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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.03.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040322020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904032202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904032202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-22
- Monat1904-03
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Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4 gespalten) 75 nach den Familienuach- richte« (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 /H. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigeu: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-AuSgabr: nachmittag» 4 Uhr. Anzeige» sind stet» an die Expedition zu richte». Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» abend» 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig (Inh. vr. B.,R. L W. Kltnkhardt). 98. Jahrgang. Var Mcdtigrle vom läge. * Zur Begründung berHruptftelle deutscher Arbeit geberverbande hat der Zentralverband deutscher Indu strieller seinen Ausschuß zum 11. und die Delegiertenversamm lung zum 12. April nach Berlin einberusen. * Die Budgetkommission des preußischen Ab geordnetenhauses bewilligte eine Million Mark als erste Rate drS Kostenbeitrags für das königliche Residenz schloß in Posen, jedoch unter der Bedingung, daß die Gesamtsumme des StaatszuschufseS statt 5 150 000 Mark auf 3 Millionen Mark zu bemessen sei. * Der deutsche Kronprinz ist als Vertreter des Kaisers bei der Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmals heute früh in Thorn eingetroffen. Ferner sind der Minister Frhr. v. Hammerstein, der kommandierende General des 17. Armeekorps v. Braunschweig und der Oberpräsident Delbrück angekommen. Die Stadt ist reich geschmückt. * Die Japaner haben Phjöngjang und Andschu in Nordkorea besetzt, die russische Vorhut ist also in der Richtung auf den Jalu zurückgeganaen. Die Russen richten sich auf eine Belagerung NiutschwangS ein. Der russisch-japanische Krieg. Russen und Japaner in Nordkorea. Aus Mulden, 21. März, meldet der russische Stabschef General Shilinski: Die Truppen sind in guter Stimmung. Krankheitsfälle sind nicht zu ver zeichnen. Nach den Berichten der Grenzwache ist der Be trieb der ostchinesischcn Bahn ungestört. Bei dex Station Udzini bat ein Rittmeister mit 70 Reitern eine Bande von 100 Lschunchusen Vertrieben. Die Be setzung von Andschu und Phjöngjang durch feindlicheJnfanterieund Artillerie bestätigt sich. Auj der Straße von Andschu nach Phiöngjang ist eine verstärkte Bewegung von Truppen und Train zu bemerken. * Söul, 21. März. Die Japaner hielten den amerika nischen Militärattache General Allen bei Phjöngjang an und ersuchten ihn, nicht näher an die Vorposten heranzugehcn. Dor „Aalser" von Aorea. * Söul, 21. März. (Reuters Bureau.) Marquis Ito erhielt den Orden der Pflaumenblüte, eine Aus zeichnung, die sonst nur Fürstlichkeiten verliehen wird. Der japanische Gesandte Hayas hi erhielt die erste Klasse des Ordens der koreanischen Landesflagge. Marquis Ito empfahl in der Audienz, die er beim Kaiser von Korea hatte, diesem nachdrücklich Reformen, die aber erst allmählich durchgeführt werden sollen, um Verwirrungen, wie sie durch die über stürzten Maßregeln des Jahres 1805 verursacht wurden, zu vermeiden. * London, 21. ^Mlärz. Marquis Itos erste Handlung in Söul ist die Ausleihung von 5 Millionen Den an korea nische Institute gewesen. Korea engagiert japanische Beamte; der kaiserliche Hof wird vollständig umgestaltet. (Lokal-Anz.) Nkrtschrvang. „Daily Chronicle" meldet aus Niutschwang vom 21. März: