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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040323014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904032301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904032301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-03
- Tag1904-03-23
- Monat1904-03
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M o rgerr - Ausgabe Jahrgang. Nr. 15«. Mittwoch den 23. März 1904. VW-IWFOL -.vL7:- ll.L k-k- > >. l. t.0. t.0. UV. rv. «.L >. i. l. l. .S. i. ! zurücktreten Ausnahme- Feinde des Gesellschaft rv.SS >ckr.^ t.0. LL 1,70^ tkldU <Uo»v sind ganz geeignet, so manchen im sozialdemokratischen Fahrwasser segelnden Zeitgenossen stutzig zu machen. Daß sie nicht ohne Wirkung geblieben sind, zeigen die Nach wahlen, von denen oben die Rede war. Nun darf man freilich von solchen Einzelerscheinungen nicht zu viel er- warten. Aber sie machen doch wieder Mut zu zielbewußter Arbeit. Es wäre deshalb auch nichts verkehrter, als wenn man jetzt schon einen antisozialistischen Erfolg vom Baume schütteln wollte. Tas wäre verfrüht. Eine Reichstags auflösung, wie sie die Sozialdemokratie ersehnt, würde schwerlich schon die gewünschte Besserung bringen. Es ist deshalb nur mit Befriedigung zu begrüßen, daß der „Vorwärts"-Ente gründlich der Garaus gemacht wurde. Um was es sich allein handeln kann, das ist eine energische Aktion zur Abstellung sozialer Mißstände und zur Be kämpfung gefährlicher Krankheitssymptome am Volks körper. Daß es daran nicht fehlt, hat jetzt erst wieder der Heimarbeiterkongreß gezeigt. Es ist unter verständigen sozialpolitisch denkenden Männern und Frauen kein Zweifel, daß die Hausindustrie, besonders so weit sie in der Großstadt betrieben wird, zu den allerbedenklichsten Erscheinungen des sozialen Organismus gehört. Nicht bloß die Löhne und die Arbeitszeiten, sondern ebenso die Arbeitsbedingungen zeigen so viele Mängel, rufen so schwere Bedenken wach, daß es nicht angeht, diesem Komplex von Elend und Bedrückung gegenüber die Augen zu verschließen. Aber der Kongreß hat zugleich gezeigt, daß es innerhalb der bürgerlichen Parteien nicht an Per sonen fehlt, die entschlossen sind, in diese soziale Wunde den Finger zu legen und an ihrer Heilung mitzuhelfen. Ja, man muß sagen, daß gerade die bürgerlichen Teil nehmer die besten Mittel und Wege aufgewiesen haben, die aus dem Elend der Heimarbeit herausführen, während die Sozialdemokraten über ihre Allerweltsheilmittel kaum hinauskamen. Hier ist jedenfalls ein weites Feld, wo die bürgerlichen Parteien eingreifen können, und wir zweifeln nicht daran, daß sie den Kampf gegen die sozialen Mißstände mit Energie führen werden. Gerade auf so zialem Gebiete gelingt es ja am leichtesten, die breiten Massen davon zu überzeugen, dak das Märchen vom Klassenstaat nur erfunden wurde, um aus der allgemeinen Verwirrung Nutzen für die eigene Partei zu ziehen, Wie bei der Heimarbeit, so muß überall ehrliche Re form die Parole sein, Reform nicht im Parteiinteresse, sondern im Volksinteresse. Wird diese Parole überall bei den bürgerlichen Parteien anerkannt, wird die soziale Reform nicht in Ueberstürzung, aber ohne Zaudern fort gesetzt, dann ist nicht zu besorgen, daß die Sozialdemo, kratie so bald ihre Fahne auf dem Gegenwartsstaate auf pflanzen kann; im Gegenteil, man darf hoffen, daß es auch bei der Sozialdemokratie geht wie bei allen Wellen- bewegungen: die sozialdemokratische Hochflut wird sich auch