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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040312029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904031202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904031202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-12
- Monat1904-03
- Jahr1904
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Haapt-Siltnle Berlin: TarlDuuckex,Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg- Lützowstraße lOsFernsprecherAmtVI Nr.4603.) Abend-Ausgabe. MMer Tageblatt Anzeiger. Nmtsökatt -es Königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Nates un- -es Volizeiamtes der Lta-t Leipzig. Anzelgen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 75 nach den Familicnnach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesörderung -it 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E Polz in Leipzig (Jnh. Dr. B„ R. L W. Klinkhardt). Nr. 131. Sonnabend den 12. März 1904. 98. Jahrgang. Vas lvicdtigrte vom Lage. * Der Kaiser tritt heute seine Mittelmeerfahrt von Bremerhaven an. * Soweit wir hören, wird die Vorlage wegen Ent lastung de- Reichsgerichts etwa gegen Ende dieses Monats dem Reichstage zuaehen, voraussichtlich also erst nach der Ostervertagung zur Beratung gelangen. * Wie in gut unterrichteten Reichstagskreisen verlautet, stimmte Baden, im Gegensätze zu seiner früheren Haltung, jetzt für Aufhebung von F 2 des IesuitengesetzeS. * In dem neuen, in der Nacht vom 10. zum 1l. März und am 11. März bis 1 Uhr mittags stattgefundenen Seegefecht vor Port Arthur sank ein russisches Torpedoboot, ein japanischer Kreuzer wurde schwer beschädigt. Die Russen hatten einige Verluste an Mannschaften. Die japanischen Torpedoboote Wurden zum Rückzug gezwungen. Bei dem Bombardement der Stadt wurden mehrere Einwohner getötet und verwundet. Der übrige Schaden war unbedeutend. Der japanische Angriff kann als abgeschlagen gelten. Schlachten unö Wegriebe« in Port ssrtdur. (Bericht eines Augenzeugen.) Wir erhalten von unserem Herrn Mitarbeiter in Port Arthux den folgenden, am 15. Februar abgesandten Bericht, der eine Schilderung der Ereignisse der ersten Kriegswoche gibt. Es ist, soweit uns bekannt, der erste völlig authentische Bericht eines unparteiischen Augenzeugen über die überraschenden Ereignisse dieser Woche, der in die Oeffentlichkeit gelangt. Zugleich gibt.der Bericht ein überaus interessantes und anschauliches Bild von dem Leben und der Stimmung in Port Arthur während dieser kritischen Tag«. Der Bericht lautet: Die Kriegserklärung von Seiten Japans ist schneller und in einer Form erfolgt, an die wohl niemand gedacht bat. Montag, den 8. Februar, kurz dor Mitternacht, weckte uns Kanonendonner. Es war stockdunkel, vom Fenster konnte ich das Blitzen der Geschütze dicht vor dem Hafeneingang sehen. Die Kanonade war nicht sehr heftig und hörte nach etwa einer Stunde ganz auf. Ich war der Ansicht, daß einige japanische Kriegsschiffe in der Dunkelheit sich den Russen zu sehr genähert hätten und zurückgewiescn worhen seien. Gegen 2 Uhr ging der Mond aus. Als ich Dienstag früh in die Stadt kam, hörte ich, daß in der Nacht drei Schlachtschiffe „Cäsarewitsch", „Retvisan" und „Pallata", der Stolz der russischen Marine, durch japa nische Torpedos schwer beschädigt worden seien. Eine grenzenlose Erbitterung herrschte überall gegen, die Japaner und ihrem allem Völkerrecht bohnsprechenken Vorgehen. Dke Igpaner waren bei ihrem Angriff außer ordentlich durch den Umstand begünstigt worden, daß für die russischen Schiffe für den Abend eine Uebung angesetzt war und man sie in der Dunkelheit für eigene Torpedos hielt. Eine große Erbitterung herrschte auch gegen die Marine-Offiziere, zum Teil meiner Ansicht