Zwei Regimenter Kosaken und vier fünfzöllige Kanonen sind mit der Eisenbahn hier ein getroffen. Die Arbeiten an den Flußbefestigungen wer den Tag und Nacht fortgesetzt. — „Daily Chronicle" meldet ferner aus Schanghai, nach Nachrichten aus Niutschwang hätten die Japaner den Tatung- Paß überschritten. Es verlaute, daß zwischen den Japanern und Russen Scharmützel stattgefunden hätten. Den Japanern soll jetzt der Weg zum Vormarsch auf den Motien-Paß offenstehen, wo eine starke russische Streitmacht sich befindet. Mehrere Züge mit verwundeten Russen kamen auf der Fahrt nach Lianjang durch Taschitscknao. In Niutschwang trafen sechs Belagerungsgeschütze aus den Forts von Port Arthur ein. Stimmung der Japaner. Aus Schanghai, Mitte Februar, wird ge schrieben: Auf englischer Seite herrscht nicht geringe Freude über den angeblichen großen Seesieg der Japaner, den die „China Gazette" sogar „Japans Trafalgar" nennr. Die Franzosen nehmen dagegen durchaus die rus sische Partei; das „Echo de Chine" sucht die Nachrichten der englischen Presse nach Kräften abzuschwächen. Die deutschenKaukleute befürchten, nach einem Siege der Japaner werde ihr in letzter Zeit ohnehin schon be deutend gestiegener Einfluß in China bald die Interessen der Europäer in gefährlicher Weise ins Hintertreffen drängen. Daß bei den hier wohnenden Japanern wegen der bisherigen Erfolge ihrer Marine gewaltiger Jubel herrschte, und daß sie deshalb allgemein ihre Häuser beflaggten, ist begreiflich. Aber sogar die eng lische „North China Daily News" sah sich veranlaßt, sie zu ermahnen, sich bei derartigen Anlässen doch etwas ge fetzter zu betragen. Offenbar wandelt diese Zeitung, die seit Monaten die Japaner gegen die Russen aufgehetzt hat, bereits ein gelindes Grauen über die Folgen ihres Tuns an. Vielleicht ist ihr auch inzwischen eingefallen, daß sich die Japaner im Sommer 1900 während der Borerzeit des vorzüglichen Hafens von Amoy in Südchina zu bemächtigen suchten. Weil sie aber dadurch die ganze Straße von Formosa beherrschen würden, wollte England sie dort nickt dulden und landete deshalb gleichfalls Truppen in Amoy. Nach kurzer Zeit kam man dann überein, beiderseitig die Mannschaften zurückzuziehen. „Es ist zu hoffen", schreibt jetzt das genannte Blatt, „daß die übereifrigen Leute, die erklären, in zwei Monaten werde es kein Rußland mehr geben, nicht später eine arge Enttäuschung erleben werden. Ein bedeutender Staats- mann hat gesagt, die Japaner sollten sich vor dem An- wachsen ihrer nationalen Eitelkeit hüten, eine Warnung, die durchaus in freundschaftlichem Sinne gegeben wurde. Wenn ein nicht ungünstiger Anfang schon solche Folgen hat, was werden wir dann erst nach wirklich ruhmvollen Taten erleben?" weitere Nachrichten. * Tokio, 21. März. Die Mitglieder deSKabinetts hallten fortdauernde Besprechungen mit Parteiführern und lassen sich von den Vertretern der durch die Kriegsabgaben berührten Interessen über ihre Ansichten berichten, um die Maßnahmen festzulegen, die das Volk zufriedenstellen würden. Die Ansicht greift immer mehr um sich, daß die Regierung nicht versuchen sollte, die Kriegs kosten zum großen Teil sofort durch Besteuerung aufzubringen, sondern daß sie Bonds aus geben und die Zahlungen auf eine Reihe von Jahren verteilen sollte. — Im Abgeordnetenhaus«: wird morgen der Antrag verhandelt werden, der Flotte den Dank der Nation für die in den bisherigen Siegen bewiesene Tapferkeit auSzu- sprechen. * Shanghai, 21. März. (Reuters Bureau.) Etwa taufend Opiumschmuggler unter Führung eines gewissen Duru erregten einen Aufruhr und schlugen die gegen sie vor gehenden Regierungstruppen 