein Ende zu machen. Zu einem derartigen Schritt kann sich jedoch der Kaiser, der sich niemals als deutscher Fürst gefühlt hat, nicht ent schließen, und so ist der Minister von Körber auf jene Bro samenpolitik angewiesen, die hier ein Kompromiß schließt, dort ein Konzessiönchen von dem reichen Tische der Ver waltung fallen läßt und als einziges Regierungsprinzip die Maximen des Herrn von Gentz und des Grafen Taaffe „Machen Sie nur aus! Ich bin es — von Hüchstselb!" — rief ihr Erich zu. Sie öffnete spaltenbreit. „Liegt vielleicht bei Ihnen eines im Sterben?" — fragte sie nochmals, denn datz man den Pfarrer zu solcher Stunde aus einem anderen Grunde aufwecken wollte, schien ihr ganz undenkbar. „Das nicht" — sagte Erich — „aber ..." „Gott sei Dank" — atmete sie auf — Hochwürden hätte sicb jetzt auch wohl kaum erwecken lassen. Er ist vor kaum zwei Stunden vom Herrn Grasen zurückgekommen und schläft jetzt den Schlaf des Gerechten." „Missen Sie vielleicht, ob auch mein Vater dort war?" — fragte Erich atemlos. „Wie soll ich das wissen?" — entgegnete sie ent schuldigend — „wenn Hochwürden vom Herrn Grasen kommt, dann spricht er nicht, dann singt er nur." Erich begriff, datz er durch weiteres Fragen nur un- nötigerweisc kostbare Zeit verlieren würde, und so ent schloß er sich zum Weiterfahren. Ter Weg von Mariance nach Stepenavze führte mitten durch den Wald, und immer noch mit der Möglichkeit rechnend, datz sich der Vater vielleicht doch verirrt haben könnte, hielt er von Zeit zn Zeit an und rief dessen Namen in den bereits grauenden Tag hinein. Um vier Uhr fuhr er durch Stepenavze, wo die Bauern bereits zur Tagesarbeit rüsteten. Es siel ihm auf, datz ihm von keiner Seite ein Morgengrutz geboten wurde, datz sich bic Leute vielmehr scheu beiseite drückten und taten, als ob sie den vorüberfahrenden Wagen gar nicht hörten. Dies beunruhigte ihn dermaßen, datz er, ohne sich eigentlich darüber Rechenschaft zu geben, anhielt und einige Bauern hcranwinkte. Nur widerstrebend folgten sie seiner Aufforderung und blieben dann in angemessener Entfernung scheu stehen. „Wißt Jbr vielleicht, ob der Herr Graf heute Nacht Gäste gehabt hat?" — erkundigte er sich bei ihnen. „Unser kochwürdigstcr Herr Pfarrer war bet ihm" — entgegnete ihm einer nach längerem Zögern. „Und nicht auch mein Vater?" — fragte Erich mit vor Aufregung zitternder Stimme. Sic schauten sich verstohlen an und zuckten nichts wissend mit den Achseln. In namenloser Angst fuhr Erich weiter und hielt nach kaum zehn Minuten auf dem Schlntzhof. Auch hier kamen ihm die Leute mit ihn seltsam be- rührender Scheu entgegen, und es bedurfte erst eines ganz energischen Befehls, ehe sich einer entschlotz, den Grafen durch seinen Kammerdiener wecken zu lassen. kennt, die im „Fortwursteln" und in dem gefährlichen Satze gipfeln, daß kleine Geschenke die Freundschaft erhalten. Die Widerspenstigen zu zähmen, wagt die Regierung nicht mehr; sie hat den Sandweg der Versöhnung betreten, vor dem schon Fürst Bismarck warnte, und in diesem Sandweg steckt der Staatskarren jetzt bis über die Räder. Der russisch-japanische Krieg,. »rä. Die wichtigste Frage ist jetzt die, ob wirklich Japaner ans Liaotung gelandet sind, wie amerikanische und englische Berichterstatter melden. Die Japaner sollten bekanntlich bereits ein Gefecht mit den Russen gehabt haben, die zurückwichen, und schon im Besitz des 40 km von der vermutlichen Landungsstelle landeinwärts