nach mit Unrecht. Gegen zwei Drittel der Herren hatten — trotz der ernsten Lage — Nachturlaub erhalten. Einige Offiziere waren beim Geschwader - Cbef — Admiral Stark — ein geladen zur Feier de« Namenstages von Madame Stark; viele Herren waren im Theater, zu Hause, bei Bekannten usw. Die mit Hülfe der Polizei gesuchten Offiziere erreichten ihre Schiffe erst, als die Japaner sich schon zurückgezogen hatten. Ein wahres Glück, daß die Japaner sich mit der Be schädigung der drei besten Schiffe begnügt haben. Wären sie mit ihrem ganzen Geschwader erschienen, hätten fie mit Leichtigkeit alle hier liegenden Kriegsschiffe total vernichten können; hier herrscht sogar allgemein die Ueberzeugung, daß mit wenigen tausend Mann die Japaner Herren von Port Arthur geworden wären. In keiner Batterie warMunition verteilt, diePosten standen — trotz der ernsten Lage — ohne Patronen. Die Bestürzung wurde noch durch das Gerücht vermehrt, daß ein starkes japanisches Geschwader am Horizont sichtbar sei, dahinter wollte man 70 Transportdampfer gezählt haben. üaniiidLl Lute portas! Es war ein prachtvoller Wintermorgen, schöner Sonnen schein und etwa 1 Grad Kälte. Mit zwei bekannten Herren nahm ich gegen 10 Uhr einen Sampan (chinesischer Kalin), um mir die beichädigten Schiffe anzusehen. Im Hasen, kurz nach dem Ausgang, lag quer znerst der „Cäsarewitsch", das schönste Kriegsschiff Rußlands. Dicht dahinter und parallel mit ihm „Retvisan", den Hafen- auSgang dreiviertel sperrend. Aus der Reede, beim HinauSfahren rechts lag „Pallata"; als wir ihr etwa auf 80 m nahe gekommen waren — es mochte 11 Uhr sein — fiel plötzlich ein Schuß, das Geschoß schlug etwa 10 m von uns rechts inö Wasser. Ich glaube beute, eS war ein Warnungsschuß von Seiten der „Pallata". Wa« nun folgte, ist mir heute wie ein Traum. Wir hatten den Kahn noch nicht gedreht, als der Kampf bereits im Gange war. Der Rückzug nach dem Hafen schien uns gefährlich, da der „Retvisan" mit seiner einen Breitseite inö Gefecht eingriff. Ein Sausen und Zischen von Geschossen, ein»Donnern und Krachen, das die Erve erbeben machte und das sich mit Wprten schwer be schreiben läßt. Wir hatten daS User glücklich erreicht und beobachteten hinter Felsen liegend den Gang der Schlacht. Unheimlich genau für unseren Standpunkt hatten die Japaner die Entfernung berechnet. Die großen Geschosse verursachten beim Einschlagen ins Wasser eure Art Fontäne von etwa 10 m Höhe; verschiedene Geschosse schlugen in halber Höhe des „Goldenen Berges" etwa 50 m zu niedrig ein, eine Granate schlug in die am weitesten ins Meer hinausliegende Batterie, eine Uuzabl kleiner Geschosse fiel ins Wasser. Ein russisches Torpedoboot, dann der kleine Handels dampfer „Nowick", etwas später ein kleineres Kriegsschiff mit bös zugerichtelem Deck suchten den schützenden Hasen auf. Nack ungefähr 40 Minuten hörte das Gefecht auf. Wie ich später Hörle, soll ein großer japanischer Panzer in den Grund gebohrt, zwei andere schwer beschädigt worden sein. Dann ist nnr unverständlich, daß man nicht sofort die Ver folgung des abziehenden Gegners besohlen hat. Auf russischer Seite zählte ich etwa 20 Schiffe, die Japaner sollen 10 ge habt haben. Welcher auch der Zweck der Japaner bei dem verwegenen Angriff gewesen sein mag, eins haben sie sicher erreicht, sich iRespekt verschafft! Ungestört können sie ihre Heercsmassen '^ach Korea hinübersühren. Tatsächlich liegt seit Dienstag das GroS des russischen Geschwaders untätig in Port Arthur. In der Stadt hatte das Bombardement eine Panik hervorgerufen, wie sie sonst wohl nur bei Theaterbränden oder Erdbeben vorkommt. Einige Granaten fielen in die Altstadt und platzten. Am Bund waren alle Fensterscheiben zerbrochen, da« Trottoir mit Glassplittern