wieder verlaufen. Vielleicht nennt der Volkswitz noch einmal das sozialdemokratische Zentralorgan den „Rück wärts". die, sich selbst überwiesen, an ihrer inneren Schwäche zu Grunde gegangen wäre. Heute wenigstens dürfte es noch zu früh sein, eine Ent- scheidung nach der einen oder andern Seite zu treffen. Aber es fehlt doch wenigstens nicht an allerlei Sympto- men, daß auch der Sozialdemokratie Grenzen gezogen sind, engere Grenzen vielleicht, als man unter dem Ein drücke der letzten Wahlen befürchten zu müssen glaubte. Jedenfalls hat die Sozialdemokratie bei den letzten Nach- Wahlen zum Reichstage nicht bloß keine Fortschritte ge macht, sondern sich sogar sehr empfindliche Nackenschläge geholt. Wir brauchen nur an die Nachwahl in Lüneburg zu erinnern, wo die sozialdemokratischen Stimmen von 5564 auf 3908 sanken, was einen Verlust von fast 1700 Stimmen bedeutet. Noch ärger wurde ihr in Zschopau- Marienburg mitgespielt, wo die Sozialdemokratie 3500 Stimmen einbüßte. Das ist an sich natürlich nur von geringer Bedeutung; aber dieser Stimmenrückgang hat symptomatische Bedeutung. Er zeigt wenigstens so viel, daß die bürgerlichen Parteien der Sozialdemokratie gegenüber nicht machtlos sind, wenn sie nur entschlossen den Kampf aufnehmen und nicht mutlos die Flinte ins Korn werfen. Die Sozialdemokratie hat im letzten Jahre große Fehler gemacht. Der Erfolg der letzten Reichstagswahlen war ihr zu Kopf gestiegen. Was sie in Dresden gesündigt hat, das kann sie so bald nicht wieder gut machen. Die breiten Massen des Volkes haben gesehen, wie eine Ochlo- kratie von Bebels Gnaden aussehen würde. So etwas wirkt nach; und selbst der kleine Mann aus dem Volke sagt sich in einer Stunde ruhiger Selbstbesinnung, daß es auf die sozialdemokratische Manier nicht geht. Ein großer Teil der Dresdner Abgeordneten hatte es sich ja auch gesagt, nur muhten die Revisionisten aller Richtungen sich ducken, um nicht hinauszufliegen. Aber der Triumph Bebels in Dresden war teuer erkauft; denn er hat eine Clique innerhalb der Sozialdemokratie ans Ruder ge bracht, mag. er sich zu dem Aufstande der Herero seiner Bekämpfung stellen sollte. Zuerst ent- hielt er sich der Stimme; aber schon damals machten die Zubeil, Stadthagen und andere Genossen der schärfsten Tonart mobil, und jetzt ist es glücklich wieder so weit, daß die Sozialdemokratie unter den fadenscheinigsten Gründen die Mittel zum Schutze unserer Landsleute in Südwest afrika verweigert. Was hat unter solchen Umständen die Versicherung Bebels für einen Zweck, daß auch die So zialdemokraten ihre vaterländische Pflicht in einem künf- tigen Kriege erfüllen wollen? Verlangt er vielleicht, daß er erst gefragt werde, ob diese Eventualität eingetreten sei? Und wenn die Sozialdemokratie selbst die Grausamkeiten der Aufständischen in Südwestafrika nicht für einen genügenden Grund hält, um Abwehrmaßrcgcln zu er greifen, so kann man nicht umhin, die pathetische Ver sicherung Bebels für eine hohle Phrase zu halten. Mög lich auch, daß ihm einmal das Gewissen geschlagen. Diese und viele andere Vorgänge der jüngsten Zeit »o. t. o. «. o. t.o. r o l.0. l.0. Lo»-0. t.0. t. o. I.V l.0. .27-122 l.0. l.0. l.0. l.0. l.0. «. v. I.V. ».» l.0. i.0. Ul). l.0. l. 0 w.OpOt w.6xI7 l.0 t.0c tk l.0. >902 l.v. ftiickmSltrr DaS Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei trägt den stolzen Namen „Vorwärts", feit am 1. Oktober 1890 das Sozialistengesetz beseitigt war. Man kann die Berechtigung des Blattes, diesen