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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.03.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040321010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904032101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904032101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-21
- Monat1904-03
- Jahr1904
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Durch di« Post bezogen für Deutsch ¬ land u. Oesterreich vierteljährlich ^l 4.Ü0, für di, übrigen Länder laut ZettunglpreMiste. Nedattio« »nd Eroeditiou: Joharuliügasf» 8. Fernsprecher 1b3 ». LLL. Ktlialrrpebttionr«: Alfred Hahn.Buchbaudlg., Universttütüstr.3 (Fernspr. Nr. 4<>4S), L Lösche, Katharinen baße 14 (Fernsprecher Nr L8SV) u. Königs- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7bOb). Haupt-Atltale Drrsdn«: viarienstraß« 34 (Fernsprecher Amt INr. 171«). Hsuz>1.Kilt,lr Verl-: LarlDuncker, Hrrzg' Bayr.Hofbuchbandlg., Lützowstraße 1v(FerusprrcherAmtV1 Nr.46O3.) Morgen-Ausgabe. UchMer _ TagMaü Anzeiger. Amtsblatt ves ÄöuigNchen Land- und des königlichen Amtsgerichtes Leipzig, des Aales und -es Aokizeiamtes der Htadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem Redattion-firtch (-gespalten) 7V »ach den Familie»nach- richten "6gi-h - , n) 50 Dabellartscher und .im,'> atz eniwrechend höher. — Kebühren jüi Nochioeisungen und Offertenannahme Lü Ertrs-Vetlkgeu (gefalzt), nur mtt d« Morgen.Ausgabe, ohne Postbrfdrderun- 60.—, mit Postbrfvrderung >l 70.—» Anuihmeschlutz fitr Anzei««»: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen find stets an dir Expedition zu richte». Die Expedition ist wochentags nnuntrrbroch« geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von G. P«lj in Leipzig (Inh. Or. V^R. L W. «linkhardr): Nr. US. Montag den 21. März 1904. 88. Jahrgang. Var lvichligrte vom cagr. * In einem großen Teile der Presse wird die Auffassung geäußert, daß die Schlappe von Owikokorero durch größere Vorsicht de» Kommandeur- v. Glasenapp sich hätte vermeiden lasten. * In der Reich-tag-diätenfrage wird officiös ab gewiegelt. * Dem Reichstag-Präsidenten Graf Ballestrem wird vor- «worfen, sich über den Beginn der Osterferien nur mit ZentrumSleuten vorher beraten zu haben. * Die Reichstagsstichwahl in Lüneburg zwischen dem nationalliberalen Kandidaten vr. Jaenecke und dem Deutsch-Hannoveraner Freiherr« v. Wangenbein: findet am 24. März statt. Der Vorstand der hannoverschen konser vativen Vereinigung hat eine Erklärung abgegeben, die zwar nicht direkt zur Wahl Jaenecke- auffordert, aber doch die national« Gesinnung de- Candidaten als allein maßgebend bezeichnet. starlamentrrchau. Die Berliner Parlamentswoche. Der Schwerpunkt deS parlamentarischen Kampfes lag in der vergangenen Woche nicht, wie sonst, an: rede- umbrandeten König-Platz, sondern in der stilleren Prinz Albrecht-Straße, im ruhigen Hause der preußischen Ab geordneten. wo der Parteien friedliche Eintracht und die sonst übliche Harmonie der Seelen ganz unvermutet ge stört ward durch die überraschende Aufhebung des jetzt so vielgenannten Paragraphen 2 des Jesuitengesetzes. Da kam plötzlich Leben in da- stille Haus, da erschien wieder der Ministerpräsident in Person, um gegen die unbot mäßigen Geister zu Felde zu ziehen, die ihm da» Regieren so sauer machen, da füllten sich Tribünen und Parkett in erwartungsvoller Spannung, indes am Königsplatze Oede herrschte und da» Gespenst der Beschlußunfähigkeit über leeren Bänken und Tribünen schwebte. Diese Beschlußunfähigkeit de» Reichstages bildete auch den äußeren Dorwand, die Osterpause schon früher als man ursprünglich beabsichtigt haben mochte, eintreten zu lassen. Graf Ballestrem sprach am Sonnabend aber auch von Gründen, die man dem