70 Meilen südlich von Tschungking. Die Truppen verloren 16 Mann, der Rest floh. Die Behörden von Tschungking senden Verstärkungen. * Marseille, 21. März. Auf dem aus Ostasien hier einge- trofenen Postdampfer „Aarra" kamen der bisherige russi sche Gesandte in Japan Baron von Rosen und der russische Generalkonsul in Jokohama, Sievers, sowie der russische Konsul in Nagasaki, Prinp Gagarin, an. Politische Tagesschau. Leipzig, 22. März. Bülow contra Bülow. In der Sitzung des Reichstages vom 5. Dezember 1900 hatte der Reichskanzler Gelegenheit, zu dem Gesetz entwurf über die „Freiheit der Reliaionsllbung" Stellung zu nehmen, den das Zentrum einaebracht hatte. Er lebnte namens der verbündeten Regierungen den Antrag a limins ab, weil derselbe „die verfassungsmäßige Selbst ständigkeit der Bundesstaaten auf einem Gebiete be schränken will, das sie der Zuständigkeit ihrer Landes- gesetzaebung Vorbehalten müssen". Der Reichskanzler fuhr dann wörAich fort, wie folgt: „Meine Herren, die aus älterer Zeit überkommene Gesetz gebung dieses oder jenes Bundesstaates mag Vorschriften ent halten, die mit den im größten Teile des Reiches anerkannten Grundsätzen freier Religionsüüung nicht überall im Einklang stehen. Menn ich für meine Person hoffe, daß derartige landesgesetzliche Disparitäten verschwinden werden — ich bin durchaus für die Gleichberechtigung der Religionsgemein schaften — so muß ich als Reichskanzler mir doch vor allem vor Augen halten, daß meine erste Aufgabe dahin geht, den bundes staatlichen Charakter des Reiches und die Autonomie der Bundesglieder, soweit die Reichsgesetzgebung dieselbe gewähr leistet, nicht ohne willige Zustimmung -er Einzelstaaten be einträchtigen zu lassen. Darin wurzelt das Vertrauen, auf welches die Reichsgewalt bei den Bundesstaaten zählen muß. Dieses Vertrauen ungemindert und ungeschmälert zu erhalten, ist meine vornehmste Pflicht, und ich bin überzeugt, daß das hohe Haus mir in dieser Auffassung beistimmen wird." Daraus kann man natürlich erwidern, daß dieses Zitat gegen die jetzige Haltung des Reichskanzlers nichts be weise; denn durch die Aufhebung des 8 2 sei die Auto nomie der Bundesglieder nicht beeinträchtigt worden, da ja, wie Sachsens Auffassung dartut. die landesgesetzlichen Bestimmungen in Kraft bleiben. Aber dieser Einwand ist doch nur formell. Tatsächlich übt die Aenderung der reichsgesetzlichen Bestimmungen auf die Einzelstaaten einen Druck aus, der ihre Autonomie, moralisch wenigstens, nicht unerheblich beeinträchtigt und den sie, wie ihr Verhalten zeigt, durchaus nicht mit „williger Zu stimmung" hinzunehmen gedenken. Zur „Neutralität" der Gewerkschaften. Die sozialdemokratischen Vertrauens personen und die Vorstände der s o z i a l d e m o k r a- tischenWahlvereine Berlins auf der einen Seite, der Ausschuß der Berliner Gewerkschaftskom mission und des Berliner Gewerkschafts- kartells auf der andern Seite haben das Abkommen getroffen, an bestimmten Tagen des Monats nur poli tische, an andern bestimmten Monatstagen nur ge- werkschaftliche Versammlungen einzuberufen. Be gründet wird dieses Abkommen durch den Hinweis: „Alle organisierten Arbeiter, welche das lebhafte Interesse hegen, sich sowohl in der politischen als auch in der gewerkschaft lichen Bewegung zu betätigen, haben es stets als einen argen Mißstand empfunden, daß recht ost von beiden Seiten Ver sammlungen mit wichtiger Tagesordnung am selben Tage einberufen worden sind und daß es dadurch einer ganzen Anzahl Genossen unmöglich gemacht war, pflichtgemäß in Partei- und in Gewerkschaftsangelegenheiten tätig zu sein." Durch das getroffene Abkommen ist