Namen zu führen, in- sofern nicht leugnen, als tatsächlich die Sozialdemokratie in diesen vierzehn Jahren einen außerordentlichen Fort- gang genommen hat. Bei jeder Wahl schritt sie zu neuen Siegen. Daß unter ihren Anhängern sich viele Mitläufer befanden, die aus irgend einem Grunde ihren Stimm zettel für die radikalste Partei abgaben, ohne damit auch das sozialistische Zuchthausideal zu billigen, ist gewiß. Aber diese Erwägung hilft den bürgerlichen Parteien nicht viel. Denn unter dem Reichstagswahlrecht werden die Stimmen gezählt, nicht gewogen. Und so mußte man am 15. Juni vorigen Jahres trotz aller arithmetischen Künsteleien sich damit abfinden, daß die Sozialdemokratie abermals um 900 000 Stimmen zugenommen und damit die dritte Million überschritten hatte. Wird das so weitergehen? Wird die sozialdemo kratische Flut immer höher anschwellen, bis sie alle von der Gesellschaft und dem Staate errichteten Dämme über schwemmt hat, wenn man nicht rechtzeitig da für sorgt, daß diese Dämme, sei cs auch durch Ausnahmemaßregeln, verstärkt und erhöht werden? Es gibt Schwarzseher und Scharfmacher genug, die das fürchten und deshalb vor den schärfsten Gegen maßregeln nicht zurllckschrecken. Nun ist es gewiß richtig, daß Zeiten und Verhältnisse eintreten können, in denen vor der Aufrechterhaltung der staatlichen und wirtschaft lichen Ordnung alle anderen Bedenken müssen. Aber ebenso zweifellos liegt in zuständen nicht bloß eine Gefahr für die Staates, sondern auch für die bürgerliche selbst. Und deshalb muß man sich ernstlich fragen, ob die Not der Zeit ein solches Vorgehen gebieterisch erheischt oder ob es nicht klüger ist, die Dinge noch eine Weile ihren naturgemäßen Weg gehen zu lassen. Denn zu oft schon hat der Druck einer Bewegung zu neuem Leben verhalfen, vor der selbst Bebel manchmal grauen Offenbar hat er lange geschwankt, wie sich zu dem Aufstande der Herero und Bekämpfung stellen sollte. * In der Budgetkommission deS preußischen Abgeord ¬ netenhauses erklärte der Finanzminister Frhr. v. Rhein baben, die Regierung habe bei der Begebung der jüngsten Anleihen nichts von der imminenten Kriegsgefahr gewußt. * Die Japaner sollen nach Tokioer Berichten, die aber noch unbestätigt sind, am 19. März nach einem Doppel angriff von der Land- und Seeseite Port Arthur besetzt haben. BezugS-PreiS t» der Hanptexpeditton oder deren Ausgabe« Pelle» avgrholt: vierteljährlich S.—, bet zweimaliger täglicher Zustellung in-Hau« ^l 3.7k. Durch die Post bezogen für Deutsch land u. Oesterreich vierteljährlich ^tl 4.K0, für die übrigen Länder laut Zeitung-prei-liste. Nellaktt»» und Expedition: JohauniSgasse 8. Fernsprecher 1K3 u. 222. Atltalexpedttione«: Alfredtzahu, Buchhandlg., UniversitSttstr.- kFernspr. Nr. 4046), L. Lüsche, Kathariueu- straße 14 (Fernsprecher Nr 2935) u. König«- Platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Hanpt-AUtale Dresden: Marieustratze 84 (Fernsprecher Amt l Nr. 1718). Hautzt-KUtnle Berlin: TarlDuncker, Herzg'.Bayr.Hofbuckbandlg, Lützowstratze 10(F«rusprrcherAmtVINr.460S.) eipMrIllMalt Anzeiger. ÄMtsVlalt -es Hömgkichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales un- -es Nolizeiamles -er Lta-t Leipzig. sprechender Renten bisherige Staatsaufgaben verschiedener Art übertrug, er ihnen auch die Leistung von Zuschüssen an Vereine, welche der Kunst dienen, desgleichen für öffentliche Sammlungen und die Unterhaltung von Kunstdenkmälern zuwies. Die Provinzen haben aus eigenen