stenographischen Protokoll nicht anvertrauen könne, und da schon der Marine-Etat von einem beschlußunfähigem Hause verabschiedet wurde, so konnte man darin eigentlich kaum einen Grund finden, die Beratung schon am Sonnabend abzubrechen. Die Gründe scheinen tiefer zu liegen, und zwar im Etat des Auswärtigen Amtes und des Reichskanzlers, die es dem obersten Beamten de» Reiches geboten erscheinen lassen, eine etwaige Diskussion der politischen Weltlage ange ¬ sichts unserer südwestafrikanischen Verwickelungen und des ostasiatischen Krieges möglichst auf die lange Bank zu schieben. Drei lange Tage schleppte sich in der verflossenen Woche noch die Beratung des Militär-Etats hin — der reine betlehemistische Kindcrmord. Man sprach über Remontenwesen, Pferdezucht und über die Arbeiterver hältnisse in Spandau, und der Gipfelpunkt dieser „De batte" war ein massiver persönlicher Wettkampf zwischen den beiden Konkurrenten um die Dpandauer Volkstüm lichkeit — zwischen dem konservativen Tischlermeister Pauls und dem „zielbewuhten" Weißbierwirt Zu- beil. Da flogen nur so die übelduftenden Blüten aus dem sozialdemokratischen Sprachsumpf umher: „Gemein heit!", „Frechheit!", „erbärmlicherVerleumder!", „vollen deter Idiot!" — und das alles, weil Herr Pauli die nicht mehr neue Behauptung ausgesprochen, die Führer der Sozialdemokratie nährten sich vom Arbeitergroschen. Nachdem dieser wüste Zank überstanden, verabschiedete man endlich den Militär-Etat: man hat zwölf Gitzungstage dafür gebraucht! Ein Dutzend Wahl prüfungen waren schnell erledigt: auch des Hauses strenger Hüter, Graf Ballestrem, befand sich unter den Prüflingen, gegen dessen Wahl ein polnischer Protest ein- gegangen war. Etwa- hartnäckiger kämpfte aber die Linke um das Mandat des teuren „Genossen" Buch- wald aus Altenburg, dessen Wahl für ungültig erklärt worden war, weil ein aktiver Staatsminister in die Agi tation gegen den konservativen agrarischen Gegenkandi daten eingegriffen. Der Mühen Lohn blieb freilich aus: so krampfhaft die „Genossen" — bezeichnenderweise unter Führung des Herrn v. G e r l a ch ! — für die Erhaltung ihres Parteifreundes eintraten, so schlau auch Sin^r durch einen Antrag auf namentliche Abstimmung das Haus zu sprengen hoffte: man war beschlußfähig und kassierte das Mandat mit erheblicher Mehrheit. Die „Ge nossen" scheinen in letzter Zeit Pech zu haben. Der Rest der Woche gehörte den Nachtragsforde rungen für Südwcstafrika, dem Marine-Etat und dem Notgesetze, das seit 26 Jahren zum ersten Male wieder an das Haus gekommen war: der Ermächtigung für die verbündeten Regierungen, zwei Monatelang, im April und Mai, trotz des unerledigten Etats regieren und gewissermaßen die Staatsmaschine ölen zu können. Auch in dieser Beziehung berauben sich diesmal das Reich und Preußen: nirgends ist der Etat rechtzeitig verabschiedet, im Reiche wie im größten Bundesstaate muß durch ein Notgesetz provisorische Fürsorge getroffen werden, die, wie der Schatzkanzler v. Stengel im Reichstage ausführte, für manchen Reichsbeamten, aber auch für manchen In validen eine vielleicht recht peinliche Verzögerung seiner Hoffnungen, seiner berechtigten materiellen Ansprüche nach sich zieht. Aber die Redefreude der pflichteifrigen Reichsboten ist eben nicht zu zäHmen, und die Hoffnung, daß der Kanzler den Reichstag zu einem früheren Zeit- punkte einberufe, als im verflossenen Jahre, ist leider immer noch recht gering! Angesichts des beschluß unfähigen Hauses war natürlich an eine Verkürzung der Debatte durch Schlußanträge nicht zu denken, und so hörte man sich denn beim Marine-Etat teilnahmslos die langatmigen Erörterungen des Falles HUssener und der Kruppschen Arbeiterverhältnisse an, die in den Herren Bebel, Gröber, Hu6 und vr. Beumer so eifrige Ankläger und