den organisierten Arbeitern fortan die Möglichkeit gegeben, „pflichtgemäß" in Partei und in Gewerkschaftsangelegenheiten tätig zu sein. Zur „Neutralität" der in Wahrheit sozial- demokratischen Gewerkschaften ist damit ein neuer be zeichnender Beitrag geliefert worden. Je zahlreicher Beiträge solcher Art in der letzten Zeit gewesen sind, um so lächerlicher erscheint das Versteckspiel, das die so zialdemokratischen Gewerkschaften mit ihrer „Neutralität" nach wie vor zu treiben lieben. Zur Angelegenheit des Konsuls Harris. Es war bisher ein förmliches Rätsel, aus welchen Gründen die Chicagoer Presse den Inhalt der Vorträge des Konsuls H a r r i s - Eibenstock tendenziös entstellt haben sollte. Eine New Borker Korrespondenz der „Kreuzzeitung" ist geeignet, dieses Rätsel zu lösen. Die Korrespondenz berichtet nämlich, daß die Mehrheit des Chicagoer Stadtrates die deutschen Vereinsfestlichkeiten als unsittlich den Orgien der Tanzhallen der Halbwelt gleichstellen und ver bieten will. Die gelbe Presse hat, wie der Gewährs mann der „Kreuzztg." angibt, die Aeußerungen des Konsuls Harris in der Absicht gefälscht, durch die Er weckung des Glaubens, daß die deutsche Moral allgemein als unsittlich gebrandmarkt werden müsse, das Verbot der deutschen Vereinsfestlichkeiten in Chicago desto sicherer zu erreichen. Man ist in Deutschland von der gelben Presse ja mancherlei gewöhnt. Eines so gemeinen Vorgehens aber, wie im vorliegende^ Falle wird nicht leicht em Deutscher gewärtig sein. Ein neuer Dreibund? Ueber den Gedanken c eines neuen Dreibundes, den Lugowoi jüngst angeregt hat, äußert sich der bekannte dem Zaren nahestehende russische Fürst Mestschersky wie folgt: Vor fünf Jahren habe ich den Bund zwischen Rußland, Deutschland und Frankreich bereits als eine notwendige und praktisch-einfache Kombination hingestellt. Hötte sie sich ver wirklicht, so wäre es zu keinem Kriege im fernen Osten ge kommen, und jedenfalls wäre Englands Einfluß auf Japan weit geringer gewesen. Frankreich hat sich stets wegen seiner Re vanche-Illusionen dem Plane eines neuen Dreibundes widersetzt, in den letzten vier Jahren haben sich jedoch die Dinge geändert und der Gedanke einer Annäherung an Deutschland wird wenig, stenS schon kritisch beleuchtet. Nicht aus dem Patriotismus allein ist aber die Abneigung Frankreichs gegen den neuen Dreibund zu erklären, sondern vielmehr aus dem Doppel charakter der französischen Politik. Eine geheime Unter strömung der letzteren macht sich insbesondere in den franzö- Feuilleton. Ns Lm angenehmes Erbe. Roman von Viktor von Reisner. Nachdruck verbalen. „Ich fürchte" — entgegnete er — „daß euch eure Tele graphie sogar recht viel „Draht" kostet, denn umsonst wer den sich die Leute zu diesen Botengängen wohl nicht her geben. Doch Scherz beiseite" — wandte er sich mit ernster Miene an Erich — „wo soll das hinführen? Ich habe Ihnen das Herkommen nicht verboten, weil ich hoffte, daß Sie dem Mädel nicht unnötigerweise das Herz schwer machen würden. Wie die Sache nun aber einmal liegt, müssen Sie doch selbst einsehen, daß an ein gutes Ende nicht zu denken ist und deshalb ist es wohl am besten, ihr sagt euch beizeiten Lebewohl und wartet nicht erst, bis . . . ." „Was, wir sollen uns Lebewohl sagen?" — fiel ihm Ljubiza leidenschaftlich ins Wort. — „Nimmermehr! Wir gehören zu einander, und nichts auf dieser Welt kann und darf uns trennen!" „Oho, mein Fräulein Draufunddran, nur nicht so hitzig, nur nicht so hitzig" — wies sie der Vater zurecht — „man hat froh zu sein, wenn die Eltern für einen weiter denken, und Gott zu danken, daß sie einen nicht blindlings ins