liegenden Föngh-wang-tschöng sein. Dagegen wird von „Reuter", der gewiß nicht im Verdachte stebt, die Lage in für die Japaner ungünstigem Lichte zu schildern, gemeldet: * Niutschwang, 10. März. (Reuters Bureau.) Bon Augen» zeugen sind hier bestimmte Bekundungen eingegangen, datz am 2. März in Föngh-wang-tschöng und in der Umgeqend alles ruhig war. Bon einer Annäherung der Japaner ist nichts bekannt. Die jüngsten Meldungen über das Erscheinen japanischer Truppen auf dem Westufer des Jalu werden für fakt unglaublich erachtet. Die Zusammenziebunq der russischen Truppen in der Gegend der russischen Operationsbasis legt der chinesischen Bevölkerung schwere Lasten auf, namentlich in Lianjang, wo alle Gebäude beschlagnahmt sind. Auf allen Eisenbahnstationen von einiger Bedeutung lagern Truppen in Zelten. Da die englischen und amerikanischen Quellen daS Datum der Einnahme Föngh-wang-tschöngs nicht angeben, kann man nicht wissen, ob die Meldung „alles ruhig" vor oder nach dem 2. März fällt. Wie sich nun die Dinge weiter entwickeln, daS hängt, wie Graf Reventlow im „Berl. Tagebl." ausführt, Wohl in erster Linie ab, welche Kräfte einander gegenüberstehen werden; Nachschübe können jedenfalls schneller die Russen mit der Bahn nach diesem neuen kritischen Punkte schicken, als die Japaner durch neue Landungen mit langem nachfolgenden Marsch. Man brauchte sich übrigens nicht zu wundern, wenn die Japaner demnächst auch auf der anderen Seite landeten und der russischen Stellung von da aus in den Rücken fielen. Jedenfalls werden die auf Liaotung sich nun abspielenden Kämpfe entscheiden, ob Port Arthur abgeschnitten wird oder nicht. Es abzuschneiden durch Zusammenwirken von Heer und Flotte wird allem Anschein nach vorläufig daS Haupt ziel der japanischen Kriegführung bleiben, unter der An nahme, daß die Manöver der letzten Wochen eben nur dies Hauptziel verschleiern sollten. Port Arthur. Ein Telegramm des Statthalters Alexejew an den Zaren aus Mukden vom 10. März meldet: Der Kommandant von Port Arthur berichtet: Heute früh 1 Uhr wurden im Bereiche der Lichtstrahlen unserer Scheinwerfer Schiffe, an scheinend Torpedoboote, gesichtet. Unsere Batterien er öffneten das Feuer auf die Schiffe. Um 2 Uhr 40 Min. liefen unsere Torpedoboote aus und trafen um 4 Uhr west lich des Liaotechane-Leuchtturms den Feind, der, nachdem einige Schüsse abgegeben waren, südwärts auf Chandonne abdampfte. Unsere Torpedoboote kehrten um 6 Uhr in den Hafen zurück; andere Torpedoboote, die darauf eine Rekog noszierung unternahmen, eine halbe Stunde später. * Petersburg, 10. März. «Rufi. Telegr. Agentur.) Nach einer gestern in Port Arthur eingegangenen Mitteilung deS „Courier de Tientsin" wurden bei dem Nachtangriff der japanischen Flotte auf Port Arthur am 24. Februar fünf Brander und mehrere Torpedoboote in Grund gebohrt. — Die Meldung aus Niutschwang am 4. März, daß die russischen Truppen sich auf die Linie Liaujang-Hoitschang zurückzieheu, ist unbegründet und von Rußland feindlicher Sette verbreitet worden. Wladiwostok. * Tokio, 10. März. (Reuter.) Nach Privatmeldungeu auS Gensan bombardierten die Japaner fett dem 6. März dreimal Wladiwostok. Die japanischen Granaten setzten einen Stadtteil in Brand. Nach Berichten au» Söul wurden wiederum 6 Mitglieder der Hausierergilde unter der Beschuldigung russenfreundlicher Intrigen verhaftet. ASinps« in Aaron. * Tokio, 10. März. (Reuter.) Russische und japanische