wie besät. In wilder Flucht stürzte alles auf die Straßen und wälzte sich in direktem Strom zur Stadt hinaus hinter die Berge auf den Kosakenplatz. Der Schrecken war so nachhaltig und die Angst vor einem zweiten Bombardement so groß, daß ein großer Teil der Bevölkerung die Nacht im Freien kampierte. Allgemein wurde ein erneuter An griff erwartet und mit Bangen sah man der Nacht entgegen. In der Stadt brannte keine Laterne, alle Fenster mußten dicht geschlossen werden, auf den Schiffen waren alle Lichter gelöscht. Wider alles Erwarten verlief jedoch die Nacht ganz ruhig. Am Mittwoch erhob sich ein starker Sturm,.der in der Nacht zum Orkan auSartete. Dienstag nachmittag fing die Bevölkerung an Provisionen in Massen einzukaufen. Mittwoch war in der ganzen Stadt kein Brot mehr zu haben. Die Preise stiegen rapid, Droschkenkutscher verlangten und erhielten 6 Rubel für eine Fahrt von der alten zur neuen Stadt — Taxe 30 Kopeken —, die Rickschahs forderten bis zwei Rubel. Fieberhaft wurden überall die Vorbereitungen zur Abreise getrieben, stundenlang vor Abgang der Züge trafen die Leute aus dem Bahnhofe ein, alle Standes- unterschiede schienen verschwunden. Der Mittwoch verlief ruhig. In der Nacht zum Don nerstag, kurz nach Mitternacht, hörte ich in weiter Ferne Kanonendonner, der aber nur kurze Zeit dauerte. Am Mittwoch wurden drei Japaner erschossen. Donnerstag verlief still, Wetter gut, 1—2 Grad Kälte. Die HandelSdampfer im Hafen haben als Ladung chinesische und europäische Passagiere, die Chinesen müssen pro Person 5—6 Rubel zahlen. Alle Dampfer gehen nach Chefoo. , Donnerstag werden alle Kriegsschiffe nach dem^Innen- hafen beordert, nur die Torpedoflotte ist auf hoher See. Die Nacht zum Freitag verlief ruhig Vormittag wird bekannt, daß die „Hansa" gegen 12 Uhr kommt, um die deutschen Reichsangehörigen an Bord zu nehmen. Die Russisch-Chinesische Bank hat seit Dienstag 2l,r Millionen Rubel an Heer und Marine auSgezahlt. Rubel und mexikanische Dollars stehen pari, vor acht Tagen war der KurS 100 R. — 111 Mex. Doll. Ja der Nacht zum Sonnabend gegen 10 Uhr fielen etwa 10 Schüsse, seitdem ist bis heute, den 15., alles ruhig ver laufen. Der russisch-japanische Krieg. Ein Telegramm-es Statthalters Alexe jew au -en Zaren aus Muk - en besagt: Der Kom mandant der Flotte, AdmiralMakarow, meldet aus Hort Arthur vom 11. März: S Torpedoboote, die ««ter dem Kommando des Kapi täns Matussewitsch i« der Nacht z«m 10. März i« See gegangen wäre«, stieße« auf feindliche Torpedoboote, die vo« Kreuzer« gefolgt wäre«. Es kam z« einem heftige«Kampfe,iu dessen Verlauf das Torpedo, boot „B l ast « y" ei« feindliches Torpedoboot durch eine Witcheadmine znm Sinke» brachte. Auf der Rück fahrt erlitt das vom Leutnant Lergnejew befehligte Torpedoboot „Steregrltschy" Havarie, verlor die Maschine und begann z« keuteru. Um 8 Uhr früh kehrten 5 Torpedoboote zurück. Als die Lage des „Steregutschy" offenbar kritisch wurde, hißte ich die Flagge auf dem „Nowik" uud eilte ihm zu Hülfe. Aber fünf feindliche Kreuzer umringte« unsere Torpedoboote, ein Panzergeschwader näherte sich. Es gelang mir nicht, de« „Steregutschy" z« rette«; er sank. EinTeilder Besatzung geriet in Gefangenschaft, ei« Teil ertrank. Bo« der Besatzung der Schiffe, die Feuilleton. zy Lin angenehmes Erbe. Roman von Viktor von Reisner. Nachdruck varboreu Graf Stepenaz wußte sich gar nicht zu helfen. „Du großer Gott" — stammelte er völlig ratlos. „Sie können doch unmöglich glauben, -aß mich an diesem un seligen Mißverständnis auch nur -as allergeringste Ver schulden trifft!" ,Menn Papa erst gehört hat, welcher Intrige er zum Opfer gefallen ist, dann . . ." „Ich kenn« diese Intrige" — unterbrach ihn der Major eifrig — „die Leute haben