Mitteln darüber hinaus für diese Aufgaben nicht unbeträchtliche Mittel nusgegeben; diese betrugen (Ordinarium und (rrlraordinarinm) im Jahre 1899 zum Beispiel in Schlesien gegen 100000 -4t, in Schleswig Holstein gegen 120000 Diese Summen werden meistens für Museen und für die Denkmalspflege aus gegeben. Recht beträchtlich sind aber auch die Summen, die im Extraordinarium für Kunst aufgewandt sind; von 1849 bis 1900 betrugen diese Ausgaben nicht weniger als 34 bis 35 Millionen Mark. Der bei weitem größte Teil davon hat zu Bauten für Museen und Kunstunterrichtsanstalten gedient. Plastischen, so setzt auch im rein Malerischen die Scharffeuer- farbentecknik Meistens mit entschieden glücklichem Gelingen und künstlerischer Meisterschaft ein, sei es, daß sie in den Vasen mit deren sinnigen Motiven von Pflanzenformen — Narzisse, Kaktus, Schierling, Kornähre — in bestechender Zartheü ihren Ausdruck findet, sei es, daß sie auf den Platten und schalen in duftigen landschaftlichen Vorwürfen ihre ganze Schönheit offenbart. Nach allem Geschauten darf man aus Meißen für die nächste Zukunft eine Fülle neuer trefflicher Arbeiten cr- ivarten, die, aus jungfm,cher Anregung und jungfrischen Kräften Hervorgcaangen, als Schöpfungen modernen Geistes dem berüymtest „Mtmeißner" würdig zur Seite stehen und der altberühmten Meißner Manufaktur, dieser vornehmsten Fabri kationsstätte ganz Sachsens, alle Ehre machen. Die Kunst im preußischen Etat. Ueber dieses Thema bringt vr. W. Äygodzinski im neuesten Heft der „Kunst für Alle (München' einen bemerkenswerten Artikel, in dem er im An- schluß an das Werk von Schwarz und Strutz „Der Staatshaushalt und die Finanzen Preußens" die wichtigsten Tatsachen zusammen stellt. Im allgemeinen sind drei Formen der Fürsorge des Staates für die Kunst zu unterscheiden, die Schaffung von Bildungsstätten für angehende Künstler, die Unterstützung von Künstlern durch An kauf ihrer Werke oder Uebertragung von Bestellungen und die Gründung und Unterhaltung von Kunstsammlungen. Eine Tabelle zeigt, daß sich die Ausgaben für Kunst im preußischen Etat seit dem Jahre 1849, seitdem es ordentliche Etats gibt, bis zum Jahre 1899 insgesamt von 313 529 auf 3 277 898 .6 gesteigert haben. Sie haben sich also, absolut genommen, verzehnfacht; anf den Kopf der Bevölkerung entfielen im Jahre 1X49 2 im Jahre 1899 10 Zum Vergleich wird angeführt, daß die Ausgaben für das Medistnnlweien jetzt noch nicht 2 Millionen Mark betragen. Im einzelnen sind folgende Posten zu erwähnen: Kunstmuseen 1849: 132870 »l; 1899: 1 090 490 .4L; Akademie der Künste in Berlin und damit verbundene Anstalten 1849: 101756 .4!; 1899: 553 009 .ck; Kunstakademie Düffeldorf 1849 : 23 800 1899: 129 646 Kunstakademie Königsberg 1849 : 9000 1899: 46 398 ^lt; Kunstschule Breslau 1849: 12 885 U<99 : 88 266 Dazu kommen im Jahre 1899 noch folgende neue Posten: Kunst- gewerbemuscum 484 624 .«; Nationalgaleric 100 424 ->k; Landes- ausstellungsgebäude 13 693 -6; Kunstakademie Kassel 39 226 Kunstschule Berlin 133 884 X Unter der Rubrik „Sonstiges" — wobei der größte Teil zu Ankäufen für die Nationalgalerie in Berlin und zur Pflege der monumentalen Kunst bestimmt ist — sind im Jabre 1849 33 218 im Jadre 1899 dagegen 598 278^! verzeichnet. Die größte Steigerung der Ausgaben erfolgte nach 1870 1871. Zu berücksichtigen ist ferner, daß, als der preußische Staat tn den sogenannten Dotationsgesetzen von 1875 den Provinzialverbändrn unter gleichzeitiger Ueberweisung