Unglück hineinrcnnen lassen." Ljubiza biß sich in ohnmächtigem Zorn auf die Lippen und sah gar nicht darnach aus, als ob sie dafür danken wolle oder auch nur gesonnen sei, gutwillig nachzugeben. „Gestatten Sie mir ein Wort" — bat Erich, und als der Graf zustimmend nickte, erklärte er mit unerschütter licher Festigkeit: „So war ich an Gott, den Allmächtigen, glaube, wird Ljubiza mein Weib werden, und selbst in dem Falle, daß auch Sie sich jetzt uns entgegenstcllen, würde ich nickt aufhören, für mein Glück zu kämpfen. Ja, wenn Sie uns ernstlich das weitere Zustandekommen erschweren sollten, dann würde mich mein unter ganz an deren Voraussetzungen gegebenes Versprechen nicht mehr binden, und wir würden eben Mittel und Wege aus findig machen, uns an anderen Orten zu treffen." Graf Stepenaz sah ihn ganz verblüfft an. „Donnerwetter, Sie sind wenigstens aufrichtig" — sagte er endlich, und zwar nicht ohne eine gewisse achtungsvolle Anerkennung. „Ich spreche absichtlich so deutlich" — entgegnete Erich freimütig — „weil uns nichts Schlimmeres zustoßen könnte, als Sie, der Sie doch bisher unsere Liebe so wohl wollend beschützten, zu hintergehen." „Ja, habe ich denn gesagt, daß sich meine Gesinnung änderte" — rief der Graf ganz ratlos — „aber schließlich bin ich es doch vor Gott und vor meinem Gewissen schuldig, über Ljubizas Glück zu wachen und . . ." „Und das nennst du über mein Glück wachen, wenn du mich von ihm trennen willst!" warf sie ihm bitter vor. „Wenn aber doch sein Vater davon . . ." „Pardon, Herr Graf!" unterbrach ihn Erich, „hier handelt es sich in allererster Reihe nur darum, ob wir uns lieben — alles andere sind Fragen sekundärer Be deutung." „Ihr Herr Vater hat sich aber verschworen . . ." „Was geht denn mich sein Vater an" — ereiferte sich Ljubiza — „ich will doch nicht ihn, sondern Erich hei raten !" Dieser streichelte ihr liebkosend die Hände, und dem Grafen ruhig ins Auge schauend, sagte er: „Auch ich bin der Meinung, daß Ljubiza alle Kämpfe ferngehalten werden müssen; wäre ich das nicht, so würde ich meinem Vater ganz frei und offen erklären, auf seine Einwilligung einstweilen verzichten zu wollen — was ich um so leichter tun könnte, als ich überzeugt bin, daß er die vollendete Tatsache bald anerkennen würde." Graf Stepenaz mußte unwillkürlich laut auflachen. „Bei meiner Seele, Sie entpuppen sich ja da von einer recht netten Seite" — meinte er — „wie denken Sie sich denn das eigentlich, haben Sie vielleicht geglaubt, daß wir in eine Heirat gegen den Willen Ihrer Eltern ein gewilligt hätten?" „Sie haben mich mißverstanden, Herr Graf" — klärte ihn Erich auf — „ich wollte damit nur so viel gesagt haben, daß mich nichts und keine Macht der Welt be stimmen könnte, von Ljubiza zu lassen. Ich habe aber Grund zu glauben, daß sich unsere Leidenszeit ihrem Ende naht, denn trotz Szabos Intrigen fängt mein Vater an, ruhiger zu werden, und wenn er auch noch gelegentlich aufbraust, so fühle ich es doch ganz deutlich heraus, daß er fein Unrecht einzusehen beginnt." Ohne an ihres Vaters Gegenwart zu denken, schmiegte sich Ljubiza ganz glückselig an ihn. „Glaubst du wirklich?" flüsterte sie in seligem Hoffen. „Na, seid so freundlich und yeniert euch ein wenig" — brummte der Graf, sein Gesicht in drohende Falten zwingend, doch Ljubiza kannte ihren guten Papa zu genau, um nicht zu wissen, wie er sich Im Innern mit ihnen freute, und, ihm um den Hals fallend, schmeichelte sie: „Sei lieb und gut und hilf uns." Es fiel ihm schwer, ernst zu bleiben. „Aber, Mädel, so laß mich doch los" — wehrte er — „und versuche vernünftig zu sein. Sage selbst, wie soll ich euch