es in ihrer Dummheit auS- geplaudert. „Ich könnte mich dafür bei dem Herrn Pfarrer bedanken", sagten sie." „Aber, liebster Herr von Höchstfeld, das ist ja ein heil loser Irrtum" — suchte ihn der Graf aufzuklären — „wir dachten doch..." „Pardon" — unterbrach ihn dieser schneidend — „für Die bin ich kein „liebster Herr von Höchstfeld", sondern der Major von Höchstfeld; das wettere werden Sie übrigens von meinen Zeugen erfahren. Und nun er lauben Sie uns wcchl, zu gehen?" Mit Stepenaz' Geduld, der gewiß war, alle» getan zu haben, um seine Unschuld darzutun, war es auch zu Ende, und so macht« er ihm, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, höflich Platz. Und auch Erich, Überzeugt, daß dem Bater jetzt, in seiner nur allzu begreiflichen Er- regung, doch nicht mit Vernunftgründen beizukommen war, hielt e» für angezeigter, für den Moment zu schweigen. „Kommt" — wandte sich indes Herr von Höchstfcld zu den beiden Zigeunerinnen und, Erichs verwunderten Blick gewahren-, sagte er mit beißender Ikronie: — „glaubst du vielleicht, daß ich meine Leidensgefährtinnen im Stich lassen werde? Sie haben ihre fünfundzwanzig Hiebe ebenso unschuldig bekommen, als sie mir zugedacht waren — sie fahren mit uns und erhalten fortan von mir da» Gnadenbrot." Ohne eine weitere Einladung abzuwarten, kletterten die beiden Landstreicherinnen mit affenartiger Behendig keit auf den Wagen und schnitten, zum Gaudium der hinter dem Zaun verborgenen Bauern, dem Grasen die widerlichsten Grimassen zu. Erich berichtete unterwegs von Mamas schrecklicher Aufregung und von den Anstalten, die man zu seiner Auffindung getroffen hatte. Grimmig vor sich hinstarrend, hörte der Major nur mit halbem Ohr zu. Ihn beschäftigte nur der eine Gc- danke, wie er für diese unerhörte Schmach, die ihn für das ganze Leben lächerlich machen mußte, Rache nehmen sollte. Mit einer einfachen Forderung an den Grafen durfte es nicht abgetan sein — es mußte auf Leben und Tod gehen. Einer von ihnen war fortan zu viel auf der Welt, und daß seine Kugel ihr Ziel nicht verfehlen würde, dafür bürgte ihm seine sichere Hand. Was sollte aber mit diesem Pfarrer, den sein Stand vor der wohlverdienten Züchtigung schützt«, geschehen? IHNz den eigentlichen Anstifter, der ihn noch obendrein in seiner Ohnmacht vor den Bauern verhöhnte, konnte er doch unmöglich sret ausgehen lassen! Einen Augenblick -achte er daran, dem Bischof An zeige zu erstatten, der wohl die sosortige Amtsenthebung veranlassen würde — im nächsten Moment verwarf er aber diesen zu sehr an Denunziation streifenden Ausweg. Die Strafe der Amtsenthebung war auch viel zu gering für diese schamlose Erbärmlichkeit. Er mußte ihn tiefer treffen, derart, daß die ganze Welt sein« bodenlos niedrige Scheinheiligkeit, seine abgründig« Verworfen heit erkannte. Dann erst, wenn sich keine einzige Stimme mehr zu seinem Schutz und zu seiner Verteidigung erhob, war er vollkommen gerächt! AlS sie endlich am Hofe anlangten, wankte ihm seine Frau ganz gebrochen entgegen. „Erwin" — hauchte sie, tapfer die erneut hervor- brechenden Tränen unterdrückend — „wie konntest du mir nur solch schreckliche Angst bereiten; ich bin ja fast gestorben aus Sorge um dich!" ' „Dafür kannst du dich bei diesen verkappten Ehren männern — bei dem Grafen und bei dem Pfarrer be danken" — fuhr er sie barsch an, dann aber tat sie ihm in ihrem Jammer doch lei-, und ihr beruhigend über den Scheitel streichend, sagte er — „nun hast du mich ja wieder und laß e» gut sein — »a» weitere erfährst du später." Sie wagte keiue Frage mehr zu tun und drückte ibm nur, in der Freude des Wiederbesitzes, immer wi«A:r die Hände. „Na ja, Alte, ich bin es ja, ich bin eS ja" — murmelte er, gerührt von dieser unverfälschten, treuen