ent- Der russisch-japanische Krieg. Angebliche Besetzung Fort Arthur» durch di« Japaner. „Daily Telegraph" erfährt aus Tokio vom 21. März: Tie „Tokioer Ztg." meldet, eine japanische Division landete am 19. März auf der Liaotung-Halbinsel und griff die Russen hinter Port Arthur an. Gleichzeitig beschoß die Flotte die Stadt und den Hafen vom 19. März abends bis zum andern Morgen. Sechzehn Schiffe waren an dem Angriff beteiligt. Tas Ergebnis war die Besetzung Port Arthurs durch die Japaner. Tie Meldung ist soweit unbestätigt, aber ein neuer Angriff auf Port Arthur ist seit einigen Tagen erwartet gewesen. Japanische Spionage. Unter den mannigfachen Widerwärtigkeiten, mit denen Rußland in dem Kriege gegen Japan zu kämpfen hat, steht die Spionage seiner Gegner in vorderster Reihe. Gleich zu Beginn der Feindseligkeiten bekamen die Russen die dunkle Tätigkeit der Spione zu fühlen. Nur dem Ein vernehmen mit ihren Kundschaftern hatte es die japanische Flotte zu danken, daß sie sich dem russischen Geschwader bei Port Arthur bis auf einige Werst nähern und den einzelnen Schiffen soviel Schaden veizubringen ver mochte. Seitdem widmen die russischen Militärbehörden in Ostasien dem gegnerischen Spionendienste erhöhte Aufmerk samkeit. Eine Reihe von Verfügungen ist von Admiral Alexejew schon getroffen worden, um daS Treiben der japa nischen Spione wirkiam hintanzuhalten, aber alle die strengen Maßregeln können nur einen teilweisen Erfolg haben. Denn bezüglich der Spionage hat es Rußland da mit dem ge fährlichsten Gegner zu tun. Die Japaner sind das Volk der von Staatswegen erzogenen Spione. Der Charakterzug der Malayen — angeborene Verschlagen heit und eine große Portion Heuchelei — prädestinieren die Japaner zu vielem im Kriege gewiß nicht zu verachtenden Dienstzweige. Die Petersburger „Nowoje Wremja" führt darüber folgendes aus: Sckon unter den Shogunen, den tatsächlichen Beherrschern Japans, war das Land überfüllt von Spionen. Es gab öffentliche, viel mehr aber noch geheime Spion«. Die Shogune hielten die Fürsten und Gouverneure ü» steter Neberwachung, diese ließen ihrerseits die Shoguüe und ihre Helfershelfer auf Schritt und Tritt überwachen. Gute Spione standen in hohen Ehren. Sowie einst in Sparta der geschickt ausgeführte Diebstahl öffent liche Anerkennung fand, geschah es in Japan mit den Spio nagen. Die gelnngene Spionage im Frieden schätzte man höher als Heldentaten im Kriege. Gewandte Spione erhielten die höchsten Aemter. So kam es, daß ein gewisser Madshi- Meja, ein ganz gewöhnlicher Hafenarbeiter, zum Gouverneur der größten Provinz ernannt wurde, ganz einfach, weil er als erster von einer geheimen Zusammenkunft einiger niederer Beamten zu melden wußte. Aber die selbständigen und reichen Fürsten blieben hinter den Shogunen nicht zurück. Sie hatten selbst einen ganzen Stab von Spionen, und wenn eS gelang, die rechtmäßigen Spione zu fangen, so hieb man ihnen ohne weitere Förmlichkeit die Köpfe ab und stieß dabei auf keinerlei Hindernisse oder Verfolgungen, wahrscheinlich aus Furcht vor Gerede. Wie sehr das Spionagesystem in Japan verbreitet war, zeigt folgender interessante Vorfall. Im Jahre 1858, während der Unterhandlungen mit Lord Elgin, befand sich in der Zahl der Bevollmächtigten einer, auf dessen Visitenkarte geradezu gedruckt war „Kaiserlicher Spion". Man hielt es offenbar für überflüssig, diesen Teil der Staatsmaschinerie zu verbergen. Das System der ununterbrochenen heimlichen Ueber- wachung