Anwälte fanden. Tas positive Ergebnis dieser De batte war, abgesehen von der Bewilligung des Marine- Etats, gleich Nulli weder gelang es, Herrn Bebel und Herrn Gröber, das Haus davon zu überzeugen, daß wegen des Fähnrichs eine Abänderung des Militärstraf gesetzbuches notwendig wäre, noch vermochte Herr Hu6 glaubhaft darzutun, daß die Kruppschen Werke Hunger löhne bezahlten und ihre Wohlfahrtseinrichtungen Stätten der Ausbeutung seien. Auch Herr Legten, der bekannte Hamburger Gewerkschaftsführer, hatte mit seinen Angriffen auf die Marineverwaltung kein Glück: die Tatsache, die der Staatssekretär Admiral v. TOpitz ihm entgegenhielt, daß der Arbeiterandrang zu den Staatswerften geradezu ungeheuerlich sei, war die wirksamste Widerlegung aller Beschwerden. Mit der Verabschiedung des Marine-Etats, des „Not- etats" und der Bewilligung des ersten Kredits zur Nie derwerfung des Herero-Ausstandes schloß die Woche, die Herrn Bebel als den begeisterten Lobredner der Herero sah. Was die afrikanischen Kerle auch immer an Schand taten begehen mögen — in Bebels Augen sind sie stets die Irregeleiteten, die Verführten, die reinen Engel, die yur„Hi""ch ho? Hössieuropäische Beispiel zu ihren Misse taten gelangt sind. Eine unbegloubigte Zeitungsnotiz, ein renommierender Brief genügt Herrn Bebel, um die schwersten Anklagen gegen die deutschen Truppen und die deutsche Kultur zu erheben. Mit diesem pathologischen Zustande Bebels muß man sich abfinden — dagegen an zukämpfen, ist vergeblich, das hat die Debatte der ver gangenen Woche bewiesen, so laut und kräftig die Proteste waren, die von den Rednern aller Parteien gegen die Bebelsche Auffassung ergingen. Nun ist der Reichstag in die Osterferien gegangen, das preußische Abgeordnetenhaus wird ihm bald folgen — die Wellen der Erregung, die aus dem Kampfe der Geister in der Jesuitenfrage aufschäumten, verflachen all mählich. Was aber Redner wie Hackenberg, Friedberg, Graf Moltke und Freiherr v. Zedlitz gesäet, das wird hoffentlich nicht verdorren in deutschen Landen: ihre Saat wird aufgehen und Früchte zeitigen, an denen des Kanzlers rosiger Optimismus keine Freude haben wird. Diese Zuversicht hegen wir in die Kraft des protestan tischen Geistes. L. 8K. Die sächsische Parlamentswoche. Man kann mit dem Gesetzemachen nicht vorsichtig genug sein, denn der Hase läuft manchmal ganz ander», als man sich das im hohen Rate gedacht hat. In der Mon tagssitzung der Zweiten Kammer kam ein tragi komischer Fall zur Sprache, der eine treffliche Illustration für diese vom Abg. Braun unter allgemeiner Heiterkeit statuierte Binsenwahrheit abgibt. Die Freiberger Stadt- verordneten hatten, um die soliden Geschäftsleute des ohnehin geschäftsstillen Städtchens gegen die Auktions- Praktiken betriebsamer „Schleuderet" sicher zu stellen, eine Auktions st euer ortsstatutarisch festgesetzt. An dieser hatten sie so lange ihre Helle Freude, bis eine- schönen Tages der sächsische ForstfiSkus, den man wohl kaum un ter die Schleuderer wird rangieren wollen, in Freiberg eine große Holzauktion ankündigte und ein auf das fustiti», poreLt munckns" eingeschworener Jurist im Natskollegium das Gesetz mit unerbittlicher Konsequenz dahin auslegte, daß auch der verehrliche Fiskus für seine Auktion eine Steuer zu erlegen habe, und zwar das nette Sümmchen von 25 000 „Die ich ries, die Geister, werd' ich nun nicht los!" Es half nichts, da» Gesetz war einmal da und seine Väter konnten den Wechselbalg nicht ohne weiteres erwürgen. Tie Holzauktion wurde ab gesagt. Die Holzhändler mit den gewichtigen Geldkatzen räumten voll Ingrimms die ungastliche Stätte. In ab sehbarer Zeit kommen sie nicht wieder. Ja ja, man kann mit dem Gesetzemachen nicht vorsichtig genug sein. Auf das Gemeindesteuergesetz bezieht sich daS