Liebe — ,Mtr Mei lassen nicht voneinander, und wenn die Welt untergeht." „Nein, Erwin, nie!" — hauchte sic selig, während ihr die Tränen von neuem über die Wangen rollten. Erna, die daneben stand, kämpfte Mischen Rührung und Lachlust. Schließlich siegte aber doch die letztere und mit dem ausgestreckten Zeigefinger nach den beiden Zigeunersnnen deutend und dabei vor Vergnügen von einem Kuß auf den anderen hüpfend, rief sie: „So sieh doch nur, Mama, w«lch' appetitliche Gäste unS Papa mitgvbracht hat — brrr, man könnte sich schüt teln und nach Insektenpulver schreien." In ihrer Aufregung hatte Krau von Höchstfeld die seltsam« Begleitung wirklich noch nicht bemerkt, und überrascht zu ihrem Gatten aufblickcnd, fragte sie: „Wie kommst du denn zu dieser Gesellschaft — willst du vielleicht unseren Leuten noch eingehenderen Unter richt im Diebstahl geben lassen?" „Du sollst nicht nach -cm Scheine urteilen, liebe Eveline" — sagte er mit auffallendem Ernst — „es sind ein paar unglückliche Menschen, denen das Schicksal gar arg mttgespielt hat. Sie verdienen unser Mitleid und nicht unseren Spott." Frau von Höchstseld griff sofort nach dem Porte monnaie und wollte schon in die ihr entgcgengestreckten schmierig«« Hände all ihr vorrätiges Kleingeld gleiten lassen, als eS der Major, zu der Zigeunerinnen un angenehmer Enttäuschung, verhinderte. „Nein, liebe Eveline" — sagte er — „nicht durch Geld können wir an ihnen gutmachen, was die Schlechtig keit und der Böswillen der Menschen an ihnen verbrochen haben, sondern durch liebevoll nachsichtige Behandlung und durch ein allmähliches Hinaufheben ihres Ich bewußtseins — und nicht wahr, liebes Weib, du wirst mich darin unterstützen?" Sir glaubte nicht anders, als daß es bei ihm nicht recht stimme, und sah ihn ganz entsetzt an. „Aber, lieber Erwin" — wagte sie endlich zaghaft zu widersprechen — „du denkst doch nicht im Ernst daran, diese» hergelaufene Bolk länger bet uns zu dulden?" an dem Nachtgefecht teilnahmen, wnrde ein Offizier schwer, drei leicht verwundet; zwei Soldaten find tot, 18 verwundet. Um Si/r Uhr eröffneten 14 feindlichc Schiffe, die sich vor Port Arthur gesammelt hatte«, das Bombardement, das bis 1 Uhr nachmittags dauerte. Ich nahm an, -aß der Feind 154 Geschosse zwölszölligen Kalibers abfeuerte. Die Beschädigungen der Schiffe sind unbedeutend; es find alle kampffähig Verluste: Ein Offizier ist leicht verwundet, ein Soldat tot, vier verwundet. Die Erhellung des Kampfplatzes durch Scheinwerfer war sehr geluugeu. Wiederholte Salve« unserer Batterien zwangen die feind- lichen Torpedoboote zum Rückzug«. Morgens bei Beginn -es Bombardements antworteten die Geschütze der Festung auf das feindliche Feuer. Die Besatzungen aller Schiffe bewiesen eine große Kalt blütigkeit. Auf Zwischendeck wurde« die gewöhnlichen Arbeite« fortgesetzt, obgleich feindliche Geschosse ein- schlugen. Der japanische Kreuzer „Takas sago" scheint erhebliche Beschädigungen er litten z« haben. Bei dem Gefecht der Torpedoboote mit den japanischen Kreuzern wurde« leicht verwundet: Kapitän Matussewitsch, Fähnrich Alexandrow, Maschinist Blinow; schwer verwundet Fähnrich Zaev, er verlor das rechte Ange. — Der Kommandant von Port Arthur meldet folgende Einzelheiten des Bombardement som 10. März: Als der Feind daS Feuer eröffnete, antworteten unsere Batterien. 