beschränkte sich nicht nur auf die offiziellen Spione, sondern verbreitete sich viel weiter, viel tiefer und ergriff die gesamte Bevölkerung deS Staates. Dafür gibt eine Stelle aus dem Reisebericht Siebolds ein Zeugnis: „Die Feuilleton. «leist- Grab. Bon L. Marr. An des Wannsees stillem Ufer, In dem märkschen Föhrenwald Liegt ein Grab im Waldesfrieden, Das bald hundert Jahre alt. In dem Grabe ruht ein Dichter, Dessen Herz begeistert schlug Einst für reine Frauenliebei Für des deutschen Adlers Flug! Aus dem Dichtergrabe sproßte Eine Eiche auf zum Licht Und das Netzwerk ihrer Wurzeln Eng des Dichters Bett umflicht; Leise säuselt's in den Zweigen, Sanft wie Käthchens Liebessang, Und dann rauscht es mächtig drinnen. Wie german'scher Waffenklang. Doch jetzt klingt es aus den Zweigen, Als riefe uns der Dichter zu: „Deutschland! säumest du zu schützen „Deines Dichters Grabesruh? „Wehrest du nicht jenem Fürsten, „Dessen Ahnen ich besang? „Sollen mein Gebein entweihen „Seiner Schaufeln Schnitt und Klang? „Sollen seine Beile fällen „Auf dem Grab den Eichenbaum. „Der aus meinem Herzen sproßte „Wie ein stolzer Dichtertraum? „Was das Leben-mir versagte, „Diese Stätte sprach mir's zu, „Deutschland! schütz' mir diesen Frieden, „Schütze meine Grabesruh!" Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redaktionsstrich (4gespalten) 7Ü 4. nach den Familiennach- richten (6 gespalten) KO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Lffertenannahine 25 Ertra-Veil^gen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderung 60.—, mit Postdeförderung 70.—. Annahmeschlutz für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag- 4 Uhr. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von 8. Polz in Leipzig (Inh. I)r. B., R. <L W. Klinkhardt). Kunst. Ll. Meißner Porzellan. Die Königlich Sächsische Porzellan- memufecktur hat gegenwärtig in ihrem Leipziger Lokale (Goethe- strahe 6) eine größere Anzahl von Neuheiten ihres Kunst betriebes, zumeist dem modernen Stil, und zwar der Scharf feuer-Unterglasurfarbentechnik angehörend, zur Ausstellung ge bracht. Alle Mlomcnte in dem 'Schaffen der Manufaktur deuten darauf hin, daß das alte berühmte Meißen immer mehr aus' seiner langen Zurückhaltung herauszutreten und an dem Wett, bewerb teilzunehmen beginnt, der gegenwärtig mehr denn je auf dem keramischen Gebiete sich geltend macht. Obwohl Meißen sich gleich sofort an der Herstellung moderner Gebrauchs- und Luxusporzellanwaren in Hartporzellan mit seinen aparten zarten Scharffeuerfarbennuancen und dem dekorativen Unter- glasurkristall versuchte, und mit größtem Erfolg versuchte, fo galt eS doch immer noch in einem gewissen Sinne, eine Jahr hunderte alte Tradition zu überwinden, ehe das Moderne, natürlich in den ihm von vornherein gegebenen vornehmen Grenzen, sich auch hier Geltung verschaffte. Ilm so größer?- Interesse dürfen daher die jetzt in der Königlichen Niederlage ausgestellten neuen Schöpfungen der Manufaktur beanspruchen, und, um eS gleich vorneweg zu sagen, sie verdienen auch een größten Beifall. Unstreitig hat Meißen in Unterglasurfarben die größte Palette. Dies spricht sich gleich glücklich in den wunderbar fein abgetönten figürlichen Arbeiten wie auch den reizvollen farbigen Motiven der Platten Vasen und schalen aus. Ein Hauptanteil an dem jetzigen Erfolge Meißens liegt auf Seiten der Plastik. Hier haben sich hervorragende Künst- ler mit erlesenen Stücken beteiligt. Ta hat der Wiener -tto Jarl einen