Jäger zu Pferde hatten gestern nördlich von Pjöngjang ei» Gefecht. Die Russen zogen sich nach kurzem Kampfe zurück. Ver luste hatte keine Partei. Präsident Roosevelt bat nach längerer Besprechung mit Staatssekretär Hay folgenden Staatsbefehl erlassen. Alle Regierungsbeamte in der Civilverwaltnng, im Heere und der Flotte werde» hiermit angewiesen, nicht nur die Neutralitäts proklamation deS Präsidenten während deS russisch japanischen Krieges zu befolgen, sonder» sich auch jeder Handlung und mündlichen Aeußerung zu enthalten, die einem der beiden Krieaführenden berechtigten Grund zur Er regung geben kann. Die Regierung der Vereinigten Staaten vertritt das Volk der Vereinten Staaten nicht nur in der Auf richtigkeit, mit der sie die Wage der Neutralität genau gerade zu halten bemüht ist, sondern auch in der Aufrichtigkeit, mit der sie den Ausbruch des gegenwärtigen Kriege- beklagt und hofft, er möge so früh als möglich mit möglichst geringe» Verlusten für die B e t ei l i at e » enden. Solch ein Krieg bringt eS unvermeidlich mit sich, daß die nationale Empfindlichkeit der. Beteiligte» durch Dritte leicht erregt werden kann durch alles, wa- als ver letzend und mißachtend gedeutet werde» kann. Zu ost Widerstreiten die Ansprüche der Kämpfenden den Obliegen heiten und Verpflichtungen der Neutralen, so daß e» gerade bei peinlicher Erfüllung der Obliegenheiten und Verpflichtungen schwer ist ru vermeiden, daß die eine oder die andere Partei Anstoß nimmt. Zu solchen unvermeidlichen Ursachen des Anstoßes, wie die gebührende Erfüllung der Pflichten es ist, dürfen aber keine vermeidbaren Ursachen hinzugefüat werden. Es ist immer mißlich, »ach der Alten Welt die Antipathien und Eifersüchteleien unsere» Lebens zu bringen oder in befreundeten und fremden Ländern von unserer Seite durch Rede und Verhalte» Aerger und Groll gegen unsere Nation zu errege». Aber bei dem Regierungsbeamten, dessen amtliche Stellung ihn in gewissem Sinne zum Vertreter deS Volkes macht, wird derUebelstand eines derartigen Verhaltens beträchtlich verschärft. Eine Nation von Stärke und Selbstvertrauen sollte ganz besonder bedacht sein nicht nur auf die Rechte, sondern auch auf die Empfindlichkeit derNachbarn, und heutigenTageS sin d alle Nationen der Welt benachbart. Höflichkeit, Mäßigung und Selbstbeherrschung sollten den internationalen Verkehr nicht minder als den privaten auszeichnen. Von allen RegierungS- Graf Stepenaz verwunderte sich nicht wenig über diesen so ungewöhnlich frühzeitigen Besuch, der doch ent schieden nur durch ein außergewöhnliches Ereignis ver anlaßt sein konnte. So schnell als nur möglich kleidete er sich an und ging nach dem Empfangszimmer, wo indes Erich voll Unruhe auf- und niederschritt. Als er den Grafen kommen hörte, ging er ihm auf halbem Wege entgegen. „Verzeihen Sie die Störung" — entschuldigte er sich, „aber ich weiß nicht mehr, wo ich sonst nach ihm suchen soll — war mein Vater vielleicht diese Nacht bet Ihnen?" Stepenaz starrte ihn ganz verständnislos an. „Ihr Herr Vater?" „Ja. Er ist gestern gegen Abend fortgegangen und seitdem nicht zurückgekehrt — Sie können sich also unsere schreckliche Aufregung erklären." „Warten Sie, warten Sie, ich kann Ihnen nicht so schnell folgen" — gestand Stepenaz freimütig — „wir haben heute Nacht so vielen Flaschen die Hälse gebrochen, daß mir der Schädel ganz gewaltig brummt." „Und mein Vater war auch dabet?" — drang Erich in ihn. „Nein, mein