natürlich nicht. Der allgewaltige I>r. Mehnert scheint das Prinzip zu haben, daß er jedeSmal, wenn eine große Frage zur Er örterung steht, irgend eine Sache von minder allgemeinem Interesse voraufgehen läßt. So debattierte die Kammer in der vorigen Woche erst zwei Stunden lang über das Friedrichstädter Seminar, ehe sie an das Abschlachten der Gemeinde st euer - Vorlage ging, und am letz ten Donnerstage mußten die Zuhörer auf der Tribüne erst eine reichliche Debatte über Richtergehälter schlucken, ehe die voll Spannung erwartete Jesuiten-Jnter- pellation verhandelt wurde. Ob für diese Praxis irgend welche Erwägungen tiefgründig psychologischer Art maßgebend sind oder ob dadurch nur dem RegierungS- tisch Zeit zum „Aufmarsch" geschaffen werden soll, kann dahingestellt bleiben; ein Gewinn für den Eindruck wich tiger parlamentarischer Debatten nach außen hin springt aber jedenfalls nicht dabei heraus. Und die Jesuiten debatte war zweifellos eine der bedeutsamsten in der ganzen Session. Da hörte man die Sprache ernster Männer, die, weil sie den konfessionellen Frieden über alles schätzen, das Heimatland rein halten wollen von jenen konfessionellen Brandstiftern, die unS vom Ber liner schwarzen Kurs als harmlose, fromme Gelehrte ser- viert werden, da hallte es im Hause wider von Anklagen Feuilleton. Schiffsbau und Marine in Japan. Von vr. LudwigRieß. (Nachdruck verbolen.) Als vor noch nicht zehn Jahren der japanisch-chinesische Krieg ausbrach, zweifelte kein Javaner an der Ueber- legenheit der japanischen Landtruvven; aber so manchem Patrioten war das Herz beklommen, wenn er die Liste der Kriegsschiffe durchging und mit der chinesi- schen Nordflotte verglich. Denn damals be saßen die' Japaner kein Schlachtschiff, das sich an Größe und Stärke der Panzerung mit den beiden in Stettin gebauten chinesischen Panzerschiffen „Ting- yuen" und „Chen-yuen" hätte vergleichen lassen. Aber Beweglichkeit und resolut ergriffene Initiative, nächtliche Torpedoangrifse und gute Geschütze gaben den« Jnsctvolke den Sieg über den gefürchteten Koloß des asiatischen Fest landes. Zugleich war damit die Opposition des japani schen Parlamentes gegen die kostspieligen Flottenbanten überwunden, die noch im Februar 1893 zu der denkwür digen Kaiserlichen Verordnung geführt hatte, durch die der Kaiser von seiner Civilliste aus sechs Jahre 10 Pro zent abtral und von den Beamten den gleichen Verzicht in Bezug auf ihr Gehalt forderte, um mit diesen Ersparnissen die avgelehnten Schmsbauten zu bestreiten. Jetzt kam die alte japanische Mahnung: Katt« Il»Kuto no o «o »bimsz/os — „nach dem Siege binde das Hclmband fester" — dem Martneministerium bei der Ausführung seines neuen Flottenprogramms noch mehr zu statten, als den Vertretern der Verdoppelung de» Landheere». Die Ab geordneten wurden eingeladen, da» eroberte große chine sische Kriegsschiff, dessen Panzerung sich in der Schlacht so gut bewährt hatte, in Jokosuka zu besichtigen. Dabei gab ihnen Rußland Gelegenheit, in Yokohama den 1896 nach Ostasien entsandten Kreuzer „Rurik" mit seinen hohen, Festungszinnen vergleichbaren Aufbauten zu bewundern; wie klein sahen neben diesem, ohne Kohlenladung hoch au» dem Wasser emporragcnden symmetrischen Ungetüm selbst unser alter „Kaiser" und „Prinzeß Wilhelmine" aus, die im März 1897 in Yokohama anlangten. 