Eisbären geschaffen, dessen Haltung frappant und besten dickes Fell geradezu pompös wirkt. Sein Seclöwe ist ein Meisterstück der Modellierkunst, sein Tiger eine herrliche Komposition. Unter den neuen Tierfiguren Meißens tritt weiter eine von Hösel in Meißen geschaffene Bärengruppe her vor, die ebenso lebendig und Mrakteristisch durchgcfuhrt ist wie der kräftig durchgearbeitete Bison desselben Künstlers und der Elefant von Hartung in Breslau. Bei allen diesen Schöpfungen zeigt sich der wundervolle Effekt der Scharffeuerfarben Meißens. Zu ihnen gehört auch ein auserlesenes Paradcftück der färben- und nuancenreichen Palette, die von Lange modellierte Ente, die mit weit vorgestrecktem Halse einen Frosch erhascht, wie ein von demselben Meister ausgefübrtcs Schreibzeug mit einer liegenden weiblichen Figur, ein Prunkstück ersten Ranges. Es ist erstaunenswert, in welch hohem Grade die Scharffeuerfarben ihren eigentümlichen Reiz und ihre herrliche Tönung offen baren. Um nur eins hervorzuhebcn, wie entzückend gibt sich doch da» grüne und braunrütkich verschwommene Kolorit der zu Leuchtern umgeftalteten Drachenköpfe I Wie in dem rem Wissenschaft. 2^ Hochschulnachrichten. Aus Marburg wird geschrieben: Ter Professor der romanischen Philologie Ur. E. Wechßler, der an hiesiger Universität mit Abhaltung von Vorlesungen beauftragt war, hat einen an ihn ergangenen Rus nach Basel ab gelehnt. Er wurde zum Extraordinarius der philosophischen Fakultät der Universität Marburg ernannt. — Du a. o. Professor der Kunstgeschichte an der Universität Straßburg Vr. F. Leitschub hat einen Rus nach Freiburg in der Schweiz erhalten, wird ihm aber nickt Folge leisten. — Aus Erlangen wird berichtet: Ter Professor der Gynäkologie und Gcburtshülfc vr. Johann Beit hat einen Ruf nach Halle erhalten. — Aus Karlsruhe wird geschrieben: An der hiesigen technischen Hochschule hat sich der Ingenieur I. L. la Cour als Dozent für Elektrotechnik habilitiert. Seine Antritts vorlesung behandelt das Thema „Tie Wechselstrombahnen und ihre Zukunft^ — Der Direktor der psychiatrischen Klinik an der Universität Breslau Professor I>r. K. Wernicke, hat den Rnf nach Halle an Stelle von Th. Ziehen, der als Nachfolger Jollys nach Berlin übersiedelt, angenommen. Aus Karlsruhe wird geschrieben: Ur. Fritz Frankdauser aus Schiltigbeim ist zuni etatsinäßigen Hülfsarbetter und Assessor beim diesigen GenerallandeSarckiv ernannt worden. — Wie die „Kieler Zeitung" mitteilt, hat der ordentlicke Professor an der philo- fophischen Fakultät der Universität Kiel, vr. Paul Stäckel, einen Ruf an die Universität M arbnra erhaiten, aber abgelebnt. Aus Rostock wird uns geschrieben: Zum Rektor der Universität für das Jahr l. Juli 1904 5 wurde Prof. vr. Lehmann ^deutsches Handelsreckti geivählt. — Dem Privatdozent in der mediriniichrn Fakultät Vr Ricker (allgemeine Pathologie und pathologische Ana- tomie) ist der Professortitel verliehen worden. — Man schreibt uns au- Straßburg: In der medizinischen FaknltLt der hiesige» Var WMigrte vom tage. * Bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreise Marienberg-Zschopau (Sachsen 20) wurden nach der amtlichen Zählung im Ganzen 20608 Stimmen abgegeben, für Pintau sSoz.) 10 277, Z, mm ermann (deutschsoz. Rp.) 5998, Schanz (kons.) 4325 Stimmen. Es hat also Stichwahl zwischen Pinkau und Zimmermann stattzufinden. Diese Stichwahl wird am Freitag, 25. März, vor genommen werden.
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