Sohn, nur ich und der Pfarrer. Aber warten Sie, warten Sie, wie sagten Sie doch — er ging schon gestern nachmittag fort?" „Gegen Abend" — berichtete Erich. „Und hat er nicht erwähnt, wohin er wollte?" „Gr ging nach dem Wald, um ein paar Hasen zu schießen, und seit dieser Zeit hat ihn niemand gesehen." Der Graf packte Erich plötzlich bei der Hand und starrte völlig entgeistert vor sich hin. „Nein, nein" — lallte er dann — „es ist ja n4ch» mög. lich, meine Leute müßten ihn doch kennen!" — und Erich wieder loSlasfend, stürzte er nach dem Fenster, um mit wahrer Stentorstimme auf den Hof zu rufen — „Slevo, der Waldhüter soll auf der Stelle zu mir heraufkommen!" Erich stand vor einem Rätsel und suchte vergebens aus dem wie verrückt Hin- und Herrerrnenden eine Antwort herauSzubekommcn. „Wenn sie mich nmstisiziert haben, drehe ich ihnen den Hals um" — schrie indes der Graf ein um bas anderc Mal — „diese Hunde, diese Schurken, diese elenden . . ." — er brach jäh ab und wandte sich dem in der Tür er- scheinenden Waldhüter zu. „Wen hast du gestern arretiert?" — fuhr er ihn an. Steno, der sich seinen Plan längst zurechtgclegt hatte, antwortete mit scheinheiliger Unterwürfigkeit. „Du weißt es ja, Herr, solch' einen städtischen Strolch, -er deine Fasanen abschtetzen wollte." Der Graf packte ihn bei den Schultern, und ihn wie wahnsinnig hin- und herschüttelnd, inquirierte er: „Und du Hund mutztest nicht, daß es Herr von Höchst, seid aus Dolina war?" Der Bauer ließ sich alles ruhig gefallen und entgegnete mit dem einfältigsten Gesicht von der Welt: „Eh, das glaubt doch Euer gräfliche Gnaden selbst nicht — so ein feiner Herr wird sich doch nicht aufS Wildern verlegen!" „Führe mir den Arrestanten sofort vor!" — herrschte ihn Stepenaz an — „oder nein" — hielt er ihn im selben Augenblick zurück — „ich werde gleich selbst hinabgehen" — und zu Erich gewandt, der mittlerweile den ganzen niederträchtigen Sachverhalt erraten hatte, sagte er — „diese Schurken haben mir und Ihrem Herrn Bacer einen fürchterlichen Possen gespielt, aber verlassen Sie sich darauf, ich werde strenges Gericht halten, und wenn eS au Hals und Kragen gehen sollte! — Bitte, kommen Sie jetzt mit." Er nahm sich nicht einmal soviel Zeit, einen Hut auf- zusetzen, sondern stürmte, mit großen Schritten Erich oorauSeilend, nach dem Gemeindehaus. Als Stevo zitternd und bebend die Stallttir öffnete, bot sich ihnen ein seltsame-, fast unglaubliches Bild. Auf der Holzbank, zwischen den beiden Zigeuner, weibcrn, saß der Major und ließ sich von ihnen ihre Leidensgeschichte erzählen. Den Grafen erblickend, erhob er sich und maß ihn von oben bis unten mit verächtlichem Blick. Da trat Erich vor. „Vater, wir suchten dich schon die ganze Nacht. . . ." ^Halt" — gevot er ihm — „erst hat dieser Herr zu sprechen." „Glauben Sie mir, Herr von Höchstfeld, ich bin auf das Tiefste empört, Sie in einer solch beleidigenden Situation zu sehen" — versicherte Stepenaz mit ehrlicher Entrüstung, und ihm die Hand entgegenstrecken-, bat er: „Kommen Sie nur erst heraus, damit wir gemeinschaft lich beraten, wie . . ." ,Mie scheinen vergessen zu haben, daß Sie mir für heute fünfundzwanzig Stockhiebe versprechen liehen" — unterbrach ihn der Major mit nur schwer bewahrter äußerlicher Ruhe — „oder ist Ihnen und Ihren Kom plizen plötzlich der Mut in die Hosentasche gesunken?" (Fortsetzung folgt.)
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