denn helfen? Ich kann doch nicht hingehen und um feine Hand für dich anhalten I" „Sie könnten uns in anderer Weise helfen" — meinte Erich nach einigem Ueberlegen. „Und wie das?" erkundigte sich Stepenaz. „Vor allem wäre es nötig, Szabo unschädlich zu machen und den Vater zu überzeugen, daß er sein Ver trauen einem ganz gemeinen Ränkeschmied geschenkt hat. Sind wir erst diesen Zwischenträger los, auf den er noch immer viel gibt, dann . . . „Na, das soll mir nicht schwer werden" — sagte der Graf zuversichtlich — „lassen Sie mir acht bis vierzehn Tage Zeit, und ich will ihm ganz schwach auf weiß zeigen, um wieviel er ihn schon bestohlen hat." „Ich fürchte, daß dies doch nicht so ganz leicht gehen wird" — erlaubte sich Erich seinem Zweifel Ausdruck zu geben. „Und warum nicht" — fragte Stepenaz lächelnd — „glauben vielleicht auch Sie an seine Ehrlichkeit?" „Es wäre eine Lüge, wenn ich das behaupten wollte" — entgegnete Erich — „aber ich halte ihn für einen gar schlauen Burschen, der es wohl verstanden haben wird, sich nach allen Richtungen zu decken und dem man daher nur schwer an den Leib wird rücken können." „Nun, dann wollen wir eben noch schlauer sein als er" — meinte der Graf — „und es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn wirklich das Unrecht und die Schlechtig keit siegen sollten!" Nack einer kurzen Pause der Ueberlegung wandte er sich wieder an Erich. „Die Entlarvung dieses Gauners übernehme also ich — was soll aber dann geschehen; denn damit allein ist es noch nicht getan." Erich seufzte recht beklommen. „Ja, dann käme das weit Schwierigere" — sagte er zögernd — „dann müßte man den Herrn Pfarrer be wegen, die ihm zugefügte Beleidigung zu veraessen, ihn nochmals aufzusuchen und ihn persönlich über die Ver gangenheit aufzuklären. — Zu dieser Bitte fehlt mir aber der Mut." „Und ich kann ihm dazu auch nicht zureden", erklärte Stepenaz bestimmt — „ihn einer nicht unwahrscheinlichen neuen Insulte auszusetzen, wäre geradezu ein Ver brechen!" „Nein, nein, Herr Graf, Sie sind im Irrtum, so etwas zu befürchten" — widersprach ihm Erich — „mein Vater konnte sich damals in seiner seelischen Erregung so weit hinreiben lassen — ein zweites Mal ist er aber dazu un fähig — dafür bürge ich Ihnen." „Man kann nur für sich selbst bürgen und für keinen andern" — brummte Stepenaz — „ich für meinen Teil nehme die Verantwortung für solch ein Zusammentreffen keinesfalls auf mich." „Nun, dann tue ich eS" — erklärte Ljubiza resolut — „und mir wird unser lieber Vater Adame diese Bitte nicht abschlagen." . „Schäme dich" — warf ihr der Vater vor — „aus purem Egoismus willst du ihn, der dich von Kindheit auf so lieb gehabt hat, zu solch einem gewagten Schritt ver leiten?" „Nein, nicht nur aus Egoismus" — widersprach ihm Ljubiza errötend — „sondern auch deshalb, weil ich über- zeugt bin, daß er erst dann ruhig und zufrieden sein wird, wenn sich alles zum guten Ende gewendet hat. Vater Adame gehört glücklicherweise nickt zu denjenigen Men schen, die halsstarrig auf ihrem Schein bestehen" — fuhr sie ganz begeistert fort — „er wird fick keinen Moment besinnen, den ersten Schritt des Entgegenkommens zu tun, und wenn er weiß, daß dies für unser Glück not wendig ist, wird es ihm um so leichter fallen." Der Graf drückte ihr einen Kuß auf die Stirn. „Gott gebe, daß du Reckt behältst, mein Kind" — sagte er mit weicher Stimme, dann die beiden allein lassend, eilte er nach seinem Arbeitszimmer, zwei De peschen aufzuseben, die er sofort mittels Eilboten nach der nächsten Telcgraphenstation sandte. (Fortsetzung folgt.)
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