'Der FlottsnenthustaSmu» zeitigte also seine Früchte in Japan früher al» bei uns. Von 1899 bi» 1904 hat die japanische Marine «in ganz andere» Aussehen bekommen. Nur die sieben, damals neuesten, größten und schnellsten Schiff« hab«, jetzt al» Kreuzer zweiter und dritter Klasse ihre Stellung im Verbände der zum Kampfe formierten Ge schwader. Die japanische Marine kann nur auf eine kurze, aber wechselreiche Geschichte zurückblicken. Bis zum Jahre 1858 fanden Dampfschiffe für Kriegszwecke bei den Japa- nern keine Anwendung. Dann machte sich sowohl die Zentralregierung wie einige der Hauptklane daran, mit Hülfe der Holländer alles zu beschaffen, was zu einer Kriegs- und Transportflotte kleinsten Maßstabes nötig ist. Es wurden Schiffe gebaut, kleine Werften angelegt, Navigationsschulen gegründet und junge Leute zu ihrer Ausbildung als Stabsoffiziere der Marine nach Holland gesandt. Einer von diesen Pionieren des japanischen Flottenwesens, der jetzige Vikomte Enomoto, wollte bei der Restauration der kaiserlichen Herrschergewalt 1868 auf der Nordinsel Jesso mit Hülfe der von ihm befehlig ten Flotte eine unabhängige Republik einrichten, wurde aber zu Lande überwältigt und auf Bitten feines Be siegers, des verstorbenen Grafen Kuroda, als reuiger Sünder in Gnaden in den Schoß der neuen Regierung ausgenommen. Damit begann die zweite Periode der Entwickelung der japanischen Flotte. Die acht Schiffe der alten Zontralregierung und die besten Dampfer der Klane wurden als der Grundstock der neuen, jetzt wirklich Kaiserlichen Marine Husammengetan, und mit Hülfe von englischen und französischen Experten begann jetzt von 1868 bis 1890 der Ausbau eine- für die damaligen Vcr- hältnisse in Ostasien nicht gerade sehr großen, aber doch ausreichenden Flottenprogramms. Die Franzosen fan den als Berater ini Schiffsbau und Konstruktion, die Eng- länder al» Lehrer im Navigationswcsen und in der Ge- schühkunde Verwendung; den Deutschen fiel nur eine be scheidene Rolle im Torpedodienst und -- für die Ausbil dung der Marinekapellen zu; ein Italiener und ein Deut scher wirkten als Lehrer der Ballistik. Franzosen in japa nischen Diensten haben von 1869 bis 1881 Japans älteste Kriegswerft Jokosuka, nicht weit von Yokohama, erbaut; drei der dortigen Docks rühren noch von ihnen her. Einer der hervorragendsten französischen Marinearchitckten, Herr Berlin, weilte jahrelang in Japan als Anaestcllter der Regierung. DaS Kentern des von 80 Franzosen und 40 Javanern nach Japan zu bringenden Kriegsschiffes „Unebi Kan" im Jahre 1887 mochte aber wohl die japa- nische Admiralität stutzig. Seitdem gingen die Schiffs- bestellunaen mit verschwindenden Ausnahmen noch Eng- land. Man versuchte eß auch bereit» im eigenen Londe, große Schlachtschiffe herzustellen. Der Stapcllauf de» „Fuso Kan", eines aevanzerten Schiffe» von 3700 Ton- nen, des damals (1892) größten der japanischen Marine, war ein Markstein in der Entwickelung des modernen Japan». Die großen Aufwendungen für die Küstenverteidigung durch Forts und Bastionen verzögerten den Ausbau der Flotte nach dem erweiterten Programm etwas. Erst 1892 wurde die zweite, jetzt bedeutendste Werft im Pracht vollen Hafen von Kure nach den Plänen des Marine ingenieurs Tfunekawa angelegt. Dort ist auch die Ge- schützfabrik für die Marine und wird jetzt das Stahlwerk zur Herstellung von Panzerplatten gebaut. Seine gün stige zentrale Lage in dec Jnlano-See macht diesen Kriegshafen zum japanischen Kiel. Weit nach Westen vorgeschoben, ist der mit drei großen Docks ausgestattete Kriegshafen Sasebo auf der Insel Kiuschiu. Der koreani schen Ostküste gegenüber, nahe der breitesten Stelle des japanischen Ranomeeres, liegt der vierte japanische Kriegshafen Maidzuru. Ganz neuerdings ist dazu noch der in Muroran an der Südostküste der Nordinsel, also am Großen Ozean, als fünfter hinzugekommen. Japan bildet also fünf Geschwader. Nach der Aufstellung der Schiffsliste am 31. Dezember gehörten nach Jokosuka 27 Schiffe und 12 Torpedoboote, nach Kure 19 Schiffe und 11 Torpedoboote, nach Sasebo zum sogenannten westlichen Geschwader 25 Schiffe und 31 Torpedoboote (die jetzt Port Arthur bedrängende Flotte), und nach Maidzuru 15 Schiffe und 11 Torpedoboote. Muroran