0 feindliche Schiffe, die hinter dem Lcnchtturm vo« Liaotechane hielten, schosse« ans ihrer geschützte« Stellung auf die Festung. Um 1i/t Uhr hörte das Bombardement auf. Der Feind -ab etwa 200 Schuß ab. Ein vo« der Batterie 15 abge» fenertes Geschoß beschädigte eine» japaui» scheu Kreuzer schwer. Das feindliche vom- bardcment richtete unerheblichen Schaden an. 0 Sol, taten wurden getötet. Inder Stadt wur- -en drei Personen getötet, eine schwer verwunde t. Nach Meldung deS Generals Stößel legten die Offiziere «nd Soldaten der Strandbatterie» mnsterhafte Beweise deS Mutes, v»lle«deter Mannes zucht «nd großer Schießficherheit ah. Wir begrüßen eS, daß die russische Regierung zu -er Praxis tibergegangen ist, über Vorgänge auf dem Krieg», schauplatze von erheblicher Wichtigkeit die Oeffentlichkeit unverzüglich zu unterrichten, auch wenn es keine russischen Siege sind. Hoffentlich hält man in Petersburg an diesem System fest und verschmäht gegebenenfalls alle Der- tiischungsversuche. Die hier geschilderten Kämpfe brachten die Japaner wieder nicht zum Ziel. Port Arthur ist auch diesem Anstürme nicht erlegen, wenn auch die Verluste, die die Russen zu verzeichnen haben, keine ganz geringen sind. Japanisch« Landungen. * London, 12. März. (Tel.) „Daily Mail" berichtet au» Tschifu, seit zehn Tagen seien 16 japanische Truppen transporte in einem Hafen an der koreanischen Küste gelandet, den die Japaner Kaidschu nennen und der etwa 12 Stunden von Tschemulpo entfernt liege. Der Hafen biete einen hervorragenden Ankerplatz, habe aber eine enge und sehr gefährliche Einfahrt, weil hohe Felsen dieselben beenden. Vier japanische Kreuzer und eine Anzahl Torpedoboote lägen nördlich der Einfahrt als Wachtschiffe. Ein TorpedobovtSzer» störer sei ausgelaufen, aber nur leicht beschädigt, ein Trans portschiff dagegen völlig wrack geworden. Seit dem 27. Februar seien lO 000 Japaner in Kaidschu gelandet. Ntntfchwang. * Washington, 12. März. (Tel.) Der gestern abend ab gehaltene Kabinettsrat beschäftigt» sich mit den Zeitungsmeldnnge», Seine ohnedies nur schwer bewahrte Ruche verließ ihn sofort wieder, und mit einem Ton, der keinen Wider- spruch duldete, bestimmte er: „Sie werden nicht nur länger, sondern dauernd bei uns bleiben!" „Erwin!" „Jawohl, dauernd! Diese Nacht hat mich ihnen un zertrennlich verbunden — wenn sie nicht gewesen wären, würben mir die Fünfundzwanzig wahrscheinlich nicht erst versprochen worden sein, sondern . . ." „Großer Gott, du redest ja irre!" — schrie sie er schrocken auf und sich an ihn klammernd, suchte sie ihn mit sich ins Haus zu zerren, um dem neugierig umher gaffenden Hofgesinde nicht länger ein solch trauriges Schauspiel zu bieten. Er aber machte sich mit einem Ruck von ihr los und nervös an seinem Schnurrbart kauend, wütete er: „Es wäre kein Wunder, wenn ich diese Nacht verrückt geworden wäre — nur ihr noch viel größeres Elend richtete mich in der mir angetanen Schmach auf! Sic bleiben daher fortan bet uns — laß ihnen ein Bad her- richten und gib ihnen von deinen abgelegten Kleidern. Sie verdienen deine Liebe; ihnen, nur ihnen hast du es zu danken, wenn ich mich diese Nacht nicht auS Wut und Verzweiflung erhängte." Fassungslos starrte Krau von Höchstfeld bald ihren Mann, bald die beiden, sich in ersterbender Demut win- dcnden und unverständliche Segenswünsche murmelnden Weiber an. Erna, die sich nicht so leicht eine komische Situation entgehen ließ, zupfte den Vater am Rockärmcl und fragte mit scheinbar ernster Miene: „Sollen sie vielleicht auch mit uns bei Tische essen?" Ein wohlgezieltes Kopfstück war die treffende Ant wort, und ohne erst eine noch deutlichere Erklärung ab zuwarten, brachte sich Erna schleunigst in Sicherheit. Der Major wandte sich wieder zu seiner Frau. „Da ich die ganze Nacht mit ihnen zubrachte" — sagte er — „so will auch ich ein Bad nehmen — sie werden mir ja meine ängstliche Vorsicht hoffentlich nicht Übel nehmen." Kopfschüttelnd ging Frau von Höchstfeld voran, traf die gewünschten Anordnungen und lieh sich dann von Erich über alles aufklären. ^Fortsetzung folgt.)
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