war damals noch nicht eingerichtet. Leistungsfähige Privatdocks gibt eS unweit Jokosuka in Uraga, wo vor zwei Jahren unser „Tiger" inS Dock ging, unweit Kure bei Kobe (der Kawasaki A. G. gehörig) und in Kawaguchi (bei Osaka), unweit Sasebo in Naga saki (der großen Firma Mitsu Bishi Kaisha gehörig) und eine Werft neuen Datums in Hakodate unweit von Muroran. Sie lassen sich für ihre Benutzung riesig be zahlen. Da seit 7 Jahren die Regierung für jedes in Japan aus Eisen und Stahl gebaute Schiff von 700 Ton- nen oder darüber, das den Anforderungen von Lloyds Klasse 1 genügt, eine 15jährige Subvention gewährt, so fehlt es jetzt in Japan weder an Schiffsbauanstaltcn noch an Transportschiffen. Mit einem gewissen Stolze zählte im Januar dieses Jahres der Generaldirektor der größten japanischen Schiffahrtsgesellschaft, der Nippon yusen Kaisha, die Liste der über 500 Tonnen großen japanischen Dampf, schiffe auf. Darunter sind 19 Doppelschraubendampfcr, die den Postdcnnpferlinien nach Amerika, Australien und Europa angehören. Japan steht in Bezug auf seine Han- dels-Dampserflott« an sechster Stelle. E» unterhält nicht nur nach dem Lonnengehalt mehr eigen« Handelsdampfer als Rußland, sondern es baute auch 1902 mehr als drei mal so viel Dampfschiffe als das russische Reich. An Matrosen kann es dem Jnselvolk, dessen tägliche Nahrung aus Fischen, Seetang, Muscheln, Crevetten und Hummern besteht, die dem Meere abgerungen werden, nicht fehlen. Man kann seine Freude daran haben, die zierlichen, sonnverbrannten, fast nackten Gestal ten in den Fischerbooten bei der Arbeit des Ruderns zu beobachten, die sie stehend, sich vor- und rückwärts neigend, mit unermüdlicher Ausdauer vollziehen; da ist wohl kaum ein Muskel, dessen Spann kraft nicht in Tätigkeit kommt. An Mut und Gewandt heit im Segeln haben sie ihresgleichen nicht; mit ihrem Sport, unmittelbar vor einem in voller Fahrt befind lichen Dampfer dessen Kurs zu kreuzen, haben sie schon so manchem schweigsamen Kapitän auf der Brücke euro päischer Dampfer einen kräftigen Fluch entlockt. Als Taucher nach Perlen und Schwämmen finden sie auch in Ceylon und in Australien Verwendung. Die wesentlichste Schwäche der Japaner in Bezug auf den Seedienst ist, daß sie als Heizer die Glut der Feuer nicht so gut aushalten wie die Weißen und Chinesen. Daß japanische Heizer Plötzlich verrückt werden, habe ich an Bord japanischer Dampfer gar zu häufig erlebt. Gehirnkrankheiten sind überhaupt eine Landplage des sonst so gesegneten Landes. Während früher die Schiffswerft in Jokosuka auf Empfehlung selbst eines Civilbeamten jeden« fremden Be sucher in allen Einzelheiten mit einem gewissen Stolze ge zeigt wurde, halten die Japaner seit zehn Jahren das ganze Küstengebiet so geheim, daß niemandem zu raten ist, mit einem photographischen Apparat Aufnahmen zu machen oder eine schöne Landschaft dort zu skizzieren. Eben so heimlich tun sie jetzt an Bord der Kriegsschiffe. Man hört sogar japanische Seeoffiziere selbst ihre Ver wunderung darüber aussprcchen, daß ihnen bis auf die Nnterwasser-Breitseiten-Armierung auf deutschen Kriegs- schiffen alles bereitwilligst gezeigt wird, obwohl man weiß, daß sie sich nicht revanchieren können. Auch diese Aengstlichkeit wird sich allmählich verlieren, wenn die Praxis des Dienstes den Japanern als etwas Altherge brachtes und Selbstverständliche» erscheinen wird, das nicht erst die jetzt lebende Generation zu erfassen und ein zuführen hatte Argwohn der Spionage verträgt sich mit echter Gastlichkeit nicht; auch Japan wäre ein schöneres Land, wenn nicht an der Küste auf Schritt und Tritt die Tafel: „Photographieren und Skizzieren strena ver boten" mehr al» nötig an die äir» h,ß Kriege» erinnerte.
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